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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

Aber es bedrückt mich, in meinem Hnuptamte so gar nichts zu tun zu haben.
Ich habe in den letzten vier Wochen, glaube ich, kaum sechs oder acht Nummern
zu erledigen gehabt, und diese alle mit nichtssagenden kleinen Verfügungen, ohne
eigentliche Arbeit. Das ist doch ein ganz anomaler Zustand für einen Beamten,
der Gehalt bekommt, und der arbeiten kann und möchte. Ein wahres Glück, daß
mich das an sich wenig bedeutende Nebenamt in der Klinik täglich recht sehr in
Anspruch nimmt. Für die 1200 Mark, die ich dort bekomme, arbeite ich zehnfach
so viel, wie für die 9900 Mark, die ich im Staatsministerium bekomme. Inzwischen
habe ich im Staatsministerium täglich um einer von mir angefangnen Kommentar¬
ansgabe des Disziplinnrgesetzes gearbeitet; es geht aber langsam und ist auch un¬
dankbare Arbeit, nicht recht auf der Höhe. Aber nützlich, wenn sie fertig würde,
und das genügt ja.

In diese drückende Stimmung über die Geringfügigkeit meiner amtlichen
Tätigkeit im Staatsministerium fiel die Nachricht, daß der alte Oberbürgermeister
Hasselbach in Magdeburg seine Dienstentlassung nachgesucht hat, Ich müszte dabei
daran denken, daß mein Vater in seiner letzten Krankheit, in der er alle Dinge im
rosigen Lichte sah und mir eine große Zukunft prophezeite, wiederholt gesagt hatte,
ich könne noch einmal Hasselbachs Nachfolger in Magdeburg werden. Die Ober¬
bürgermeisterstelle in der Prvvinzinlhauptstadt Magdeburg war ja in deu Augen
eines Quedlinburger Bürgers ungefähr die höchste Ehrenstelle, die er erträumen
konnte. Und in Wirklichkeit ist sie auch eine Ehrenstelle mit sehr großen Aufgaben,
die wohl wert sind, die volle Lebensarbeit dafür einzusetzen. Ich habe den Kom-
munnldienst immer respektiert und gern gehabt. Freilich werde ich mit meinen
grundsätzlich konservativen Anschauungen auf staatlichem und kirchlichem Gebiete bei
den liberalen Stadtverordneten Magdeburgs wenig Aussicht haben, und wenn ich
wirklich gewählt werden sollte, würde es ein saures Amt voll Mühe und Kampf
sein. Immerhin habe ich ganz unter der Hand bei meinen guten Bekannten in
Magdeburg einmal sondiert.

18. April. Wir haben schöne, reiche, gesegnete Ostertage gefeiert. Bei
Boettichers war ich zu einem großen Festessen mit den zum Abschluß des Handels¬
vertrags hier anwesenden österreichischen Bevollmächtigten. Ich saß neben dem
Baron Salmen aus Ofen, einem Sachsen aus Siebenbürgen, und habe mich mit
ihm aufs beste unterhalten. Nach Tisch hatten wir ein interessantes Gespräch über
Dienstboten, Theater und die Einwirkung der heutigen Theologie auf unser Volks¬
leben. Boctticher taxierte diese Einwirkung als eine verschwindend geringe. Es
war doch einmal ein ernstes und fruchtbares Gespräch, kein Geschwätz.

21. April. Heute ließ Boetticher mich rufen und teilte mir vertraulich mit,
er habe mich dem Fürsten Bismarck zum Direktor im Reichsamt des Innern vor¬
geschlagen. Bismarck habe erwidert, er habe nichts dagegen. Die Sache sei aber
noch nicht sicher. Bismarck sei in solchen Sachen unberechenbar. Auch sei es noch
unsicher, ob nicht der Geheime Obcrregierungsrnt v. Möller aus dem Handels¬
ministerium Direktor im Ncichsamt des Innern und ich dann Direktor im Handels¬
ministerium würde.

Merkwürdig! Ich habe gegen Boetticher niemals einen Wunsch dieser Art
auch nur angedeutet. Es ist auch uicht mein eigentliches Feld. Von Handels¬
sachen und Handelspolitik verstehe ich blutwenig. Aber bei treuer Arbeit läßt sich
doch auch da noch lernen, und reichliche Arbeit wäre mir eben recht. Freilich gibt
es für diese Arbeit tüchtigere Männer, als ich bin. Aber ich habe mich zu nichts
gedrängt, und für die äiiigenti-i. in e>i!>ouato bin ich nicht verantwortlich. Wirt¬
schaftlich wäre es für mich eine fast wunderbare Hilfe zu rechter Zeit, da unsre
Söhne jetzt zur Universität reif werden. Also in Gottes Namen, wenn es sein
soll. Nur frisch hinein, es wird so tief nicht sein.

