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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

auch damals, die feindlichen Hauptstädte nicht Gegenstand der militärischen Ope¬
rationen sind noch sein können. Rußland wird auch im günstigsten Falle nicht
daran denken, den Krieg nach Tokio zu tragen, sondern sehr zufrieden sein, wenn
es ihm gelingen sollte, die Japaner zum Verlassen des Festlandes und zum Rück¬
zug auf ihre Inseln zu zwingen. Den Rücktransport zu decken würde dann für
die japanische Flotte eine weit schwierigere Aufgabe sein, als in diesen Monaten
die Deckung der Landungstransporte gewesen ist, vorausgesetzt, daß es Rußland
wirklich gelingt, mit einer kampfbereiten starken Ostseeflotte in Ostasien zu erscheinen.
Denn die den Russen immer von neuem, sogar unter Vorspann Deutschlands, zuge-
schriebne Absicht, die Durchfahrt durch die Dardanellen für ihre Schwarzemeerflotte
zu verlangen, kann nur solchen Politikern glaubhaft erscheinen, die das Interesse
Rußlands an den Dingen auf der Balkanhalbinsel stark unterschätzen oder es durch
die Entsendung jener Flotte nach Ostasien gelähmt zu sehen wünschen. Sogar
an manchen Stellen in Petersburg gilt die Entsendung der Ostseeflotte nur
für den Fall als zulässig, daß man einer zuverlässigen Neutralität Englands
dauernd sicher ist. Ihrerseits haben die Japaner, auch wenn es ihnen gelingen
sollte, über Chardin hinaus in das sibirische Gebiet vorzudringen, auch dort kein
politisch bedeutsames Objekt. Je weiter sie sich vom Meere entfernen, desto größer
werden für sie die Schwierigkeiten, zumal da sie mit frischen russischen Truppenmassen
rechnen müssen, die von Europa her dort eintreffen, und die zudem ein weit besseres
Soldatenmaterial enthalten als die sibirischen Regimenter. Japan kann also im
günstigsten Falle Rußland aus der Mandschurei werfen und Port Arthur erobern,
aber damit nur eine Situation erreichen, die Rußland als eine dauernde niemals
annehmen wird.

Bei Beginn des Krieges haben die Grenzboten vor dem Japanismus gewarnt
und darauf hingewiesen, daß unerwartete militärische Erfolge den ohnehin in Japan
zum Teil vorhandnen politischen Größenwahn in nicht unbedenklicher Weise steigern
könnten. Seitdem haben die Japaner durch die Umsicht ihrer Kriegführung und
durch den Heldenmut ihres Heeres alle Welt in Erstaunen gesetzt und sich eine
durchaus berechtigte Anerkennung erworben. Diese soll auch dadurch nicht beein¬
trächtigt werden, daß die halbamtliche japanische Presse neuerdings gegen Deutschland
einen Ton anschlägt, mit dem sie sich in der Adresse vergriffen hat. Die Kölnische
Zeitung und der neuste Ostasiatische Lloyd berichten gleichmäßig darüber. Japcmischer-
seits wird in sehr bestimmter Form "die Erwartung" ausgesprochen, Deutschland
werde in Zukunft nichts unternehmen, was gegen Japan gerichtet wäre, denn
"Deutschland sei Japan in mancherlei Beziehung zu Dank verpflichtet (!); soweit
deutsche Unternehmungen in Ostasien in Betracht kommen, sei Deutschland auf Japan
angewiesen." Man sieht, wie schnell Japan nach der Rolle des arbitsr im Stillen
Ozean greift. Der Ostasiatische Lloyd hat diese journalistische Überhebung -- für
eine diplomatische kann man sie nicht ansehen -- kurz, aber gebührend zurückge¬
wiesen. Eine so "drohende Gestaltung der japanischen Druckerschwärze" ist nicht
recht verständlich. Ist man in Tokio darüber verstimmt, daß die deutsche Politik
darauf verzichtet, die Schwierigkeiten Rußlands für sich auszunutzen und durch ein
loyales freundnachbarliches Verhalten Rußland die freie Verfügung über seine euro¬
päischen Armeekorps ermöglicht?

Die japanische Politik hat sich bisher als so klug und umsichtig erwiesen, daß
wir die Annahme, sie könnte in solcher Weise die Rechnung ohne den Wirt ge¬
macht haben, ablehnen. In welchen ostasiatischen Unternehmungen sollen wir von
Japan abhängig sein? In Kiautschou oder mit den deutschen industriellen Unter¬
nehmungen in Schankung? Daß deutscherseits an Rußland Schiffe verkauft worden
find, bewegt sich ganz ebenso innerhalb der völkerrechtlichen Normen wie die großen
Lieferungen der deutschen chemischen Industrie nach Japan, mögen diese immerhin
den Weg über England nehmen. Auch IM Japan, so viel uns bekannt ist, bei
dem Ausbruche des Kriegs ebenfalls deutsche Schiffe gekauft oder gemietet, wenn


