Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Damen auf Markby

Julie sah dies ein; gehorsam ließ sie das Pferd im Schritt gehn, und so
ritten sie eine lange Strecke schweigend nebeneinander her. Der berühmte Arzt,
der vor kurzem wegen Dagnys konsultiert worden war, hatte dieser starke Be¬
wegung in frischer Luft verordnet, und Hauptmann Hall, der ein vortrefflicher
Reiter war, hatte sich galanterweise sofort angeboten, sie und Elu reiten zu lehren;
Pferde konnte man jederzeit von Groß-Markby haben, wo außer den zum Hof ge¬
hörenden immer noch ein paar Kavalleriepferde gehalten wurden. An diesem Tage
nun hatte sich auch der Rechtsanwalt Garde, der als Juliens Vetter und juristischer
Ratgeber sehr oft auf Markby war, der kleinen Kavalkade angeschlossen.

Aber als sie am Morgen wegreiten wollten, hatte es verschiedne Erörterungen
gegeben, denn erst im letzten Augenblick hatte sich Julie entschlossen, auch mitzureiten,
und während man auf sie wartete, war Elu schlechter Laune geworden.

Reitet ihr nur voraus, sagte Erik schließlich auf seine ruhige Art. Arvid
steht ja Mutter für Dagny ein, und sie sollte auch nicht frieren! Tjö kann für
Elu sorgen.

Es war für Dagny eine unaussprechliche Qual, daß Erik "einen Herrn"
fortgesetzt "Tjö" nannte. Diesen Namen hatte der arme Robert schon in der
Schule bekommen, und zwar wegen eines ihm eigentümlichen langgezognen "unter¬
irdischen" Hustens, den er immer hatte, und "für den er doch nichts konnte," wie
die entrüstete Dagny sagte. Er selbst hatte übrigens gar nichts dagegen, "Tjö"
genannt zu werden; alle seine nähern Freunde taten es, und er wurde nun eigent¬
lich als ein Kosenamen betrachtet.

Aber Julie? wandte Arvid zögernd ein.

Ich werde auf Julie warten. -- Bei diesen Worten fuhr Bibbi, die in ihrem
Knockabout und in einen wollnen Schal gehüllt vor der Tür stand, um die Gesell¬
schaft wegreiteu zu sehen, heftig zusammen. -- Das heißt, fuhr Erik schnell fort,
wenn ihr es alle nicht vorzieht, zu warten, dann . . .

Mich friert, sagte Dagny; sie hielt neben Tjö und hatte in diesem Augenblick
die Aussicht, diese Stellung beibehalten zu können.

Das war entscheidend. Es wurde verabredet, daß man sich an einer be¬
stimmten Stelle treffen wolle, und während die vier andern zum Hof hinaufritten,
sprang Erik geduldig wieder vom Pferd, "um die Beine zu rühren." Auf Markby
war niemand sanguinisch, wenn es sich darum handelte, daß Julie sich beeilte.

Auch Bibbi hatte sich in ihrem wollnen Schal zähneklappernd auf die Treppe
gesetzt, um den Ausgang abzuwarten, und drüben im Flügel sah man die runden
Augen und die ungeheure Haubentolle der alten Pröpstin über den Geranienstöcken.

Du solltest nicht auf der steinernen Staffel sitzen, Bibbt, sagte Erik fürsorglich.
Dann sah er auf seine Uhr und fragte: Glaubst du, daß sie nun fertig ist?

Ich kann ja nachsehen, wenn du es wünschst, sagte die gutmütige Bibbi und
erhob sich auch schon bereitwillig, wenn auch etwas nervös.

Seit dem Kaffee bei der Pröpstin war eine Woche vergangen, und Bibbi,
die ja mit eignen Augen gesehen hatte, wie mißlungen Eriks Jagdausflug in den
Wald vor ein paar Tagen gewesen war, konnte es nicht unterlassen, darüber nach¬
zudenken, ob er wohl später Gelegenheit gefunden hätte, Julie zu treffen und mit
ihr zu reden. Sie glaubte es zwar nicht, aber . . .

