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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.

Auf die lippische Angelegenheit an dieser Stelle zurück¬
zukommen, würde kaum eine Veranlassung vorliegen, wenn nicht die Vossische Zei¬
tung die im vorigen Reichsspiegel ausgesprochne Ansicht, Minister Gevekot würde
richtiger gehandelt haben, wenn er, anstatt das Telegramm des Kaisers zum Gegen¬
stand einer sensationellen Erörterung zu macheu, sich zuvor mit dem Reichskanzler
in Verbindung gesetzt hätte -- mißbilligte und dabei behauptete, die Grenzboten
seien eins der Blätter, die sich sür die Schauenburger erklären. Dieses ist nicht
der Fall. Ein ordentlich geleitetes Publikationsorgan kann in einer solchen Frage
wohl Ansichten xro ot contra zur Veröffentlichung bringen, eine Rechtsfrage zu
entscheiden, und um eine solche handelt es sich doch, ist die Publizistik gar nicht in
der Lage. Unsre Ansicht über den Minister Gevekot und sein Verfahren können
wir dagegen nur im ganzen Umfange aufrecht erhalten. Wenn die Vossische
Zeitung meint, eine Kommunikation des Ministers mit dem Reichskanzler hätte schon
deshalb den gewünschten Erfolg nicht haben können, weil Graf Bülow nicht einmal
sage, daß seine Interpretation dem Kaiser vorgelegen habe und von ihm gebilligt
worden sei, so ist das doch ein Versteckenspielen mit Worten. Graf Bülow wird
doch nicht halbamtliche Erklärungen, die zur Veröffentlichung in so delikaten Ver¬
handlungen bestimmt sind, schriftlich von sich geben, wenn er nicht der vollen Über¬
einstimmung mit dem Kaiser gewiß oder überzeugt ist, daß er diese Übereinstimmung
herstellen werde. Ju Angelegenheiten, die ohnehin heilet sind, muß im staatsrecht¬
lichen Verkehr zwischen zwei Regierungen mit um so größerer Vorsicht und Korrekt¬
heit Verfahren werden. Die Presse und die öffentliche Meinung kritisieren so leb¬
haft das Kaisertelegramm, weit mehr der Kritik ausgesetzt ist aber doch wohl das
Verfahren des Ministers, der, ohne sich zuvor mit der für die Angelegenheiten des
Reichs doch einzig Verantwortlicher Stelle in Verbindung zu setzen, jenes Tele¬
gramm in den Mittelpunkt einer erregten Diskussion stellte. Es wäre doch für ihn
eben so einfach als naheliegend gewesen, an den Reichskanzler zu telegraphieren:
"Hier ist das folgende Telegramm Sr. Majestät des Kaisers eingegangen ... Da
ich genötigt bin, morgen dem Landtage diese Eröffnung zu machen, so erbitte ich
zuvor bei Eurer Exzellenz Auskunft darüber, wie der Herr Reichskanzler amtlich
zu der Sache Stellung nimmt." Darauf würde Minister Gevekot wahrscheinlich
eine Antwort erhalten haben, die ihn und den Landtag vollkommen befriedigt hätte.

Die neueste Hiobspost aus Südwestafrika über den Hottentottenaufstand
wird erträglicher durch deu Umstand, daß die Hereros nach Ansicht des in die
Heimat zurückgekehrten Chefs des Stabes des Generals von Trotha in Wirklichkeit
als besiegt, wenn auch nicht als unterworfen gelten können. Die Tatsache,
daß sie nicht nur Waffen und Beute, sondern auch ihre Weiber und ihr Vieh im
Stich gelassen haben und geflohen sind, darf in dieser Hinsicht als überzeugend
gelten; auch ihre Verluste scheinen sehr groß gewesen zu sein. Dem Hotteutotten-
cmfstande liegt dieselbe Ursache zugrunde wie dem der Hereros: die Absicht, die
Weißen zu verjagen, um wieder alleinige Herren im Lande zu sein. Die Furcht
vor der Entwaffnung spielt dabei eine große Rolle. Die Hottentotten wollen ein
Krieger- und Jägervolk bleiben, das nach Gefallen frei umherschweift, und nicht in
die Abhängigkeit von den Weißen und in deren Dienste geraten. Die Engländer haben
in der Kapkolonie dieselben blutigen und kostspieligen Erfahrungen gemacht, und
wer heute in Kapstädter Hotels Hottentotten als Hausknechte oder Stiefelputzer
sieht, denkt selten daran, wieviel Tropfen Schweiß und Blut haben fließen müssen,
bevor eine solche kulturgeschichtliche Wandlung möglich wurde. Es geht in Süd¬
afrika wie vordem deu Amerikanern mit den Indianern, nur daß die Kämpfe gegen
diese weniger umfangreich waren und keine so großen Anstrengungen über die See
forderten. Was Humboldt einst prophetisch gesagt hat: der letzte Indianer wird


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.

