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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

so war es auch. Den Argumenten, die die britische Überhebung lieferte, konnte
sich der Reichstag so wenig entziehn wie der Teil der öffentlichen Meinung, der
damals der Flottenfrage noch zweifelnd gegenüberstand. Während der Versailler
Verhandlungen hat Thiers einmal schier verzweifelt ausgerufen: "Eure deutsche
Einheit -- ich fürchte, daß wir es sind, die sie gemacht haben." "Vielleicht,"
entgegnete ihm Bismarck. So mögen heute die Engländer, die in allen Tönen über
unsre leider zumeist noch auf dem Papier stehende Flotte klagen, überzeugt sein, daß
siech zum nicht geringen Teile sind, die diese deutsche Flotte der Zukunft geschaffen
haben und schassen werden Graf Bülow darf ihnen getrost nicht nnr mit einem
"Vielleicht," sondern mit einem bestimmten "Ja" auf eine solche Frage antworten.

Dem Schnelldampfer "Deutschland" ist jetzt ein stolzes Linienschiff "Deutsch¬
land" gefolgt, das diesen teuersten Namen geerbt hat von jener "Deutschland,"
die um die Weihnachtszeit des Jahres 1897 den Prinzen Heinrich nach Ostasien
trug. Wiederum hielt Graf Bülow die Taufrede, diesesmal vielleicht den Blick
mehr nach innen als nach anßen gerichtet. Er stellte die Frage: "Wie wollen
wir das Deutsche Reich?" und seine Antwort darauf ist in ihrer klassischen Kürze
mehr als eine Gelegenheitsrcde, sie ist ein Programm, dem der Kaiser durch
seine Gegenwart die Anerkennung und Übereinstimmung verlieh. "Sicher ruhend
in der Eintracht der Fürsten und Stämme; Kleinen und Großen das
Maß ihres Rechts nach Gesetz und Verfassung verbürgend; hilfreich den
Schwachen; wachsende Wohlfahrt und Ordnung im Innern; aller ehrlichen Arbeit
freie Bahn; jeder Tüchtigkeit ein herzliches Willkommen. So allein kann im
Reiche der Boden bereitet werden für alle Werke des Friedens." In diesen
kurzen Sätzen ist jedes Wort sorgfältig abgewogen; ihr Inhalt wird in allen
patriotischen Kreisen des Vaterlandes, zumal auch von den deutschen Regierungen,
mit aufrichtigem und herzlichem Beifall aufgenommen worden sein.

Durch die Rede klingt hindurch, was den Reichskanzler in den vorans-
gegangnen Wochen am meisten beschäftigt hatte: die Regelung der lippischen An¬
gelegenheit. Der überall mit lebhafter Zustimmung aufgenommne Bnndesrats-
beschluß vom Freitag war ihr um 24 Stunden vorausgegangen. Man kann es
nur dankbar begrüßen, daß Graf Bülow die erste ihm gebotne Gelegenheit benutzt
hat, die Grundsätze, die für ihn in dieser Sache leitend und maßgebend ge¬
wesen sind, öffentlich wenigstens anzudeuten. Es wird auch so überall verstünden
worden sein. Wie sein großer Vorgänger hat sich Graf Bülow in dieser Regelung
der lippischeu Angelegenheit als ein eben so geschickter und umsichtiger wie mich
zugleich energischer und entschlossener Deichhauptmann erwiesen. Er hat für eine
drohende Hochflut rechtzeitig das ableitende Bett gegraben und für alle Beteiligten
einen annehmbaren Ausweg aus einer recht verwickelten und schwierigen Lage ge¬
schaffen. Man mag beklagen, daß das nicht früher möglich, und damit manch
Unliebsames zu vermeiden gewesen war. Diese Kritiker werden sich aber mit dem
Hinweise abfinden müssen, den Graf Bülow am Schlüsse seiner Kieler Rede in
bezug auf Deutschlands Stellung in der Welt einflocht, "daß nicht wir allein den
Gang der Weltgeschichte bestimmen." Wie draußen im Großen, so drinnen im
Kleinen. Die Bedingungen für die Beschreidung des allgemein beifällig anerkannten
Weges wären früher vielleicht nicht in demselben Maße vorhanden gewesen. Die
Krisis, die zu beseitigen dem Reichskanzler gelungen ist, mußte zuvörderst doch
erst eingetreten sein. Die Art, wie Graf Bülow diese Krisis dann benutzt hat,
nicht nnr sie, sondern auch die Wurzeln ihres Anlasses dauernd unschädlich zu
machen, reiht sich den besten Leistungen deutscher Staatskunst an. Die größern
deutschen Regierungen, zumal Bayern und Sachsen, haben, wie in Bundesrats-
kreiseu berichtet wird, mit ihrer warmen und vertrauensvollen Anerkennung nicht
zurückgehalten.

