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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

sondern auf die Ehe; die Stelle bedeute: "daß nicht jeder die sittliche Reife zur
Ehe im Sinne Jesu habe, und daß es aus mancherlei Gründen besser sein könne,
ehelos zu bleiben." Trotz der bekannten Herabwürdigung der Ehe durch die asketisch
gerichteten Kirchenväter und Scholastiker habe das Christentum kräftig auf die Vor¬
stellungen von der Stellung der Frau und auf das Familienrecht eingewirkt, nicht
im Gebiete des römischen, sondern in dem des germanischen Rechts, das, wie der
Verfasser nachweist, ursprünglich keineswegs dem idealistischen Bilde entsprochen hat,
das man vom altgermanischen Familienleben zu entwerfen pflegt; die germanische
Mund zum Beispiel sei völlig gleichbedeutend mit der römischen rosuus und be¬
zeichne die unumschränkte Gewalt des Mannes über die Familie. Aber das ger¬
manische Recht sei der Fortbildung fähig gewesen, weil es nicht starr individualistisch
jedes Eigentum als unumschränkt aufgefaßt, sondern beschränktes, geteiltes und ge¬
nossenschaftliches Eigentum gekannt habe. Aus zahlreichen Partikularrechten wird für
die zweite Hälfte des Mittelalters eine Rechtsentwickluug nachgewiesen, "die uns hoch¬
modern anmutet." Die Rezeption des römischen Rechts bedeutet nach Bartsch im
übrigen zwar einen Fortschritt, im Familienrecht dagegen eine Verschlechterung.
Dazu sei dann die Verwirrung gekommen, die aus dem Fortbestehn zahlreicher
Partikularrechte neben dem gemeinen Recht entsprang. "Unter diesen Umständen
wirkte eine Theorie, die mit allen Autoritäten brach, wahrhaft befreiend. Diese
Theorie war das Naturrecht. Wir können heute die Kühnheit gar nicht recht be¬
greifen ^gebührend würdigen, meint wohl der Verfassers mit der die ersten Lehrer
des Naturrechts fHugo Grotius, Wolff, PufendorfZ nicht nur die Statuten lokalen
Rechts, sondern auch das Corpus Juris, ja sogar die Rechtssntze der Bibel vor das
Forum der Vernunft zitierten. . . . Unter den Prinzipien des Naturrechts sind es
besonders zwei, die auf das Familienrecht Einfluß üben. Es ist vor allem der
Satz, daß alle Menschen von Natur frei und gleich seien, und daß Unterordnung
unter den Willen eines andern die Zustimmung des Unterworfnen, also einen
Vertrag voraussetze. Dazu kommt als zweites, daß man alle Rechte als Korrelate
von Pflichten auffaßte." Die Schlußsätze lauten: "An einseitigen, übertriebnen
Auffassungen, an der Überspannung manches an sich richtigen Prinzips hat es in
der Frage der Stellung der Frauen niemals gefehlt, und auch die Kodifikationen
sind davon nicht frei geblieben. Sie vollzogen aber vielfach die Umwandlung
naturrechtlicher Postulate in positives Recht und haben sich damit um die Klärung
des bis dahin verworrenen Rechtszustandes und um den allgemeinen Fortschritt ein
bleibendes Verdienst erworben." -- Das zweite Bändchen der Sammlung "Aus
Natur und Geisteswelt": Soziale Bewegungen und Theorien bis zur mo¬
dernen Arbeiterbewegung haben wir seinerzeit als ein nützliches kleines Buch gelobt.
Es ist von ihm eine zweite Auflage erschienen (Leipzig, B. G. Teubner, 1902).