Auf die lippische Angelegenheit an dieser Stelle zurück¬
zukommen, würde kaum eine Veranlassung vorliegen, wenn nicht die Vossische Zei¬
tung die im vorigen Reichsspiegel ausgesprochne Ansicht, Minister Gevekot würde
richtiger gehandelt haben, wenn er, anstatt das Telegramm des Kaisers zum Gegen¬
stand einer sensationellen Erörterung zu macheu, sich zuvor mit dem Reichskanzler
in Verbindung gesetzt hätte — mißbilligte und dabei behauptete, die Grenzboten
seien eins der Blätter, die sich sür die Schauenburger erklären. Dieses ist nicht
der Fall. Ein ordentlich geleitetes Publikationsorgan kann in einer solchen Frage
wohl Ansichten xro ot contra zur Veröffentlichung bringen, eine Rechtsfrage zu
entscheiden, und um eine solche handelt es sich doch, ist die Publizistik gar nicht in
der Lage. Unsre Ansicht über den Minister Gevekot und sein Verfahren können
wir dagegen nur im ganzen Umfange aufrecht erhalten. Wenn die Vossische
Zeitung meint, eine Kommunikation des Ministers mit dem Reichskanzler hätte schon
deshalb den gewünschten Erfolg nicht haben können, weil Graf Bülow nicht einmal
sage, daß seine Interpretation dem Kaiser vorgelegen habe und von ihm gebilligt
worden sei, so ist das doch ein Versteckenspielen mit Worten. Graf Bülow wird
doch nicht halbamtliche Erklärungen, die zur Veröffentlichung in so delikaten Ver¬
handlungen bestimmt sind, schriftlich von sich geben, wenn er nicht der vollen Über¬
einstimmung mit dem Kaiser gewiß oder überzeugt ist, daß er diese Übereinstimmung
herstellen werde. Ju Angelegenheiten, die ohnehin heilet sind, muß im staatsrecht¬
lichen Verkehr zwischen zwei Regierungen mit um so größerer Vorsicht und Korrekt¬
heit Verfahren werden. Die Presse und die öffentliche Meinung kritisieren so leb¬
haft das Kaisertelegramm, weit mehr der Kritik ausgesetzt ist aber doch wohl das
Verfahren des Ministers, der, ohne sich zuvor mit der für die Angelegenheiten des
Reichs doch einzig Verantwortlicher Stelle in Verbindung zu setzen, jenes Tele¬
gramm in den Mittelpunkt einer erregten Diskussion stellte. Es wäre doch für ihn
eben so einfach als naheliegend gewesen, an den Reichskanzler zu telegraphieren:
„Hier ist das folgende Telegramm Sr. Majestät des Kaisers eingegangen ... Da
ich genötigt bin, morgen dem Landtage diese Eröffnung zu machen, so erbitte ich
zuvor bei Eurer Exzellenz Auskunft darüber, wie der Herr Reichskanzler amtlich
zu der Sache Stellung nimmt." Darauf würde Minister Gevekot wahrscheinlich
eine Antwort erhalten haben, die ihn und den Landtag vollkommen befriedigt hätte.

Die neueste Hiobspost aus Südwestafrika über den Hottentottenaufstand
wird erträglicher durch deu Umstand, daß die Hereros nach Ansicht des in die
Heimat zurückgekehrten Chefs des Stabes des Generals von Trotha in Wirklichkeit
als besiegt, wenn auch nicht als unterworfen gelten können. Die Tatsache,
daß sie nicht nur Waffen und Beute, sondern auch ihre Weiber und ihr Vieh im
Stich gelassen haben und geflohen sind, darf in dieser Hinsicht als überzeugend
gelten; auch ihre Verluste scheinen sehr groß gewesen zu sein. Dem Hotteutotten-
cmfstande liegt dieselbe Ursache zugrunde wie dem der Hereros: die Absicht, die
Weißen zu verjagen, um wieder alleinige Herren im Lande zu sein. Die Furcht
vor der Entwaffnung spielt dabei eine große Rolle. Die Hottentotten wollen ein
Krieger- und Jägervolk bleiben, das nach Gefallen frei umherschweift, und nicht in
die Abhängigkeit von den Weißen und in deren Dienste geraten. Die Engländer haben
in der Kapkolonie dieselben blutigen und kostspieligen Erfahrungen gemacht, und
wer heute in Kapstädter Hotels Hottentotten als Hausknechte oder Stiefelputzer
sieht, denkt selten daran, wieviel Tropfen Schweiß und Blut haben fließen müssen,
bevor eine solche kulturgeschichtliche Wandlung möglich wurde. Es geht in Süd¬
afrika wie vordem deu Amerikanern mit den Indianern, nur daß die Kämpfe gegen
diese weniger umfangreich waren und keine so großen Anstrengungen über die See
forderten. Was Humboldt einst prophetisch gesagt hat: der letzte Indianer wird


