Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lrimierungen

-- und mit Recht -- doch nicht als so unwichtig an. Er sei der Meinung, daß
er so weit gegangen sei, wie möglich -- wahrscheinlich hat er der Ernennung
Baurs zugestimmt, die Kogels aber abgelehnt --, er müsse aber Garantien gegen
unberechtigte Einflüsse hinter seinem Rücken haben; sonst gehe er.

Ich glaube, daß Falk diese Einflüsse überschätzt, und daß er Gespenster sieht,
die gar nicht existieren. Es ist ja eine der glücklichsten Eigenschaften des Kaisers,
daß er seinen persönlichen Umgebungen, zum Beispiel den General- und Flügel¬
adjutanten, keinen politischen Einfluß erlaubt, daß er sich immer an seine ressort¬
mäßig berufnen Ratgeber hält, und daß er seinen Vertrauten, wenn sie es ja
einmal versuchen, sich in Dinge zu mischen, die sie nichts angehn, das Wort ab¬
schneidet. Ein bekannter Generaladjutant hat erzählt, er habe diese Besonderheit
des Kaisers gekannt, sich aber auch grundsätzlich jedes Versuchs enthalten, mit dem
Kaiser über Sachen zu reden, die ihm nicht berufsmäßig anbefohlen seien. Leider
würde er ja zu solchen Versuchen vielfach -- und oft von sehr hochgestellten Per¬
sonen -- gedrängt, weil jeder glaube, durch seine Intervention die Erfüllung eines
Wunsches erreichen zu können. Er habe sich aber nicht darauf eingelassen. Nur
ein einziges mal habe er, wenn auch uach langem Sträuben, eine Ausnahme ge¬
macht. In einer äußerst wichtigen politischen Angelegenheit sei alles ans die Ent¬
scheidung des Kaisers angekommen. Er sei mit seinen intimsten Freunden ein¬
verstanden gewesen, daß wenn der Kaiser zu einer falschen Entscheidung gelange,
die höchsten Interessen des Gewissens, ja der Monarchie in Frage stünden. Seine
Freunde hätten unausgesetzt ihm vorgehalten, es sei seine Gewissens- und Ehren¬
pflicht, den Kaiser zu warnen und ihm die drohende Gefahr ack bominom vor¬
zustellen. Obwohl er ein ihm sonst fremdes Gefühl banger Sorge nicht habe
unterdrücken können, habe er schließlich nachgegeben und sich gesagt, er sei doch am
Ende vor Gott und seinem Gewissen verpflichtet, nichts zu versäumen, von dem
Kaiser und dem Lande ein Unglück abzuwenden. So habe er denn eine Stunde
erspäht, in der Seine Majestät besonders gut gelaunt und gnädig gegen ihn ge¬
wesen sei; da habe er sich ein Herz gefaßt und den Kaiser gefragt, ob er ihm
Wohl einmal eine besondre Angelegenheit mitteilen dürfe. Der Kaiser habe es sehr
gnädig erlaubt, und so habe er von jener Sache geredet. Der Kaiser habe ihn
auch ausreden lassen, dann aber zu ihm gesagt: "Lieber N. N., ich will Ihnen
etwas sagen, was Sie mir da erzählen, ist ja ganz gut und schön. Sie müssen
sich aber doch selbst sagen, daß ich in solchen Sachen nichts ohne den Minister tun
kann, den die Sachen angehn. Wenn ich in dieser Angelegenheit eines Rats bedarf,
so wende ich mich um den Fürsten Bismarck. Merken Sie sich das für die Zukunft."
Der Generaladjutant habe hinzugefügt, er sei sich wie ein zurechtgewiesener Schul¬
knabe vorgekommen. Seitdem sei er aber gründlich kuriert und gegen ähnliche
Zumutungen ein für allemal gefeit.

