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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Die Damen auf Markby

wenn sie sich mit Erik unterhielt, und das tat sie in Wirklichkeit uoch öfter als
die Leute dachten, immer mehr von sich selbst redete, als sie es früher auch nur
für möglich gehalten hätte. Er zeigte ihr alles gewissermaßen in einem neuen
Lichte, er sagte die verkehrtesten Dinge und machte ihr Lust, da zu widersprechen,
wo sie von jeher zu schweigen gewohnt war; er gab ihr Mut, Dinge anzugreifen
oder zu verteidigen, die ihr vorher ganz und gar ohne persönliche Bedeutung für
sie selbst vorgekommen waren. Mit einem Wort, er brachte sie dazu, da etwas
Bestimmtes zu fühlen und zu denken, wo sie früher keine bewußten Gefühle und
Gedanken gehabt hatte, und da zu entscheiden, wo sie früher hatte fünfe gerade
sein lassen.

Und dann sprach Erik nicht wie die andern Menschen, die sie kannte. Er
fürchtete sich nicht davor, Fremdwörter und eigentümliche derbe Ausdrücke zu ge¬
brauchen. Der Sonnenschein Frankreichs und Spaniens und die Hitze Indiens
hatten seinem ganzen Benehmen und seiner Sprache Glanz und Feuer verliehen.
Wenn er sprach, fand er Jdeenverbindungen, auf die kein andrer gekommen wäre,
"weil er eben so unendlich viel mehr gesehen habe als die andern," meinte Julie.
Und er hatte auch viel mehr gelesen, viel mehr als Arvid. Von Anfang an war
zwar die Erziehung der beiden ganz gleich gewesen, nämlich das nordische Gym¬
nasium und Abiturientenexamen; aber später!

Immer hatten sie sich soviel zu sagen, sie und Erik. Und sogar dann,
wenn sie nicht gerade sprachen, war es, als ob sie sich einander auf irgend eine
Weise mitteilten -- nur, weil sie beisammen waren. Sogar ihr Schweigen, das
allen andern leer vorkam, hatte für ihn Tiefe und Reichtum; und ebenso schien
er ihre nur halb ausgedrückten Gedanken, die in Wirklichkeit meist Gefühle waren,
zu versteh".

Sogar ihre eigentümliche Art, sich auszudrücken, verstand er, ihre zugleich
scheue und doch kühne Anwendung von Bildern, ihre plötzlichen Übergänge, ihre
unerwarteten und derben Gedankenverbindungen, ja, mit ihm sprach sie schließlich
eine ganz andre Sprache als mit allen andern; wenn aber jemand dazu kam, ver¬
stummte sie, oder sie redete von etwas anderen, leicht und nichtssagend liebens¬
würdig, wie das ihre gewöhnliche Art war.

Du bist doch das sonderbarste Geschöpf unter der Sonne, sagte Erik einmal
bei einer solchen Gelegenheit. Es war in der Villa, an einem der letzten Tage
im Mai, während sie noch bei Briants auf Besuch war, und es waren einige
Gäste, zu denen auch Arvid gehört hatte, zum Abendessen dagewesen. Jetzt eben
waren sie gegangen, und Erik und Julie hatten sich auf eine Gartenbank am Fuß
der Treppe gesetzt, während drinnen die Lichter, eins nach dem andern, gelöscht
wurden. Die Stimmen der Gäste waren von dem Wege her noch vernehmbar.

Was meinst dn damit? rief Julie, die mit unbedecktem Kopf, das Kinn tief
in ihre Pelzboa gedrückt, zerstreut einige Psingstnelken zerpflückte, die sie in ihrem
Gürtel getragen hatte.

Gerade das, was ich sagte. -- Er saß, beide Hände in den Taschen, nach¬
lässig auf der rechten Seitenlehne der Bank und beugte sich vor, während er
sprach. Du bist wie eine Auster in der Schale, empfindlich, lichtscheu, ängstlich
vor allem und immer bereit, dich zu verschließen, sobald jemand nasi.

Sie lächelte, und beide schwiegen ein paar Sekunden.

Aber was du selbst nicht weißt, sagte er leise und langsam, indem er sich
zu ihr hinabbeugte, und auch sonst niemand, als nur ich allein, das ist, daß tief
drinnen in der Muschel eine Perle ist -- die feinste, die seltenste Perle.

Julie erwiderte nichts, sie senkte nur den Kopf noch tiefer.

Ist es nicht merkwürdig, erklang seine Stimme noch leiser, abgerissen und
nicht ganz so sicher, daß nur ich allein die Ursache erkenne, warum du so ver¬
schieden von allen andern Frauen bist? schloß er warm.

