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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

ihrer Bücherei abschrieben, und den sie wohl nicht nur eilf Dichter, sondern auch
als Zauberer kannten, könnte hier ebensogut lokalisiert werden wie in dem mystischen
Bergwalde Toskanas. Wir waren hier auf dem Wege nach dem einsamen Jagd¬
schlosse Siehdichum, der Schöpfung des kontemplativer Abtes Gabriel, das am
Nordende des Sees idyllisch auf eiuer Anhöhe liegt, jetzt ist es der Sitz einer Ober¬
försterei. Darin haust seit dem Jahre 1870 der Forstmeister Reuter, eiuer der
Meister der neu aufblühenden deutschen Fischerei, der seiue reichen Beobachtungen
und Erfahrungen auf diesen: Gebiete auch in markiger und kerniger Sprache dar¬
zustellen versteht. Aus seinem in den "Mitteilungen des Fischereivereins für die
Provinz Brandenburg" gedruckten Berichte hat man den Eindruck, daß das Forst¬
revier Siehdichum, wie schon zur Zeit der geistlichen Herrschaft, so auch heute noch
ein rechtes Eldorado für den Fischfreund sein muß. Die unedler" Fischsorten wie
Weißfische, Barsche, Bieler, Güstern, Plötzen, Rotfedern werden dort durch Ver¬
tilgung des Laiches immer mehr zugunsten der edeln, namentlich der Karpfen und
der verschiednen Forellenarten, verdrängt; auch der Hecht wird wegen seiner
enormen Gefräßigkeit und wegen der Gewandtheit, mit der er den schon heran¬
wachsenden Karpfen zuleide geht, energisch befehdet, dagegen wird der Zander als
"Hilfsarbeiter im großen bei Vernichtung und Verwertung der wilden kleinen
Fische" verwandt, und zwar besonders deshalb, weil er sehr gefräßig ist, aber doch
nur einen so kleinen Schlund hat, daß er die eingesetzten Karpfen nicht mehr be¬
wältigen kann, nud weil er teuer bezahlt wird. Vorzüglich ist in Siehdichum der
Kampf gegen die Fischdiebe organisiert. Zwar die menschlichen richten keinen so
großen Schaden mehr an wie früher, denn "nachdem einige eingefleischte alte Fisch¬
diebe abgestorben sind, einige sich gegenseitig umgebracht haben, ist es hier nach
und nach mit eiserner Energie doch gelungen, etwas aus der Bevölkerung den
Gemeinsinnn für die Fischerei auszutreiben." Aber da ist vor allem noch der ge¬
fräßige Fischotter, der sich vermehrt wie Hunde und Katzen; er wird durch ver¬
giftete Fische unschädlich gemacht oder in Eisen gefangen. Dann ist der Fischreiher
vorhanden, der täglich zehn bis zwanzig Karpfen zu seiner Nahrung verbraucht und
immer von neuem aus den Revieren zufliegt, wo man ihn um der interessanten
Jagd willen hegt; von diesem Räuber werden in Siehdichum alljährlich dreißig
bis sechzig erbeutet, dazu zwei bis vier Fischadler und dann und wann auch ein
schwarzer Storch, den Forstmeister Reuter für den gefährlichsten unter den ge¬
fiederten Fischdiebeu hält; denn ein solcher kann einen Forcllenbach oder einen
Karpfenteich von mehreren Hektaren Größe in einem Sommer leer fischen. In der
Fischerei ist noch immer die "mit dem großen Zeuge" (siehe oben S. 460), wie
einst im Mittelalter, die ertragreichste. Dazu wird auf den Schlaubeseen ein Netz
von sechshundert Metern Länge verwandt, dessen Unterleine zehn Zentimeter tief
gegen den Schlamm geht und immer Grund hält; daneben wird auch mit Stak¬
netzen, die etwa zwanzig Meter lang sind und einen Meter hoch stehn, und mit
Netzsäcken, die unten mit Steinen beschwert und oben durch aufgebundne Flossen
offen gehalten werden, gefischt. Deu Hechten stellt man, zumal im Winter, mit
sinnreich konstruierten, in Eislöcher gehängten Angeln nach, im Sommer erlegt man
sie auch mit der Kugel und mit Speeren.

Welch eine Lust muß es sein, unter so sachkundiger Leitung einem Fischzuge
beizuwohnen, und welche Vorbereitungen sind dazu nötig! Wochenlang vor dem
Fischzuge wird nicht mehr mit Kähnen über die tiefen Kessel der Seen, worin sich
bei Eintritt der Kälte die Fische sammeln, gefahren. Die Kähne, die beim Fischen
gebraucht werden, sind innen mit doppelter Sackleinewand benagelt, damit kein
Poltern und Klappern die mißtrauischen Kaltblüter aufscheuche. Jede Fischart hat
ihre eigentümliche Methode, sich dem drohenden Netze zu entziehn: zuerst flüchten
die Bieler und die Güsteru, und mit ihnen die Zander, erst später, und meist zu
spät, werden die Karpfen rebellisch. Sie sind mit einem Teile der Zander und


