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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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westfälische Geschichten

Bauerngut gekauft im bergischen Laud und hauste da mit seiner jungen Frau.
Allen ging es gut. Wenn sie sich alle einmal wieder zusammenfanden ans dem
Piepershof, das war ein Freudentag für die Mutter. Es war aber selten der
Fall. Der Missionar fehlte ja immer, und die andern fanden öfters einen Grund,
solchen Familientagen fern zu bleiben. Nur der Präsident war der treue Besucher
des Piepershofes. Die Mutter wirtschaftete ja immer noch dort neben dem An¬
erben, der den Dreh zum Heiraten nicht kriegen konnte, wie die Meersch sagte:
Hals zu hoch im Kopf, der Jörgen. Eine Prinzessin wäre ihm nicht gut genug.

Der Jörgen war ganz nach dem Vater geschlagen, wie im Äußern, so
auch im Wesen. Wie sie miteinander hausten, die Mutter und der ihr so un¬
ähnliche Sohn! Sie klagte nicht. Wenn aber der Präsident zu Besuch auf dem
Hof war, dann sah er es nur zu gut: die alte Frau war dem Bruder im Wege.
Er war ein Knauser in allem, nur nicht für sich; er wurde wütend um nichts,
Wie es sein Vater geworden war, und er schlug auf den Tisch wie der: Ich bin
der Herr im Haus, und sonst hat niemand hier zu befehlen!

Zieht zu mir in die Stadt, bat der Präsident seine Mutter, so oft er zu
Besuch kam.

Weil der Jörgen oft rauh ist und wild werden kann? fragte sie. Nu", wir
auf dem Land sind nicht so sipplich (empfindlich). Ich weiß ja, er meines nicht
schlimm. Wenn erst eine junge Frau auf den Hof kommt, und ich in der Leib¬
zucht bin, hernach hab ichs gut.

Und sie kam, die junge Frau. Aber der Präsident konnte nicht auf der
Hochzeit sein, weil er damals einen langen Urlaub genommen und eine Reise in
den Orient angetreten hatte. Als er heimkam, fand er seine Mutter in der Leib¬
zucht, und auf dem Hofe saß die junge Frau. Die Ursel wars, eines Arbeiters
Kind, die seine Mutter, als die Eltern früh gestorben waren, zu sich auf den Hof
genommen hatte.

Die Kinder auf dem Piepershof hatten es nicht besser gehabt als die Waise,
für die die Bäuerin wie eine Mutter sorgte. Daß das Bettlerkind einst ihre
Schwiegertochter werden könnte, daran hatte sie freilich nicht gedacht, vollends
bei dem hochfahrenden Sinn ihres Ältesten, dem keine reich genug, keine gut
genug war. Als aber der Jörgen ihr sagte: Die Ursel wird meine Frau,
oder ich bleibe ledig, da war sie es zufrieden gewesen, obgleich die Geschwister die
Nase rümpften.

Mir bist du recht, hatte sie gesagt. Aufs Geld kommts nicht an. Wenn du
den Jörgen lieb hast und deine Sach in Ordnung hältst, nachher ist alles einerlei.
Und wenn du dir keinen Rat weißt, weil du noch jung bist, brauchst du mir in
die Leibzucht zu kommen, da kannst du mich finden!

Aber die Ursel fand nicht hin in die Leibzucht; die alte Frau saß da, als
hätte sie immer dort gesessen und nie etwas gegolten auf dem Piepershof. Auf
dem aber ging es bald drunter und drüber.

Feine Kleider wurden angeschafft, ein neuer Kutschwagen kam auf den Hof,
auf die Nachbardörfer gings zu den Kirmessen und Schützenfesten, in die Stadt
ins Theater, und wo nur irgend etwas los war. Ursel dachte an nichts als an ihr
Wohlleben. Was alles das kostete, danach fragte sie nicht. Du hasts ja dazu,
sagte sie, wenn der Jörgen aufmucken wollte. Schlug er dann einmal auf den
Tisch, dann schlug sie zweimal darauf. Erhob er die Hand, als wollte er sie
schlagen in der Wut, dann stellte sie sich vor ihn hin und sah ihm fest in die
Augen. Ihre graugrünen Augen blitzten: Nun, was schlägst mich nicht?

Wie schön sie dann war, wie ihre Wangen glühten, ihre Augen funkelten, wie
die starken weißen Zähne zwischen den vollen roten Lippen hervorblitzten -- er war
nicht imstande, ihr zu widerstehn, ließ die Hand sinken und ließ sie gewähren.