Julie schaute scheu auf, und ihre Blicke trafen sich. Sie sah einen Ausdruck


Die Damen auf Markby

wenn sie sich mit Erik unterhielt, und das tat sie in Wirklichkeit uoch öfter als
die Leute dachten, immer mehr von sich selbst redete, als sie es früher auch nur
für möglich gehalten hätte. Er zeigte ihr alles gewissermaßen in einem neuen
Lichte, er sagte die verkehrtesten Dinge und machte ihr Lust, da zu widersprechen,
wo sie von jeher zu schweigen gewohnt war; er gab ihr Mut, Dinge anzugreifen
oder zu verteidigen, die ihr vorher ganz und gar ohne persönliche Bedeutung für
sie selbst vorgekommen waren. Mit einem Wort, er brachte sie dazu, da etwas
Bestimmtes zu fühlen und zu denken, wo sie früher keine bewußten Gefühle und
Gedanken gehabt hatte, und da zu entscheiden, wo sie früher hatte fünfe gerade
sein lassen.

Und dann sprach Erik nicht wie die andern Menschen, die sie kannte. Er
fürchtete sich nicht davor, Fremdwörter und eigentümliche derbe Ausdrücke zu ge¬
brauchen. Der Sonnenschein Frankreichs und Spaniens und die Hitze Indiens
hatten seinem ganzen Benehmen und seiner Sprache Glanz und Feuer verliehen.
Wenn er sprach, fand er Jdeenverbindungen, auf die kein andrer gekommen wäre,
„weil er eben so unendlich viel mehr gesehen habe als die andern," meinte Julie.
Und er hatte auch viel mehr gelesen, viel mehr als Arvid. Von Anfang an war
zwar die Erziehung der beiden ganz gleich gewesen, nämlich das nordische Gym¬
nasium und Abiturientenexamen; aber später!

Immer hatten sie sich soviel zu sagen, sie und Erik. Und sogar dann,
wenn sie nicht gerade sprachen, war es, als ob sie sich einander auf irgend eine
Weise mitteilten — nur, weil sie beisammen waren. Sogar ihr Schweigen, das
allen andern leer vorkam, hatte für ihn Tiefe und Reichtum; und ebenso schien
er ihre nur halb ausgedrückten Gedanken, die in Wirklichkeit meist Gefühle waren,
zu versteh».

Sogar ihre eigentümliche Art, sich auszudrücken, verstand er, ihre zugleich
scheue und doch kühne Anwendung von Bildern, ihre plötzlichen Übergänge, ihre
unerwarteten und derben Gedankenverbindungen, ja, mit ihm sprach sie schließlich
eine ganz andre Sprache als mit allen andern; wenn aber jemand dazu kam, ver¬
stummte sie, oder sie redete von etwas anderen, leicht und nichtssagend liebens¬
würdig, wie das ihre gewöhnliche Art war.

Du bist doch das sonderbarste Geschöpf unter der Sonne, sagte Erik einmal
bei einer solchen Gelegenheit. Es war in der Villa, an einem der letzten Tage
im Mai, während sie noch bei Briants auf Besuch war, und es waren einige
Gäste, zu denen auch Arvid gehört hatte, zum Abendessen dagewesen. Jetzt eben
waren sie gegangen, und Erik und Julie hatten sich auf eine Gartenbank am Fuß
der Treppe gesetzt, während drinnen die Lichter, eins nach dem andern, gelöscht
wurden. Die Stimmen der Gäste waren von dem Wege her noch vernehmbar.

Was meinst dn damit? rief Julie, die mit unbedecktem Kopf, das Kinn tief
in ihre Pelzboa gedrückt, zerstreut einige Psingstnelken zerpflückte, die sie in ihrem
Gürtel getragen hatte.

Gerade das, was ich sagte. — Er saß, beide Hände in den Taschen, nach¬
lässig auf der rechten Seitenlehne der Bank und beugte sich vor, während er
sprach. Du bist wie eine Auster in der Schale, empfindlich, lichtscheu, ängstlich
vor allem und immer bereit, dich zu verschließen, sobald jemand nasi.

Sie lächelte, und beide schwiegen ein paar Sekunden.

Aber was du selbst nicht weißt, sagte er leise und langsam, indem er sich
zu ihr hinabbeugte, und auch sonst niemand, als nur ich allein, das ist, daß tief
drinnen in der Muschel eine Perle ist — die feinste, die seltenste Perle.

Julie erwiderte nichts, sie senkte nur den Kopf noch tiefer.

Ist es nicht merkwürdig, erklang seine Stimme noch leiser, abgerissen und
nicht ganz so sicher, daß nur ich allein die Ursache erkenne, warum du so ver¬
schieden von allen andern Frauen bist? schloß er warm.

