Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.Der oberösterreichische Bauernaufstand dort seit Mitte August tagende kaiserliche Kommission endlich zu einer Ent¬ Die protestantischen Stände hatten sich mithin um die religiösen Bedürf¬ Der oberösterreichische Bauernaufstand dort seit Mitte August tagende kaiserliche Kommission endlich zu einer Ent¬ Die protestantischen Stände hatten sich mithin um die religiösen Bedürf¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0202" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295421"/> <fw type="header" place="top"> Der oberösterreichische Bauernaufstand</fw><lb/> <p xml:id="ID_932" prev="#ID_931"> dort seit Mitte August tagende kaiserliche Kommission endlich zu einer Ent¬<lb/> scheidung zu zwingen. Anfangs Dezember schlössen sich ihn, bei Wels die<lb/> Bauern des Hausruckviertels an, die des Mühlviertels hatten sich auch erhoben,<lb/> und aus Niederösterreich waren bei Steier 5000 Bauern aus dem Viertel ob<lb/> dein Walde zur Unterstützung erschienen. Die Gefahr brachte Leben in die sehr<lb/> untadige Kommission, sie sandte zwei ihrer Mitglieder an Tahas, und diese be¬<lb/> wogen die Bauern, nach Hause zu gehn und aus den Vierteln Ausschüsse uach<lb/> Linz abzuordnen, denen die inzwischen ausgewirkte neue kaiserliche Entscheidung<lb/> mitgeteilt werden solle. Diese enthielt aber eigentlich wieder nichts, die Ver¬<lb/> handlungen der Bauernausschüsse mit den Vertretern der Stände führten trotz<lb/> der Vermittlung der Kommission auch zu keinem Ergebnis, und es wurde nur<lb/> mit Mühe ein „artikulierter Stillstand" durchgesetzt, nach dem beide Teile ver¬<lb/> sprachen, eine neue kaiserliche Entscheidung in Ruhe abzuwarten. In Prag<lb/> waren min die Führer des oberösterreichischen Adels unter Führung des Frei-<lb/> herrn Erasmus von Tschernembl sehr rührig, an „Verehrungen" für die kaiser¬<lb/> lichen Räte wurde nicht gespart, und so fiel denn das kaiserliche Patent vom<lb/> 8. Mai 1597 nicht ungünstig fiir die Grundherren aus. Nur die Robot wurde<lb/> auf vierzehn Tage im Jahre herabgesetzt, das Freigeld von Feld- und Acker¬<lb/> geräten, von gewöhnlichen Kleidern und von Heiratsgut sollte nicht mehr er¬<lb/> hoben werden, im übrigen alles beim alten bleiben. Dagegen sollten bis zum<lb/> 9. Juni die protestantischen Geistlichen vertrieben, die katholischen wieder ein¬<lb/> gesetzt und die Waffen abgeliefert sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_933" next="#ID_934"> Die protestantischen Stände hatten sich mithin um die religiösen Bedürf¬<lb/> nisse ihrer Bauern wenig gekümmert und nur ihre Standesinteressen im Ange<lb/> gehabt; das sollte sich in spätern Jahren bitter rächen. Die Bauern hätten<lb/> jetzt freilich klug getan, sich mit dem wenigen, was sie erreicht hatten, zu be¬<lb/> gnügen, denn in Niederösterreich hatte der Generaloberst Morakhsy die Bauern<lb/> im März bei Se. Pölten geschlagen und „beruhigte" nnn das Landvolk damit,<lb/> daß er mit 140 Gefangnen von Ort zu Ort zog, „von denen er einige täglich<lb/> richten ließ." In Oberösterreich ging es kurz darauf nicht anders. Die Stände<lb/> hatten, durch die Vorgänge in Niederösterreich ermutigt, ohne jede kaiserliche<lb/> Erlaubnis im Juni 500 Landsknechte anwerben lassen, mit diesen und 100 stän¬<lb/> dischen Reitern durchzog Gotthard vou Starhemberg das Land und ging,<lb/> obwohl er nirgends Widerstand fand, und der Kaiser nicht einmal dem Landes¬<lb/> hauptmann Hinrichtungen erlaubt hatte, mit der größten Härte vor. Tahas<lb/> wurde vom Burggrafen von Wels zu einer Unterredung aufgefordert, gefangen<lb/> genommen und später mit zwei andern hingerichtet, außerdem wurden noch<lb/> 27 Bauern gehängt und so viele eingekerkert, daß die Schlösser in Linz und<lb/> Steier nicht alle zu fassen vermochten. Mit hohen Geldstrafen wurden 402 Per¬<lb/> sonen, ganze Gemeinden und Herrschaften belegt, doch nur wenig davon<lb/> eingezogen, da die Grundherren ihre Leute nicht zu Bettlern machen wollten.<lb/> Für die vom Kaiser gewollt? Gegenreformation tat jedoch Starhemberg nichts,<lb/> da er selbst Protestant war. Das wurde nach ihm durch deu Landeshaupt¬<lb/> mann Lobt von Greinburg um so gründlicher besorgt. Die Bauern mußten<lb/> schwören, sich der katholischen Kirche zu unterwerfen, und auch in den Städten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0202]
