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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Gräfin Susanna

zufließen schien. Aber die beiden jungen Leute achteten, ganz mit ihren Gedanken
und Gefühlen beschäftigt, nicht auf das, was sie umgab. Sie schritten einige
Minuten schweigend vorwärts, bis sie plötzlich bei einer Wendung der Klippen
unten am Fuß der Felsen ein kleines Städtchen vor sich liegen sahen, wo es wie
eine rote qualmende Insel aus dem Grün der Rowlcmdmarschen auftauchte.
Blye, sagte Anthony, hinabschauend.

Ja, sagte sie. Ich hatte keine Ahnung, daß wir so weit gekommen seien.

Ich fürchte, wir sind zu weit gegangen, und Sie haben sich sehr ermüdet.

Ermüdet! Wie kann man denn in einer solchen Luft müde werden! protestierte
Susanna, und in der Tat, die Röte ihrer Wangen, ihre hellen Augen und ihr
energischer Gang machten seine Besorgnis überflüssig. -- Aber umkehren müssen wir
doch, denn sonst verpassen wir die Teestunde.

Sie drehten um, und Anthony sagte: Das ist ein merkwürdiger Zufall, daß
Sie von Sampaolo geradeswegs nach Craford kommen mußten.

Es war ganz einfach, erklärte sie. Ich wollte den Sommer in England
verleben und suchte ein Landhaus zu mieten. Der Londoner Agent erwähnte unter
vielen andern auch das neue Schloß von Craford; Miß Saudus und ich sahen es
uns an -- es gefiel uns, und wir mieteten es. Der Gedanke, die Mieterin meines
verbannten Herrschers zu werden, reizte meinen Sinn für Romantik und Humor.
Und dann, sagte sie lachend, war auch jedes Zögern ausgeschlossen, als wir erst
Ihren köstlichen Herrn Wilkes kennen lernten, der uns das Anwesen zeigte und
uns dann in seinem Musikzimmer -- er nennt es, glaube ich, Arbeitszimmer --
selbstkomponiertc Lieder vorsang und mir sogar erlaubte, ihn zu begleiten.

Anthony lachte laut.

Ich sehe meinen Adrian vor mir, sagte er dann.

Euer Erlaucht sind der rechtmäßige Graf von Sampaolo, sagte Susanna,
Antonio, von Gottes Gnaden und der Huld des Heiligen Stuhles Graf von Sam¬
paolo, der vierunddreißigste Graf und der achtzehnte dieses Namens, und ich bin
derv sehr getreue Untertanin. Wir wollen ein Komplott schmieden zu Ihrer
Wiedereinsetzung.

Meine Wiedereinsetzung ist ein längst überwundner Standpunkt, aber auch
wenn es nicht der Fall wäre, würde ich sie mir, glaube ich, gar nicht wünschen.

Wie! rief sie. Wäre es nicht lustig, auf dem scharlachnen Thron zu sitzen
und zu regieren?

Nicht so lustig, wie ein unabhängiger Landedelmann zu sein.

Sie dürfen die Sache nicht von einem so selbstsüchtigen Standpunkt ans auffassen.
Denken Sie um Sampaolo unter der alten Herrschaft -- die Insel der Seligen.

Ernsthaft gesprochen: glauben Sie, daß in Sampaolo auch uur der leiseste
Wunsch nach einer Wiederkehr der alten Zeiten vorhanden ist?

Nicht der mindeste -- und das ist das traurigste an der Sache, gestand
Susanna. Gleichwohl herrscht große Unzufriedenheit rin dem gegenwärtigen Stand
der Dinge, und die Verhältnisse sind auch geradezu trostlos. Glauben Sie mir,
es sieht dort schlimmer aus, als ich es zu schildern vermöchte. Aber eines schonen
Tages muß doch das Königreich Italien in die Brüche gehn, und darauf müssen
wir unsre Hoffnung gründen. Aber nun rate ich Ihnen selbst, zu tun, was ich
vorhin tadelte: sehen Sie sich die Sache von einem selbstsüchtigen Standpunkt aus
an! Denken Sie an Ihre Ländereien, Ihr Haus, Ihre Paläste, das Kastell San
Guido, Isola Nobile, denken Sie an Ihre Gemälde, Ihre Juwelen, an die
Tausende kostbarer Erbstücke, die von Rechts wegen Ihnen gehören! Denken Sie
nur an Ihre Unmasse Geld! Wie können Sie den Gedanken ertragen, daß alles
das, Ihr ganzes Erbe, das Erbe von beinahe achthundert Jahren, in der Hand
einer Fremden liegt? Ich könnte es nicht ertragen.

Das muß eben ertragen werden, und jeden Groll darüber erstickt das fata¬
listische Wort: Es muß sein.


