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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Gräfin Znsanna

Rom zurückkehrte, wo seine ehrwürdige Mutter und Weib und Kind seiner harrten,
wurde er, der einem alten römischen Patriziergeschlecht entsprossen wcir, von Papst
Pnskal dem Zweiten mit vielen Gunstbezeugungen empfangen und ob seiner Taten
und seines christlichen Lebenswandels höchlich belobt. Und als der heilige Vater
ihm anbot, er solle sich zum Lohn eine Gnade erbitten, ersuchte er diesen, er möchte
ihn nach der Insel Jlaria zurücksenden und ihm einen Bischof und hinlänglich
Priester mitgeben, auf daß den armen, unglücklichen Eingebornen das Licht des
wahren Glaubens leuchten möge. Der Papst ernannte ihn zum Grafen und zum
Statthalter der Insel, deren heidnischen Namen er in Sankt Paul umwandelte. Außer¬
dem verlieh er dem neuen Grafen als Zeichen der obersten Gewalt ein prächtiges
Schwert, an dessen Griff ein goldner Dorn angebracht war. Diese heilige Reliquie
hängt noch heute zur Verehrung der Gläubigen unter dem Namen Lpina, ä'O-o,
goldner Dorn, in der Kathedrale von Vallanzci, wo die Nachkommen San Guidos
als Stellvertreter des Heiligen Vaters herrschen. -- So spricht der ehrwürdige
Alban Butler, schloß sie mit leisem Lachen.

Ich staune Ihr fabelhaftes Gedächtnis voll Bewunderung an, Alban Butler
so Wort für Wort zitieren zu können, ist geradezu wunderbar.

In meiner Jugend ließen mich meine Erzieherinnen viel von Butler aus¬
wendig lernen, und als geborne Jlnrierin interessierte mich San Guidos Lebe"
natürlich ganz besonders. Er wurde übrigens durch den englischen Papst Adrian
den Vierten heilig gesprochen, weshalb die Valdeschi immer eine große Vorliebe
für England gehabt haben. Sie haben mich oft Engländerinnen -- natürlich
katholische -- geheiratet, und so war auch, als das Mosaikende tum, eine Eng¬
länderin Gräfin von Scunpaolo.

Ach ja, das Ende, das Mosaikende müssen Sie mir nun auch noch erzählen.

Das Ende war ein schmachvoller, von einem Nachkommen San Guidos gegen
einen andern, seinen nächsten Verwandten, den rechtmäßigen Grafen verübter Verrat.
Meinetwegen können Sie es Melodrama und komische Oper nennen. Es ist die
alte Geschichte vom schurkischen Onkel.

Wirklich? fragte Anthonh.

Sie dachte einen Augenblick nach, dann erzählte sie weiter: Als Anno 1850
Graf Antonio der Siebzehnte starb, hinterließ er eine Witwe, eine Engländerin,
und einen Jungen von zwölf Jahren, der seinem Vater als Guido der Elfte in
der Negierung nachfolgen sollte. Aber Graf Antonio hatte einen jüngern Bruder,
der ebenfalls Guido hieß, und der durch geheime Umtriebe unter dem Volk die
Herrschaft an sich zu reißen suchte und mit dem König von Sardinien um den Preis
handelte, den er erhalten sollte, wenn er die Scunpaolescn dazu vermöchte, ihre
Unabhängigkeit aufzugeben. Nun also, fuhr sie mit einiger Anstrengung fort, als
sein Bruder auf dem Sterbebett lag, nahm er die Gelegenheit wahr und hetzte
das Volk auf: Jetzt ist es Zeit für euch, euch zu erhebe". Wenn nach meines
Bruders Tode sein Sohn sein Nachfolger wird, werden wir eine Regentschaft haben,
und der Regent wird ein Ausländer und ein Weib sein; jetzt ist die Zeit, diesen
Despotismus für immer zu brechen, die Herrschaft des Papstes abzuschütteln und
uns der großen Bewegung zur Vereinigung Italiens anzuschließen. Auf zum
Palast! Laßt uns die Engländerin mit ihrem Sohn ergreifen und verbannen!
Laßt uns die Trikolore aufziehn und uns für Italiener und für Untertanen
des Königs erklären. Auf zum Palast! -- Ein großer Pöbelhaufe drang in den
Palast, wo die arme Dame -- Susannas Stimme bebte ein wenig -- an der
Bahre ihres Gatten kniete und betete. Mit dem Ruf: 1''uoii ""Italie 1" stianioro!
-- Fort aus Italien mit dem Fremden! -- wurde sie mit ihren: Kind ergriffen
und ans ein Schiff geschleppt, das im Begriff war, nach Trieft in See zu gehn.

Sie schwieg eine Weile. Dann fuhr sie fort: Darauf wurde eine Volksab¬
stimmung inszeniert, und die Insel wurde feierlich zur Provinz des Vereinigten
Königreichs erklärt.


