Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.Weltpolitik Heer macht uns, trotz Bilse und Genossen, niemand nach. Die Armee in Die Union hat vor uns den großen Vorteil voraus, daß sie auf ihrem Weltpolitik Heer macht uns, trotz Bilse und Genossen, niemand nach. Die Armee in Die Union hat vor uns den großen Vorteil voraus, daß sie auf ihrem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0010" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295229"/> <fw type="header" place="top"> Weltpolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_5" prev="#ID_4"> Heer macht uns, trotz Bilse und Genossen, niemand nach. Die Armee in<lb/> Qualität und Quantität immer intakt zu erhalten, ist also die erste Bedingung<lb/> für gedeihliches politisches Leben unsers Vaterlandes, die erste Bedingung,<lb/> die immer erst erfüllt werden muß, ehe wir vernünftigerweise an Weltpolitik,<lb/> Flottenpläne und koloniale Erwerbungen denken können. Gerade deshalb ist<lb/> der mit allen möglichen Schlagwörtern angegriffne Schutz unsrer heimischen<lb/> Landwirtschaft unabweisbar. Sie ist es, die unserm Heere und unsrer Marine<lb/> auf absehbare Zeit einen körperlich und geistig unverdorbnen Ersatz liefern kann,<lb/> und mit deren Hilfe wir uns in der Lebensmittelversorgung vom Auslande<lb/> werden unabhängig erhalten können. So lange wir die erste Landmacht sind,<lb/> werden wir so ixso bei allen wichtigen Fragen mitzuentscheiden haben, denn<lb/> die Zeiten, wo Europa etwa aus der Weltpolitik ausgeschaltet werden könnte,<lb/> liegen doch noch in sehr blaner Ferne, ungeachtet aller Bewunderung der<lb/> Presse für die kühnen Japaner und die noch kühnem Acmkees. Richtig ist<lb/> allerdings, daß Deutschland auf die Dauer nicht Großmacht bleiben wird,<lb/> wenn es nicht auch Weltmacht geworden ist. Den Anfang hierzu haben wir<lb/> gemacht, indem wir an den verschiedensten Punkten des Erdballs Kolonien<lb/> und Stationen erworben, indem wir unsre Kriegsflotte vergrößert und vor<lb/> allein unsern überseeischen Handel in ungeahnter Weise ausgedehnt haben.<lb/> Wirkliche Erfolge haben wir aber bis jetzt nur auf dem kommerziellen Gebiete<lb/> gehabt, während wir nach den beiden andern Seiten hin, die das eigentliche<lb/> Zeichen einer Weltmacht sind, aus den mannigfachsten Gründen hinter der<lb/> Union, hinter Nußland und Großbritannien zurückgeblieben find. Alle Chancen,<lb/> die die Zukunft bieten wird, werden von uns ausgenutzt werden müssen, ihren<lb/> Vorsprung nach und nach zu verkleinern. Bei der Flottenvergrößerung werden<lb/> wir wahrscheinlich bald eins für uns haben, worüber die andern nicht in dem<lb/> Maße verfügen, nämlich den gesicherten Mannschaftsersatz, und bei den künftigen<lb/> Aufteilungen der Länderstrecken, die jetzt noch in den Händen schwächlicher<lb/> Staatengebilde sind, werden wir kaum zu kurz kommen, da die übrigen viel satu¬<lb/> rierter siud als wir und uns also für unsern Bevölkerungsüberschnß nötige Gebiete<lb/> nicht vorenthalten werden, wenn wir nur in der Lage sind, ihnen Gegen¬<lb/> leistungen gewähren zu können. Hierzu werden wir aber, wenn wir die erste<lb/> Landmacht Europas bleiben und im Welthandel unsern Platz behaupten, immer<lb/> in der Lage sein. Die Zeit der Kabinettskriege ist für immer verschwunden.<lb/> Kriege werden nur noch wegen Verletzung oder Gefährdung von Lebensinter¬<lb/> essen eines Staates geführt werden, und bei aller Politik wird es sich immer<lb/> mehr um Machtfragen handeln, und man wird sich kaum noch Mühe geben,<lb/> das zu verschleiern. Wir werden uns auch mit den größten Nationen, die<lb/> Vereinigten Staaten von Amerika nicht ausgenommen, erfolgreich auseinander¬<lb/> setzen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_6" next="#ID_7"> Die Union hat vor uns den großen Vorteil voraus, daß sie auf ihrem<lb/> Kontinent unumschränkt herrscht und jetzt schon Ländermassen ihr eigen nennt,<lb/> die für die bedeutendste Volksvermehrung ausreichen, aber sie hat auch schwere<lb/> Sorgen, die ihre Zukunft verdunkeln. Welchen Einfluß in politischer sowohl<lb/> als in moralischer Beziehung die sich so viel schneller als die weiße Bevölkerung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0010]