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[0178] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. Auf die lippische Angelegenheit an dieser Stelle zurück¬ zukommen, würde kaum eine Veranlassung vorliegen, wenn nicht die Vossische Zei¬ tung die im vorigen Reichsspiegel ausgesprochne Ansicht, Minister Gevekot würde richtiger gehandelt haben, wenn er, anstatt das Telegramm des Kaisers zum Gegen¬ stand einer sensationellen Erörterung zu macheu, sich zuvor mit dem Reichskanzler in Verbindung gesetzt hätte — mißbilligte und dabei behauptete, die Grenzboten seien eins der Blätter, die sich sür die Schauenburger erklären. Dieses ist nicht der Fall. Ein ordentlich geleitetes Publikationsorgan kann in einer solchen Frage wohl Ansichten xro ot contra zur Veröffentlichung bringen, eine Rechtsfrage zu entscheiden, und um eine solche handelt es sich doch, ist die Publizistik gar nicht in der Lage. Unsre Ansicht über den Minister Gevekot und sein Verfahren können wir dagegen nur im ganzen Umfange aufrecht erhalten. Wenn die Vossische Zeitung meint, eine Kommunikation des Ministers mit dem Reichskanzler hätte schon deshalb den gewünschten Erfolg nicht haben können, weil Graf Bülow nicht einmal sage, daß seine Interpretation dem Kaiser vorgelegen habe und von ihm gebilligt worden sei, so ist das doch ein Versteckenspielen mit Worten. Graf Bülow wird doch nicht halbamtliche Erklärungen, die zur Veröffentlichung in so delikaten Ver¬ handlungen bestimmt sind, schriftlich von sich geben, wenn er nicht der vollen Über¬ einstimmung mit dem Kaiser gewiß oder überzeugt ist, daß er diese Übereinstimmung herstellen werde. Ju Angelegenheiten, die ohnehin heilet sind, muß im staatsrecht¬ lichen Verkehr zwischen zwei Regierungen mit um so größerer Vorsicht und Korrekt¬ heit Verfahren werden. Die Presse und die öffentliche Meinung kritisieren so leb¬ haft das Kaisertelegramm, weit mehr der Kritik ausgesetzt ist aber doch wohl das Verfahren des Ministers, der, ohne sich zuvor mit der für die Angelegenheiten des Reichs doch einzig Verantwortlicher Stelle in Verbindung zu setzen, jenes Tele¬ gramm in den Mittelpunkt einer erregten Diskussion stellte. Es wäre doch für ihn eben so einfach als naheliegend gewesen, an den Reichskanzler zu telegraphieren: „Hier ist das folgende Telegramm Sr. Majestät des Kaisers eingegangen ... Da ich genötigt bin, morgen dem Landtage diese Eröffnung zu machen, so erbitte ich zuvor bei Eurer Exzellenz Auskunft darüber, wie der Herr Reichskanzler amtlich zu der Sache Stellung nimmt." Darauf würde Minister Gevekot wahrscheinlich eine Antwort erhalten haben, die ihn und den Landtag vollkommen befriedigt hätte. Die neueste Hiobspost aus Südwestafrika über den Hottentottenaufstand wird erträglicher durch deu Umstand, daß die Hereros nach Ansicht des in die Heimat zurückgekehrten Chefs des Stabes des Generals von Trotha in Wirklichkeit als besiegt, wenn auch nicht als unterworfen gelten können. Die Tatsache, daß sie nicht nur Waffen und Beute, sondern auch ihre Weiber und ihr Vieh im Stich gelassen haben und geflohen sind, darf in dieser Hinsicht als überzeugend gelten; auch ihre Verluste scheinen sehr groß gewesen zu sein. Dem Hotteutotten- cmfstande liegt dieselbe Ursache zugrunde wie dem der Hereros: die Absicht, die Weißen zu verjagen, um wieder alleinige Herren im Lande zu sein. Die Furcht vor der Entwaffnung spielt dabei eine große Rolle. Die Hottentotten wollen ein Krieger- und Jägervolk bleiben, das nach Gefallen frei umherschweift, und nicht in die Abhängigkeit von den Weißen und in deren Dienste geraten. Die Engländer haben in der Kapkolonie dieselben blutigen und kostspieligen Erfahrungen gemacht, und wer heute in Kapstädter Hotels Hottentotten als Hausknechte oder Stiefelputzer sieht, denkt selten daran, wieviel Tropfen Schweiß und Blut haben fließen müssen, bevor eine solche kulturgeschichtliche Wandlung möglich wurde. Es geht in Süd¬ afrika wie vordem deu Amerikanern mit den Indianern, nur daß die Kämpfe gegen diese weniger umfangreich waren und keine so großen Anstrengungen über die See forderten. Was Humboldt einst prophetisch gesagt hat: der letzte Indianer wird

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/178>, abgerufen am 26.06.2024.