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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

das Gesetz jetzt in der Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen werde.
Höchstens liege eine Differenz in den Motiven vor, aber deswegen brauche kein
Minister auszuscheiden. Kurz, nun war Rommel der eigentliche Prügelknabe und
das Ganze eine Komödie der Irrungen. Ich mußte dem Grafen Stolberg wieder
referieren.

Der König will offenbar den Grafen Eulenburg nicht gern verlieren. Die
Sympathien aller Parteien haben sich diesem zugewandt. Er gilt mit Recht nächst
Bismarck als die bedeutendste und neben dem Grafen Stolberg als die einzige
selbständige Kraft im Staatsministeriuni. Geht er jetzt ungeachtet Bismarcks heutiger
Erklärung, so geht er mit diesem Relief und ist der Mann des allgemeinen Ver¬
trauens. Bleibt er, so wird dieses Relief stark geschmälert, und wo liegt die
Gewähr dasür, daß er nicht bei nächster Gelegenheit in noch gröberer Weise aus¬
getreten werden wird? Alles ist gespannt darauf, was er tun wird. Graf Stolberg
steht in dieser Sache entschieden auf der Seite des Grafen Eulenburg. Am liebsten
ginge er, wie mir scheint, selbst mit. Aber danach ist für ihn diese Sache nicht
angetan.

Wie seltsam sind diese Dinge! Wenn Graf Eulenburg dem Fürsten wirklich
traute, so könnte und müßte er ja nun bleiben. Und umgekehrt: wozu diese ganze,
der Form nach doch unerhörte Affäre? Was hat der Fürst damit gewollt?
Rommel konnte nach der Form des Schriftstücks gar nicht anders als es vorlesen.
In den Augen des Parlaments und des Landes schadet dieser Vorfall dem Fürsten
Bismarck. Im Abgeordnetenhause hatte man gesagt: "Als Ueberhand seineu
Fußtritt erhielt, kam Bismarck noch selbst. Bei Eulenburg schickt er einen Vor¬
tragenden Rat. Wenn Bitter an die Reihe kommt, so wird er seinen Hausknecht
schicken." Das Publikum wird, auch wenn Eulenburg bleibt, immer annehmen, der
Fürst habe, weil er nicht habe durchdringen könne", nachträglich zurückgehakt. Das
heißt aber im Grunde: er habe der Wahrheit nicht die Ehre gegeben. Auch ich
muß sagen, daß der Schein gegen den Fürsten spricht. Aber gerade, wenn er
innerlich frei, groß und unbefangen ist, kann psychologisch seine heutige Angabe
sehr wohl richtig sein, wenigstens insoweit, daß er sich der Tragweite der
Sonnnbendserklärung in bezug auf Eulenburg nicht bewußt gewesen ist. Ich sehe
nicht klar in der Sache. Ich liebe den Grafen Eulenburg und halte ihn für
einen rechten Gentleman durch und durch. Aber ich kaun mich doch nicht ent¬
schließen, ohne genauere Kenntnis der Einzelheiten so ohne weiteres die sittliche
Persönlichkeit des Fürsten preiszugeben. Er mag ein gewaltsamer Mann sein, aber
er macht mir immer wieder den Eindruck subjektiver Wahrhaftigkeit und innerlicher
Freiheit und Größe. Ich habe ihn nicht zu richten.

17. März. Schrecklicher Eindruck des entsetzlichen Attentats auf den Kaiser
Alexander den Zweiten von Rußland. Diesesmal haben die Mordbuben vollen
Erfolg gehabt. Desto epidemischer wird der Vorgang wirken. Wie ich höre, ist
an Bismarck eine Depesche aus Petersburg gekommen, nach der sechs Menschen
nach Berlin unterwegs seien, um am 22. dieses Monats, dem Geburtstage unsers
Kaisers, hier ein Attentat ans diesen zu verüben. Gott schütze ihn!¬

Seit dem Ersten dieses Monats habe ich als Nebenamt die Verwaltungs
direktion der chirurgischen Klinik übernommen, da der Geheime Regierungsrat
Spinola, der sie nach dem Vorhaben des Ministers v. Puttkamer bis zum 1. Oktober
führen sollte, am Typhus erkrankt ist. Ich habe viel Arbeit davon, sie macht mir
aber Freude. Es ist doch einmal wieder richtige Verwaltungsarbeit, ein Stück
Einwirkung auf das praktische Leben und ein Dienst, der unmittelbar den Kranken
zugute kommt.

10. April. Graf Stolberg scheint seit dem Abgange des Grafen Eulenburg
kaum noch Interesse für die Geschäfte zu haben. Seit vier Wochen hat er "ur
nicht eine einzige Sache zum Vortrag zugeschrieben. Doch war ich dieser Tage bet
ihm zum Mittagessen geladen. Er war sehr freundlich zu mir und hat also per¬
sönlich sicherlich nichts'gegen mich.


