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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Die kleine Marina und ihr Gemahl

nahm sich aber sehr steif und mit fast erdrückender Würde. Das Haar war schon
stark ergraut und außerdem so gepudert, daß es sich von dem braunen Teint ganz
kreideweiß abhob und in scharfem Gegensatz zu den schwarzen Augenbrauen über
den dunkelbraunen, klaren und warmen Augen stand. Er saß an dem Bett seines
Sohnes und erhob sich, als seine kleine Schwiegertochter, die sich in ihrer Über¬
raschung ungewöhnlich steif und eckig hielt, an der Hand ihrer Mutter in das
Zimmer trat.

Armes kleines Kind!--Meine arme kleine Frasquita! -- Nach seinem
Sohn nannte er seine Schwiegertochter oft so. Er faßte sie um den Kopf und
küßte sie väterlich auf beide Wangen. Die Herzogin von Jnfantado schluchzte --
teils aus Rührung, teils aus Angst und mit einem plötzlich stechenden Gefühl der
Eifersucht: es erschien ihr in diesem Augenblick, als ob Santa Cruz, indem er
sich Marina näherte, sich im Namen seines todkranken Sohnes ihrer Tochter be¬
mächtigte.

Marina fiel auf die Knie neben dem Bett ihres Gemahls -- sie wußte nicht
bestimmt, weshalb sie das tat, aber es war ihr. als sei dies das einzige, was sie
in diesem Augenblick tun könne. Frasquito saß da, einen ganzen Berg großer,
garnierter Kissen hinter sich aufgestapelt. Gegen all dieses Weiß sah sein Kopf noch
schmaler, dunkler und bleicher aus als sonst.

Fühlst du dich schlechter? fragte sie leise. Denn sonst war er am Tage
immer auf.

Unser lieber Marquis konnte die Gemütsbewegung nicht gut vertragen, flüsterte
Viera. Er stand am Fußende des Bettes und sah liebevoll und mitleidig auf den
jungen Mann hinab. Er war in Santa Cruzens Haus gewesen, seit Francisco
ein kleines Kind war, und er hatte ihn die Buchstaben gelehrt.

Laß dich einmal ordentlich ansehen, meine Tochter -- Santa Cruz nahm
Maricas beide Hände und hielt sie von sich ab. Er wandte sich appellierend an
die Herzogin von Jnfantado.

Die soll nicht erwachsen sein! sagte er.

Dona Maria Anna kniff nur die Lippen zusammen und antwortete nicht.
Santa Cruz hatte schon -- und zwar mit großer Bestimmtheit -- Gelegenheit
gefunden, auszusprechen, daß er, wenn er nun den Sohn, dessen leidenschaftlichem
Wunsche gemäß, nach Spanien zurückführte, auch seine Schwiegertochter dorthin
mitnehmen wolle. Die Mutter hatte ihm mit dem tiefsten Unwillen und geheimer
Angst zugehört, sie hatte gar nicht daran gedacht, daß jemand dies wollen
könne! -- und sie hatte sich fest vorgenommen, ihre Tochter niemals auszuliefern
ohne ausdrücklichen Befehl von deren Vater, der sich zur Zeit in Madrid aufhielt.
Wohl hatte sie Frasquito sehr lieb -- wenigstens bildete sie sich das ein --, aber
was war er im Vergleich zu Marina! Ihre Tochter, ihre frische, strahlende, kaum
erwachsene Tochter zu der verzweifelten Umarmung dieses schwermütigen, kranken
Menschen zu verdammen! Sie für immer auf Gnade oder Ungnade Fremden zu
übergeben -- Männern; denn Santa Cruz war Witwer, und Don Pedro de silva,
sein Bruder, war unvermählt. Nein -- nie im Leben wollte sie das tun. So
etwas konnten andre Mütter tun, weltliche Mütter. Aber sie, die nur gelebt hatte,
um ihrem Gott zu dienen, ihre Kinder zu lieben und ihrem Gatten zu gehorchen --
sie tat das nicht!

Frasquito sah seinen Vater an, sah Dona Maria Anna an, und er begriff.
Halb bitter, halb gleichgiltig sagte er mit seiner klanglosen Stimme und mit der
Offenheit, die ihm angeboren war, und die seine Krankheit, wegen deren man ihm
alles verzieh, noch mehr ausgebildet hatte: Marina soll nicht mit uns nach Spanien
gehn. Er fügte langsam, halb befehlend und mit einem Ausdruck völliger Offen¬
herzigkeit hinzu: Ich sehe am liebsten, daß sie hier bleibt.