Diese Erzählung ist für den Kaiser höchst charakteristisch, und man kann Gott
für diese charaktervolle Weisheit des alten Herrn nicht genug danken. Wenn es
aber so steht, so möchte ich wohl den Hofprediger sehen, der es wagte, mit dem
Kaiser über politische Dinge zu reden. Ich glaube uicht, daß dieser sich auch nur
kirchenpolitischen unerbetnen Rat gefallen ließe. Noch weniger würde er selbst den
Hofpredigern in solchen Fragen den Mund öffnen. Also nach dieser Seite hin
sind die Befürchtungen des Ministers Falk, wie ich glaube, übertriebe". Freilich
bleibt die Tatsache bestehn, daß der Kaiser die beiden Hofprediger Kögel und Baur
zu Mitgliedern des Oberkirchenrath zu ernennen wünscht. Und dieser Wunsch kann
nicht wohl anders als so gedeutet werden, daß der Kaiser für eine entschieden
bekenutnisgemäße Zusammensetzung des Kirchenregiments größere Gewähr haben
möchte. Und darin liegt immerhin ein gewisser Mangel an Vertrauen zum Kultus¬
minister. Nach dem Briefe an den Grafen Stolberg scheint der Kaiser in der
Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum weltlichen Vertreter des Präsi¬
denten und des Konsistorinlrats Dr. Richter zum Mitgliede des Oberkirchenrath


Lrimierungen

— und mit Recht — doch nicht als so unwichtig an. Er sei der Meinung, daß
er so weit gegangen sei, wie möglich — wahrscheinlich hat er der Ernennung
Baurs zugestimmt, die Kogels aber abgelehnt —, er müsse aber Garantien gegen
unberechtigte Einflüsse hinter seinem Rücken haben; sonst gehe er.

Ich glaube, daß Falk diese Einflüsse überschätzt, und daß er Gespenster sieht,
die gar nicht existieren. Es ist ja eine der glücklichsten Eigenschaften des Kaisers,
daß er seinen persönlichen Umgebungen, zum Beispiel den General- und Flügel¬
adjutanten, keinen politischen Einfluß erlaubt, daß er sich immer an seine ressort¬
mäßig berufnen Ratgeber hält, und daß er seinen Vertrauten, wenn sie es ja
einmal versuchen, sich in Dinge zu mischen, die sie nichts angehn, das Wort ab¬
schneidet. Ein bekannter Generaladjutant hat erzählt, er habe diese Besonderheit
des Kaisers gekannt, sich aber auch grundsätzlich jedes Versuchs enthalten, mit dem
Kaiser über Sachen zu reden, die ihm nicht berufsmäßig anbefohlen seien. Leider
würde er ja zu solchen Versuchen vielfach — und oft von sehr hochgestellten Per¬
sonen — gedrängt, weil jeder glaube, durch seine Intervention die Erfüllung eines
Wunsches erreichen zu können. Er habe sich aber nicht darauf eingelassen. Nur
ein einziges mal habe er, wenn auch uach langem Sträuben, eine Ausnahme ge¬
macht. In einer äußerst wichtigen politischen Angelegenheit sei alles ans die Ent¬
scheidung des Kaisers angekommen. Er sei mit seinen intimsten Freunden ein¬
verstanden gewesen, daß wenn der Kaiser zu einer falschen Entscheidung gelange,
die höchsten Interessen des Gewissens, ja der Monarchie in Frage stünden. Seine
Freunde hätten unausgesetzt ihm vorgehalten, es sei seine Gewissens- und Ehren¬
pflicht, den Kaiser zu warnen und ihm die drohende Gefahr ack bominom vor¬
zustellen. Obwohl er ein ihm sonst fremdes Gefühl banger Sorge nicht habe
unterdrücken können, habe er schließlich nachgegeben und sich gesagt, er sei doch am
Ende vor Gott und seinem Gewissen verpflichtet, nichts zu versäumen, von dem
Kaiser und dem Lande ein Unglück abzuwenden. So habe er denn eine Stunde
erspäht, in der Seine Majestät besonders gut gelaunt und gnädig gegen ihn ge¬
wesen sei; da habe er sich ein Herz gefaßt und den Kaiser gefragt, ob er ihm
Wohl einmal eine besondre Angelegenheit mitteilen dürfe. Der Kaiser habe es sehr
gnädig erlaubt, und so habe er von jener Sache geredet. Der Kaiser habe ihn
auch ausreden lassen, dann aber zu ihm gesagt: „Lieber N. N., ich will Ihnen
etwas sagen, was Sie mir da erzählen, ist ja ganz gut und schön. Sie müssen
sich aber doch selbst sagen, daß ich in solchen Sachen nichts ohne den Minister tun
kann, den die Sachen angehn. Wenn ich in dieser Angelegenheit eines Rats bedarf,
so wende ich mich um den Fürsten Bismarck. Merken Sie sich das für die Zukunft."