Weltpolitik
Heer macht uns, trotz Bilse und Genossen, niemand nach. Die Armee in
Qualität und Quantität immer intakt zu erhalten, ist also die erste Bedingung
für gedeihliches politisches Leben unsers Vaterlandes, die erste Bedingung,
die immer erst erfüllt werden muß, ehe wir vernünftigerweise an Weltpolitik,
Flottenpläne und koloniale Erwerbungen denken können. Gerade deshalb ist
der mit allen möglichen Schlagwörtern angegriffne Schutz unsrer heimischen
Landwirtschaft unabweisbar. Sie ist es, die unserm Heere und unsrer Marine
auf absehbare Zeit einen körperlich und geistig unverdorbnen Ersatz liefern kann,
und mit deren Hilfe wir uns in der Lebensmittelversorgung vom Auslande
werden unabhängig erhalten können. So lange wir die erste Landmacht sind,
werden wir so ixso bei allen wichtigen Fragen mitzuentscheiden haben, denn
die Zeiten, wo Europa etwa aus der Weltpolitik ausgeschaltet werden könnte,
liegen doch noch in sehr blaner Ferne, ungeachtet aller Bewunderung der
Presse für die kühnen Japaner und die noch kühnem Acmkees. Richtig ist
allerdings, daß Deutschland auf die Dauer nicht Großmacht bleiben wird,
wenn es nicht auch Weltmacht geworden ist. Den Anfang hierzu haben wir
gemacht, indem wir an den verschiedensten Punkten des Erdballs Kolonien
und Stationen erworben, indem wir unsre Kriegsflotte vergrößert und vor
allein unsern überseeischen Handel in ungeahnter Weise ausgedehnt haben.
Wirkliche Erfolge haben wir aber bis jetzt nur auf dem kommerziellen Gebiete
gehabt, während wir nach den beiden andern Seiten hin, die das eigentliche
Zeichen einer Weltmacht sind, aus den mannigfachsten Gründen hinter der
Union, hinter Nußland und Großbritannien zurückgeblieben find. Alle Chancen,
die die Zukunft bieten wird, werden von uns ausgenutzt werden müssen, ihren
Vorsprung nach und nach zu verkleinern. Bei der Flottenvergrößerung werden
wir wahrscheinlich bald eins für uns haben, worüber die andern nicht in dem
Maße verfügen, nämlich den gesicherten Mannschaftsersatz, und bei den künftigen
Aufteilungen der Länderstrecken, die jetzt noch in den Händen schwächlicher
Staatengebilde sind, werden wir kaum zu kurz kommen, da die übrigen viel satu¬
rierter siud als wir und uns also für unsern Bevölkerungsüberschnß nötige Gebiete
nicht vorenthalten werden, wenn wir nur in der Lage sind, ihnen Gegen¬
leistungen gewähren zu können. Hierzu werden wir aber, wenn wir die erste
Landmacht Europas bleiben und im Welthandel unsern Platz behaupten, immer
in der Lage sein. Die Zeit der Kabinettskriege ist für immer verschwunden.
Kriege werden nur noch wegen Verletzung oder Gefährdung von Lebensinter¬
essen eines Staates geführt werden, und bei aller Politik wird es sich immer
mehr um Machtfragen handeln, und man wird sich kaum noch Mühe geben,
das zu verschleiern. Wir werden uns auch mit den größten Nationen, die
Vereinigten Staaten von Amerika nicht ausgenommen, erfolgreich auseinander¬
setzen können.
Die Union hat vor uns den großen Vorteil voraus, daß sie auf ihrem
Kontinent unumschränkt herrscht und jetzt schon Ländermassen ihr eigen nennt,
die für die bedeutendste Volksvermehrung ausreichen, aber sie hat auch schwere
Sorgen, die ihre Zukunft verdunkeln. Welchen Einfluß in politischer sowohl
als in moralischer Beziehung die sich so viel schneller als die weiße Bevölkerung
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