Nein, liebe Bibbi, laß es lieber! Er sah an sich hinunter und fuhr mit der
Reitgerte über seine hohen Stiefel, und Bibbi erriet scharfsinnig, daß er etwas auf
dem Herzen habe.

Hast dn Julie in den letzten Tagen gesehen? fragte er schließlich so gleich-
giltig, als es ihm möglich war.

Ja, wir sehen uns ja für gewöhnlich alle Tage, antwortete Bibbi diplomatisch.
Sicherlich war sie nur ein schwaches Weib und nicht besonders hartherzig, aber
niemand sollte sie dazu bringen, in einer solchen Sache mitschuldig zu werden.

Ja, denn . . . murmelte Erik ungewöhnlich verlegen und schlug immer eifriger
ans seine Stiefel. Er fühlte Bibbis ängstliche Augen fortwährend auf sich gerichtet


Die Damen auf Markby

Julie sah dies ein; gehorsam ließ sie das Pferd im Schritt gehn, und so
ritten sie eine lange Strecke schweigend nebeneinander her. Der berühmte Arzt,
der vor kurzem wegen Dagnys konsultiert worden war, hatte dieser starke Be¬
wegung in frischer Luft verordnet, und Hauptmann Hall, der ein vortrefflicher
Reiter war, hatte sich galanterweise sofort angeboten, sie und Elu reiten zu lehren;
Pferde konnte man jederzeit von Groß-Markby haben, wo außer den zum Hof ge¬
hörenden immer noch ein paar Kavalleriepferde gehalten wurden. An diesem Tage
nun hatte sich auch der Rechtsanwalt Garde, der als Juliens Vetter und juristischer
Ratgeber sehr oft auf Markby war, der kleinen Kavalkade angeschlossen.

Aber als sie am Morgen wegreiten wollten, hatte es verschiedne Erörterungen
gegeben, denn erst im letzten Augenblick hatte sich Julie entschlossen, auch mitzureiten,
und während man auf sie wartete, war Elu schlechter Laune geworden.

Reitet ihr nur voraus, sagte Erik schließlich auf seine ruhige Art. Arvid
steht ja Mutter für Dagny ein, und sie sollte auch nicht frieren! Tjö kann für
Elu sorgen.

Es war für Dagny eine unaussprechliche Qual, daß Erik „einen Herrn"
fortgesetzt „Tjö" nannte. Diesen Namen hatte der arme Robert schon in der
Schule bekommen, und zwar wegen eines ihm eigentümlichen langgezognen „unter¬
irdischen" Hustens, den er immer hatte, und „für den er doch nichts konnte," wie
die entrüstete Dagny sagte. Er selbst hatte übrigens gar nichts dagegen, „Tjö"
genannt zu werden; alle seine nähern Freunde taten es, und er wurde nun eigent¬
lich als ein Kosenamen betrachtet.

Aber Julie? wandte Arvid zögernd ein.

Ich werde auf Julie warten. — Bei diesen Worten fuhr Bibbi, die in ihrem
Knockabout und in einen wollnen Schal gehüllt vor der Tür stand, um die Gesell¬
schaft wegreiteu zu sehen, heftig zusammen. — Das heißt, fuhr Erik schnell fort,
wenn ihr es alle nicht vorzieht, zu warten, dann . . .

Mich friert, sagte Dagny; sie hielt neben Tjö und hatte in diesem Augenblick
die Aussicht, diese Stellung beibehalten zu können.

Das war entscheidend. Es wurde verabredet, daß man sich an einer be¬
stimmten Stelle treffen wolle, und während die vier andern zum Hof hinaufritten,
sprang Erik geduldig wieder vom Pferd, „um die Beine zu rühren." Auf Markby
war niemand sanguinisch, wenn es sich darum handelte, daß Julie sich beeilte.

Auch Bibbi hatte sich in ihrem wollnen Schal zähneklappernd auf die Treppe
gesetzt, um den Ausgang abzuwarten, und drüben im Flügel sah man die runden
Augen und die ungeheure Haubentolle der alten Pröpstin über den Geranienstöcken.