Der Generaladjutant habe hinzugefügt, er sei sich wie ein zurechtgewiesener Schul¬
knabe vorgekommen. Seitdem sei er aber gründlich kuriert und gegen ähnliche
Zumutungen ein für allemal gefeit.

Diese Erzählung ist für den Kaiser höchst charakteristisch, und man kann Gott
für diese charaktervolle Weisheit des alten Herrn nicht genug danken. Wenn es
aber so steht, so möchte ich wohl den Hofprediger sehen, der es wagte, mit dem
Kaiser über politische Dinge zu reden. Ich glaube uicht, daß dieser sich auch nur
kirchenpolitischen unerbetnen Rat gefallen ließe. Noch weniger würde er selbst den
Hofpredigern in solchen Fragen den Mund öffnen. Also nach dieser Seite hin
sind die Befürchtungen des Ministers Falk, wie ich glaube, übertriebe». Freilich
bleibt die Tatsache bestehn, daß der Kaiser die beiden Hofprediger Kögel und Baur
zu Mitgliedern des Oberkirchenrath zu ernennen wünscht. Und dieser Wunsch kann
nicht wohl anders als so gedeutet werden, daß der Kaiser für eine entschieden
bekenutnisgemäße Zusammensetzung des Kirchenregiments größere Gewähr haben
möchte. Und darin liegt immerhin ein gewisser Mangel an Vertrauen zum Kultus¬
minister. Nach dem Briefe an den Grafen Stolberg scheint der Kaiser in der
Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum weltlichen Vertreter des Präsi¬
denten und des Konsistorinlrats Dr. Richter zum Mitgliede des Oberkirchenrath


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0411" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/294030"/>
          <fw type="header" place="top"> Lrimierungen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1816" prev="#ID_1815"> &#x2014; und mit Recht &#x2014; doch nicht als so unwichtig an. Er sei der Meinung, daß<lb/>
er so weit gegangen sei, wie möglich &#x2014; wahrscheinlich hat er der Ernennung<lb/>
Baurs zugestimmt, die Kogels aber abgelehnt &#x2014;, er müsse aber Garantien gegen<lb/>
unberechtigte Einflüsse hinter seinem Rücken haben; sonst gehe er.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1817"> Ich glaube, daß Falk diese Einflüsse überschätzt, und daß er Gespenster sieht,<lb/>
die gar nicht existieren. Es ist ja eine der glücklichsten Eigenschaften des Kaisers,<lb/>
daß er seinen persönlichen Umgebungen, zum Beispiel den General- und Flügel¬<lb/>
adjutanten, keinen politischen Einfluß erlaubt, daß er sich immer an seine ressort¬<lb/>
mäßig berufnen Ratgeber hält, und daß er seinen Vertrauten, wenn sie es ja<lb/>
einmal versuchen, sich in Dinge zu mischen, die sie nichts angehn, das Wort ab¬<lb/>
schneidet. Ein bekannter Generaladjutant hat erzählt, er habe diese Besonderheit<lb/>
des Kaisers gekannt, sich aber auch grundsätzlich jedes Versuchs enthalten, mit dem<lb/>
Kaiser über Sachen zu reden, die ihm nicht berufsmäßig anbefohlen seien. Leider<lb/>
würde er ja zu solchen Versuchen vielfach &#x2014; und oft von sehr hochgestellten Per¬<lb/>
sonen &#x2014; gedrängt, weil jeder glaube, durch seine Intervention die Erfüllung eines<lb/>
Wunsches erreichen zu können. Er habe sich aber nicht darauf eingelassen. Nur<lb/>
ein einziges mal habe er, wenn auch uach langem Sträuben, eine Ausnahme ge¬<lb/>
macht. In einer äußerst wichtigen politischen Angelegenheit sei alles ans die Ent¬<lb/>
scheidung des Kaisers angekommen. Er sei mit seinen intimsten Freunden ein¬<lb/>
verstanden gewesen, daß wenn der Kaiser zu einer falschen Entscheidung gelange,<lb/>
die höchsten Interessen des Gewissens, ja der Monarchie in Frage stünden. Seine<lb/>