Zwei andre Sachen erwähnen wir nur um ihrer symptomatischen Bedeutung
willen. A. A. Jssaieff untersucht in einem 600 Seiten groß Oktav starken Bande
(Der Sozialismus und das öffentliche Leben. Aus dem Russischen über¬
setzt. Stuttgart, I. H. W. Dich Nachf., 1903) die Aussichten des Sozialismus>
Er prüft die gegenwärtigen volkswirtschaftlichen, kirchlichen, sittlichen, Verfassungs-
nnd Rechtszustände, die Richtung, in der sie sich entwickeln, die sozialdemokratischen
Organisationen, ihren Einfluß und findet: es geht langsam vorwärts, aber es geht
Vorwärts, dem beglückenden Ziele, einer sozialistischen, die Menschheit versittlichenden
Gesellschaftsordnung entgegen. Die Organisation der deutschen Genossen, ihre
Macht, ihr Einfluß, ihre Haltung erfüllen ihn mit Bewunderung. Namentlich be¬
wundert er auch die Ruhe und Kaltblütigkeit, die Humanität, die edle, bescheidne
und gemäßigte Sprache, mit der der Vorwärts die erbitterten Feinde der Sozial¬
demokratie, sogar die selbstsüchtigen preußischen Junker behandle. -- Eine hübsche
Probe von dem honigsüßen Phrasenbrei, mit dem manche Soziologen die Arbeiter
auf die Evolution vertrösten, damit diese nicht durch Revolution unbequem werden,
ist das Buch von Th. Darel: xe-uplö Roi, esscä as soeiolvssio nuivoi^Jlheo.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

sondern auf die Ehe; die Stelle bedeute: „daß nicht jeder die sittliche Reife zur
Ehe im Sinne Jesu habe, und daß es aus mancherlei Gründen besser sein könne,
ehelos zu bleiben." Trotz der bekannten Herabwürdigung der Ehe durch die asketisch
gerichteten Kirchenväter und Scholastiker habe das Christentum kräftig auf die Vor¬
stellungen von der Stellung der Frau und auf das Familienrecht eingewirkt, nicht
im Gebiete des römischen, sondern in dem des germanischen Rechts, das, wie der
Verfasser nachweist, ursprünglich keineswegs dem idealistischen Bilde entsprochen hat,
das man vom altgermanischen Familienleben zu entwerfen pflegt; die germanische
Mund zum Beispiel sei völlig gleichbedeutend mit der römischen rosuus und be¬
zeichne die unumschränkte Gewalt des Mannes über die Familie. Aber das ger¬
manische Recht sei der Fortbildung fähig gewesen, weil es nicht starr individualistisch
jedes Eigentum als unumschränkt aufgefaßt, sondern beschränktes, geteiltes und ge¬
nossenschaftliches Eigentum gekannt habe. Aus zahlreichen Partikularrechten wird für
die zweite Hälfte des Mittelalters eine Rechtsentwickluug nachgewiesen, „die uns hoch¬
modern anmutet." Die Rezeption des römischen Rechts bedeutet nach Bartsch im
übrigen zwar einen Fortschritt, im Familienrecht dagegen eine Verschlechterung.
Dazu sei dann die Verwirrung gekommen, die aus dem Fortbestehn zahlreicher
Partikularrechte neben dem gemeinen Recht entsprang. „Unter diesen Umständen
wirkte eine Theorie, die mit allen Autoritäten brach, wahrhaft befreiend. Diese
Theorie war das Naturrecht. Wir können heute die Kühnheit gar nicht recht be¬
greifen ^gebührend würdigen, meint wohl der Verfassers mit der die ersten Lehrer
des Naturrechts fHugo Grotius, Wolff, PufendorfZ nicht nur die Statuten lokalen
Rechts, sondern auch das Corpus Juris, ja sogar die Rechtssntze der Bibel vor das
Forum der Vernunft zitierten. . . . Unter den Prinzipien des Naturrechts sind es
besonders zwei, die auf das Familienrecht Einfluß üben. Es ist vor allem der
Satz, daß alle Menschen von Natur frei und gleich seien, und daß Unterordnung
unter den Willen eines andern die Zustimmung des Unterworfnen, also einen
Vertrag voraussetze. Dazu kommt als zweites, daß man alle Rechte als Korrelate
von Pflichten auffaßte." Die Schlußsätze lauten: „An einseitigen, übertriebnen
Auffassungen, an der Überspannung manches an sich richtigen Prinzips hat es in
der Frage der Stellung der Frauen niemals gefehlt, und auch die Kodifikationen
sind davon nicht frei geblieben. Sie vollzogen aber vielfach die Umwandlung
naturrechtlicher Postulate in positives Recht und haben sich damit um die Klärung
des bis dahin verworrenen Rechtszustandes und um den allgemeinen Fortschritt ein
bleibendes Verdienst erworben." — Das zweite Bändchen der Sammlung „Aus
Natur und Geisteswelt": Soziale Bewegungen und Theorien bis zur mo¬
dernen Arbeiterbewegung haben wir seinerzeit als ein nützliches kleines Buch gelobt.