Obwohl sich die Herzogin von Jnfantado erleichtert und befriedigt fühlte, als
sie Frasquito so unvermutet auf ihrer Seite sah, war sie doch in der Seele ihrer


Die kleine Marina und ihr Gemahl

nahm sich aber sehr steif und mit fast erdrückender Würde. Das Haar war schon
stark ergraut und außerdem so gepudert, daß es sich von dem braunen Teint ganz
kreideweiß abhob und in scharfem Gegensatz zu den schwarzen Augenbrauen über
den dunkelbraunen, klaren und warmen Augen stand. Er saß an dem Bett seines
Sohnes und erhob sich, als seine kleine Schwiegertochter, die sich in ihrer Über¬
raschung ungewöhnlich steif und eckig hielt, an der Hand ihrer Mutter in das
Zimmer trat.

Armes kleines Kind!--Meine arme kleine Frasquita! — Nach seinem
Sohn nannte er seine Schwiegertochter oft so. Er faßte sie um den Kopf und
küßte sie väterlich auf beide Wangen. Die Herzogin von Jnfantado schluchzte —
teils aus Rührung, teils aus Angst und mit einem plötzlich stechenden Gefühl der
Eifersucht: es erschien ihr in diesem Augenblick, als ob Santa Cruz, indem er
sich Marina näherte, sich im Namen seines todkranken Sohnes ihrer Tochter be¬
mächtigte.

Marina fiel auf die Knie neben dem Bett ihres Gemahls — sie wußte nicht
bestimmt, weshalb sie das tat, aber es war ihr. als sei dies das einzige, was sie
in diesem Augenblick tun könne. Frasquito saß da, einen ganzen Berg großer,
garnierter Kissen hinter sich aufgestapelt. Gegen all dieses Weiß sah sein Kopf noch
schmaler, dunkler und bleicher aus als sonst.

Fühlst du dich schlechter? fragte sie leise. Denn sonst war er am Tage
immer auf.

Unser lieber Marquis konnte die Gemütsbewegung nicht gut vertragen, flüsterte
Viera. Er stand am Fußende des Bettes und sah liebevoll und mitleidig auf den
jungen Mann hinab. Er war in Santa Cruzens Haus gewesen, seit Francisco
ein kleines Kind war, und er hatte ihn die Buchstaben gelehrt.

Laß dich einmal ordentlich ansehen, meine Tochter — Santa Cruz nahm
Maricas beide Hände und hielt sie von sich ab. Er wandte sich appellierend an
die Herzogin von Jnfantado.

Die soll nicht erwachsen sein! sagte er.

Dona Maria Anna kniff nur die Lippen zusammen und antwortete nicht.
Santa Cruz hatte schon — und zwar mit großer Bestimmtheit — Gelegenheit
gefunden, auszusprechen, daß er, wenn er nun den Sohn, dessen leidenschaftlichem
Wunsche gemäß, nach Spanien zurückführte, auch seine Schwiegertochter dorthin
mitnehmen wolle. Die Mutter hatte ihm mit dem tiefsten Unwillen und geheimer
Angst zugehört, sie hatte gar nicht daran gedacht, daß jemand dies wollen
könne! — und sie hatte sich fest vorgenommen, ihre Tochter niemals auszuliefern
ohne ausdrücklichen Befehl von deren Vater, der sich zur Zeit in Madrid aufhielt.
Wohl hatte sie Frasquito sehr lieb — wenigstens bildete sie sich das ein —, aber
was war er im Vergleich zu Marina! Ihre Tochter, ihre frische, strahlende, kaum
erwachsene Tochter zu der verzweifelten Umarmung dieses schwermütigen, kranken
Menschen zu verdammen! Sie für immer auf Gnade oder Ungnade Fremden zu
übergeben — Männern; denn Santa Cruz war Witwer, und Don Pedro de silva,
sein Bruder, war unvermählt. Nein — nie im Leben wollte sie das tun. So
etwas konnten andre Mütter tun, weltliche Mütter. Aber sie, die nur gelebt hatte,
um ihrem Gott zu dienen, ihre Kinder zu lieben und ihrem Gatten zu gehorchen —
sie tat das nicht!

Frasquito sah seinen Vater an, sah Dona Maria Anna an, und er begriff.
Halb bitter, halb gleichgiltig sagte er mit seiner klanglosen Stimme und mit der
Offenheit, die ihm angeboren war, und die seine Krankheit, wegen deren man ihm
alles verzieh, noch mehr ausgebildet hatte: Marina soll nicht mit uns nach Spanien
gehn. Er fügte langsam, halb befehlend und mit einem Ausdruck völliger Offen¬
herzigkeit hinzu: Ich sehe am liebsten, daß sie hier bleibt.

