Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Eine Kulturgeschichte des Römerreichs meist Mosaiken in Basiliken, erst in der byzantinischen Zeit. "Während die Außer Biese haben in neuerer Zeit besonders Volkswirtschaftslehrer und Eine Kulturgeschichte des Römerreichs meist Mosaiken in Basiliken, erst in der byzantinischen Zeit. „Während die Außer Biese haben in neuerer Zeit besonders Volkswirtschaftslehrer und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296155"/> <fw type="header" place="top"> Eine Kulturgeschichte des Römerreichs</fw><lb/> <p xml:id="ID_814" prev="#ID_813"> meist Mosaiken in Basiliken, erst in der byzantinischen Zeit. „Während die<lb/> Heiden Götter und Helden mit einem Strahlenkranz umgaben, stellten die<lb/> Christen ihre heiligen Personen schlicht und prunklos als Menschen dar und<lb/> haben erst vom Schluß des dritten Jahrhunderts ab Christus und Maria mit<lb/> einem Nimbus geehrt." Aber eines ist der christlichen Malerei von Anfang<lb/> an eigentümlich gewesen: ihre Neigung zum Symbolismus. „Einen Gegen¬<lb/> stand für sich als Selbstzweck rein objektiv wiederzugeben, schien einem Christen<lb/> nutzlos; jedes Bild mußte etwas tieferes bedeuten; und diesem Grundsatze mußte<lb/> sich auch die biblische Geschichte beugen," weil viele ihrer Personen und Be¬<lb/> gebenheiten an sich nicht sehr erbaulich und nur als Sinnbilder von etwas<lb/> Höherin und Edlerm fähig schienen, in die religiöse Betrachtung und Dar¬<lb/> stellung aufgenommen zu werden. Daß einige christliche Einsiedler und Mönche<lb/> die ersten gewesen sind, denen die Schönheit der Natur aufgegangen ist, hat<lb/> Biese bemerkt und die das bezeugenden Aussprüche der Kirchenväter Basilius<lb/> und Gregor von Nazianz gesammelt. Auch Grupp führt einige an und be¬<lb/> merkt dazu: „Mit frischem Blicke schaute der Christ in die Natur, mit Augen,<lb/> die keine mythische Vorstellung trübte. Er sah keine Nymphen und Faune<lb/> im Waldesweben, auf der grünen An, keinen Poseidon, keine Sirenen im<lb/> Meereswogen, keine Berggeister und Windgötter, obwohl er sich noch nicht<lb/> ganz losmachte von der Vorstellung, daß gute und böse Geister die Natur¬<lb/> erscheinungen hervorbringen. Aber im allgemeinen lag doch die Natur viel<lb/> klarer vor seinem Auge, denn sie ging nach seinem Glauben aus der Hand<lb/> des einen Gottes hervor, und dessen Weisheit und Reinheit spiegelte sich<lb/> darin. In Predigten über das Sechstagewerk schilderte Basilius die Schön¬<lb/> heit der Schöpfung, die Zweckmäßigkeit des Nestbaues der Vögel, die Kunst¬<lb/> fertigkeit der Bienen, die Sorge der Störche für ihre Jungen. Aber höher<lb/> noch erhob sich die Betrachtung in der symbolischen Deutung der Natur. In<lb/> jedem Tier, in jeder Pflanze glaubte man die Handschrift Gottes zu sehen,<lb/> eine Lehre, eine Idee zu entdecken."</p><lb/> <p xml:id="ID_815" next="#ID_816"> Außer Biese haben in neuerer Zeit besonders Volkswirtschaftslehrer und<lb/> Sozialpolitiker die Kirchenväter befragt. In der Tat liefern sie eine so reiche<lb/> Ausbeute, daß ohne ihre Benutzung weder die politische noch die Kultur¬<lb/> geschichte der römischen Kaiserzeit geschrieben werden könnte. Aus der<lb/> Schilderung, die Cyprian von den Leiden der unter Valerian in die numi-<lb/> dischen Bergwerke geschickten Christen entwirft, können wir entnehmen, was<lb/> Bergarbeiter, die alle entweder Sklaven oder Verurteilte waren, zu leiden<lb/> hatten. „Die Füße stecken in Fesseln, die nicht mehr der Schmied, sondern<lb/> Gott allein abnehmen wird. Dem Körper fehlt eine Lagerstatt, jede Pflege;<lb/> er muß auf dem nackten Boden liegen. Die Verurteilten bekommen kein Wasser,<lb/> den dicken Schmutz abzuwaschen, mit dem sie ihre Arbeit bedeckt; Brot wird<lb/> kürglich gereicht; ihre Kleidung gewährt keinen Schutz vor der Kälte. Der<lb/> Kopf ist halb geschoren, und was von Haaren bleibt, das starrt von Schmutz."<lb/> Viele Maßregeln und Gesetze der spätern Zeit hatten die Ausrottung oder<lb/> wenigstens die Einschränkung der Landstreicherei und des Bettelns zum Zweck;<lb/> häufig wurden aus den großen Städten die Arbeitslosen ausgewiesen. Eine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0144]