Es ist von ihm eine zweite Auflage erschienen (Leipzig, B. G. Teubner, 1902).

Zwei andre Sachen erwähnen wir nur um ihrer symptomatischen Bedeutung
willen. A. A. Jssaieff untersucht in einem 600 Seiten groß Oktav starken Bande
(Der Sozialismus und das öffentliche Leben. Aus dem Russischen über¬
setzt. Stuttgart, I. H. W. Dich Nachf., 1903) die Aussichten des Sozialismus>
Er prüft die gegenwärtigen volkswirtschaftlichen, kirchlichen, sittlichen, Verfassungs-
nnd Rechtszustände, die Richtung, in der sie sich entwickeln, die sozialdemokratischen
Organisationen, ihren Einfluß und findet: es geht langsam vorwärts, aber es geht
Vorwärts, dem beglückenden Ziele, einer sozialistischen, die Menschheit versittlichenden
Gesellschaftsordnung entgegen. Die Organisation der deutschen Genossen, ihre
Macht, ihr Einfluß, ihre Haltung erfüllen ihn mit Bewunderung. Namentlich be¬
wundert er auch die Ruhe und Kaltblütigkeit, die Humanität, die edle, bescheidne
und gemäßigte Sprache, mit der der Vorwärts die erbitterten Feinde der Sozial¬
demokratie, sogar die selbstsüchtigen preußischen Junker behandle. — Eine hübsche
Probe von dem honigsüßen Phrasenbrei, mit dem manche Soziologen die Arbeiter
auf die Evolution vertrösten, damit diese nicht durch Revolution unbequem werden,
ist das Buch von Th. Darel: xe-uplö Roi, esscä as soeiolvssio nuivoi^Jlheo.


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[0492] Maßgebliches und Unmaßgebliches sondern auf die Ehe; die Stelle bedeute: „daß nicht jeder die sittliche Reife zur Ehe im Sinne Jesu habe, und daß es aus mancherlei Gründen besser sein könne, ehelos zu bleiben." Trotz der bekannten Herabwürdigung der Ehe durch die asketisch gerichteten Kirchenväter und Scholastiker habe das Christentum kräftig auf die Vor¬ stellungen von der Stellung der Frau und auf das Familienrecht eingewirkt, nicht im Gebiete des römischen, sondern in dem des germanischen Rechts, das, wie der Verfasser nachweist, ursprünglich keineswegs dem idealistischen Bilde entsprochen hat, das man vom altgermanischen Familienleben zu entwerfen pflegt; die germanische Mund zum Beispiel sei völlig gleichbedeutend mit der römischen rosuus und be¬ zeichne die unumschränkte Gewalt des Mannes über die Familie. Aber das ger¬ manische Recht sei der Fortbildung fähig gewesen, weil es nicht starr individualistisch jedes Eigentum als unumschränkt aufgefaßt, sondern beschränktes, geteiltes und ge¬ nossenschaftliches Eigentum gekannt habe. Aus zahlreichen Partikularrechten wird für die zweite Hälfte des Mittelalters eine Rechtsentwickluug nachgewiesen, „die uns hoch¬ modern anmutet." Die Rezeption des römischen Rechts bedeutet nach Bartsch im übrigen zwar einen Fortschritt, im Familienrecht dagegen eine Verschlechterung. Dazu sei dann die Verwirrung gekommen, die aus dem Fortbestehn zahlreicher Partikularrechte neben dem gemeinen Recht entsprang. „Unter diesen Umständen wirkte eine Theorie, die