Die Kieler Rede bietet aber noch zwei weitere programmatische Sätze. "Wer
von uns hinauszieht, um deutsche Kultur und deutsche Arbeit in die Welt zu


Maßgebliches und Unmaßgebliches

so war es auch. Den Argumenten, die die britische Überhebung lieferte, konnte
sich der Reichstag so wenig entziehn wie der Teil der öffentlichen Meinung, der
damals der Flottenfrage noch zweifelnd gegenüberstand. Während der Versailler
Verhandlungen hat Thiers einmal schier verzweifelt ausgerufen: „Eure deutsche
Einheit — ich fürchte, daß wir es sind, die sie gemacht haben." „Vielleicht,"
entgegnete ihm Bismarck. So mögen heute die Engländer, die in allen Tönen über
unsre leider zumeist noch auf dem Papier stehende Flotte klagen, überzeugt sein, daß
siech zum nicht geringen Teile sind, die diese deutsche Flotte der Zukunft geschaffen
haben und schassen werden Graf Bülow darf ihnen getrost nicht nnr mit einem
„Vielleicht," sondern mit einem bestimmten „Ja" auf eine solche Frage antworten.

Dem Schnelldampfer „Deutschland" ist jetzt ein stolzes Linienschiff „Deutsch¬
land" gefolgt, das diesen teuersten Namen geerbt hat von jener „Deutschland,"
die um die Weihnachtszeit des Jahres 1897 den Prinzen Heinrich nach Ostasien
trug. Wiederum hielt Graf Bülow die Taufrede, diesesmal vielleicht den Blick
mehr nach innen als nach anßen gerichtet. Er stellte die Frage: „Wie wollen
wir das Deutsche Reich?" und seine Antwort darauf ist in ihrer klassischen Kürze
mehr als eine Gelegenheitsrcde, sie ist ein Programm, dem der Kaiser durch
seine Gegenwart die Anerkennung und Übereinstimmung verlieh. „Sicher ruhend
in der Eintracht der Fürsten und Stämme; Kleinen und Großen das
Maß ihres Rechts nach Gesetz und Verfassung verbürgend; hilfreich den
Schwachen; wachsende Wohlfahrt und Ordnung im Innern; aller ehrlichen Arbeit
freie Bahn; jeder Tüchtigkeit ein herzliches Willkommen. So allein kann im
Reiche der Boden bereitet werden für alle Werke des Friedens." In diesen
kurzen Sätzen ist jedes Wort sorgfältig abgewogen; ihr Inhalt wird in allen
patriotischen Kreisen des Vaterlandes, zumal auch von den deutschen Regierungen,
mit aufrichtigem und herzlichem Beifall aufgenommen worden sein.

Durch die Rede klingt hindurch, was den Reichskanzler in den vorans-
gegangnen Wochen am meisten beschäftigt hatte: die Regelung der lippischen An¬
gelegenheit. Der überall mit lebhafter Zustimmung aufgenommne Bnndesrats-
beschluß vom Freitag war ihr um 24 Stunden vorausgegangen. Man kann es
nur dankbar begrüßen, daß Graf Bülow die erste ihm gebotne Gelegenheit benutzt
hat, die Grundsätze, die für ihn in dieser Sache leitend und maßgebend ge¬
wesen sind, öffentlich wenigstens anzudeuten. Es wird auch so überall verstünden
worden sein. Wie sein großer Vorgänger hat sich Graf Bülow in dieser Regelung
der lippischeu Angelegenheit als ein eben so geschickter und umsichtiger wie mich
zugleich energischer und entschlossener Deichhauptmann erwiesen. Er hat für eine
drohende Hochflut rechtzeitig das ableitende Bett gegraben und für alle Beteiligten
einen annehmbaren Ausweg aus einer recht verwickelten und schwierigen Lage ge¬
schaffen. Man mag beklagen, daß das nicht früher möglich, und damit manch
Unliebsames zu vermeiden gewesen war. Diese Kritiker werden sich aber mit dem
Hinweise abfinden müssen, den Graf Bülow am Schlüsse seiner Kieler Rede in
bezug auf Deutschlands Stellung in der Welt einflocht, „daß nicht wir allein den
Gang der Weltgeschichte bestimmen." Wie draußen im Großen, so drinnen im
Kleinen. Die Bedingungen für die Beschreidung des allgemein beifällig anerkannten
Weges wären früher vielleicht nicht in demselben Maße vorhanden gewesen. Die
Krisis, die zu beseitigen dem Reichskanzler gelungen ist, mußte zuvörderst doch
erst eingetreten sein. Die Art, wie Graf Bülow diese Krisis dann benutzt hat,
nicht nnr sie, sondern auch die Wurzeln ihres Anlasses dauernd unschädlich zu
machen, reiht sich den besten Leistungen deutscher Staatskunst an. Die größern
deutschen Regierungen, zumal Bayern und Sachsen, haben, wie in Bundesrats-
kreiseu berichtet wird, mit ihrer warmen und vertrauensvollen Anerkennung nicht
zurückgehalten.

