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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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westfälische Geschichten

Wirtsstube beim Clermontwirt leer blieb, die Ladenklingel still stand, die Brötchen
in der Backkammer alt wurden.

Schutt nichts, sagte die Dora. ich kenn das von Amerika her: wie die wirt¬
schaften, das kann sich nicht zusammenhalten. Er und sie -- schwatzen, spielen,
sich Putzen, gut essen und trinken. Die Dienstleut tun, was sie wollen. Wird
bald genug abgewirtschaftet sein. Die Leut werden uns schon wieder kommen.

Der Jochen war ganz zusammengefallen, seit der Hera in der Goldner Krone
hauste. Es bringt ihn unter die Erde, sagten die Leute. Der Clermontwirt hielts
nicht aus. Er lauerte seinem Bruder auf: Hera, auf ein Wort. So kanns
nicht weiter gehn zwischen uns. Der Vater müßte sich im Grab umdrehn, wenn
er wüßte, wies ausschaut hier. Zieh weg von hier, ich geb dir für dein Haus
das Doppelte von dem, was es dich gekostet hat. Dann kannst du machen, was
du willst, und die Schande vor den Leuten und das Elend mit mir hat ein Ende.

Der Hera schlug eine laute Lache auf: Jetzt, wo ich eben dabei bin, dir zu
zeigen, wer der Klügste ist von uns beiden? Das sollte dir wohl passen, daß du
die Krone dazu hättest. Kannst nie Geld genug kriegen, geizig wie du bist und
wie du zusammenscharrst. Und holst du mir das Vierfache, ich behalt mein Haus,
ich behalt meinen Haß. Scheinheiliger Schleicher, studieren mußtest du, geistlich
werden in der Jugend, damit ich drauf kommen sollte. Ohne dich hätt ich nie
dran gedacht. Dafür kanntest du mich, daß ichs dir zuvor tun mußte überall. Damit
ich studiere, aus dem Wege sei, und du allein die Goldgrube erbest nach des
Alten Tod, darum mußtest du studieren. Als dann der Geldprotz kam aus Amerika
mit seiner Tochter: nur ja nicht nu deu Hera geschrieben, kein Wort, bis du ihn
sicher hattest, den Geldsack! Wußtest genau: ist der Hera da, dann hab ich das
Nachsehen. Dein Gewinsel dann, du wollest zurückstehn, dem Vater zu Willen
sein, mir das Glück gönnen: Betrügerei alles! Belogen und betrogen hast du
mich, so lang ich denken kann, den alten Mann hast du ins Grab gebracht. Daß
du deines Lebens nicht mehr froh wirst, trotz deines Geldsackes, darauf du sitzest,
das laß meine Sorge sein. Dich mach ich kaputt und sollt ich darüber zugrunde
gehn mit Weib und Kind!

Dora wußte nicht um diese Unterredung ihres Mannes mit dem Hera. Sie
sah nur, daß er noch stiller wurde, noch schlechter aussah. Und doch hatten nach
wenig Wochen schon die alten Gäste den Weg zurück gefunden ins Clermont-
wirtshaus. Die Ladenklingel ging von früh bis spät. In der Bnckkammer konnten
sie nicht genug Brot fertigstellen.

Das Bier, das der Kronenwirt um einen Pfennig billiger gab, war schlecht.
Der Kronenwirt braute es nicht selbst. Von einem Bierhändler aus der Stadt, der
schon zu verschiednenmalen wegen Fälschung des Bieres vor Gericht gewesen war,
bezog er es um billigen Preis. Die großen Brötchen waren aus schlechtem Mehl
gebacken und fest, die Kolonialwaren, die er in seinem Laden verkaufte, waren von
der schlechtesten Sorte. Die Tänze und Lieder, die das Orchestrion spielte, die konnte
man bald auswendig, ebenso wie die prahlerischer Erzählungen des Hera, die süßen
Worte und Blicke der schwarzen Lotte.

Die angesehenen Leute aus dem Dorf und der Gemeinde fanden sich beim
Clermontwirt zusammen und kauften dort ein, was sie an Waren gebrauchten.
Bergleute und Fabrikarbeiter aus dem nahen Kohlenrevier, die ledigen Knechte
und Söhne von den Bauernhöfen, alles, was auf der Landstraße gezogen kam,
das kehrte in der Krone ein. Auch die Unteroffiziere aus dem nahen Städtchen
kamen dorthin, der schwarzen Lotte den Hof zu machen, bis es ihnen von
ihren Vorgesetzten verboten wurde. Der Hera hatte nämlich in seinen Saal
eine Sozialistenversammlung aufgenommen. Große Reden waren da gehalten
worden gegen den Staat und die Kirche, den König und die Reichen. Der
Redner, Herr Clemens Lie, auch ein alter Student, war ein Studienfreund des
Kronenwirth und in der Krone so gut wie zuhause. Sozialistische Ideen aufzu-


westfälische Geschichten

Wirtsstube beim Clermontwirt leer blieb, die Ladenklingel still stand, die Brötchen
in der Backkammer alt wurden.

