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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der Mönch von Weinfelder

Johann Peuchen und Wirich Kessel Hacken und Mistgabeln herbei, während Theis
Kuep und Peter Seger auf der Sperrmauer Wache zu halten schienen und nach
den erleuchteten Fenstern des Burghauses hinaufspähten. Zwischen all den Männern
eilte ein Weib hin und her - die rote nett. Sie schien die Leiterin und die
Seele des ganzen Anschlags zu sein, war bald hier und bald dort, sprach bald mit
diesem, bald mit jenem, verschwand im Schatten des Bongerts und kehrte mit neuer
Mannschaft zurück.

Endlich riß sie einem der Leute die Hacke ans der Hand, lief bis zur Mitte
der Mauerkrone und setzte das scharfe Eisen in die Fugen des Gesteins. Ihr
Beispiel feuerte die Männer an: in wenig Augenblicken waren sechs oder sieben an
ihrer Seite. Man hörte das Knirschen der Werkzeuge, das Ächzen der Arbeitenden
und den Aufschlag der abbröckelnden Traßstücke, die in den Hof hinab oder in das
Wasser fielen.

Der Burgherr fühlte das Blut in seinen Adern gerinnen. Jetzt verstand er,
was die teuflische Dirne mit ihrer Drohung gemeint hatte. Die Sperrmauer sollte
durchbrochen, die gewaltige Wassermasse des Teiches gegen das Haus losgelassen
werden.

Aber die Verschwörer hatten keine leichte Arbeit. Die vor Jahrhunderten auf¬
geführte Mauer erwies sich fester, als sie vermutet hatten. Der Traßbelag blätterte
zwar ab das Steingefüge jedoch, dessen Bindematerial sich unter dem Einfluß der
Feuchtigkeit gehärtet hatte, schien jedem Versuche der Zerstörung zu trotzen. Herr
WYUls, der hinter seinem Busche wie festgebannt stand, glaubte wieder Hoffnung
Ichopfen zu dürfen. Er hatte eine Weile die Absicht, aus seinem Versteck hervor¬
zutreten und mit seinem Zorne wie ein Unwetter unter die Frevler zu fahren. Da
M ihm ein, daß es ein nutzloses und aussichtsloses Wagnis sein würde, sich als
em Einzelner der Übermacht entgegenzustellen, besonders in diesem Augenblick, wo
K?" " B<mern zu gemeinsamem Handeln ermannt hatten, und wo sie unter dem
"-Müsse des dämonischen Weibes standen.

aus ^ ^ Beobachter, wie Cord von der Aarlei und Doreh im Broehl
."l ^eilf Anordnung das meißelförmig abgeflachte Ende eines langen Baumstammes
5 n 5 erweiterte Fuge der Mauerkrone zwängten und einen am obern
^eel des Baumes befestigten Strick ihren Gefährten zuwarfen, die ihn ergriffen und
!s aufs Ufer hinüberleiteten. Dort spannte sich wohl ein Dutzend Männer daran
""d zog unter Aufbietung aller Kräfte, bis der jubelnde Aufschrei der wilden Dirne
'ud gleich darauf ein dumpfer Fall den Arbeitenden verkündeten, daß der erste
avaquader gelockert worden und in den Hof hinabgestürzt war. Nun ging das
"erstörnngswerk leichter vonstatten; Hebelbaum, Stemmeisen und Spitzhacken ließen
W in der Bresche bequem ansetzen, und bald stürzte Stein auf Stein in den Hof
huiab oder kollerte klatschend in den Teich. Der Burgherr glaubte zu bemerken,
liß die Verschwörer bet ihrer Arbeit mit einer gewissen Planmäßigkeit vorgingen,
schienen die dem Wasser zugewandte Steinschicht zunächst zu schonen und zuerst
vie Quadern der Hofseite loszubrechen. Und je weiter das Werk fortschritt, desto
größer wurde der Eifer und die Hast der Leute.

Herr Gyllis sah im Geiste schon die entfesselte Flut durch die Bresche strömen
"Ub den Hof des Bnrghanses wie eiuen Wallgraben füllen. Den Hof allein?
^"rmherziger Gott! Sie würde durch die offenstehende Luke in den Keller brausen
"ud sich durch den Spalt einen Weg in die Tiefe suchen, das morsche Tuffgewölbe
seyresicnd, auf dem das Burghaus ruhte. Und dann - Herr Gyllis fühlte bei
bis ^danken sein Herz erstarren --, dann würde mit dem alten Steinbau auch
v"S Dorf in der Tiefe versinken samt allen Bewohnern! Die Wahnsinnigen, die
ort mit fieberhafter Hast an seinem Untergang zu arbeiten glaubten, schaufelten
yr eignes Grab. Einen Augenblick empfand der Beobachter etwas wie das Gefühl
mes unermeßlichen Triumphes. Er sah das Schwert der göttlichen Gerechtigkeit
er den Häuptern seiner Feinde leuchten und durfte von sicherm Ort aus zuschauen,


Grenzboten II 1904 71
Der Mönch von Weinfelder

Johann Peuchen und Wirich Kessel Hacken und Mistgabeln herbei, während Theis
Kuep und Peter Seger auf der Sperrmauer Wache zu halten schienen und nach
den erleuchteten Fenstern des Burghauses hinaufspähten. Zwischen all den Männern
eilte ein Weib hin und her - die rote nett. Sie schien die Leiterin und die
Seele des ganzen Anschlags zu sein, war bald hier und bald dort, sprach bald mit
diesem, bald mit jenem, verschwand im Schatten des Bongerts und kehrte mit neuer
Mannschaft zurück.