Gräfin Znsanna

Rom zurückkehrte, wo seine ehrwürdige Mutter und Weib und Kind seiner harrten,
wurde er, der einem alten römischen Patriziergeschlecht entsprossen wcir, von Papst
Pnskal dem Zweiten mit vielen Gunstbezeugungen empfangen und ob seiner Taten
und seines christlichen Lebenswandels höchlich belobt. Und als der heilige Vater
ihm anbot, er solle sich zum Lohn eine Gnade erbitten, ersuchte er diesen, er möchte
ihn nach der Insel Jlaria zurücksenden und ihm einen Bischof und hinlänglich
Priester mitgeben, auf daß den armen, unglücklichen Eingebornen das Licht des
wahren Glaubens leuchten möge. Der Papst ernannte ihn zum Grafen und zum
Statthalter der Insel, deren heidnischen Namen er in Sankt Paul umwandelte. Außer¬
dem verlieh er dem neuen Grafen als Zeichen der obersten Gewalt ein prächtiges
Schwert, an dessen Griff ein goldner Dorn angebracht war. Diese heilige Reliquie
hängt noch heute zur Verehrung der Gläubigen unter dem Namen Lpina, ä'O-o,
goldner Dorn, in der Kathedrale von Vallanzci, wo die Nachkommen San Guidos
als Stellvertreter des Heiligen Vaters herrschen. — So spricht der ehrwürdige
Alban Butler, schloß sie mit leisem Lachen.

Ich staune Ihr fabelhaftes Gedächtnis voll Bewunderung an, Alban Butler
so Wort für Wort zitieren zu können, ist geradezu wunderbar.

In meiner Jugend ließen mich meine Erzieherinnen viel von Butler aus¬
wendig lernen, und als geborne Jlnrierin interessierte mich San Guidos Lebe»
natürlich ganz besonders. Er wurde übrigens durch den englischen Papst Adrian
den Vierten heilig gesprochen, weshalb die Valdeschi immer eine große Vorliebe
für England gehabt haben. Sie haben mich oft Engländerinnen — natürlich
katholische — geheiratet, und so war auch, als das Mosaikende tum, eine Eng¬
länderin Gräfin von Scunpaolo.

Ach ja, das Ende, das Mosaikende müssen Sie mir nun auch noch erzählen.

Das Ende war ein schmachvoller, von einem Nachkommen San Guidos gegen
einen andern, seinen nächsten Verwandten, den rechtmäßigen Grafen verübter Verrat.
Meinetwegen können Sie es Melodrama und komische Oper nennen. Es ist die
alte Geschichte vom schurkischen Onkel.

Wirklich? fragte Anthonh.

Sie dachte einen Augenblick nach, dann erzählte sie weiter: Als Anno 1850
Graf Antonio der Siebzehnte starb, hinterließ er eine Witwe, eine Engländerin,
und einen Jungen von zwölf Jahren, der seinem Vater als Guido der Elfte in
der Negierung nachfolgen sollte. Aber Graf Antonio hatte einen jüngern Bruder,
der ebenfalls Guido hieß, und der durch geheime Umtriebe unter dem Volk die
Herrschaft an sich zu reißen suchte und mit dem König von Sardinien um den Preis
handelte, den er erhalten sollte, wenn er die Scunpaolescn dazu vermöchte, ihre
Unabhängigkeit aufzugeben. Nun also, fuhr sie mit einiger Anstrengung fort, als
sein Bruder auf dem Sterbebett lag, nahm er die Gelegenheit wahr und hetzte
das Volk auf: Jetzt ist es Zeit für euch, euch zu erhebe». Wenn nach meines
Bruders Tode sein Sohn sein Nachfolger wird, werden wir eine Regentschaft haben,
und der Regent wird ein Ausländer und ein Weib sein; jetzt ist die Zeit, diesen
Despotismus für immer zu brechen, die Herrschaft des Papstes abzuschütteln und
uns der großen Bewegung zur Vereinigung Italiens anzuschließen. Auf zum
Palast! Laßt uns die Engländerin mit ihrem Sohn ergreifen und verbannen!
Laßt uns die Trikolore aufziehn und uns für Italiener und für Untertanen
des Königs erklären. Auf zum Palast! — Ein großer Pöbelhaufe drang in den
Palast, wo die arme Dame — Susannas Stimme bebte ein wenig — an der
Bahre ihres Gatten kniete und betete. Mit dem Ruf: 1''uoii «"Italie 1» stianioro!
— Fort aus Italien mit dem Fremden! — wurde sie mit ihren: Kind ergriffen
und ans ein Schiff geschleppt, das im Begriff war, nach Trieft in See zu gehn.

Sie schwieg eine Weile. Dann fuhr sie fort: Darauf wurde eine Volksab¬
stimmung inszeniert, und die Insel wurde feierlich zur Provinz des Vereinigten
Königreichs erklärt.