Schutt nichts, sagte die Dora. ich kenn das von Amerika her: wie die wirt¬
schaften, das kann sich nicht zusammenhalten. Er und sie — schwatzen, spielen,
sich Putzen, gut essen und trinken. Die Dienstleut tun, was sie wollen. Wird
bald genug abgewirtschaftet sein. Die Leut werden uns schon wieder kommen.

Der Jochen war ganz zusammengefallen, seit der Hera in der Goldner Krone
hauste. Es bringt ihn unter die Erde, sagten die Leute. Der Clermontwirt hielts
nicht aus. Er lauerte seinem Bruder auf: Hera, auf ein Wort. So kanns
nicht weiter gehn zwischen uns. Der Vater müßte sich im Grab umdrehn, wenn
er wüßte, wies ausschaut hier. Zieh weg von hier, ich geb dir für dein Haus
das Doppelte von dem, was es dich gekostet hat. Dann kannst du machen, was
du willst, und die Schande vor den Leuten und das Elend mit mir hat ein Ende.

Der Hera schlug eine laute Lache auf: Jetzt, wo ich eben dabei bin, dir zu
zeigen, wer der Klügste ist von uns beiden? Das sollte dir wohl passen, daß du
die Krone dazu hättest. Kannst nie Geld genug kriegen, geizig wie du bist und
wie du zusammenscharrst. Und holst du mir das Vierfache, ich behalt mein Haus,
ich behalt meinen Haß. Scheinheiliger Schleicher, studieren mußtest du, geistlich
werden in der Jugend, damit ich drauf kommen sollte. Ohne dich hätt ich nie
dran gedacht. Dafür kanntest du mich, daß ichs dir zuvor tun mußte überall. Damit
ich studiere, aus dem Wege sei, und du allein die Goldgrube erbest nach des
Alten Tod, darum mußtest du studieren. Als dann der Geldprotz kam aus Amerika
mit seiner Tochter: nur ja nicht nu deu Hera geschrieben, kein Wort, bis du ihn
sicher hattest, den Geldsack! Wußtest genau: ist der Hera da, dann hab ich das
Nachsehen. Dein Gewinsel dann, du wollest zurückstehn, dem Vater zu Willen
sein, mir das Glück gönnen: Betrügerei alles! Belogen und betrogen hast du
mich, so lang ich denken kann, den alten Mann hast du ins Grab gebracht. Daß
du deines Lebens nicht mehr froh wirst, trotz deines Geldsackes, darauf du sitzest,
das laß meine Sorge sein. Dich mach ich kaputt und sollt ich darüber zugrunde
gehn mit Weib und Kind!

Dora wußte nicht um diese Unterredung ihres Mannes mit dem Hera. Sie
sah nur, daß er noch stiller wurde, noch schlechter aussah. Und doch hatten nach
wenig Wochen schon die alten Gäste den Weg zurück gefunden ins Clermont-
wirtshaus. Die Ladenklingel ging von früh bis spät. In der Bnckkammer konnten
sie nicht genug Brot fertigstellen.

Das Bier, das der Kronenwirt um einen Pfennig billiger gab, war schlecht.
Der Kronenwirt braute es nicht selbst. Von einem Bierhändler aus der Stadt, der
schon zu verschiednenmalen wegen Fälschung des Bieres vor Gericht gewesen war,
bezog er es um billigen Preis. Die großen Brötchen waren aus schlechtem Mehl
gebacken und fest, die Kolonialwaren, die er in seinem Laden verkaufte, waren von
der schlechtesten Sorte. Die Tänze und Lieder, die das Orchestrion spielte, die konnte
man bald auswendig, ebenso wie die prahlerischer Erzählungen des Hera, die süßen
Worte und Blicke der schwarzen Lotte.

Die angesehenen Leute aus dem Dorf und der Gemeinde fanden sich beim
Clermontwirt zusammen und kauften dort ein, was sie an Waren gebrauchten.
Bergleute und Fabrikarbeiter aus dem nahen Kohlenrevier, die ledigen Knechte
und Söhne von den Bauernhöfen, alles, was auf der Landstraße gezogen kam,
das kehrte in der Krone ein. Auch die Unteroffiziere aus dem nahen Städtchen
kamen dorthin, der schwarzen Lotte den Hof zu machen, bis es ihnen von
ihren Vorgesetzten verboten wurde. Der Hera hatte nämlich in seinen Saal
eine Sozialistenversammlung aufgenommen. Große Reden waren da gehalten
worden gegen den Staat und die Kirche, den König und die Reichen. Der
Redner, Herr Clemens Lie, auch ein alter Student, war ein Studienfreund des
Kronenwirth und in der Krone so gut wie zuhause. Sozialistische Ideen aufzu-