Wanderungen in der Niederlausitz

ihrer Bücherei abschrieben, und den sie wohl nicht nur eilf Dichter, sondern auch
als Zauberer kannten, könnte hier ebensogut lokalisiert werden wie in dem mystischen
Bergwalde Toskanas. Wir waren hier auf dem Wege nach dem einsamen Jagd¬
schlosse Siehdichum, der Schöpfung des kontemplativer Abtes Gabriel, das am
Nordende des Sees idyllisch auf eiuer Anhöhe liegt, jetzt ist es der Sitz einer Ober¬
försterei. Darin haust seit dem Jahre 1870 der Forstmeister Reuter, eiuer der
Meister der neu aufblühenden deutschen Fischerei, der seiue reichen Beobachtungen
und Erfahrungen auf diesen: Gebiete auch in markiger und kerniger Sprache dar¬
zustellen versteht. Aus seinem in den „Mitteilungen des Fischereivereins für die
Provinz Brandenburg" gedruckten Berichte hat man den Eindruck, daß das Forst¬
revier Siehdichum, wie schon zur Zeit der geistlichen Herrschaft, so auch heute noch
ein rechtes Eldorado für den Fischfreund sein muß. Die unedler» Fischsorten wie
Weißfische, Barsche, Bieler, Güstern, Plötzen, Rotfedern werden dort durch Ver¬
tilgung des Laiches immer mehr zugunsten der edeln, namentlich der Karpfen und
der verschiednen Forellenarten, verdrängt; auch der Hecht wird wegen seiner
enormen Gefräßigkeit und wegen der Gewandtheit, mit der er den schon heran¬
wachsenden Karpfen zuleide geht, energisch befehdet, dagegen wird der Zander als
„Hilfsarbeiter im großen bei Vernichtung und Verwertung der wilden kleinen
Fische" verwandt, und zwar besonders deshalb, weil er sehr gefräßig ist, aber doch
nur einen so kleinen Schlund hat, daß er die eingesetzten Karpfen nicht mehr be¬
wältigen kann, nud weil er teuer bezahlt wird. Vorzüglich ist in Siehdichum der
Kampf gegen die Fischdiebe organisiert. Zwar die menschlichen richten keinen so
großen Schaden mehr an wie früher, denn „nachdem einige eingefleischte alte Fisch¬
diebe abgestorben sind, einige sich gegenseitig umgebracht haben, ist es hier nach
und nach mit eiserner Energie doch gelungen, etwas aus der Bevölkerung den
Gemeinsinnn für die Fischerei auszutreiben." Aber da ist vor allem noch der ge¬
fräßige Fischotter, der sich vermehrt wie Hunde und Katzen; er wird durch ver¬
giftete Fische unschädlich gemacht oder in Eisen gefangen. Dann ist der Fischreiher
vorhanden, der täglich zehn bis zwanzig Karpfen zu seiner Nahrung verbraucht und
immer von neuem aus den Revieren zufliegt, wo man ihn um der interessanten
Jagd willen hegt; von diesem Räuber werden in Siehdichum alljährlich dreißig
bis sechzig erbeutet, dazu zwei bis vier Fischadler und dann und wann auch ein
schwarzer Storch, den Forstmeister Reuter für den gefährlichsten unter den ge¬
fiederten Fischdiebeu hält; denn ein solcher kann einen Forcllenbach oder einen
Karpfenteich von mehreren Hektaren Größe in einem Sommer leer fischen. In der
Fischerei ist noch immer die „mit dem großen Zeuge" (siehe oben S. 460), wie
einst im Mittelalter, die ertragreichste. Dazu wird auf den Schlaubeseen ein Netz
von sechshundert Metern Länge verwandt, dessen Unterleine zehn Zentimeter tief
gegen den Schlamm geht und immer Grund hält; daneben wird auch mit Stak¬
netzen, die etwa zwanzig Meter lang sind und einen Meter hoch stehn, und mit
Netzsäcken, die unten mit Steinen beschwert und oben durch aufgebundne Flossen
offen gehalten werden, gefischt. Deu Hechten stellt man, zumal im Winter, mit
sinnreich konstruierten, in Eislöcher gehängten Angeln nach, im Sommer erlegt man
sie auch mit der Kugel und mit Speeren.

Welch eine Lust muß es sein, unter so sachkundiger Leitung einem Fischzuge
beizuwohnen, und welche Vorbereitungen sind dazu nötig! Wochenlang vor dem
Fischzuge wird nicht mehr mit Kähnen über die tiefen Kessel der Seen, worin sich
bei Eintritt der Kälte die Fische sammeln, gefahren. Die Kähne, die beim Fischen
gebraucht werden, sind innen mit doppelter Sackleinewand benagelt, damit kein
Poltern und Klappern die mißtrauischen Kaltblüter aufscheuche. Jede Fischart hat
ihre eigentümliche Methode, sich dem drohenden Netze zu entziehn: zuerst flüchten
die Bieler und die Güsteru, und mit ihnen die Zander, erst später, und meist zu
spät, werden die Karpfen rebellisch. Sie sind mit einem Teile der Zander und