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[0546] Gräfin Znsanna Rom zurückkehrte, wo seine ehrwürdige Mutter und Weib und Kind seiner harrten, wurde er, der einem alten römischen Patriziergeschlecht entsprossen wcir, von Papst Pnskal dem Zweiten mit vielen Gunstbezeugungen empfangen und ob seiner Taten und seines christlichen Lebenswandels höchlich belobt. Und als der heilige Vater ihm anbot, er solle sich zum Lohn eine Gnade erbitten, ersuchte er diesen, er möchte ihn nach der Insel Jlaria zurücksenden und ihm einen Bischof und hinlänglich Priester mitgeben, auf daß den armen, unglücklichen Eingebornen das Licht des wahren Glaubens leuchten möge. Der Papst ernannte ihn zum Grafen und zum Statthalter der Insel, deren heidnischen Namen er in Sankt Paul umwandelte. Außer¬ dem verlieh er dem neuen Grafen als Zeichen der obersten Gewalt ein prächtiges Schwert, an dessen Griff ein goldner Dorn angebracht war. Diese heilige Reliquie hängt noch heute zur Verehrung der Gläubigen unter dem Namen Lpina, ä'O-o, goldner Dorn, in der Kathedrale von Vallanzci, wo die Nachkommen San Guidos als Stellvertreter des Heiligen Vaters herrschen. — So spricht der ehrwürdige Alban Butler, schloß sie mit leisem Lachen. Ich staune Ihr fabelhaftes Gedächtnis voll Bewunderung an, Alban Butler so Wort für Wort zitieren zu können, ist geradezu wunderbar. In meiner Jugend ließen mich meine Erzieherinnen viel von Butler aus¬ wendig lernen, und als geborne Jlnrierin interessierte mich San Guidos Lebe» natürlich ganz besonders. Er wurde übrigens durch den englischen Papst Adrian den Vierten heilig gesprochen, weshalb die Valdeschi immer eine große Vorliebe für England gehabt haben. Sie haben mich oft Engländerinnen — natürlich katholische — geheiratet, und so war auch, als das Mosaikende tum, eine Eng¬ länderin Gräfin von Scunpaolo. Ach ja, das Ende, das Mosaikende müssen Sie mir nun auch noch erzählen. Das Ende war ein schmachvoller, von einem Nachkommen San Guidos gegen einen andern, seinen nächsten Verwandten, den rechtmäßigen Grafen verübter Verrat. Meinetwegen können Sie es Melodrama und komische Oper nennen. Es ist die alte Geschichte vom schurkischen Onkel. Wirklich? fragte Anthonh. Sie dachte einen Augenblick nach, dann erzählte sie weiter: Als Anno 1850 Graf Antonio der Siebzehnte starb, hinterließ er eine Witwe, eine Engländerin, und einen Jungen von zwölf Jahren, der seinem Vater als Guido der Elfte in der Negierung nachfolgen sollte. Aber Graf Antonio hatte einen jüngern Bruder, der ebenfalls Guido hieß, und der durch geheime Umtriebe unter dem Volk die Herrschaft an sich zu reißen suchte und mit dem König von Sardinien um den Preis handelte, den er erhalten sollte, wenn er die Scunpaolescn dazu vermöchte, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Nun also, fuhr sie mit einiger Anstrengung fort, als sein Bruder auf dem Sterbebett lag, nahm er die Gelegenheit wahr und hetzte das Volk auf: Jetzt ist es Zeit für euch, euch zu erhebe». Wenn nach meines Bruders Tode sein Sohn sein Nachfolger wird, werden wir eine Regentschaft haben, und der Regent wird ein Ausländer und ein Weib sein; jetzt ist die Zeit, diesen Despotismus für immer zu brechen, die Herrschaft des Papstes abzuschütteln und uns der großen Bewegung zur Vereinigung Italiens anzuschließen. Auf zum Palast! Laßt uns die Engländerin mit ihrem Sohn ergreifen und verbannen! Laßt uns die Trikolore aufziehn und uns für Italiener und für Untertanen des Königs erklären. Auf zum Palast! — Ein großer Pöbelhaufe drang in den Palast, wo die arme Dame — Susannas Stimme bebte ein wenig — an der Bahre ihres Gatten kniete und betete. Mit dem Ruf: 1''uoii «"Italie 1» stianioro! — Fort aus Italien mit dem Fremden! — wurde sie mit ihren: Kind ergriffen und ans ein Schiff geschleppt, das im Begriff war, nach Trieft in See zu gehn. Sie schwieg eine Weile. Dann fuhr sie fort: Darauf wurde eine Volksab¬ stimmung inszeniert, und die Insel wurde feierlich zur Provinz des Vereinigten Königreichs erklärt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/546>, abgerufen am 24.06.2024.