Endlich riß sie einem der Leute die Hacke ans der Hand, lief bis zur Mitte
der Mauerkrone und setzte das scharfe Eisen in die Fugen des Gesteins. Ihr
Beispiel feuerte die Männer an: in wenig Augenblicken waren sechs oder sieben an
ihrer Seite. Man hörte das Knirschen der Werkzeuge, das Ächzen der Arbeitenden
und den Aufschlag der abbröckelnden Traßstücke, die in den Hof hinab oder in das
Wasser fielen.

Der Burgherr fühlte das Blut in seinen Adern gerinnen. Jetzt verstand er,
was die teuflische Dirne mit ihrer Drohung gemeint hatte. Die Sperrmauer sollte
durchbrochen, die gewaltige Wassermasse des Teiches gegen das Haus losgelassen
werden.

Aber die Verschwörer hatten keine leichte Arbeit. Die vor Jahrhunderten auf¬
geführte Mauer erwies sich fester, als sie vermutet hatten. Der Traßbelag blätterte
zwar ab das Steingefüge jedoch, dessen Bindematerial sich unter dem Einfluß der
Feuchtigkeit gehärtet hatte, schien jedem Versuche der Zerstörung zu trotzen. Herr
WYUls, der hinter seinem Busche wie festgebannt stand, glaubte wieder Hoffnung
Ichopfen zu dürfen. Er hatte eine Weile die Absicht, aus seinem Versteck hervor¬
zutreten und mit seinem Zorne wie ein Unwetter unter die Frevler zu fahren. Da
M ihm ein, daß es ein nutzloses und aussichtsloses Wagnis sein würde, sich als
em Einzelner der Übermacht entgegenzustellen, besonders in diesem Augenblick, wo
K?» » B<mern zu gemeinsamem Handeln ermannt hatten, und wo sie unter dem
«-Müsse des dämonischen Weibes standen.

aus ^ ^ Beobachter, wie Cord von der Aarlei und Doreh im Broehl
."l ^eilf Anordnung das meißelförmig abgeflachte Ende eines langen Baumstammes
5 n 5 erweiterte Fuge der Mauerkrone zwängten und einen am obern
^eel des Baumes befestigten Strick ihren Gefährten zuwarfen, die ihn ergriffen und
!s aufs Ufer hinüberleiteten. Dort spannte sich wohl ein Dutzend Männer daran
""d zog unter Aufbietung aller Kräfte, bis der jubelnde Aufschrei der wilden Dirne
'ud gleich darauf ein dumpfer Fall den Arbeitenden verkündeten, daß der erste
avaquader gelockert worden und in den Hof hinabgestürzt war. Nun ging das
«erstörnngswerk leichter vonstatten; Hebelbaum, Stemmeisen und Spitzhacken ließen
W in der Bresche bequem ansetzen, und bald stürzte Stein auf Stein in den Hof
huiab oder kollerte klatschend in den Teich. Der Burgherr glaubte zu bemerken,
liß die Verschwörer bet ihrer Arbeit mit einer gewissen Planmäßigkeit vorgingen,
schienen die dem Wasser zugewandte Steinschicht zunächst zu schonen und zuerst
vie Quadern der Hofseite loszubrechen. Und je weiter das Werk fortschritt, desto
größer wurde der Eifer und die Hast der Leute.

Herr Gyllis sah im Geiste schon die entfesselte Flut durch die Bresche strömen
«Ub den Hof des Bnrghanses wie eiuen Wallgraben füllen. Den Hof allein?
^"rmherziger Gott! Sie würde durch die offenstehende Luke in den Keller brausen
"ud sich durch den Spalt einen Weg in die Tiefe suchen, das morsche Tuffgewölbe
seyresicnd, auf dem das Burghaus ruhte. Und dann - Herr Gyllis fühlte bei
bis ^danken sein Herz erstarren —, dann würde mit dem alten Steinbau auch
v"S Dorf in der Tiefe versinken samt allen Bewohnern! Die Wahnsinnigen, die
ort mit fieberhafter Hast an seinem Untergang zu arbeiten glaubten, schaufelten
yr eignes Grab. Einen Augenblick empfand der Beobachter etwas wie das Gefühl
mes unermeßlichen Triumphes. Er sah das Schwert der göttlichen Gerechtigkeit
er den Häuptern seiner Feinde leuchten und durfte von sicherm Ort aus zuschauen,