Eine Kulturgeschichte des Römerreichs
meist Mosaiken in Basiliken, erst in der byzantinischen Zeit. „Während die
Heiden Götter und Helden mit einem Strahlenkranz umgaben, stellten die
Christen ihre heiligen Personen schlicht und prunklos als Menschen dar und
haben erst vom Schluß des dritten Jahrhunderts ab Christus und Maria mit
einem Nimbus geehrt." Aber eines ist der christlichen Malerei von Anfang
an eigentümlich gewesen: ihre Neigung zum Symbolismus. „Einen Gegen¬
stand für sich als Selbstzweck rein objektiv wiederzugeben, schien einem Christen
nutzlos; jedes Bild mußte etwas tieferes bedeuten; und diesem Grundsatze mußte
sich auch die biblische Geschichte beugen," weil viele ihrer Personen und Be¬
gebenheiten an sich nicht sehr erbaulich und nur als Sinnbilder von etwas
Höherin und Edlerm fähig schienen, in die religiöse Betrachtung und Dar¬
stellung aufgenommen zu werden. Daß einige christliche Einsiedler und Mönche
die ersten gewesen sind, denen die Schönheit der Natur aufgegangen ist, hat
Biese bemerkt und die das bezeugenden Aussprüche der Kirchenväter Basilius
und Gregor von Nazianz gesammelt. Auch Grupp führt einige an und be¬
merkt dazu: „Mit frischem Blicke schaute der Christ in die Natur, mit Augen,
die keine mythische Vorstellung trübte. Er sah keine Nymphen und Faune
im Waldesweben, auf der grünen An, keinen Poseidon, keine Sirenen im
Meereswogen, keine Berggeister und Windgötter, obwohl er sich noch nicht
ganz losmachte von der Vorstellung, daß gute und böse Geister die Natur¬
erscheinungen hervorbringen. Aber im allgemeinen lag doch die Natur viel
klarer vor seinem Auge, denn sie ging nach seinem Glauben aus der Hand
des einen Gottes hervor, und dessen Weisheit und Reinheit spiegelte sich
darin. In Predigten über das Sechstagewerk schilderte Basilius die Schön¬
heit der Schöpfung, die Zweckmäßigkeit des Nestbaues der Vögel, die Kunst¬
fertigkeit der Bienen, die Sorge der Störche für ihre Jungen. Aber höher
noch erhob sich die Betrachtung in der symbolischen Deutung der Natur. In
jedem Tier, in jeder Pflanze glaubte man die Handschrift Gottes zu sehen,
eine Lehre, eine Idee zu entdecken."
Außer Biese haben in neuerer Zeit besonders Volkswirtschaftslehrer und
Sozialpolitiker die Kirchenväter befragt. In der Tat liefern sie eine so reiche
Ausbeute, daß ohne ihre Benutzung weder die politische noch die Kultur¬
geschichte der römischen Kaiserzeit geschrieben werden könnte. Aus der
Schilderung, die Cyprian von den Leiden der unter Valerian in die numi-
dischen Bergwerke geschickten Christen entwirft, können wir entnehmen, was
Bergarbeiter, die alle entweder Sklaven oder Verurteilte waren, zu leiden
hatten. „Die Füße stecken in Fesseln, die nicht mehr der Schmied, sondern
Gott allein abnehmen wird. Dem Körper fehlt eine Lagerstatt, jede Pflege;
er muß auf dem nackten Boden liegen. Die Verurteilten bekommen kein Wasser,
den dicken Schmutz abzuwaschen, mit dem sie ihre Arbeit bedeckt; Brot wird
kürglich gereicht; ihre Kleidung gewährt keinen Schutz vor der Kälte. Der
Kopf ist halb geschoren, und was von Haaren bleibt, das starrt von Schmutz."
Viele Maßregeln und Gesetze der spätern Zeit hatten die Ausrottung oder
wenigstens die Einschränkung der Landstreicherei und des Bettelns zum Zweck;
häufig wurden aus den großen Städten die Arbeitslosen ausgewiesen. Eine
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