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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Männern einen Statthalter aussucht, was nicht ausschließt, daß auch einmal ein
Prinz des königlichen Hauses von Preußen, sobald er das nötige Lebensalter und
einen angemessenen Rang erreicht hat, Statthalter wird. Der Kaiser vermöchte
einen solchen ebenso aus jedem deutschen Fürstenhause zu wählen, aber ein "Erbstatt¬
halter" wäre der größte Fehler, der gemacht werden könnte. Das wäre eine
erbliche Entäußerung der kaiserlichen Macht und griffe tief in die Verantwortlichkeit
des Reichskanzlers, der für diese Ernennung jedesmal verantwortlich bliebe. Damit
fällt auch die Idee des selbständigen Reichsgliedes und der eignen Vertretung im
Bundesrat. Elsaß-Lothringen gehört dem Reiche, und das Reich hat gar kein
Interesse, sich dieses gemeinsamen Eigentums zu entäußern. Die Elsaß-Lothringer
genießen alle Rechte der deutschen Reichsverfassung wie alle andern Deutschen, und
bei den Rundfragen des Reichskanzlers an die deutschen Regierungen wird in allen
Fällen, bei denen es von Wert und Nutzen sein kann, auch der Statthalter von
Elsaß-Lothringen um seine Ansicht gefragt. Einen Vertreter in den Bundesrat von
diplomatischem Charakter aber kann er aus dem Grunde nicht entsenden, weil damit
der Kaiser, dessen Vertreter im Lande der Statthalter ist, einen Bevoll¬
mächtigten bei sich selbst beglaubigen und diesem seinem Beamten, wie es in
der Reichsverfassung heißt, "den erforderlichen diplomatischen Schutz gewähren
müßte."

Zudem hat der Kaiser als solcher kein Ernennungsrecht für den Bundesrat,
folglich auch sein Statthalter nicht. Den einzelnen deutschen Staaten ist ihre
Stimmenzahl genau zugemessen; sollte Elsaß-Lothringen seiner Bevölkerungszahl
entsprechend drei Stimmen erhalten, so müßte Preußen sie hergeben, was es nie
tun kann und nie tun wird. Drei neue Stimmen aber würden eine weitere Ver¬
stärkung des kaiserlichen, d. h. des preußischen Einflusses im Bundesrat bedeuten,
dafür werden wiederum die andern nicht zu haben sein.

Hierzu kommt, daß Elsaß-Lothringen wohl eine Verwaltungseinheit, aber doch
keine Nationalität darstellt, wie zum Beispiel Württemberg oder Baden, Bayern
oder Sachsen. Elsässer und Lothringer hat es immer gegeben und gibt es noch
heute, "Elsaß-Lothringer" aber hat es nie gegeben, und sie werden auch in Zukunft
nicht künstlich zu züchten sein. Bezeichnend ist, daß bei der Benennung der Regimenter
des fünfzehnten und des sechzehnten Armeekorps vor wenig Jahren Wohl elsässische
und lothringische, unter- und oberelsässische Regimenter geschaffen wurden, jedoch nicht
ein einziger "elsaß-lothringischer" Truppenteil. Die Armee aber geht immer auf
das Natürliche. Sehr hübsch hat mau dabei die Bezeichnung "Metzer Infanterie¬
regiment Ur. 98" gewählt, weshalb aber kein "Straßburger" Regiment ge¬
schaffen worden ist, ist nicht recht klar. Die souveränen Hansestädte sollen hier
nicht zum Vergleich herangezogen werden, aber neben einem Artillerieregiment
"Frankfurt" und einem "Metzer" Infanterieregiment sollte auch ein "Straßburger"
nicht fehlen.

Im nächsten Winter werden die elsaß-lothringischen Parteiprogramme in
Zeitungen und Versammlungen wieder breitgetreten werden, deshalb seien diese Reise¬
betrachtungen eines Vogesenwcmdrers hier als Leitfaden eingeschaltet. Die "Gleich¬
stellung Elsaß-Lothringens mit den übrigen (!) Bundesstaaten" ist ein Mcmteuffelsches
Schlagwort ohne innere Berechtigung, dessen eigentlicher Kern der Wunsch des
Feldmarschalls war, vom Reichskanzler möglichst unabhängig zu sein und als Halb¬
souverän eigne Vertreter in den Bundesrat zu senden. Sein Freund Ranke hat ihm
schwerlich gesagt, daß dies irgendwie ausführbar sei. Zu den Selbständigkeits¬
merkmalen würde auch die Ausschaltung von Buudesrat und Reichstag aus der
Landesgesetzgebung gehören. Der Bundesrat könnte vielleicht durch einen anders
organisierten Staatsrat und eine Erste Kammer ersetzt werden, aber gerade seine
Mitwirkung an der Landesgesetzgebung drückt den Charakter der xrovinois, imxsiii,
des Allgemeinbesitzes, am deutlichsten aus, und die deutschen Regierungen werden
darauf schwerlich verzichten. Auf die Möglichkeit aber, an den Reichstag als