Die alte Frau in der Leibzucht sah mit blutendem Herzen, wie die Wirtschaft
zu verkommen drohte, die unter ihren Händen so viele Jahre eine Musterwirtschaft


westfälische Geschichten

Bauerngut gekauft im bergischen Laud und hauste da mit seiner jungen Frau.
Allen ging es gut. Wenn sie sich alle einmal wieder zusammenfanden ans dem
Piepershof, das war ein Freudentag für die Mutter. Es war aber selten der
Fall. Der Missionar fehlte ja immer, und die andern fanden öfters einen Grund,
solchen Familientagen fern zu bleiben. Nur der Präsident war der treue Besucher
des Piepershofes. Die Mutter wirtschaftete ja immer noch dort neben dem An¬
erben, der den Dreh zum Heiraten nicht kriegen konnte, wie die Meersch sagte:
Hals zu hoch im Kopf, der Jörgen. Eine Prinzessin wäre ihm nicht gut genug.

Der Jörgen war ganz nach dem Vater geschlagen, wie im Äußern, so
auch im Wesen. Wie sie miteinander hausten, die Mutter und der ihr so un¬
ähnliche Sohn! Sie klagte nicht. Wenn aber der Präsident zu Besuch auf dem
Hof war, dann sah er es nur zu gut: die alte Frau war dem Bruder im Wege.
Er war ein Knauser in allem, nur nicht für sich; er wurde wütend um nichts,
Wie es sein Vater geworden war, und er schlug auf den Tisch wie der: Ich bin
der Herr im Haus, und sonst hat niemand hier zu befehlen!

Zieht zu mir in die Stadt, bat der Präsident seine Mutter, so oft er zu
Besuch kam.

Weil der Jörgen oft rauh ist und wild werden kann? fragte sie. Nu«, wir
auf dem Land sind nicht so sipplich (empfindlich). Ich weiß ja, er meines nicht
schlimm. Wenn erst eine junge Frau auf den Hof kommt, und ich in der Leib¬
zucht bin, hernach hab ichs gut.

Und sie kam, die junge Frau. Aber der Präsident konnte nicht auf der
Hochzeit sein, weil er damals einen langen Urlaub genommen und eine Reise in
den Orient angetreten hatte. Als er heimkam, fand er seine Mutter in der Leib¬
zucht, und auf dem Hofe saß die junge Frau. Die Ursel wars, eines Arbeiters
Kind, die seine Mutter, als die Eltern früh gestorben waren, zu sich auf den Hof
genommen hatte.

Die Kinder auf dem Piepershof hatten es nicht besser gehabt als die Waise,
für die die Bäuerin wie eine Mutter sorgte. Daß das Bettlerkind einst ihre
Schwiegertochter werden könnte, daran hatte sie freilich nicht gedacht, vollends
bei dem hochfahrenden Sinn ihres Ältesten, dem keine reich genug, keine gut
genug war. Als aber der Jörgen ihr sagte: Die Ursel wird meine Frau,
oder ich bleibe ledig, da war sie es zufrieden gewesen, obgleich die Geschwister die
Nase rümpften.

Mir bist du recht, hatte sie gesagt. Aufs Geld kommts nicht an. Wenn du
den Jörgen lieb hast und deine Sach in Ordnung hältst, nachher ist alles einerlei.
Und wenn du dir keinen Rat weißt, weil du noch jung bist, brauchst du mir in
die Leibzucht zu kommen, da kannst du mich finden!

Aber die Ursel fand nicht hin in die Leibzucht; die alte Frau saß da, als
hätte sie immer dort gesessen und nie etwas gegolten auf dem Piepershof. Auf
dem aber ging es bald drunter und drüber.

Feine Kleider wurden angeschafft, ein neuer Kutschwagen kam auf den Hof,
auf die Nachbardörfer gings zu den Kirmessen und Schützenfesten, in die Stadt
ins Theater, und wo nur irgend etwas los war. Ursel dachte an nichts als an ihr
Wohlleben. Was alles das kostete, danach fragte sie nicht. Du hasts ja dazu,
sagte sie, wenn der Jörgen aufmucken wollte. Schlug er dann einmal auf den
Tisch, dann schlug sie zweimal darauf. Erhob er die Hand, als wollte er sie
schlagen in der Wut, dann stellte sie sich vor ihn hin und sah ihm fest in die
Augen. Ihre graugrünen Augen blitzten: Nun, was schlägst mich nicht?

Wie schön sie dann war, wie ihre Wangen glühten, ihre Augen funkelten, wie
die starken weißen Zähne zwischen den vollen roten Lippen hervorblitzten — er war
nicht imstande, ihr zu widerstehn, ließ die Hand sinken und ließ sie gewähren.