Du solltest nicht auf der steinernen Staffel sitzen, Bibbt, sagte Erik fürsorglich.
Dann sah er auf seine Uhr und fragte: Glaubst du, daß sie nun fertig ist?

Ich kann ja nachsehen, wenn du es wünschst, sagte die gutmütige Bibbi und
erhob sich auch schon bereitwillig, wenn auch etwas nervös.

Seit dem Kaffee bei der Pröpstin war eine Woche vergangen, und Bibbi,
die ja mit eignen Augen gesehen hatte, wie mißlungen Eriks Jagdausflug in den
Wald vor ein paar Tagen gewesen war, konnte es nicht unterlassen, darüber nach¬
zudenken, ob er wohl später Gelegenheit gefunden hätte, Julie zu treffen und mit
ihr zu reden. Sie glaubte es zwar nicht, aber . . .

Nein, liebe Bibbi, laß es lieber! Er sah an sich hinunter und fuhr mit der
Reitgerte über seine hohen Stiefel, und Bibbi erriet scharfsinnig, daß er etwas auf
dem Herzen habe.

Hast dn Julie in den letzten Tagen gesehen? fragte er schließlich so gleich-
giltig, als es ihm möglich war.

Ja, wir sehen uns ja für gewöhnlich alle Tage, antwortete Bibbi diplomatisch.
Sicherlich war sie nur ein schwaches Weib und nicht besonders hartherzig, aber
niemand sollte sie dazu bringen, in einer solchen Sache mitschuldig zu werden.

Ja, denn . . . murmelte Erik ungewöhnlich verlegen und schlug immer eifriger
ans seine Stiefel. Er fühlte Bibbis ängstliche Augen fortwährend auf sich gerichtet