Erinnerungen

das Gesetz jetzt in der Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen werde.
Höchstens liege eine Differenz in den Motiven vor, aber deswegen brauche kein
Minister auszuscheiden. Kurz, nun war Rommel der eigentliche Prügelknabe und
das Ganze eine Komödie der Irrungen. Ich mußte dem Grafen Stolberg wieder
referieren.

Der König will offenbar den Grafen Eulenburg nicht gern verlieren. Die
Sympathien aller Parteien haben sich diesem zugewandt. Er gilt mit Recht nächst
Bismarck als die bedeutendste und neben dem Grafen Stolberg als die einzige
selbständige Kraft im Staatsministeriuni. Geht er jetzt ungeachtet Bismarcks heutiger
Erklärung, so geht er mit diesem Relief und ist der Mann des allgemeinen Ver¬
trauens. Bleibt er, so wird dieses Relief stark geschmälert, und wo liegt die
Gewähr dasür, daß er nicht bei nächster Gelegenheit in noch gröberer Weise aus¬
getreten werden wird? Alles ist gespannt darauf, was er tun wird. Graf Stolberg
steht in dieser Sache entschieden auf der Seite des Grafen Eulenburg. Am liebsten
ginge er, wie mir scheint, selbst mit. Aber danach ist für ihn diese Sache nicht
angetan.

Wie seltsam sind diese Dinge! Wenn Graf Eulenburg dem Fürsten wirklich
traute, so könnte und müßte er ja nun bleiben. Und umgekehrt: wozu diese ganze,
der Form nach doch unerhörte Affäre? Was hat der Fürst damit gewollt?
Rommel konnte nach der Form des Schriftstücks gar nicht anders als es vorlesen.
In den Augen des Parlaments und des Landes schadet dieser Vorfall dem Fürsten
Bismarck. Im Abgeordnetenhause hatte man gesagt: „Als Ueberhand seineu
Fußtritt erhielt, kam Bismarck noch selbst. Bei Eulenburg schickt er einen Vor¬
tragenden Rat. Wenn Bitter an die Reihe kommt, so wird er seinen Hausknecht
schicken." Das Publikum wird, auch wenn Eulenburg bleibt, immer annehmen, der
Fürst habe, weil er nicht habe durchdringen könne», nachträglich zurückgehakt. Das
heißt aber im Grunde: er habe der Wahrheit nicht die Ehre gegeben. Auch ich
muß sagen, daß der Schein gegen den Fürsten spricht. Aber gerade, wenn er
innerlich frei, groß und unbefangen ist, kann psychologisch seine heutige Angabe
sehr wohl richtig sein, wenigstens insoweit, daß er sich der Tragweite der
Sonnnbendserklärung in bezug auf Eulenburg nicht bewußt gewesen ist. Ich sehe
nicht klar in der Sache. Ich liebe den Grafen Eulenburg und halte ihn für
einen rechten Gentleman durch und durch. Aber ich kaun mich doch nicht ent¬
schließen, ohne genauere Kenntnis der Einzelheiten so ohne weiteres die sittliche
Persönlichkeit des Fürsten preiszugeben. Er mag ein gewaltsamer Mann sein, aber
er macht mir immer wieder den Eindruck subjektiver Wahrhaftigkeit und innerlicher
Freiheit und Größe. Ich habe ihn nicht zu richten.

17. März. Schrecklicher Eindruck des entsetzlichen Attentats auf den Kaiser
Alexander den Zweiten von Rußland. Diesesmal haben die Mordbuben vollen
Erfolg gehabt. Desto epidemischer wird der Vorgang wirken. Wie ich höre, ist
an Bismarck eine Depesche aus Petersburg gekommen, nach der sechs Menschen
nach Berlin unterwegs seien, um am 22. dieses Monats, dem Geburtstage unsers
Kaisers, hier ein Attentat ans diesen zu verüben. Gott schütze ihn!¬

Seit dem Ersten dieses Monats habe ich als Nebenamt die Verwaltungs
direktion der chirurgischen Klinik übernommen, da der Geheime Regierungsrat
Spinola, der sie nach dem Vorhaben des Ministers v. Puttkamer bis zum 1. Oktober
führen sollte, am Typhus erkrankt ist. Ich habe viel Arbeit davon, sie macht mir
aber Freude. Es ist doch einmal wieder richtige Verwaltungsarbeit, ein Stück
Einwirkung auf das praktische Leben und ein Dienst, der unmittelbar den Kranken
zugute kommt.

10. April. Graf Stolberg scheint seit dem Abgange des Grafen Eulenburg
kaum noch Interesse für die Geschäfte zu haben. Seit vier Wochen hat er «ur
nicht eine einzige Sache zum Vortrag zugeschrieben. Doch war ich dieser Tage bet
ihm zum Mittagessen geladen. Er war sehr freundlich zu mir und hat also per¬
sönlich sicherlich nichts'gegen mich.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/764>, abgerufen am 25.07.2024.