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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Kultnrbilder von den kleinasiatischen Inseln

Übereinstimmend ist ferner die Form der Siedlungen: ebensowenig wie in
Sizilien kennt man im Osten eigentliche Dörfer oder gar Einzelgehöfte; hier
wie dort wohnen die Bauern in kompakten Massen zusammen -- eomrmi
otüusi (geschlossene Gemeinden) nennt man es in Italien --, und von hier
aus bewirtschaften sie die umliegenden Felder. Wenn diese Art von An-
siedlung für Sizilien, ihren Grund hat in der von alters her drohende:?
Gefahr räuberischer Überfälle, so hat es mit den kleinen griechischen Inseln
offenbar dieselbe Bewandtnis, zumal da hier die Gefahr der Seeräuberei noch
größer war.

Wie die äußere Anlage so bietet auch das innere Treiben einer sizilischen
Stadt merkwürdige Analogien z" den? einer inselgriechischen: die wichtigste
Signatur ist beiderseits bezeichnet mit den Worten Stagnation, Kastengeist,
Parteiwesen. Wenn noch vor zehn Jahren in einer Großgruudbcsitzerver-
sammlnng von Palermo für die Abschaffung des obligatorischen Schulunterrichts
plädiert werden konnte, so hat dieser Vorgang sein Gegenstück in einem ganz
ähnlichen auf Kalyinnos, von dem wir berichteten, und der allerdings noch
weiter zurückliegt. In beiden Fällen war es der Egoismus der besitzenden
Klassen, der auf diese Weise die Besitzlose" seinen Zwecken dienstbar zu machen
suchte. Wo so etwas möglich ist, kaun man natürlich nicht an geistiges Leben
denken. Dieses beschränkt sich denn anch wie in Sizilien so auf deu griechisch-
türkischen Inseln außer auf das Cafe mit Vorliebe auf abendliche Zusammen¬
künfte im Laden des Apothekers und des Friseurs, dessen Kunden es als ihr
gutes Recht betrachten, "Abends sich bei dem Gevatter Friseur einzufinden
und gratis stundenlang "Licht zu schinden", wo dann einer der wenigen, die
lesen können, die Zeitung aus der Tasche nimmt und den lauschenden Kanne¬
gießern das neuste nicht ohne Pathos vorträgt. ..." Genau so konnte ich
es auf unsern Inseln beobachten. Dabei gehört, wie auch bei uus in frühern
Zeiten -- man denke an "Hermann und Dorothea" --, der Apotheker zu
den Honoratioren des Orts, während der Friseur als Handwerker zu der
zweiten Kaste gerechnet wird. In die letzte kommen auf Sizilien die Fischer
und die kleinen Händler. Heiraten zwischen diesen drei Klassen sind ausge¬
schlossen ? die Frauen der ersten dürfen den Hut tragen, die der zweiten und der
dritten nicht. Ob diese strenge soziale Gliederung auch auf deu kleinasiatischen
Jnseln besteht, habe ich zwar uicht beobachtet, dagegen wurde es mir von den
Bewohnern der sehr isolierten Insel Asthpalüa versichert. Dort sollen die
drei Kasten noch scharf voneinander geschieden sein, wenigstens innerhalb des
weiblichen Geschlechts, sodaß sich zum Beispiel eine Fran aus der zweiten und
ans der dritten Kaste nicht ebenso kleiden darf wie eine der ersten. Auch ist
den Mädchen der ersten und der zweiten Kaste das Arbeiten verboten, wenigstens
das für Geld, was als Schande gilt. Man sieht, es ist eine rein patriarchalisch-
fendale Gesellschaftsordnung, die den Sizilianern wie den Inselgriechen eigen ist.

Nun kommt aber die wichtigste und folgenschwerste Übereinstimmung, das
Parteiwesen. Es ist schon erwähnt worden, daß es in dem Hafenstädtchen
der Insel Kalyinnos zwei Kaffeehäuser gibt, eins für die Honoratioren und
eins für den "Mittelstand." Dazu stimmt nun vorzüglich die Mitteilung
Rnmpelts, daß jede sizilische Stadt zwei Apotheker ernährt, einen konservativen
und einen radikalen -- es wird also dort wahrscheinlich nach altbewährten
politischen Parteirezepten kuriert anstatt nach den sonst ausreichenden, die auf
homöopathisch und allopathisch lauten. Doch das ist nur der etwas ins
Komische gezogne Ausdruck einer sehr traurigen Erscheinung: der Spaltung
einer Gemeinde in zwei feindliche Heere, deren jedes seinem Führer blindlings
folgt, ohne daß jemand ahnt, daß er sich mir zum Werkzeug der ganz per¬
sönlichen Interessen seines Führers -- besser Verführers -- macht. Am
heftigsten pflegt anch in Sizilien der Parteikampf zu entbrennen, wenn