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[0056] westfälische Geschichten Wirtsstube beim Clermontwirt leer blieb, die Ladenklingel still stand, die Brötchen in der Backkammer alt wurden. Schutt nichts, sagte die Dora. ich kenn das von Amerika her: wie die wirt¬ schaften, das kann sich nicht zusammenhalten. Er und sie — schwatzen, spielen, sich Putzen, gut essen und trinken. Die Dienstleut tun, was sie wollen. Wird bald genug abgewirtschaftet sein. Die Leut werden uns schon wieder kommen. Der Jochen war ganz zusammengefallen, seit der Hera in der Goldner Krone hauste. Es bringt ihn unter die Erde, sagten die Leute. Der Clermontwirt hielts nicht aus. Er lauerte seinem Bruder auf: Hera, auf ein Wort. So kanns nicht weiter gehn zwischen uns. Der Vater müßte sich im Grab umdrehn, wenn er wüßte, wies ausschaut hier. Zieh weg von hier, ich geb dir für dein Haus das Doppelte von dem, was es dich gekostet hat. Dann kannst du machen, was du willst, und die Schande vor den Leuten und das Elend mit mir hat ein Ende. Der Hera schlug eine laute Lache auf: Jetzt, wo ich eben dabei bin, dir zu zeigen, wer der Klügste ist von uns beiden? Das sollte dir wohl passen, daß du die Krone dazu hättest. Kannst nie Geld genug kriegen, geizig wie du bist und wie du zusammenscharrst. Und holst du mir das Vierfache, ich behalt mein Haus, ich behalt meinen Haß. Scheinheiliger Schleicher, studieren mußtest du, geistlich werden in der Jugend, damit ich drauf kommen sollte. Ohne dich hätt ich nie dran gedacht. Dafür kanntest du mich, daß ichs dir zuvor tun mußte überall. Damit ich studiere, aus dem Wege sei, und du allein die Goldgrube erbest nach des Alten Tod, darum mußtest du studieren. Als dann der Geldprotz kam aus Amerika mit seiner Tochter: nur ja nicht nu deu Hera geschrieben, kein Wort, bis du ihn sicher hattest, den Geldsack! Wußtest genau: ist der Hera da, dann hab ich das Nachsehen. Dein Gewinsel dann, du wollest zurückstehn, dem Vater zu Willen sein, mir das Glück gönnen: Betrügerei alles! Belogen und betrogen hast du mich, so lang ich denken kann, den alten Mann hast du ins Grab gebracht. Daß du deines Lebens nicht mehr froh wirst, trotz deines Geldsackes, darauf du sitzest, das laß meine Sorge sein. Dich mach ich kaputt und sollt ich darüber zugrunde gehn mit Weib und Kind! Dora wußte nicht um diese Unterredung ihres Mannes mit dem Hera. Sie sah nur, daß er noch stiller wurde, noch schlechter aussah. Und doch hatten nach wenig Wochen schon die alten Gäste den Weg zurück gefunden ins Clermont- wirtshaus. Die Ladenklingel ging von früh bis spät. In der Bnckkammer konnten sie nicht genug Brot fertigstellen. Das Bier, das der Kronenwirt um einen Pfennig billiger gab, war schlecht. Der Kronenwirt braute es nicht selbst. Von einem Bierhändler aus der Stadt, der schon zu verschiednenmalen wegen Fälschung des Bieres vor Gericht gewesen war, bezog er es um billigen Preis. Die großen Brötchen waren aus schlechtem Mehl gebacken und fest, die Kolonialwaren, die er in seinem Laden verkaufte, waren von der schlechtesten Sorte. Die Tänze und Lieder, die das Orchestrion spielte, die konnte man bald auswendig, ebenso wie die prahlerischer Erzählungen des Hera, die süßen Worte und Blicke der schwarzen Lotte. Die angesehenen Leute aus dem Dorf und der Gemeinde fanden sich beim Clermontwirt zusammen und kauften dort ein, was sie an Waren gebrauchten. Bergleute und Fabrikarbeiter aus dem nahen Kohlenrevier, die ledigen Knechte und Söhne von den Bauernhöfen, alles, was auf der Landstraße gezogen kam, das kehrte in der Krone ein. Auch die Unteroffiziere aus dem nahen Städtchen kamen dorthin, der schwarzen Lotte den Hof zu machen, bis es ihnen von ihren Vorgesetzten verboten wurde. Der Hera hatte nämlich in seinen Saal eine Sozialistenversammlung aufgenommen. Große Reden waren da gehalten worden gegen den Staat und die Kirche, den König und die Reichen. Der Redner, Herr Clemens Lie, auch ein alter Student, war ein Studienfreund des Kronenwirth und in der Krone so gut wie zuhause. Sozialistische Ideen aufzu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/56>, abgerufen am 30.06.2024.