Maßgebliches und Unmaßgebliches

auch damals, die feindlichen Hauptstädte nicht Gegenstand der militärischen Ope¬
rationen sind noch sein können. Rußland wird auch im günstigsten Falle nicht
daran denken, den Krieg nach Tokio zu tragen, sondern sehr zufrieden sein, wenn
es ihm gelingen sollte, die Japaner zum Verlassen des Festlandes und zum Rück¬
zug auf ihre Inseln zu zwingen. Den Rücktransport zu decken würde dann für
die japanische Flotte eine weit schwierigere Aufgabe sein, als in diesen Monaten
die Deckung der Landungstransporte gewesen ist, vorausgesetzt, daß es Rußland
wirklich gelingt, mit einer kampfbereiten starken Ostseeflotte in Ostasien zu erscheinen.
Denn die den Russen immer von neuem, sogar unter Vorspann Deutschlands, zuge-
schriebne Absicht, die Durchfahrt durch die Dardanellen für ihre Schwarzemeerflotte
zu verlangen, kann nur solchen Politikern glaubhaft erscheinen, die das Interesse
Rußlands an den Dingen auf der Balkanhalbinsel stark unterschätzen oder es durch
die Entsendung jener Flotte nach Ostasien gelähmt zu sehen wünschen. Sogar
an manchen Stellen in Petersburg gilt die Entsendung der Ostseeflotte nur
für den Fall als zulässig, daß man einer zuverlässigen Neutralität Englands
dauernd sicher ist. Ihrerseits haben die Japaner, auch wenn es ihnen gelingen
sollte, über Chardin hinaus in das sibirische Gebiet vorzudringen, auch dort kein
politisch bedeutsames Objekt. Je weiter sie sich vom Meere entfernen, desto größer
werden für sie die Schwierigkeiten, zumal da sie mit frischen russischen Truppenmassen
rechnen müssen, die von Europa her dort eintreffen, und die zudem ein weit besseres
Soldatenmaterial enthalten als die sibirischen Regimenter. Japan kann also im
günstigsten Falle Rußland aus der Mandschurei werfen und Port Arthur erobern,
aber damit nur eine Situation erreichen, die Rußland als eine dauernde niemals
annehmen wird.

Bei Beginn des Krieges haben die Grenzboten vor dem Japanismus gewarnt
und darauf hingewiesen, daß unerwartete militärische Erfolge den ohnehin in Japan
zum Teil vorhandnen politischen Größenwahn in nicht unbedenklicher Weise steigern
könnten. Seitdem haben die Japaner durch die Umsicht ihrer Kriegführung und
durch den Heldenmut ihres Heeres alle Welt in Erstaunen gesetzt und sich eine
durchaus berechtigte Anerkennung erworben. Diese soll auch dadurch nicht beein¬
trächtigt werden, daß die halbamtliche japanische Presse neuerdings gegen Deutschland
einen Ton anschlägt, mit dem sie sich in der Adresse vergriffen hat. Die Kölnische
Zeitung und der neuste Ostasiatische Lloyd berichten gleichmäßig darüber. Japcmischer-
seits wird in sehr bestimmter Form „die Erwartung" ausgesprochen, Deutschland
werde in Zukunft nichts unternehmen, was gegen Japan gerichtet wäre, denn
„Deutschland sei Japan in mancherlei Beziehung zu Dank verpflichtet (!); soweit
deutsche Unternehmungen in Ostasien in Betracht kommen, sei Deutschland auf Japan
angewiesen." Man sieht, wie schnell Japan nach der Rolle des arbitsr im Stillen
Ozean greift. Der Ostasiatische Lloyd hat diese journalistische Überhebung — für
eine diplomatische kann man sie nicht ansehen — kurz, aber gebührend zurückge¬
wiesen. Eine so „drohende Gestaltung der japanischen Druckerschwärze" ist nicht
recht verständlich. Ist man in Tokio darüber verstimmt, daß die deutsche Politik
darauf verzichtet, die Schwierigkeiten Rußlands für sich auszunutzen und durch ein
loyales freundnachbarliches Verhalten Rußland die freie Verfügung über seine euro¬
päischen Armeekorps ermöglicht?

Die japanische Politik hat sich bisher als so klug und umsichtig erwiesen, daß
wir die Annahme, sie könnte in solcher Weise die Rechnung ohne den Wirt ge¬
macht haben, ablehnen. In welchen ostasiatischen Unternehmungen sollen wir von
Japan abhängig sein? In Kiautschou oder mit den deutschen industriellen Unter¬
nehmungen in Schankung? Daß deutscherseits an Rußland Schiffe verkauft worden
find, bewegt sich ganz ebenso innerhalb der völkerrechtlichen Normen wie die großen
Lieferungen der deutschen chemischen Industrie nach Japan, mögen diese immerhin
den Weg über England nehmen. Auch IM Japan, so viel uns bekannt ist, bei
dem Ausbruche des Kriegs ebenfalls deutsche Schiffe gekauft oder gemietet, wenn