23. April. Heute hatte sich die Kaiserin Augusta in der Klinik ansagen lassen.
Ministerialdirektor Greiff, Geheimrat v. Langenbeck, der dienstluende Kaiumerherr


Grenzboten II 1904 lyl
Erinnerungen

Aber es bedrückt mich, in meinem Hnuptamte so gar nichts zu tun zu haben.
Ich habe in den letzten vier Wochen, glaube ich, kaum sechs oder acht Nummern
zu erledigen gehabt, und diese alle mit nichtssagenden kleinen Verfügungen, ohne
eigentliche Arbeit. Das ist doch ein ganz anomaler Zustand für einen Beamten,
der Gehalt bekommt, und der arbeiten kann und möchte. Ein wahres Glück, daß
mich das an sich wenig bedeutende Nebenamt in der Klinik täglich recht sehr in
Anspruch nimmt. Für die 1200 Mark, die ich dort bekomme, arbeite ich zehnfach
so viel, wie für die 9900 Mark, die ich im Staatsministerium bekomme. Inzwischen
habe ich im Staatsministerium täglich um einer von mir angefangnen Kommentar¬
ansgabe des Disziplinnrgesetzes gearbeitet; es geht aber langsam und ist auch un¬
dankbare Arbeit, nicht recht auf der Höhe. Aber nützlich, wenn sie fertig würde,
und das genügt ja.

In diese drückende Stimmung über die Geringfügigkeit meiner amtlichen
Tätigkeit im Staatsministerium fiel die Nachricht, daß der alte Oberbürgermeister
Hasselbach in Magdeburg seine Dienstentlassung nachgesucht hat, Ich müszte dabei
daran denken, daß mein Vater in seiner letzten Krankheit, in der er alle Dinge im
rosigen Lichte sah und mir eine große Zukunft prophezeite, wiederholt gesagt hatte,
ich könne noch einmal Hasselbachs Nachfolger in Magdeburg werden. Die Ober¬
bürgermeisterstelle in der Prvvinzinlhauptstadt Magdeburg war ja in deu Augen
eines Quedlinburger Bürgers ungefähr die höchste Ehrenstelle, die er erträumen
konnte. Und in Wirklichkeit ist sie auch eine Ehrenstelle mit sehr großen Aufgaben,
die wohl wert sind, die volle Lebensarbeit dafür einzusetzen. Ich habe den Kom-
munnldienst immer respektiert und gern gehabt. Freilich werde ich mit meinen
grundsätzlich konservativen Anschauungen auf staatlichem und kirchlichem Gebiete bei
den liberalen Stadtverordneten Magdeburgs wenig Aussicht haben, und wenn ich
wirklich gewählt werden sollte, würde es ein saures Amt voll Mühe und Kampf
sein. Immerhin habe ich ganz unter der Hand bei meinen guten Bekannten in
Magdeburg einmal sondiert.

18. April. Wir haben schöne, reiche, gesegnete Ostertage gefeiert. Bei
Boettichers war ich zu einem großen Festessen mit den zum Abschluß des Handels¬
vertrags hier anwesenden österreichischen Bevollmächtigten. Ich saß neben dem
Baron Salmen aus Ofen, einem Sachsen aus Siebenbürgen, und habe mich mit
ihm aufs beste unterhalten. Nach Tisch hatten wir ein interessantes Gespräch über
Dienstboten, Theater und die Einwirkung der heutigen Theologie auf unser Volks¬
leben. Boctticher taxierte diese Einwirkung als eine verschwindend geringe. Es
war doch einmal ein ernstes und fruchtbares Gespräch, kein Geschwätz.

21. April. Heute ließ Boetticher mich rufen und teilte mir vertraulich mit,
er habe mich dem Fürsten Bismarck zum Direktor im Reichsamt des Innern vor¬
geschlagen. Bismarck habe erwidert, er habe nichts dagegen. Die Sache sei aber
noch nicht sicher. Bismarck sei in solchen Sachen unberechenbar. Auch sei es noch
unsicher, ob nicht der Geheime Obcrregierungsrnt v. Möller aus dem Handels¬
ministerium Direktor im Ncichsamt des Innern und ich dann Direktor im Handels¬
ministerium würde.

Merkwürdig! Ich habe gegen Boetticher niemals einen Wunsch dieser Art
auch nur angedeutet. Es ist auch uicht mein eigentliches Feld. Von Handels¬
sachen und Handelspolitik verstehe ich blutwenig. Aber bei treuer Arbeit läßt sich
doch auch da noch lernen, und reichliche Arbeit wäre mir eben recht. Freilich gibt
es für diese Arbeit tüchtigere Männer, als ich bin. Aber ich habe mich zu nichts
gedrängt, und für die äiiigenti-i. in e>i!>ouato bin ich nicht verantwortlich. Wirt¬
schaftlich wäre es für mich eine fast wunderbare Hilfe zu rechter Zeit, da unsre
Söhne jetzt zur Universität reif werden. Also in Gottes Namen, wenn es sein
soll. Nur frisch hinein, es wird so tief nicht sein.