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295455"/>
            <fw type="header" place="top"> Die Damen auf Markby</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1111"> Julie sah dies ein; gehorsam ließ sie das Pferd im Schritt gehn, und so<lb/>
ritten sie eine lange Strecke schweigend nebeneinander her. Der berühmte Arzt,<lb/>
der vor kurzem wegen Dagnys konsultiert worden war, hatte dieser starke Be¬<lb/>
wegung in frischer Luft verordnet, und Hauptmann Hall, der ein vortrefflicher<lb/>
Reiter war, hatte sich galanterweise sofort angeboten, sie und Elu reiten zu lehren;<lb/>
Pferde konnte man jederzeit von Groß-Markby haben, wo außer den zum Hof ge¬<lb/>
hörenden immer noch ein paar Kavalleriepferde gehalten wurden. An diesem Tage<lb/>
nun hatte sich auch der Rechtsanwalt Garde, der als Juliens Vetter und juristischer<lb/>
Ratgeber sehr oft auf Markby war, der kleinen Kavalkade angeschlossen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1112"> Aber als sie am Morgen wegreiten wollten, hatte es verschiedne Erörterungen<lb/>
gegeben, denn erst im letzten Augenblick hatte sich Julie entschlossen, auch mitzureiten,<lb/>
und während man auf sie wartete, war Elu schlechter Laune geworden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1113"> Reitet ihr nur voraus, sagte Erik schließlich auf seine ruhige Art. Arvid<lb/>
steht ja Mutter für Dagny ein, und sie sollte auch nicht frieren! Tjö kann für<lb/>
Elu sorgen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1114"> Es war für Dagny eine unaussprechliche Qual, daß Erik &#x201E;einen Herrn"<lb/>
fortgesetzt &#x201E;Tjö" nannte. Diesen Namen hatte der arme Robert schon in der<lb/>
Schule bekommen, und zwar wegen eines ihm eigentümlichen langgezognen &#x201E;unter¬<lb/>
irdischen" Hustens, den er immer hatte, und &#x201E;für den er doch nichts konnte," wie<lb/>
die entrüstete Dagny sagte. Er selbst hatte übrigens gar nichts dagegen, &#x201E;Tjö"<lb/>
genannt zu werden; alle seine nähern Freunde taten es, und er wurde nun eigent¬<lb/>
lich als ein Kosenamen betrachtet.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1115"> Aber Julie? wandte Arvid zögernd ein.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1116"> Ich werde auf Julie warten. &#x2014; Bei diesen Worten fuhr Bibbi, die in ihrem<lb/>
Knockabout und in einen wollnen Schal gehüllt vor der Tür stand, um die Gesell¬<lb/>
schaft wegreiteu zu sehen, heftig zusammen. &#x2014; Das heißt, fuhr Erik schnell fort,<lb/>
wenn ihr es alle nicht vorzieht, zu warten, dann . . .</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1117"> Mich friert, sagte Dagny; sie hielt neben Tjö und hatte in diesem Augenblick<lb/>
die Aussicht, diese Stellung beibehalten zu können.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1118"> Das war entscheidend. Es wurde verabredet, daß man sich an einer be¬<lb/>
stimmten Stelle treffen wolle, und während die vier andern zum Hof hinaufritten,<lb/>
sprang Erik geduldig wieder vom Pferd, &#x201E;um die Beine zu rühren." Auf Markby<lb/>
war niemand sanguinisch, wenn es sich darum handelte, daß Julie sich beeilte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1119"> Auch Bibbi hatte sich in ihrem wollnen Schal zähneklappernd auf die Treppe<lb/>
gesetzt, um den Ausgang abzuwarten, und drüben im Flügel sah man die runden<lb/>
Augen und die ungeheure Haubentolle der alten Pröpstin über den Geranienstöcken.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1120"> Du solltest nicht auf der steinernen Staffel sitzen, Bibbt, sagte Erik fürsorglich.<lb/>
Dann sah er auf seine Uhr und fragte: Glaubst du, daß sie nun fertig ist?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1121"> Ich kann ja nachsehen, wenn du es wünschst, sagte die gutmütige Bibbi und<lb/>
erhob sich auch schon bereitwillig, wenn auch etwas nervös.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1122"> Seit dem Kaffee bei der Pröpstin war eine Woche vergangen, und Bibbi,<lb/>
die ja mit eignen Augen gesehen hatte, wie mißlungen Eriks Jagdausflug in den<lb/>
Wald vor ein paar Tagen gewesen war, konnte es nicht unterlassen, darüber nach¬<lb/>
zudenken, ob er wohl später Gelegenheit gefunden hätte, Julie zu treffen und mit<lb/>
ihr zu reden.  Sie glaubte es zwar nicht, aber . . .</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1123"> Nein, liebe Bibbi, laß es lieber! Er sah an sich hinunter und fuhr mit der<lb/>
Reitgerte über seine hohen Stiefel, und Bibbi erriet scharfsinnig, daß er etwas auf<lb/>
dem Herzen habe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1124"> Hast dn Julie in den letzten Tagen gesehen? fragte er schließlich so gleich-<lb/>