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[0727] Maßgebliches und Unmaßgebliches auch damals, die feindlichen Hauptstädte nicht Gegenstand der militärischen Ope¬ rationen sind noch sein können. Rußland wird auch im günstigsten Falle nicht daran denken, den Krieg nach Tokio zu tragen, sondern sehr zufrieden sein, wenn es ihm gelingen sollte, die Japaner zum Verlassen des Festlandes und zum Rück¬ zug auf ihre Inseln zu zwingen. Den Rücktransport zu decken würde dann für die japanische Flotte eine weit schwierigere Aufgabe sein, als in diesen Monaten die Deckung der Landungstransporte gewesen ist, vorausgesetzt, daß es Rußland wirklich gelingt, mit einer kampfbereiten starken Ostseeflotte in Ostasien zu erscheinen. Denn die den Russen immer von neuem, sogar unter Vorspann Deutschlands, zuge- schriebne Absicht, die Durchfahrt durch die Dardanellen für ihre Schwarzemeerflotte zu verlangen, kann nur solchen Politikern glaubhaft erscheinen, die das Interesse Rußlands an den Dingen auf der Balkanhalbinsel stark unterschätzen oder es durch die Entsendung jener Flotte nach Ostasien gelähmt zu sehen wünschen. Sogar an manchen Stellen in Petersburg gilt die Entsendung der Ostseeflotte nur für den Fall als zulässig, daß man einer zuverlässigen Neutralität Englands dauernd sicher ist. Ihrerseits haben die Japaner, auch wenn es ihnen gelingen sollte, über Chardin hinaus in das sibirische Gebiet vorzudringen, auch dort kein politisch bedeutsames Objekt. Je weiter sie sich vom Meere entfernen, desto größer werden für sie die Schwierigkeiten, zumal da sie mit frischen russischen Truppenmassen rechnen müssen, die von Europa her dort eintreffen, und die zudem ein weit besseres Soldatenmaterial enthalten als die sibirischen Regimenter. Japan kann also im günstigsten Falle Rußland aus der Mandschurei werfen und Port Arthur erobern, aber damit nur eine Situation erreichen, die Rußland als eine dauernde niemals annehmen wird. Bei Beginn des Krieges haben die Grenzboten vor dem Japanismus gewarnt und darauf hingewiesen, daß unerwartete militärische Erfolge den ohnehin in Japan zum Teil vorhandnen politischen Größenwahn in nicht unbedenklicher Weise steigern könnten. Seitdem haben die Japaner durch die Umsicht ihrer Kriegführung und durch den Heldenmut ihres Heeres alle Welt in Erstaunen gesetzt und sich eine durchaus berechtigte Anerkennung erworben. Diese soll auch dadurch nicht beein¬ trächtigt werden, daß die halbamtliche japanische Presse neuerdings gegen Deutschland einen Ton anschlägt, mit dem sie sich in der Adresse vergriffen hat. Die Kölnische Zeitung und der neuste Ostasiatische Lloyd berichten gleichmäßig darüber. Japcmischer- seits wird in sehr bestimmter Form „die Erwartung" ausgesprochen, Deutschland werde in Zukunft nichts unternehmen, was gegen Japan gerichtet wäre, denn „Deutschland sei Japan in mancherlei Beziehung zu Dank verpflichtet (!); soweit deutsche Unternehmungen in Ostasien in Betracht kommen, sei Deutschland auf Japan angewiesen." Man sieht, wie schnell Japan nach der Rolle des arbitsr im Stillen Ozean greift. Der Ostasiatische Lloyd hat diese journalistische Überhebung — für eine diplomatische kann man sie nicht ansehen — kurz, aber gebührend zurückge¬ wiesen. Eine so „drohende Gestaltung der japanischen Druckerschwärze" ist nicht recht verständlich. Ist man in Tokio darüber verstimmt, daß die deutsche Politik darauf verzichtet, die Schwierigkeiten Rußlands für sich auszunutzen und durch ein loyales freundnachbarliches Verhalten Rußland die freie Verfügung über seine euro¬ päischen Armeekorps ermöglicht? Die japanische Politik hat sich bisher als so klug und umsichtig erwiesen, daß wir die Annahme, sie könnte in solcher Weise die Rechnung ohne den Wirt ge¬ macht haben, ablehnen. In welchen ostasiatischen Unternehmungen sollen wir von Japan abhängig sein? In Kiautschou oder mit den deutschen industriellen Unter¬ nehmungen in Schankung? Daß deutscherseits an Rußland Schiffe verkauft worden find, bewegt sich ganz ebenso innerhalb der völkerrechtlichen Normen wie die großen Lieferungen der deutschen chemischen Industrie nach Japan, mögen diese immerhin den Weg über England nehmen. Auch IM Japan, so viel uns bekannt ist, bei dem Ausbruche des Kriegs ebenfalls deutsche Schiffe gekauft oder gemietet, wenn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/727>, abgerufen am 02.07.2024.