23. April. Heute hatte sich die Kaiserin Augusta in der Klinik ansagen lassen.
Ministerialdirektor Greiff, Geheimrat v. Langenbeck, der dienstluende Kaiumerherr


Grenzboten II 1904 lyl
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[0765] Erinnerungen Aber es bedrückt mich, in meinem Hnuptamte so gar nichts zu tun zu haben. Ich habe in den letzten vier Wochen, glaube ich, kaum sechs oder acht Nummern zu erledigen gehabt, und diese alle mit nichtssagenden kleinen Verfügungen, ohne eigentliche Arbeit. Das ist doch ein ganz anomaler Zustand für einen Beamten, der Gehalt bekommt, und der arbeiten kann und möchte. Ein wahres Glück, daß mich das an sich wenig bedeutende Nebenamt in der Klinik täglich recht sehr in Anspruch nimmt. Für die 1200 Mark, die ich dort bekomme, arbeite ich zehnfach so viel, wie für die 9900 Mark, die ich im Staatsministerium bekomme. Inzwischen habe ich im Staatsministerium täglich um einer von mir angefangnen Kommentar¬ ansgabe des Disziplinnrgesetzes gearbeitet; es geht aber langsam und ist auch un¬ dankbare Arbeit, nicht recht auf der Höhe. Aber nützlich, wenn sie fertig würde, und das genügt ja. In diese drückende Stimmung über die Geringfügigkeit meiner amtlichen Tätigkeit im Staatsministerium fiel die Nachricht, daß der alte Oberbürgermeister Hasselbach in Magdeburg seine Dienstentlassung nachgesucht hat, Ich müszte dabei daran denken, daß mein Vater in seiner letzten Krankheit, in der er alle Dinge im rosigen Lichte sah und mir eine große Zukunft prophezeite, wiederholt gesagt hatte, ich könne noch einmal Hasselbachs Nachfolger in Magdeburg werden. Die Ober¬ bürgermeisterstelle in der Prvvinzinlhauptstadt Magdeburg war ja in deu Augen eines Quedlinburger Bürgers ungefähr die höchste Ehrenstelle, die er erträumen konnte. Und in Wirklichkeit ist sie auch eine Ehrenstelle mit sehr großen Aufgaben, die wohl wert sind, die volle Lebensarbeit dafür einzusetzen. Ich habe den Kom- munnldienst immer respektiert und gern gehabt. Freilich werde ich mit meinen grundsätzlich konservativen Anschauungen auf staatlichem und kirchlichem Gebiete bei den liberalen Stadtverordneten Magdeburgs wenig Aussicht haben, und wenn ich wirklich gewählt werden sollte, würde es ein saures Amt voll Mühe und Kampf sein. Immerhin habe ich ganz unter der Hand bei meinen guten Bekannten in Magdeburg einmal sondiert. 18. April. Wir haben schöne, reiche, gesegnete Ostertage gefeiert. Bei Boettichers war ich zu einem großen Festessen mit den zum Abschluß des Handels¬ vertrags hier anwesenden österreichischen Bevollmächtigten. Ich saß neben dem Baron Salmen aus Ofen, einem Sachsen aus Siebenbürgen, und habe mich mit ihm aufs beste unterhalten. Nach Tisch hatten wir ein interessantes Gespräch über Dienstboten, Theater und die Einwirkung der heutigen Theologie auf unser Volks¬ leben. Boctticher taxierte diese Einwirkung als eine verschwindend geringe. Es war doch einmal ein ernstes und fruchtbares Gespräch, kein Geschwätz. 21. April. Heute ließ Boetticher mich rufen und teilte mir vertraulich mit, er habe mich dem Fürsten Bismarck zum Direktor im Reichsamt des Innern vor¬ geschlagen. Bismarck habe erwidert, er habe nichts dagegen. Die Sache sei aber noch nicht sicher. Bismarck sei in solchen Sachen unberechenbar. Auch sei es noch unsicher, ob nicht der Geheime Obcrregierungsrnt v. Möller aus dem Handels¬ ministerium Direktor im Ncichsamt des Innern und ich dann Direktor im Handels¬ ministerium würde. Merkwürdig! Ich habe gegen Boetticher niemals einen Wunsch dieser Art auch nur angedeutet. Es ist auch uicht mein eigentliches Feld. Von Handels¬ sachen und Handelspolitik verstehe ich blutwenig. Aber bei treuer Arbeit läßt sich doch auch da noch lernen, und reichliche Arbeit wäre mir eben recht. Freilich gibt es für diese Arbeit tüchtigere Männer, als ich bin. Aber ich habe mich zu nichts gedrängt, und für die äiiigenti-i. in e>i!>ouato bin ich nicht verantwortlich. Wirt¬ schaftlich wäre es für mich eine fast wunderbare Hilfe zu rechter Zeit, da unsre Söhne jetzt zur Universität reif werden. Also in Gottes Namen, wenn es sein soll. Nur frisch hinein, es wird so tief nicht sein. 23. April. Heute hatte sich die Kaiserin Augusta in der Klinik ansagen lassen. Ministerialdirektor Greiff, Geheimrat v. Langenbeck, der dienstluende Kaiumerherr Grenzboten II 1904 lyl

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/765>, abgerufen am 25.07.2024.