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Männern einen Statthalter aussucht, was nicht ausschließt, daß auch einmal ein
Prinz des königlichen Hauses von Preußen, sobald er das nötige Lebensalter und
einen angemessenen Rang erreicht hat, Statthalter wird. Der Kaiser vermöchte
einen solchen ebenso aus jedem deutschen Fürstenhause zu wählen, aber ein „Erbstatt¬
halter" wäre der größte Fehler, der gemacht werden könnte. Das wäre eine
erbliche Entäußerung der kaiserlichen Macht und griffe tief in die Verantwortlichkeit
des Reichskanzlers, der für diese Ernennung jedesmal verantwortlich bliebe. Damit
fällt auch die Idee des selbständigen Reichsgliedes und der eignen Vertretung im
Bundesrat. Elsaß-Lothringen gehört dem Reiche, und das Reich hat gar kein
Interesse, sich dieses gemeinsamen Eigentums zu entäußern. Die Elsaß-Lothringer
genießen alle Rechte der deutschen Reichsverfassung wie alle andern Deutschen, und
bei den Rundfragen des Reichskanzlers an die deutschen Regierungen wird in allen
Fällen, bei denen es von Wert und Nutzen sein kann, auch der Statthalter von
Elsaß-Lothringen um seine Ansicht gefragt. Einen Vertreter in den Bundesrat von
diplomatischem Charakter aber kann er aus dem Grunde nicht entsenden, weil damit
der Kaiser, dessen Vertreter im Lande der Statthalter ist, einen Bevoll¬
mächtigten bei sich selbst beglaubigen und diesem seinem Beamten, wie es in
der Reichsverfassung heißt, „den erforderlichen diplomatischen Schutz gewähren
müßte."

Zudem hat der Kaiser als solcher kein Ernennungsrecht für den Bundesrat,
folglich auch sein Statthalter nicht. Den einzelnen deutschen Staaten ist ihre
Stimmenzahl genau zugemessen; sollte Elsaß-Lothringen seiner Bevölkerungszahl
entsprechend drei Stimmen erhalten, so müßte Preußen sie hergeben, was es nie
tun kann und nie tun wird. Drei neue Stimmen aber würden eine weitere Ver¬
stärkung des kaiserlichen, d. h. des preußischen Einflusses im Bundesrat bedeuten,
dafür werden wiederum die andern nicht zu haben sein.

Hierzu kommt, daß Elsaß-Lothringen wohl eine Verwaltungseinheit, aber doch
keine Nationalität darstellt, wie zum Beispiel Württemberg oder Baden, Bayern
oder Sachsen. Elsässer und Lothringer hat es immer gegeben und gibt es noch
heute, „Elsaß-Lothringer" aber hat es nie gegeben, und sie werden auch in Zukunft
nicht künstlich zu züchten sein. Bezeichnend ist, daß bei der Benennung der Regimenter
des fünfzehnten und des sechzehnten Armeekorps vor wenig Jahren Wohl elsässische
und lothringische, unter- und oberelsässische Regimenter geschaffen wurden, jedoch nicht
ein einziger „elsaß-lothringischer" Truppenteil. Die Armee aber geht immer auf
das Natürliche. Sehr hübsch hat mau dabei die Bezeichnung „Metzer Infanterie¬
regiment Ur. 98" gewählt, weshalb aber kein „Straßburger" Regiment ge¬
schaffen worden ist, ist nicht recht klar. Die souveränen Hansestädte sollen hier
nicht zum Vergleich herangezogen werden, aber neben einem Artillerieregiment
„Frankfurt" und einem „Metzer" Infanterieregiment sollte auch ein „Straßburger"
nicht fehlen.

Im nächsten Winter werden die elsaß-lothringischen Parteiprogramme in
Zeitungen und Versammlungen wieder breitgetreten werden, deshalb seien diese Reise¬
betrachtungen eines Vogesenwcmdrers hier als Leitfaden eingeschaltet. Die „Gleich¬
stellung Elsaß-Lothringens mit den übrigen (!) Bundesstaaten" ist ein Mcmteuffelsches
Schlagwort ohne innere Berechtigung, dessen eigentlicher Kern der Wunsch des
Feldmarschalls war, vom Reichskanzler möglichst unabhängig zu sein und als Halb¬
souverän eigne Vertreter in den Bundesrat zu senden. Sein Freund Ranke hat ihm
schwerlich gesagt, daß dies irgendwie ausführbar sei. Zu den Selbständigkeits¬
merkmalen würde auch die Ausschaltung von Buudesrat und Reichstag aus der
Landesgesetzgebung gehören. Der Bundesrat könnte vielleicht durch einen anders
organisierten Staatsrat und eine Erste Kammer ersetzt werden, aber gerade seine
Mitwirkung an der Landesgesetzgebung drückt den Charakter der xrovinois, imxsiii,
des Allgemeinbesitzes, am deutlichsten aus, und die deutschen Regierungen werden
darauf schwerlich verzichten. Auf die Möglichkeit aber, an den Reichstag als