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[0476] Wanderungen in der Niederlausitz ihrer Bücherei abschrieben, und den sie wohl nicht nur eilf Dichter, sondern auch als Zauberer kannten, könnte hier ebensogut lokalisiert werden wie in dem mystischen Bergwalde Toskanas. Wir waren hier auf dem Wege nach dem einsamen Jagd¬ schlosse Siehdichum, der Schöpfung des kontemplativer Abtes Gabriel, das am Nordende des Sees idyllisch auf eiuer Anhöhe liegt, jetzt ist es der Sitz einer Ober¬ försterei. Darin haust seit dem Jahre 1870 der Forstmeister Reuter, eiuer der Meister der neu aufblühenden deutschen Fischerei, der seiue reichen Beobachtungen und Erfahrungen auf diesen: Gebiete auch in markiger und kerniger Sprache dar¬ zustellen versteht. Aus seinem in den „Mitteilungen des Fischereivereins für die Provinz Brandenburg" gedruckten Berichte hat man den Eindruck, daß das Forst¬ revier Siehdichum, wie schon zur Zeit der geistlichen Herrschaft, so auch heute noch ein rechtes Eldorado für den Fischfreund sein muß. Die unedler» Fischsorten wie Weißfische, Barsche, Bieler, Güstern, Plötzen, Rotfedern werden dort durch Ver¬ tilgung des Laiches immer mehr zugunsten der edeln, namentlich der Karpfen und der verschiednen Forellenarten, verdrängt; auch der Hecht wird wegen seiner enormen Gefräßigkeit und wegen der Gewandtheit, mit der er den schon heran¬ wachsenden Karpfen zuleide geht, energisch befehdet, dagegen wird der Zander als „Hilfsarbeiter im großen bei Vernichtung und Verwertung der wilden kleinen Fische" verwandt, und zwar besonders deshalb, weil er sehr gefräßig ist, aber doch nur einen so kleinen Schlund hat, daß er die eingesetzten Karpfen nicht mehr be¬ wältigen kann, nud weil er teuer bezahlt wird. Vorzüglich ist in Siehdichum der Kampf gegen die Fischdiebe organisiert. Zwar die menschlichen richten keinen so großen Schaden mehr an wie früher, denn „nachdem einige eingefleischte alte Fisch¬ diebe abgestorben sind, einige sich gegenseitig umgebracht haben, ist es hier nach und nach mit eiserner Energie doch gelungen, etwas aus der Bevölkerung den Gemeinsinnn für die Fischerei auszutreiben." Aber da ist vor allem noch der ge¬ fräßige Fischotter, der sich vermehrt wie Hunde und Katzen; er wird durch ver¬ giftete Fische unschädlich gemacht oder in Eisen gefangen. Dann ist der Fischreiher vorhanden, der täglich zehn bis zwanzig Karpfen zu seiner Nahrung verbraucht und immer von neuem aus den Revieren zufliegt, wo man ihn um der interessanten Jagd willen hegt; von diesem Räuber werden in Siehdichum alljährlich dreißig bis sechzig erbeutet, dazu zwei bis vier Fischadler und dann und wann auch ein schwarzer Storch, den Forstmeister Reuter für den gefährlichsten unter den ge¬ fiederten Fischdiebeu hält; denn ein solcher kann einen Forcllenbach oder einen Karpfenteich von mehreren Hektaren Größe in einem Sommer leer fischen. In der Fischerei ist noch immer die „mit dem großen Zeuge" (siehe oben S. 460), wie einst im Mittelalter, die ertragreichste. Dazu wird auf den Schlaubeseen ein Netz von sechshundert Metern Länge verwandt, dessen Unterleine zehn Zentimeter tief gegen den Schlamm geht und immer Grund hält; daneben wird auch mit Stak¬ netzen, die etwa zwanzig Meter lang sind und einen Meter hoch stehn, und mit Netzsäcken, die unten mit Steinen beschwert und oben durch aufgebundne Flossen offen gehalten werden, gefischt. Deu Hechten stellt man, zumal im Winter, mit sinnreich konstruierten, in Eislöcher gehängten Angeln nach, im Sommer erlegt man sie auch mit der Kugel und mit Speeren. Welch eine Lust muß es sein, unter so sachkundiger Leitung einem Fischzuge beizuwohnen, und welche Vorbereitungen sind dazu nötig! Wochenlang vor dem Fischzuge wird nicht mehr mit Kähnen über die tiefen Kessel der Seen, worin sich bei Eintritt der Kälte die Fische sammeln, gefahren. Die Kähne, die beim Fischen gebraucht werden, sind innen mit doppelter Sackleinewand benagelt, damit kein Poltern und Klappern die mißtrauischen Kaltblüter aufscheuche. Jede Fischart hat ihre eigentümliche Methode, sich dem drohenden Netze zu entziehn: zuerst flüchten die Bieler und die Güsteru, und mit ihnen die Zander, erst später, und meist zu spät, werden die Karpfen rebellisch. Sie sind mit einem Teile der Zander und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/476>, abgerufen am 25.07.2024.