Freunde hätten unausgesetzt ihm vorgehalten, es sei seine Gewissens- und Ehren¬<lb/>
pflicht, den Kaiser zu warnen und ihm die drohende Gefahr ack bominom vor¬<lb/>
zustellen. Obwohl er ein ihm sonst fremdes Gefühl banger Sorge nicht habe<lb/>
unterdrücken können, habe er schließlich nachgegeben und sich gesagt, er sei doch am<lb/>
Ende vor Gott und seinem Gewissen verpflichtet, nichts zu versäumen, von dem<lb/>
Kaiser und dem Lande ein Unglück abzuwenden. So habe er denn eine Stunde<lb/>
erspäht, in der Seine Majestät besonders gut gelaunt und gnädig gegen ihn ge¬<lb/>
wesen sei; da habe er sich ein Herz gefaßt und den Kaiser gefragt, ob er ihm<lb/>
Wohl einmal eine besondre Angelegenheit mitteilen dürfe. Der Kaiser habe es sehr<lb/>
gnädig erlaubt, und so habe er von jener Sache geredet. Der Kaiser habe ihn<lb/>
auch ausreden lassen, dann aber zu ihm gesagt: &#x201E;Lieber N. N., ich will Ihnen<lb/>
etwas sagen, was Sie mir da erzählen, ist ja ganz gut und schön. Sie müssen<lb/>
sich aber doch selbst sagen, daß ich in solchen Sachen nichts ohne den Minister tun<lb/>
kann, den die Sachen angehn. Wenn ich in dieser Angelegenheit eines Rats bedarf,<lb/>
so wende ich mich um den Fürsten Bismarck. Merken Sie sich das für die Zukunft."<lb/>
Der Generaladjutant habe hinzugefügt, er sei sich wie ein zurechtgewiesener Schul¬<lb/>
knabe vorgekommen. Seitdem sei er aber gründlich kuriert und gegen ähnliche<lb/>
Zumutungen ein für allemal gefeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1818" next="#ID_1819"> Diese Erzählung ist für den Kaiser höchst charakteristisch, und man kann Gott<lb/>
für diese charaktervolle Weisheit des alten Herrn nicht genug danken. Wenn es<lb/>
aber so steht, so möchte ich wohl den Hofprediger sehen, der es wagte, mit dem<lb/>
Kaiser über politische Dinge zu reden. Ich glaube uicht, daß dieser sich auch nur<lb/>
kirchenpolitischen unerbetnen Rat gefallen ließe. Noch weniger würde er selbst den<lb/>
Hofpredigern in solchen Fragen den Mund öffnen. Also nach dieser Seite hin<lb/>
sind die Befürchtungen des Ministers Falk, wie ich glaube, übertriebe». Freilich<lb/>
bleibt die Tatsache bestehn, daß der Kaiser die beiden Hofprediger Kögel und Baur<lb/>
zu Mitgliedern des Oberkirchenrath zu ernennen wünscht. Und dieser Wunsch kann<lb/>
nicht wohl anders als so gedeutet werden, daß der Kaiser für eine entschieden<lb/>
bekenutnisgemäße Zusammensetzung des Kirchenregiments größere Gewähr haben<lb/>
möchte. Und darin liegt immerhin ein gewisser Mangel an Vertrauen zum Kultus¬<lb/>
minister. Nach dem Briefe an den Grafen Stolberg scheint der Kaiser in der<lb/>
Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum weltlichen Vertreter des Präsi¬<lb/>
denten und des Konsistorinlrats Dr. Richter zum Mitgliede des Oberkirchenrath</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0411] Lrimierungen — und mit Recht — doch nicht als so unwichtig an. Er sei der Meinung, daß er so weit gegangen sei, wie möglich — wahrscheinlich hat er der Ernennung Baurs zugestimmt, die Kogels aber abgelehnt —, er müsse aber Garantien gegen unberechtigte Einflüsse hinter seinem Rücken haben; sonst gehe er. Ich glaube, daß Falk diese Einflüsse überschätzt, und daß er Gespenster sieht, die gar nicht existieren. Es ist ja eine der glücklichsten Eigenschaften des Kaisers, daß er seinen persönlichen Umgebungen, zum Beispiel den General- und Flügel¬ adjutanten, keinen politischen