Der oberösterreichische Bauernaufstand
dort seit Mitte August tagende kaiserliche Kommission endlich zu einer Ent¬
scheidung zu zwingen. Anfangs Dezember schlössen sich ihn, bei Wels die
Bauern des Hausruckviertels an, die des Mühlviertels hatten sich auch erhoben,
und aus Niederösterreich waren bei Steier 5000 Bauern aus dem Viertel ob
dein Walde zur Unterstützung erschienen. Die Gefahr brachte Leben in die sehr
untadige Kommission, sie sandte zwei ihrer Mitglieder an Tahas, und diese be¬
wogen die Bauern, nach Hause zu gehn und aus den Vierteln Ausschüsse uach
Linz abzuordnen, denen die inzwischen ausgewirkte neue kaiserliche Entscheidung
mitgeteilt werden solle. Diese enthielt aber eigentlich wieder nichts, die Ver¬
handlungen der Bauernausschüsse mit den Vertretern der Stände führten trotz
der Vermittlung der Kommission auch zu keinem Ergebnis, und es wurde nur
mit Mühe ein „artikulierter Stillstand" durchgesetzt, nach dem beide Teile ver¬
sprachen, eine neue kaiserliche Entscheidung in Ruhe abzuwarten. In Prag
waren min die Führer des oberösterreichischen Adels unter Führung des Frei-
herrn Erasmus von Tschernembl sehr rührig, an „Verehrungen" für die kaiser¬
lichen Räte wurde nicht gespart, und so fiel denn das kaiserliche Patent vom
8. Mai 1597 nicht ungünstig fiir die Grundherren aus. Nur die Robot wurde
auf vierzehn Tage im Jahre herabgesetzt, das Freigeld von Feld- und Acker¬
geräten, von gewöhnlichen Kleidern und von Heiratsgut sollte nicht mehr er¬
hoben werden, im übrigen alles beim alten bleiben. Dagegen sollten bis zum
9. Juni die protestantischen Geistlichen vertrieben, die katholischen wieder ein¬
gesetzt und die Waffen abgeliefert sein.
Die protestantischen Stände hatten sich mithin um die religiösen Bedürf¬
nisse ihrer Bauern wenig gekümmert und nur ihre Standesinteressen im Ange
gehabt; das sollte sich in spätern Jahren bitter rächen. Die Bauern hätten
jetzt freilich klug getan, sich mit dem wenigen, was sie erreicht hatten, zu be¬
gnügen, denn in Niederösterreich hatte der Generaloberst Morakhsy die Bauern
im März bei Se. Pölten geschlagen und „beruhigte" nnn das Landvolk damit,
daß er mit 140 Gefangnen von Ort zu Ort zog, „von denen er einige täglich
richten ließ." In Oberösterreich ging es kurz darauf nicht anders. Die Stände
hatten, durch die Vorgänge in Niederösterreich ermutigt, ohne jede kaiserliche
Erlaubnis im Juni 500 Landsknechte anwerben lassen, mit diesen und 100 stän¬
dischen Reitern durchzog Gotthard vou Starhemberg das Land und ging,
obwohl er nirgends Widerstand fand, und der Kaiser nicht einmal dem Landes¬
hauptmann Hinrichtungen erlaubt hatte, mit der größten Härte vor. Tahas
wurde vom Burggrafen von Wels zu einer Unterredung aufgefordert, gefangen
genommen und später mit zwei andern hingerichtet, außerdem wurden noch
27 Bauern gehängt und so viele eingekerkert, daß die Schlösser in Linz und
Steier nicht alle zu fassen vermochten. Mit hohen Geldstrafen wurden 402 Per¬
sonen, ganze Gemeinden und Herrschaften belegt, doch nur wenig davon
eingezogen, da die Grundherren ihre Leute nicht zu Bettlern machen wollten.
Für die vom Kaiser gewollt? Gegenreformation tat jedoch Starhemberg nichts,
da er selbst Protestant war. Das wurde nach ihm durch deu Landeshaupt¬
mann Lobt von Greinburg um so gründlicher besorgt. Die Bauern mußten
schwören, sich der katholischen Kirche zu unterwerfen, und auch in den Städten
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