Julie schaute scheu auf, und ihre Blicke trafen sich. Sie sah einen Ausdruck


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[0172] Die Damen auf Markby wenn sie sich mit Erik unterhielt, und das tat sie in Wirklichkeit uoch öfter als die Leute dachten, immer mehr von sich selbst redete, als sie es früher auch nur für möglich gehalten hätte. Er zeigte ihr alles gewissermaßen in einem neuen Lichte, er sagte die verkehrtesten Dinge und machte ihr Lust, da zu widersprechen, wo sie von jeher zu schweigen gewohnt war; er gab ihr Mut, Dinge anzugreifen oder zu verteidigen, die ihr vorher ganz und gar ohne persönliche Bedeutung für sie selbst vorgekommen waren. Mit einem Wort, er brachte sie dazu, da etwas Bestimmtes zu fühlen und zu denken, wo sie früher keine bewußten Gefühle und Gedanken gehabt hatte, und da zu entscheiden, wo sie früher hatte fünfe gerade sein lassen. Und dann sprach Erik nicht wie die andern Menschen, die sie kannte. Er fürchtete sich nicht davor, Fremdwörter und eigentümliche derbe Ausdrücke zu ge¬ brauchen. Der Sonnenschein Frankreichs und Spaniens und die Hitze Indiens hatten seinem ganzen Benehmen und seiner Sprache Glanz und Feuer verliehen. Wenn er sprach, fand er Jdeenverbindungen, auf die kein andrer gekommen wäre, „weil er eben so unendlich viel mehr gesehen habe als die andern," meinte Julie. Und er hatte auch viel mehr gelesen, viel mehr als Arvid. Von Anfang an war zwar die Erziehung der beiden ganz gleich gewesen, nämlich das nordische Gym¬ nasium und Abiturientenexamen; aber später! Immer hatten sie sich soviel zu sagen, sie und Erik. Und sogar dann, wenn sie nicht gerade sprachen, war es, als ob sie sich einander auf irgend eine Weise mitteilten — nur, weil sie beisammen waren. Sogar ihr Schweigen, das allen andern leer vorkam, hatte für ihn Tiefe und Reichtum; und ebenso schien er ihre nur halb ausgedrückten Gedanken, die in Wirklichkeit meist Gefühle waren, zu versteh». Sogar ihre eigentümliche Art, sich auszudrücken, verstand er, ihre zugleich scheue und doch kühne Anwendung von Bildern, ihre plötzlichen Übergänge, ihre unerwarteten und derben Gedankenverbindungen, ja, mit ihm sprach sie schließlich eine ganz andre Sprache als mit allen andern; wenn aber jemand dazu kam, ver¬ stummte sie, oder sie redete von etwas anderen, leicht und nichtssagend liebens¬ würdig, wie das ihre gewöhnliche Art war. Du bist doch das sonderbarste Geschöpf unter der Sonne, sagte Erik einmal bei einer solchen Gelegenheit. Es war in der Villa, an einem der letzten Tage im Mai, während sie noch bei Briants auf Besuch war, und es waren einige Gäste, zu denen auch Arvid gehört hatte, zum Abendessen dagewesen. Jetzt eben waren sie gegangen, und Erik und Julie hatten sich auf eine Gartenbank am Fuß der Treppe gesetzt, während drinnen die Lichter, eins nach dem andern, gelöscht wurden. Die Stimmen der Gäste waren von dem Wege her noch vernehmbar. Was meinst dn damit? rief Julie, die mit unbedecktem Kopf, das Kinn tief in ihre Pelzboa gedrückt, zerstreut einige Psingstnelken zerpflückte, die sie in ihrem Gürtel getragen hatte. Gerade das, was ich sagte. — Er saß, beide Hände in den Taschen, nach¬ lässig auf der rechten Seitenlehne der Bank und beugte sich vor, während er sprach. Du bist wie eine Auster in der Schale, empfindlich, lichtscheu, ängstlich vor allem und immer bereit, dich zu verschließen, sobald jemand nasi. Sie lächelte, und beide schwiegen ein paar Sekunden. Aber was du selbst nicht weißt, sagte er leise und langsam, indem er sich zu ihr hinabbeugte, und auch sonst niemand, als nur ich allein, das ist, daß tief drinnen in der Muschel eine Perle ist — die feinste, die seltenste Perle. Julie erwiderte nichts, sie senkte nur den Kopf noch tiefer. Ist es nicht merkwürdig, erklang seine Stimme noch leiser, abgerissen und nicht ganz so sicher, daß nur ich allein die Ursache erkenne, warum du so ver¬ schieden von allen andern Frauen bist? schloß er warm. Julie schaute scheu auf, und ihre Blicke trafen sich. Sie sah einen Ausdruck

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/172>, abgerufen am 29.06.2024.