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[0062] Maßgebliches und Unmaßgebliches Männern einen Statthalter aussucht, was nicht ausschließt, daß auch einmal ein Prinz des königlichen Hauses von Preußen, sobald er das nötige Lebensalter und einen angemessenen Rang erreicht hat, Statthalter wird. Der Kaiser vermöchte einen solchen ebenso aus jedem deutschen Fürstenhause zu wählen, aber ein „Erbstatt¬ halter" wäre der größte Fehler, der gemacht werden könnte. Das wäre eine erbliche Entäußerung der kaiserlichen Macht und griffe tief in die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers, der für diese Ernennung jedesmal verantwortlich bliebe. Damit fällt auch die Idee des selbständigen Reichsgliedes und der eignen Vertretung im Bundesrat. Elsaß-Lothringen gehört dem Reiche, und das Reich hat gar kein Interesse, sich dieses gemeinsamen Eigentums zu entäußern. Die Elsaß-Lothringer genießen alle Rechte der deutschen Reichsverfassung wie alle andern Deutschen, und bei den Rundfragen des Reichskanzlers an die deutschen Regierungen wird in allen Fällen, bei denen es von Wert und Nutzen sein kann, auch der Statthalter von Elsaß-Lothringen um seine Ansicht gefragt. Einen Vertreter in den Bundesrat von diplomatischem Charakter aber kann er aus dem Grunde nicht entsenden, weil damit der Kaiser, dessen Vertreter im Lande der Statthalter ist, einen Bevoll¬ mächtigten bei sich selbst beglaubigen und diesem seinem Beamten, wie es in der Reichsverfassung heißt, „den erforderlichen diplomatischen Schutz gewähren müßte." Zudem hat der Kaiser als solcher kein Ernennungsrecht für den Bundesrat, folglich auch sein Statthalter nicht. Den einzelnen deutschen Staaten ist ihre Stimmenzahl genau zugemessen; sollte Elsaß-Lothringen seiner Bevölkerungszahl entsprechend drei Stimmen erhalten, so müßte Preußen sie hergeben, was es nie tun kann und nie tun wird. Drei neue Stimmen aber würden eine weitere Ver¬ stärkung des kaiserlichen, d. h. des preußischen Einflusses im Bundesrat bedeuten, dafür werden wiederum die andern nicht zu haben sein. Hierzu kommt, daß Elsaß-Lothringen wohl eine Verwaltungseinheit, aber doch keine Nationalität darstellt, wie zum Beispiel Württemberg oder Baden, Bayern oder Sachsen. Elsässer und Lothringer hat es immer gegeben und gibt es noch heute, „Elsaß-Lothringer" aber hat es nie gegeben, und sie werden auch in Zukunft nicht künstlich zu züchten sein. Bezeichnend ist, daß bei der Benennung der Regimenter des fünfzehnten und des sechzehnten Armeekorps vor wenig Jahren Wohl elsässische und lothringische, unter- und oberelsässische Regimenter geschaffen wurden, jedoch nicht ein einziger „elsaß-lothringischer" Truppenteil. Die Armee aber geht immer auf das Natürliche. Sehr hübsch hat mau dabei die Bezeichnung „Metzer Infanterie¬ regiment Ur. 98" gewählt, weshalb aber kein „Straßburger" Regiment ge¬ schaffen worden ist, ist nicht recht klar. Die souveränen Hansestädte sollen hier nicht zum Vergleich herangezogen werden, aber neben einem Artillerieregiment „Frankfurt" und einem „Metzer" Infanterieregiment sollte auch ein „Straßburger" nicht fehlen. Im nächsten Winter werden die elsaß-lothringischen Parteiprogramme in Zeitungen und Versammlungen wieder breitgetreten werden, deshalb seien diese Reise¬ betrachtungen eines Vogesenwcmdrers hier als Leitfaden eingeschaltet. Die „Gleich¬ stellung Elsaß-Lothringens mit den übrigen (!) Bundesstaaten" ist ein Mcmteuffelsches Schlagwort ohne innere Berechtigung, dessen eigentlicher Kern der Wunsch des Feldmarschalls war, vom Reichskanzler möglichst unabhängig zu sein und als Halb¬ souverän eigne Vertreter in den Bundesrat zu senden. Sein Freund Ranke hat ihm schwerlich gesagt, daß dies irgendwie ausführbar sei. Zu den Selbständigkeits¬ merkmalen würde auch die Ausschaltung von Buudesrat und Reichstag aus der Landesgesetzgebung gehören. Der Bundesrat könnte vielleicht durch einen anders organisierten Staatsrat und eine Erste Kammer ersetzt werden, aber gerade seine Mitwirkung an der Landesgesetzgebung drückt den Charakter der xrovinois, imxsiii, des Allgemeinbesitzes, am deutlichsten aus, und die deutschen Regierungen werden darauf schwerlich verzichten. Auf die Möglichkeit aber, an den Reichstag als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/62>, abgerufen am 23.07.2024.