giltig, als es ihm möglich war.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1125"> Ja, wir sehen uns ja für gewöhnlich alle Tage, antwortete Bibbi diplomatisch.<lb/>
Sicherlich war sie nur ein schwaches Weib und nicht besonders hartherzig, aber<lb/>
niemand sollte sie dazu bringen, in einer solchen Sache mitschuldig zu werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1126" next="#ID_1127"> Ja, denn . . . murmelte Erik ungewöhnlich verlegen und schlug immer eifriger<lb/>
ans seine Stiefel. Er fühlte Bibbis ängstliche Augen fortwährend auf sich gerichtet</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0236] Die Damen auf Markby Julie sah dies ein; gehorsam ließ sie das Pferd im Schritt gehn, und so ritten sie eine lange Strecke schweigend nebeneinander her. Der berühmte Arzt, der vor kurzem wegen Dagnys konsultiert worden war, hatte dieser starke Be¬ wegung in frischer Luft verordnet, und Hauptmann Hall, der ein vortrefflicher Reiter war, hatte sich galanterweise sofort angeboten, sie und Elu reiten zu lehren; Pferde konnte man jederzeit von Groß-Markby haben, wo außer den zum Hof ge¬ hörenden immer noch ein paar Kavalleriepferde gehalten wurden. An diesem Tage nun hatte sich auch der Rechtsanwalt Garde, der als Juliens Vetter und juristischer Ratgeber sehr oft auf Markby war, der kleinen Kavalkade angeschlossen. Aber als sie am Morgen wegreiten wollten, hatte es verschiedne Erörterungen gegeben, denn erst im letzten Augenblick hatte sich Julie entschlossen, auch mitzureiten, und während man auf sie wartete, war Elu schlechter Laune geworden. Reitet ihr nur voraus, sagte Erik schließlich auf seine ruhige Art. Arvid steht ja Mutter für Dagny ein, und sie sollte auch nicht frieren! Tjö kann für Elu sorgen. Es war für Dagny eine unaussprechliche Qual, daß Erik „einen Herrn" fortgesetzt „Tjö" nannte. Diesen Namen hatte der arme Robert schon in der Schule bekommen, und zwar wegen eines ihm eigentümlichen langgezognen „unter¬ irdischen" Hustens, den er immer hatte, und „für den er doch nichts konnte," wie die entrüstete Dagny sagte. Er selbst hatte übrigens gar nichts dagegen, „Tjö" genannt zu werden; alle seine nähern Freunde taten es, und er wurde nun eigent¬ lich als ein Kosenamen betrachtet. Aber Julie? wandte Arvid zögernd ein. Ich werde auf Julie warten. — Bei diesen Worten fuhr Bibbi, die in ihrem Knockabout und in einen wollnen Schal gehüllt vor der Tür stand, um die Gesell¬ schaft wegreiteu zu sehen, heftig zusammen. — Das heißt, fuhr Erik schnell fort, wenn ihr es alle nicht vorzieht, zu warten, dann . . . Mich friert, sagte Dagny; sie hielt neben Tjö und hatte in diesem Augenblick die Aussicht, diese Stellung beibehalten zu können. Das war entscheidend. Es wurde verabredet, daß man sich an einer be¬ stimmten Stelle treffen wolle, und während die vier andern zum Hof hinaufritten, sprang Erik geduldig wieder vom Pferd, „um die Beine zu rühren." Auf Markby war niemand sanguinisch, wenn es sich darum handelte, daß Julie sich beeilte. Auch Bibbi hatte sich in ihrem wollnen Schal zähneklappernd auf die Treppe gesetzt, um den Ausgang abzuwarten, und drüben im Flügel sah man die runden Augen und die ungeheure Haubentolle der alten Pröpstin über den Geranienstöcken. Du solltest nicht auf der steinernen Staffel sitzen, Bibbt, sagte Erik fürsorglich. Dann sah er auf seine Uhr und fragte: Glaubst du, daß sie nun fertig ist? Ich kann ja nachsehen, wenn du es wünschst, sagte die gutmütige Bibbi und erhob sich auch schon bereitwillig, wenn auch etwas nervös. Seit dem Kaffee bei der Pröpstin war eine Woche vergangen, und Bibbi, die ja mit eignen Augen gesehen hatte, wie mißlungen Eriks Jagdausflug in den Wald vor ein paar Tagen gewesen war, konnte es nicht unterlassen, darüber nach¬ zudenken, ob er wohl später Gelegenheit gefunden hätte, Julie zu treffen und mit ihr zu reden. Sie glaubte es zwar nicht, aber . . . Nein, liebe Bibbi, laß es lieber! Er sah an sich hinunter und fuhr mit der Reitgerte über seine hohen Stiefel, und Bibbi erriet scharfsinnig, daß er etwas auf dem Herzen habe. Hast dn Julie in den letzten Tagen gesehen? fragte er schließlich so gleich- giltig, als es ihm möglich war. Ja, wir sehen uns ja für gewöhnlich alle Tage, antwortete Bibbi diplomatisch. Sicherlich war sie nur ein schwaches Weib und nicht besonders hartherzig, aber niemand sollte sie dazu bringen, in einer solchen Sache mitschuldig zu werden. Ja, denn . . . murmelte Erik ungewöhnlich verlegen und schlug immer eifriger ans seine Stiefel. Er fühlte Bibbis ängstliche Augen fortwährend auf sich gerichtet

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/236
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/236>, abgerufen am 23.07.2024.