Grenzboten II 1904 71
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[0541] Der Mönch von Weinfelder Johann Peuchen und Wirich Kessel Hacken und Mistgabeln herbei, während Theis Kuep und Peter Seger auf der Sperrmauer Wache zu halten schienen und nach den erleuchteten Fenstern des Burghauses hinaufspähten. Zwischen all den Männern eilte ein Weib hin und her - die rote nett. Sie schien die Leiterin und die Seele des ganzen Anschlags zu sein, war bald hier und bald dort, sprach bald mit diesem, bald mit jenem, verschwand im Schatten des Bongerts und kehrte mit neuer Mannschaft zurück. Endlich riß sie einem der Leute die Hacke ans der Hand, lief bis zur Mitte der Mauerkrone und setzte das scharfe Eisen in die Fugen des Gesteins. Ihr Beispiel feuerte die Männer an: in wenig Augenblicken waren sechs oder sieben an ihrer Seite. Man hörte das Knirschen der Werkzeuge, das Ächzen der Arbeitenden und den Aufschlag der abbröckelnden Traßstücke, die in den Hof hinab oder in das Wasser fielen. Der Burgherr fühlte das Blut in seinen Adern gerinnen. Jetzt verstand er, was die teuflische Dirne mit ihrer Drohung gemeint hatte. Die Sperrmauer sollte durchbrochen, die gewaltige Wassermasse des Teiches gegen das Haus losgelassen werden. Aber die Verschwörer hatten keine leichte Arbeit. Die vor Jahrhunderten auf¬ geführte Mauer erwies sich fester, als sie vermutet hatten. Der Traßbelag blätterte zwar ab das Steingefüge jedoch, dessen Bindematerial sich unter dem Einfluß der Feuchtigkeit gehärtet hatte, schien jedem Versuche der Zerstörung zu trotzen. Herr WYUls, der hinter seinem Busche wie festgebannt stand, glaubte wieder Hoffnung Ichopfen zu dürfen. Er hatte eine Weile die Absicht, aus seinem Versteck hervor¬ zutreten und mit seinem Zorne wie ein Unwetter unter die Frevler zu fahren. Da M ihm ein, daß es ein nutzloses und aussichtsloses Wagnis sein würde, sich als em Einzelner der Übermacht entgegenzustellen, besonders in diesem Augenblick, wo K?» » B<mern zu gemeinsamem Handeln ermannt hatten, und wo sie unter dem «-Müsse des dämonischen Weibes standen. aus ^ ^ Beobachter, wie Cord von der Aarlei und Doreh im Broehl ."l ^eilf Anordnung das meißelförmig abgeflachte Ende eines langen Baumstammes 5 n 5 erweiterte Fuge der Mauerkrone zwängten und einen am obern ^eel des Baumes befestigten Strick ihren Gefährten zuwarfen, die ihn ergriffen und !s aufs Ufer hinüberleiteten. Dort spannte sich wohl ein Dutzend Männer daran ""d zog unter Aufbietung aller Kräfte, bis der jubelnde Aufschrei der wilden Dirne 'ud gleich darauf ein dumpfer Fall den Arbeitenden verkündeten, daß der erste avaquader gelockert worden und in den Hof hinabgestürzt war. Nun ging das «erstörnngswerk leichter vonstatten; Hebelbaum, Stemmeisen und Spitzhacken ließen W in der Bresche bequem ansetzen, und bald stürzte Stein auf Stein in den Hof huiab oder kollerte klatschend in den Teich. Der Burgherr glaubte zu bemerken, liß die Verschwörer bet ihrer Arbeit mit einer gewissen Planmäßigkeit vorgingen, schienen die dem Wasser zugewandte Steinschicht zunächst zu schonen und zuerst vie Quadern der Hofseite loszubrechen. Und je weiter das Werk fortschritt, desto größer wurde der Eifer und die Hast der Leute. Herr Gyllis sah im Geiste schon die entfesselte Flut durch die Bresche strömen «Ub den Hof des Bnrghanses wie eiuen Wallgraben füllen. Den Hof allein? ^"rmherziger Gott! Sie würde durch die offenstehende Luke in den Keller brausen "ud sich durch den Spalt einen Weg in die Tiefe suchen, das morsche Tuffgewölbe seyresicnd, auf dem das Burghaus ruhte. Und dann - Herr Gyllis fühlte bei bis ^danken sein Herz erstarren —, dann würde mit dem alten Steinbau auch v"S Dorf in der Tiefe versinken samt allen Bewohnern! Die Wahnsinnigen, die ort mit fieberhafter Hast an seinem Untergang zu arbeiten glaubten, schaufelten yr eignes Grab. Einen Augenblick empfand der Beobachter etwas wie das Gefühl mes unermeßlichen Triumphes. Er sah das Schwert der göttlichen Gerechtigkeit er den Häuptern seiner Feinde leuchten und durfte von sicherm Ort aus zuschauen, Grenzboten II 1904 71

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/541>, abgerufen am 02.07.2024.