Kultnrbilder von den kleinasiatischen Inseln

Übereinstimmend ist ferner die Form der Siedlungen: ebensowenig wie in
Sizilien kennt man im Osten eigentliche Dörfer oder gar Einzelgehöfte; hier
wie dort wohnen die Bauern in kompakten Massen zusammen — eomrmi
otüusi (geschlossene Gemeinden) nennt man es in Italien —, und von hier
aus bewirtschaften sie die umliegenden Felder. Wenn diese Art von An-
siedlung für Sizilien, ihren Grund hat in der von alters her drohende:?
Gefahr räuberischer Überfälle, so hat es mit den kleinen griechischen Inseln
offenbar dieselbe Bewandtnis, zumal da hier die Gefahr der Seeräuberei noch
größer war.

Wie die äußere Anlage so bietet auch das innere Treiben einer sizilischen
Stadt merkwürdige Analogien z» den? einer inselgriechischen: die wichtigste
Signatur ist beiderseits bezeichnet mit den Worten Stagnation, Kastengeist,
Parteiwesen. Wenn noch vor zehn Jahren in einer Großgruudbcsitzerver-
sammlnng von Palermo für die Abschaffung des obligatorischen Schulunterrichts
plädiert werden konnte, so hat dieser Vorgang sein Gegenstück in einem ganz
ähnlichen auf Kalyinnos, von dem wir berichteten, und der allerdings noch
weiter zurückliegt. In beiden Fällen war es der Egoismus der besitzenden
Klassen, der auf diese Weise die Besitzlose» seinen Zwecken dienstbar zu machen
suchte. Wo so etwas möglich ist, kaun man natürlich nicht an geistiges Leben
denken. Dieses beschränkt sich denn anch wie in Sizilien so auf deu griechisch-
türkischen Inseln außer auf das Cafe mit Vorliebe auf abendliche Zusammen¬
künfte im Laden des Apothekers und des Friseurs, dessen Kunden es als ihr
gutes Recht betrachten, „Abends sich bei dem Gevatter Friseur einzufinden
und gratis stundenlang »Licht zu schinden«, wo dann einer der wenigen, die
lesen können, die Zeitung aus der Tasche nimmt und den lauschenden Kanne¬
gießern das neuste nicht ohne Pathos vorträgt. ..." Genau so konnte ich
es auf unsern Inseln beobachten. Dabei gehört, wie auch bei uus in frühern
Zeiten — man denke an „Hermann und Dorothea" —, der Apotheker zu
den Honoratioren des Orts, während der Friseur als Handwerker zu der
zweiten Kaste gerechnet wird. In die letzte kommen auf Sizilien die Fischer
und die kleinen Händler. Heiraten zwischen diesen drei Klassen sind ausge¬
schlossen ? die Frauen der ersten dürfen den Hut tragen, die der zweiten und der
dritten nicht. Ob diese strenge soziale Gliederung auch auf deu kleinasiatischen
Jnseln besteht, habe ich zwar uicht beobachtet, dagegen wurde es mir von den
Bewohnern der sehr isolierten Insel Asthpalüa versichert. Dort sollen die
drei Kasten noch scharf voneinander geschieden sein, wenigstens innerhalb des
weiblichen Geschlechts, sodaß sich zum Beispiel eine Fran aus der zweiten und
ans der dritten Kaste nicht ebenso kleiden darf wie eine der ersten. Auch ist
den Mädchen der ersten und der zweiten Kaste das Arbeiten verboten, wenigstens
das für Geld, was als Schande gilt. Man sieht, es ist eine rein patriarchalisch-
fendale Gesellschaftsordnung, die den Sizilianern wie den Inselgriechen eigen ist.

Nun kommt aber die wichtigste und folgenschwerste Übereinstimmung, das
Parteiwesen. Es ist schon erwähnt worden, daß es in dem Hafenstädtchen
der Insel Kalyinnos zwei Kaffeehäuser gibt, eins für die Honoratioren und
eins für den „Mittelstand." Dazu stimmt nun vorzüglich die Mitteilung
Rnmpelts, daß jede sizilische Stadt zwei Apotheker ernährt, einen konservativen
und einen radikalen — es wird also dort wahrscheinlich nach altbewährten
politischen Parteirezepten kuriert anstatt nach den sonst ausreichenden, die auf
homöopathisch und allopathisch lauten. Doch das ist nur der etwas ins
Komische gezogne Ausdruck einer sehr traurigen Erscheinung: der Spaltung
einer Gemeinde in zwei feindliche Heere, deren jedes seinem Führer blindlings
folgt, ohne daß jemand ahnt, daß er sich mir zum Werkzeug der ganz per¬
sönlichen Interessen seines Führers — besser Verführers — macht. Am
heftigsten pflegt anch in Sizilien der Parteikampf zu entbrennen, wenn