Die Kieler Rede bietet aber noch zwei weitere programmatische Sätze. „Wer
von uns hinauszieht, um deutsche Kultur und deutsche Arbeit in die Welt zu


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[0474] Maßgebliches und Unmaßgebliches so war es auch. Den Argumenten, die die britische Überhebung lieferte, konnte sich der Reichstag so wenig entziehn wie der Teil der öffentlichen Meinung, der damals der Flottenfrage noch zweifelnd gegenüberstand. Während der Versailler Verhandlungen hat Thiers einmal schier verzweifelt ausgerufen: „Eure deutsche Einheit — ich fürchte, daß wir es sind, die sie gemacht haben." „Vielleicht," entgegnete ihm Bismarck. So mögen heute die Engländer, die in allen Tönen über unsre leider zumeist noch auf dem Papier stehende Flotte klagen, überzeugt sein, daß siech zum nicht geringen Teile sind, die diese deutsche Flotte der Zukunft geschaffen haben und schassen werden Graf Bülow darf ihnen getrost nicht nnr mit einem „Vielleicht," sondern mit einem bestimmten „Ja" auf eine solche Frage antworten. Dem Schnelldampfer „Deutschland" ist jetzt ein stolzes Linienschiff „Deutsch¬ land" gefolgt, das diesen teuersten Namen geerbt hat von jener „Deutschland," die um die Weihnachtszeit des Jahres 1897 den Prinzen Heinrich nach Ostasien trug. Wiederum hielt Graf Bülow die Taufrede, diesesmal vielleicht den Blick mehr nach innen als nach anßen gerichtet. Er stellte die Frage: „Wie wollen wir das Deutsche Reich?" und seine Antwort darauf ist in ihrer klassischen Kürze mehr als eine Gelegenheitsrcde, sie ist ein Programm, dem der Kaiser durch seine Gegenwart die Anerkennung und Übereinstimmung verlieh. „Sicher ruhend in der Eintracht der Fürsten und Stämme; Kleinen und Großen das Maß ihres Rechts nach Gesetz und Verfassung verbürgend; hilfreich den Schwachen; wachsende Wohlfahrt und Ordnung im Innern; aller ehrlichen Arbeit freie Bahn; jeder Tüchtigkeit ein herzliches Willkommen. So allein kann im Reiche der Boden bereitet werden für alle Werke des Friedens." In diesen kurzen Sätzen ist jedes Wort sorgfältig abgewogen; ihr Inhalt wird in allen patriotischen Kreisen des Vaterlandes, zumal auch von den deutschen Regierungen, mit aufrichtigem und herzlichem Beifall aufgenommen worden sein. Durch die Rede klingt hindurch, was den Reichskanzler in den vorans- gegangnen Wochen am meisten beschäftigt hatte: die Regelung der lippischen An¬ gelegenheit. Der überall mit lebhafter Zustimmung aufgenommne Bnndesrats- beschluß vom Freitag war ihr um 24 Stunden vorausgegangen. Man kann es nur dankbar begrüßen, daß Graf Bülow die erste ihm gebotne Gelegenheit benutzt hat, die Grundsätze, die für ihn in dieser Sache leitend und maßgebend ge¬ wesen sind, öffentlich wenigstens anzudeuten. Es wird auch so überall verstünden worden sein. Wie sein großer Vorgänger hat sich Graf Bülow in dieser Regelung der lippischeu Angelegenheit als ein eben so geschickter und umsichtiger wie mich zugleich energischer und entschlossener Deichhauptmann erwiesen. Er hat für eine drohende Hochflut rechtzeitig das ableitende Bett gegraben und für alle Beteiligten einen annehmbaren Ausweg aus einer recht verwickelten und schwierigen Lage ge¬ schaffen. Man mag beklagen, daß das nicht früher möglich, und damit manch Unliebsames zu vermeiden gewesen war. Diese Kritiker werden sich aber mit dem Hinweise abfinden müssen, den Graf Bülow am Schlüsse seiner Kieler Rede in bezug auf Deutschlands Stellung in der Welt einflocht, „daß nicht wir allein den Gang der Weltgeschichte bestimmen." Wie draußen im Großen, so drinnen im Kleinen. Die Bedingungen für die Beschreidung des allgemein beifällig anerkannten Weges wären früher vielleicht nicht in demselben Maße vorhanden gewesen. Die Krisis, die zu beseitigen dem Reichskanzler gelungen ist, mußte zuvörderst doch erst eingetreten sein. Die Art, wie Graf Bülow diese Krisis dann benutzt hat, nicht nnr sie, sondern auch die Wurzeln ihres Anlasses dauernd unschädlich zu machen, reiht sich den besten Leistungen deutscher Staatskunst an. Die größern deutschen Regierungen, zumal Bayern und Sachsen, haben, wie in Bundesrats- kreiseu berichtet wird, mit ihrer warmen und vertrauensvollen Anerkennung nicht zurückgehalten. Die Kieler Rede bietet aber noch zwei weitere programmatische Sätze. „Wer von uns hinauszieht, um deutsche Kultur und deutsche Arbeit in die Welt zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/474>, abgerufen am 23.07.2024.