Gräfin Susanna

zufließen schien. Aber die beiden jungen Leute achteten, ganz mit ihren Gedanken
und Gefühlen beschäftigt, nicht auf das, was sie umgab. Sie schritten einige
Minuten schweigend vorwärts, bis sie plötzlich bei einer Wendung der Klippen
unten am Fuß der Felsen ein kleines Städtchen vor sich liegen sahen, wo es wie
eine rote qualmende Insel aus dem Grün der Rowlcmdmarschen auftauchte.
Blye, sagte Anthony, hinabschauend.

Ja, sagte sie. Ich hatte keine Ahnung, daß wir so weit gekommen seien.

Ich fürchte, wir sind zu weit gegangen, und Sie haben sich sehr ermüdet.

Ermüdet! Wie kann man denn in einer solchen Luft müde werden! protestierte
Susanna, und in der Tat, die Röte ihrer Wangen, ihre hellen Augen und ihr
energischer Gang machten seine Besorgnis überflüssig. — Aber umkehren müssen wir
doch, denn sonst verpassen wir die Teestunde.

Sie drehten um, und Anthony sagte: Das ist ein merkwürdiger Zufall, daß
Sie von Sampaolo geradeswegs nach Craford kommen mußten.

Es war ganz einfach, erklärte sie. Ich wollte den Sommer in England
verleben und suchte ein Landhaus zu mieten. Der Londoner Agent erwähnte unter
vielen andern auch das neue Schloß von Craford; Miß Saudus und ich sahen es
uns an — es gefiel uns, und wir mieteten es. Der Gedanke, die Mieterin meines
verbannten Herrschers zu werden, reizte meinen Sinn für Romantik und Humor.
Und dann, sagte sie lachend, war auch jedes Zögern ausgeschlossen, als wir erst
Ihren köstlichen Herrn Wilkes kennen lernten, der uns das Anwesen zeigte und
uns dann in seinem Musikzimmer — er nennt es, glaube ich, Arbeitszimmer —
selbstkomponiertc Lieder vorsang und mir sogar erlaubte, ihn zu begleiten.

Anthony lachte laut.

Ich sehe meinen Adrian vor mir, sagte er dann.

Euer Erlaucht sind der rechtmäßige Graf von Sampaolo, sagte Susanna,
Antonio, von Gottes Gnaden und der Huld des Heiligen Stuhles Graf von Sam¬
paolo, der vierunddreißigste Graf und der achtzehnte dieses Namens, und ich bin
derv sehr getreue Untertanin. Wir wollen ein Komplott schmieden zu Ihrer
Wiedereinsetzung.

Meine Wiedereinsetzung ist ein längst überwundner Standpunkt, aber auch
wenn es nicht der Fall wäre, würde ich sie mir, glaube ich, gar nicht wünschen.

Wie! rief sie. Wäre es nicht lustig, auf dem scharlachnen Thron zu sitzen
und zu regieren?

Nicht so lustig, wie ein unabhängiger Landedelmann zu sein.

Sie dürfen die Sache nicht von einem so selbstsüchtigen Standpunkt ans auffassen.
Denken Sie um Sampaolo unter der alten Herrschaft — die Insel der Seligen.

Ernsthaft gesprochen: glauben Sie, daß in Sampaolo auch uur der leiseste
Wunsch nach einer Wiederkehr der alten Zeiten vorhanden ist?

Nicht der mindeste — und das ist das traurigste an der Sache, gestand
Susanna. Gleichwohl herrscht große Unzufriedenheit rin dem gegenwärtigen Stand
der Dinge, und die Verhältnisse sind auch geradezu trostlos. Glauben Sie mir,
es sieht dort schlimmer aus, als ich es zu schildern vermöchte. Aber eines schonen
Tages muß doch das Königreich Italien in die Brüche gehn, und darauf müssen
wir unsre Hoffnung gründen. Aber nun rate ich Ihnen selbst, zu tun, was ich
vorhin tadelte: sehen Sie sich die Sache von einem selbstsüchtigen Standpunkt aus
an! Denken Sie an Ihre Ländereien, Ihr Haus, Ihre Paläste, das Kastell San
Guido, Isola Nobile, denken Sie an Ihre Gemälde, Ihre Juwelen, an die
Tausende kostbarer Erbstücke, die von Rechts wegen Ihnen gehören! Denken Sie
nur an Ihre Unmasse Geld! Wie können Sie den Gedanken ertragen, daß alles
das, Ihr ganzes Erbe, das Erbe von beinahe achthundert Jahren, in der Hand
einer Fremden liegt? Ich könnte es nicht ertragen.

Das muß eben ertragen werden, und jeden Groll darüber erstickt das fata¬
listische Wort: Es muß sein.