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[0330] Kultnrbilder von den kleinasiatischen Inseln Übereinstimmend ist ferner die Form der Siedlungen: ebensowenig wie in Sizilien kennt man im Osten eigentliche Dörfer oder gar Einzelgehöfte; hier wie dort wohnen die Bauern in kompakten Massen zusammen — eomrmi otüusi (geschlossene Gemeinden) nennt man es in Italien —, und von hier aus bewirtschaften sie die umliegenden Felder. Wenn diese Art von An- siedlung für Sizilien, ihren Grund hat in der von alters her drohende:? Gefahr räuberischer Überfälle, so hat es mit den kleinen griechischen Inseln offenbar dieselbe Bewandtnis, zumal da hier die Gefahr der Seeräuberei noch größer war. Wie die äußere Anlage so bietet auch das innere Treiben einer sizilischen Stadt merkwürdige Analogien z» den? einer inselgriechischen: die wichtigste Signatur ist beiderseits bezeichnet mit den Worten Stagnation, Kastengeist, Parteiwesen. Wenn noch vor zehn Jahren in einer Großgruudbcsitzerver- sammlnng von Palermo für die Abschaffung des obligatorischen Schulunterrichts plädiert werden konnte, so hat dieser Vorgang sein Gegenstück in einem ganz ähnlichen auf Kalyinnos, von dem wir berichteten, und der allerdings noch weiter zurückliegt. In beiden Fällen war es der Egoismus der besitzenden Klassen, der auf diese Weise die Besitzlose» seinen Zwecken dienstbar zu machen suchte. Wo so etwas möglich ist, kaun man natürlich nicht an geistiges Leben denken. Dieses beschränkt sich denn anch wie in Sizilien so auf deu griechisch- türkischen Inseln außer auf das Cafe mit Vorliebe auf abendliche Zusammen¬ künfte im Laden des Apothekers und des Friseurs, dessen Kunden es als ihr gutes Recht betrachten, „Abends sich bei dem Gevatter Friseur einzufinden und gratis stundenlang »Licht zu schinden«, wo dann einer der wenigen, die lesen können, die Zeitung aus der Tasche nimmt und den lauschenden Kanne¬ gießern das neuste nicht ohne Pathos vorträgt. ..." Genau so konnte ich es auf unsern Inseln beobachten. Dabei gehört, wie auch bei uus in frühern Zeiten — man denke an „Hermann und Dorothea" —, der Apotheker zu den Honoratioren des Orts, während der Friseur als Handwerker zu der zweiten Kaste gerechnet wird. In die letzte kommen auf Sizilien die Fischer und die kleinen Händler. Heiraten zwischen diesen drei Klassen sind ausge¬ schlossen ? die Frauen der ersten dürfen den Hut tragen, die der zweiten und der dritten nicht. Ob diese strenge soziale Gliederung auch auf deu kleinasiatischen Jnseln besteht, habe ich zwar uicht beobachtet, dagegen wurde es mir von den Bewohnern der sehr isolierten Insel Asthpalüa versichert. Dort sollen die drei Kasten noch scharf voneinander geschieden sein, wenigstens innerhalb des weiblichen Geschlechts, sodaß sich zum Beispiel eine Fran aus der zweiten und ans der dritten Kaste nicht ebenso kleiden darf wie eine der ersten. Auch ist den Mädchen der ersten und der zweiten Kaste das Arbeiten verboten, wenigstens das für Geld, was als Schande gilt. Man sieht, es ist eine rein patriarchalisch- fendale Gesellschaftsordnung, die den Sizilianern wie den Inselgriechen eigen ist. Nun kommt aber die wichtigste und folgenschwerste Übereinstimmung, das Parteiwesen. Es ist schon erwähnt worden, daß es in dem Hafenstädtchen der Insel Kalyinnos zwei Kaffeehäuser gibt, eins für die Honoratioren und eins für den „Mittelstand." Dazu stimmt nun vorzüglich die Mitteilung Rnmpelts, daß jede sizilische Stadt zwei Apotheker ernährt, einen konservativen und einen radikalen — es wird also dort wahrscheinlich nach altbewährten politischen Parteirezepten kuriert anstatt nach den sonst ausreichenden, die auf homöopathisch und allopathisch lauten. Doch das ist nur der etwas ins Komische gezogne Ausdruck einer sehr traurigen Erscheinung: der Spaltung einer Gemeinde in zwei feindliche Heere, deren jedes seinem Führer blindlings folgt, ohne daß jemand ahnt, daß er sich mir zum Werkzeug der ganz per¬ sönlichen Interessen seines Führers — besser Verführers — macht. Am heftigsten pflegt anch in Sizilien der Parteikampf zu entbrennen, wenn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/330>, abgerufen am 29.06.2024.