Die alte Frau in der Leibzucht sah mit blutendem Herzen, wie die Wirtschaft
zu verkommen drohte, die unter ihren Händen so viele Jahre eine Musterwirtschaft


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[0785] westfälische Geschichten Bauerngut gekauft im bergischen Laud und hauste da mit seiner jungen Frau. Allen ging es gut. Wenn sie sich alle einmal wieder zusammenfanden ans dem Piepershof, das war ein Freudentag für die Mutter. Es war aber selten der Fall. Der Missionar fehlte ja immer, und die andern fanden öfters einen Grund, solchen Familientagen fern zu bleiben. Nur der Präsident war der treue Besucher des Piepershofes. Die Mutter wirtschaftete ja immer noch dort neben dem An¬ erben, der den Dreh zum Heiraten nicht kriegen konnte, wie die Meersch sagte: Hals zu hoch im Kopf, der Jörgen. Eine Prinzessin wäre ihm nicht gut genug. Der Jörgen war ganz nach dem Vater geschlagen, wie im Äußern, so auch im Wesen. Wie sie miteinander hausten, die Mutter und der ihr so un¬ ähnliche Sohn! Sie klagte nicht. Wenn aber der Präsident zu Besuch auf dem Hof war, dann sah er es nur zu gut: die alte Frau war dem Bruder im Wege. Er war ein Knauser in allem, nur nicht für sich; er wurde wütend um nichts, Wie es sein Vater geworden war, und er schlug auf den Tisch wie der: Ich bin der Herr im Haus, und sonst hat niemand hier zu befehlen! Zieht zu mir in die Stadt, bat der Präsident seine Mutter, so oft er zu Besuch kam. Weil der Jörgen oft rauh ist und wild werden kann? fragte sie. Nu«, wir auf dem Land sind nicht so sipplich (empfindlich). Ich weiß ja, er meines nicht schlimm. Wenn erst eine junge Frau auf den Hof kommt, und ich in der Leib¬ zucht bin, hernach hab ichs gut. Und sie kam, die junge Frau. Aber der Präsident konnte nicht auf der Hochzeit sein, weil er damals einen langen Urlaub genommen und eine Reise in den Orient angetreten hatte. Als er heimkam, fand er seine Mutter in der Leib¬ zucht, und auf dem Hofe saß die junge Frau. Die Ursel wars, eines Arbeiters Kind, die seine Mutter, als die Eltern früh gestorben waren, zu sich auf den Hof genommen hatte. Die Kinder auf dem Piepershof hatten es nicht besser gehabt als die Waise, für die die Bäuerin wie eine Mutter sorgte. Daß das Bettlerkind einst ihre Schwiegertochter werden könnte, daran hatte sie freilich nicht gedacht, vollends bei dem hochfahrenden Sinn ihres Ältesten, dem keine reich genug, keine gut genug war. Als aber der Jörgen ihr sagte: Die Ursel wird meine Frau, oder ich bleibe ledig, da war sie es zufrieden gewesen, obgleich die Geschwister die Nase rümpften. Mir bist du recht, hatte sie gesagt. Aufs Geld kommts nicht an. Wenn du den Jörgen lieb hast und deine Sach in Ordnung hältst, nachher ist alles einerlei. Und wenn du dir keinen Rat weißt, weil du noch jung bist, brauchst du mir in die Leibzucht zu kommen, da kannst du mich finden! Aber die Ursel fand nicht hin in die Leibzucht; die alte Frau saß da, als hätte sie immer dort gesessen und nie etwas gegolten auf dem Piepershof. Auf dem aber ging es bald drunter und drüber. Feine Kleider wurden angeschafft, ein neuer Kutschwagen kam auf den Hof, auf die Nachbardörfer gings zu den Kirmessen und Schützenfesten, in die Stadt ins Theater, und wo nur irgend etwas los war. Ursel dachte an nichts als an ihr Wohlleben. Was alles das kostete, danach fragte sie nicht. Du hasts ja dazu, sagte sie, wenn der Jörgen aufmucken wollte. Schlug er dann einmal auf den Tisch, dann schlug sie zweimal darauf. Erhob er die Hand, als wollte er sie schlagen in der Wut, dann stellte sie sich vor ihn hin und sah ihm fest in die Augen. Ihre graugrünen Augen blitzten: Nun, was schlägst mich nicht? Wie schön sie dann war, wie ihre Wangen glühten, ihre Augen funkelten, wie die starken weißen Zähne zwischen den vollen roten Lippen hervorblitzten — er war nicht imstande, ihr zu widerstehn, ließ die Hand sinken und ließ sie gewähren. Die alte Frau in der Leibzucht sah mit blutendem Herzen, wie die Wirtschaft zu verkommen drohte, die unter ihren Händen so viele Jahre eine Musterwirtschaft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/785>, abgerufen am 25.07.2024.