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[0548] Gräfin Susanna zufließen schien. Aber die beiden jungen Leute achteten, ganz mit ihren Gedanken und Gefühlen beschäftigt, nicht auf das, was sie umgab. Sie schritten einige Minuten schweigend vorwärts, bis sie plötzlich bei einer Wendung der Klippen unten am Fuß der Felsen ein kleines Städtchen vor sich liegen sahen, wo es wie eine rote qualmende Insel aus dem Grün der Rowlcmdmarschen auftauchte. Blye, sagte Anthony, hinabschauend. Ja, sagte sie. Ich hatte keine Ahnung, daß wir so weit gekommen seien. Ich fürchte, wir sind zu weit gegangen, und Sie haben sich sehr ermüdet. Ermüdet! Wie kann man denn in einer solchen Luft müde werden! protestierte Susanna, und in der Tat, die Röte ihrer Wangen, ihre hellen Augen und ihr energischer Gang machten seine Besorgnis überflüssig. — Aber umkehren müssen wir doch, denn sonst verpassen wir die Teestunde. Sie drehten um, und Anthony sagte: Das ist ein merkwürdiger Zufall, daß Sie von Sampaolo geradeswegs nach Craford kommen mußten. Es war ganz einfach, erklärte sie. Ich wollte den Sommer in England verleben und suchte ein Landhaus zu mieten. Der Londoner Agent erwähnte unter vielen andern auch das neue Schloß von Craford; Miß Saudus und ich sahen es uns an — es gefiel uns, und wir mieteten es. Der Gedanke, die Mieterin meines verbannten Herrschers zu werden, reizte meinen Sinn für Romantik und Humor. Und dann, sagte sie lachend, war auch jedes Zögern ausgeschlossen, als wir erst Ihren köstlichen Herrn Wilkes kennen lernten, der uns das Anwesen zeigte und uns dann in seinem Musikzimmer — er nennt es, glaube ich, Arbeitszimmer — selbstkomponiertc Lieder vorsang und mir sogar erlaubte, ihn zu begleiten. Anthony lachte laut. Ich sehe meinen Adrian vor mir, sagte er dann. Euer Erlaucht sind der rechtmäßige Graf von Sampaolo, sagte Susanna, Antonio, von Gottes Gnaden und der Huld des Heiligen Stuhles Graf von Sam¬ paolo, der vierunddreißigste Graf und der achtzehnte dieses Namens, und ich bin derv sehr getreue Untertanin. Wir wollen ein Komplott schmieden zu Ihrer Wiedereinsetzung. Meine Wiedereinsetzung ist ein längst überwundner Standpunkt, aber auch wenn es nicht der Fall wäre, würde ich sie mir, glaube ich, gar nicht wünschen. Wie! rief sie. Wäre es nicht lustig, auf dem scharlachnen Thron zu sitzen und zu regieren? Nicht so lustig, wie ein unabhängiger Landedelmann zu sein. Sie dürfen die Sache nicht von einem so selbstsüchtigen Standpunkt ans auffassen. Denken Sie um Sampaolo unter der alten Herrschaft — die Insel der Seligen. Ernsthaft gesprochen: glauben Sie, daß in Sampaolo auch uur der leiseste Wunsch nach einer Wiederkehr der alten Zeiten vorhanden ist? Nicht der mindeste — und das ist das traurigste an der Sache, gestand Susanna. Gleichwohl herrscht große Unzufriedenheit rin dem gegenwärtigen Stand der Dinge, und die Verhältnisse sind auch geradezu trostlos. Glauben Sie mir, es sieht dort schlimmer aus, als ich es zu schildern vermöchte. Aber eines schonen Tages muß doch das Königreich Italien in die Brüche gehn, und darauf müssen wir unsre Hoffnung gründen. Aber nun rate ich Ihnen selbst, zu tun, was ich vorhin tadelte: sehen Sie sich die Sache von einem selbstsüchtigen Standpunkt aus an! Denken Sie an Ihre Ländereien, Ihr Haus, Ihre Paläste, das Kastell San Guido, Isola Nobile, denken Sie an Ihre Gemälde, Ihre Juwelen, an die Tausende kostbarer Erbstücke, die von Rechts wegen Ihnen gehören! Denken Sie nur an Ihre Unmasse Geld! Wie können Sie den Gedanken ertragen, daß alles das, Ihr ganzes Erbe, das Erbe von beinahe achthundert Jahren, in der Hand einer Fremden liegt? Ich könnte es nicht ertragen. Das muß eben ertragen werden, und jeden Groll darüber erstickt das fata¬ listische Wort: Es muß sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/548>, abgerufen am 24.06.2024.