mit allen Autoritäten brach, wahrhaft befreiend. Diese Theorie war das Naturrecht. Wir können heute die Kühnheit gar nicht recht be¬ greifen ^gebührend würdigen, meint wohl der Verfassers mit der die ersten Lehrer des Naturrechts fHugo Grotius, Wolff, PufendorfZ nicht nur die Statuten lokalen Rechts, sondern auch das Corpus Juris, ja sogar die Rechtssntze der Bibel vor das Forum der Vernunft zitierten. . . . Unter den Prinzipien des Naturrechts sind es besonders zwei, die auf das Familienrecht Einfluß üben. Es ist vor allem der Satz, daß alle Menschen von Natur frei und gleich seien, und daß Unterordnung unter den Willen eines andern die Zustimmung des Unterworfnen, also einen Vertrag voraussetze. Dazu kommt als zweites, daß man alle Rechte als Korrelate von Pflichten auffaßte." Die Schlußsätze lauten: „An einseitigen, übertriebnen Auffassungen, an der Überspannung manches an sich richtigen Prinzips hat es in der Frage der Stellung der Frauen niemals gefehlt, und auch die Kodifikationen sind davon nicht frei geblieben. Sie vollzogen aber vielfach die Umwandlung naturrechtlicher Postulate in positives Recht und haben sich damit um die Klärung des bis dahin verworrenen Rechtszustandes und um den allgemeinen Fortschritt ein bleibendes Verdienst erworben." — Das zweite Bändchen der Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt": Soziale Bewegungen und Theorien bis zur mo¬ dernen Arbeiterbewegung haben wir seinerzeit als ein nützliches kleines Buch gelobt. Es ist von ihm eine zweite Auflage erschienen (Leipzig, B. G. Teubner, 1902). Zwei andre Sachen erwähnen wir nur um ihrer symptomatischen Bedeutung willen. A. A. Jssaieff untersucht in einem 600 Seiten groß Oktav starken Bande (Der Sozialismus und das öffentliche Leben. Aus dem Russischen über¬ setzt. Stuttgart, I. H. W. Dich Nachf., 1903) die Aussichten des Sozialismus> Er prüft die gegenwärtigen volkswirtschaftlichen, kirchlichen, sittlichen, Verfassungs- nnd Rechtszustände, die Richtung, in der sie sich entwickeln, die sozialdemokratischen Organisationen, ihren Einfluß und findet: es geht langsam vorwärts, aber es geht Vorwärts, dem beglückenden Ziele, einer sozialistischen, die Menschheit versittlichenden Gesellschaftsordnung entgegen. Die Organisation der deutschen Genossen, ihre Macht, ihr Einfluß, ihre Haltung erfüllen ihn mit Bewunderung. Namentlich be¬ wundert er auch die Ruhe und Kaltblütigkeit, die Humanität, die edle, bescheidne und gemäßigte Sprache, mit der der Vorwärts die erbitterten Feinde der Sozial¬ demokratie, sogar die selbstsüchtigen preußischen Junker behandle. — Eine hübsche Probe von dem honigsüßen Phrasenbrei, mit dem manche Soziologen die Arbeiter auf die Evolution vertrösten, damit diese nicht durch Revolution unbequem werden, ist das Buch von Th. Darel: xe-uplö Roi, esscä as soeiolvssio nuivoi^Jlheo.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/492>, abgerufen am 26.06.2024.