Obwohl sich die Herzogin von Jnfantado erleichtert und befriedigt fühlte, als
sie Frasquito so unvermutet auf ihrer Seite sah, war sie doch in der Seele ihrer


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[0237] Die kleine Marina und ihr Gemahl nahm sich aber sehr steif und mit fast erdrückender Würde. Das Haar war schon stark ergraut und außerdem so gepudert, daß es sich von dem braunen Teint ganz kreideweiß abhob und in scharfem Gegensatz zu den schwarzen Augenbrauen über den dunkelbraunen, klaren und warmen Augen stand. Er saß an dem Bett seines Sohnes und erhob sich, als seine kleine Schwiegertochter, die sich in ihrer Über¬ raschung ungewöhnlich steif und eckig hielt, an der Hand ihrer Mutter in das Zimmer trat. Armes kleines Kind!--Meine arme kleine Frasquita! — Nach seinem Sohn nannte er seine Schwiegertochter oft so. Er faßte sie um den Kopf und küßte sie väterlich auf beide Wangen. Die Herzogin von Jnfantado schluchzte — teils aus Rührung, teils aus Angst und mit einem plötzlich stechenden Gefühl der Eifersucht: es erschien ihr in diesem Augenblick, als ob Santa Cruz, indem er sich Marina näherte, sich im Namen seines todkranken Sohnes ihrer Tochter be¬ mächtigte. Marina fiel auf die Knie neben dem Bett ihres Gemahls — sie wußte nicht bestimmt, weshalb sie das tat, aber es war ihr. als sei dies das einzige, was sie in diesem Augenblick tun könne. Frasquito saß da, einen ganzen Berg großer, garnierter Kissen hinter sich aufgestapelt. Gegen all dieses Weiß sah sein Kopf noch schmaler, dunkler und bleicher aus als sonst. Fühlst du dich schlechter? fragte sie leise. Denn sonst war er am Tage immer auf. Unser lieber Marquis konnte die Gemütsbewegung nicht gut vertragen, flüsterte Viera. Er stand am Fußende des Bettes und sah liebevoll und mitleidig auf den jungen Mann hinab. Er war in Santa Cruzens Haus gewesen, seit Francisco ein kleines Kind war, und er hatte ihn die Buchstaben gelehrt. Laß dich einmal ordentlich ansehen, meine Tochter — Santa Cruz nahm Maricas beide Hände und hielt sie von sich ab. Er wandte sich appellierend an die Herzogin von Jnfantado. Die soll nicht erwachsen sein! sagte er. Dona Maria Anna kniff nur die Lippen zusammen und antwortete nicht. Santa Cruz hatte schon — und zwar mit großer Bestimmtheit — Gelegenheit gefunden, auszusprechen, daß er, wenn er nun den Sohn, dessen leidenschaftlichem Wunsche gemäß, nach Spanien zurückführte, auch seine Schwiegertochter dorthin mitnehmen wolle. Die Mutter hatte ihm mit dem tiefsten Unwillen und geheimer Angst zugehört, sie hatte gar nicht daran gedacht, daß jemand dies wollen könne! — und sie hatte sich fest vorgenommen, ihre Tochter niemals auszuliefern ohne ausdrücklichen Befehl von deren Vater, der sich zur Zeit in Madrid aufhielt. Wohl hatte sie Frasquito sehr lieb — wenigstens bildete sie sich das ein —, aber was war er im Vergleich zu Marina! Ihre Tochter, ihre frische, strahlende, kaum erwachsene Tochter zu der verzweifelten Umarmung dieses schwermütigen, kranken Menschen zu verdammen! Sie für immer auf Gnade oder Ungnade Fremden zu übergeben — Männern; denn Santa Cruz war Witwer, und Don Pedro de silva, sein Bruder, war unvermählt. Nein — nie im Leben wollte sie das tun. So etwas konnten andre Mütter tun, weltliche Mütter. Aber sie, die nur gelebt hatte, um ihrem Gott zu dienen, ihre Kinder zu lieben und ihrem Gatten zu gehorchen — sie tat das nicht! Frasquito sah seinen Vater an, sah Dona Maria Anna an, und er begriff. Halb bitter, halb gleichgiltig sagte er mit seiner klanglosen Stimme und mit der Offenheit, die ihm angeboren war, und die seine Krankheit, wegen deren man ihm alles verzieh, noch mehr ausgebildet hatte: Marina soll nicht mit uns nach Spanien gehn. Er fügte langsam, halb befehlend und mit einem Ausdruck völliger Offen¬ herzigkeit hinzu: Ich sehe am liebsten, daß sie hier bleibt. Obwohl sich die Herzogin von Jnfantado erleichtert und befriedigt fühlte, als sie Frasquito so unvermutet auf ihrer Seite sah, war sie doch in der Seele ihrer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/237>, abgerufen am 28.06.2024.