Einfluß erlaubt, daß er sich immer an seine ressort¬ mäßig berufnen Ratgeber hält, und daß er seinen Vertrauten, wenn sie es ja einmal versuchen, sich in Dinge zu mischen, die sie nichts angehn, das Wort ab¬ schneidet. Ein bekannter Generaladjutant hat erzählt, er habe diese Besonderheit des Kaisers gekannt, sich aber auch grundsätzlich jedes Versuchs enthalten, mit dem Kaiser über Sachen zu reden, die ihm nicht berufsmäßig anbefohlen seien. Leider würde er ja zu solchen Versuchen vielfach — und oft von sehr hochgestellten Per¬ sonen — gedrängt, weil jeder glaube, durch seine Intervention die Erfüllung eines Wunsches erreichen zu können. Er habe sich aber nicht darauf eingelassen. Nur ein einziges mal habe er, wenn auch uach langem Sträuben, eine Ausnahme ge¬ macht. In einer äußerst wichtigen politischen Angelegenheit sei alles ans die Ent¬ scheidung des Kaisers angekommen. Er sei mit seinen intimsten Freunden ein¬ verstanden gewesen, daß wenn der Kaiser zu einer falschen Entscheidung gelange, die höchsten Interessen des Gewissens, ja der Monarchie in Frage stünden. Seine Freunde hätten unausgesetzt ihm vorgehalten, es sei seine Gewissens- und Ehren¬ pflicht, den Kaiser zu warnen und ihm die drohende Gefahr ack bominom vor¬ zustellen. Obwohl er ein ihm sonst fremdes Gefühl banger Sorge nicht habe unterdrücken können, habe er schließlich nachgegeben und sich gesagt, er sei doch am Ende vor Gott und seinem Gewissen verpflichtet, nichts zu versäumen, von dem Kaiser und dem Lande ein Unglück abzuwenden. So habe er denn eine Stunde erspäht, in der Seine Majestät besonders gut gelaunt und gnädig gegen ihn ge¬ wesen sei; da habe er sich ein Herz gefaßt und den Kaiser gefragt, ob er ihm Wohl einmal eine besondre Angelegenheit mitteilen dürfe. Der Kaiser habe es sehr gnädig erlaubt, und so habe er von jener Sache geredet. Der Kaiser habe ihn auch ausreden lassen, dann aber zu ihm gesagt: „Lieber N. N., ich will Ihnen etwas sagen, was Sie mir da erzählen, ist ja ganz gut und schön. Sie müssen sich aber doch selbst sagen, daß ich in solchen Sachen nichts ohne den Minister tun kann, den die Sachen angehn. Wenn ich in dieser Angelegenheit eines Rats bedarf, so wende ich mich um den Fürsten Bismarck. Merken Sie sich das für die Zukunft." Der Generaladjutant habe hinzugefügt, er sei sich wie ein zurechtgewiesener Schul¬ knabe vorgekommen. Seitdem sei er aber gründlich kuriert und gegen ähnliche Zumutungen ein für allemal gefeit. Diese Erzählung ist für den Kaiser höchst charakteristisch, und man kann Gott für diese charaktervolle Weisheit des alten Herrn nicht genug danken. Wenn es aber so steht, so möchte ich wohl den Hofprediger sehen, der es wagte, mit dem Kaiser über politische Dinge zu reden. Ich glaube uicht, daß dieser sich auch nur kirchenpolitischen unerbetnen Rat gefallen ließe. Noch weniger würde er selbst den Hofpredigern in solchen Fragen den Mund öffnen. Also nach dieser Seite hin sind die Befürchtungen des Ministers Falk, wie ich glaube, übertriebe». Freilich bleibt die Tatsache bestehn, daß der Kaiser die beiden Hofprediger Kögel und Baur zu Mitgliedern des Oberkirchenrath zu ernennen wünscht. Und dieser Wunsch kann nicht wohl anders als so gedeutet werden, daß der Kaiser für eine entschieden bekenutnisgemäße Zusammensetzung des Kirchenregiments größere Gewähr haben möchte. Und darin liegt immerhin ein gewisser Mangel an Vertrauen zum Kultus¬ minister. Nach dem Briefe an den Grafen Stolberg scheint der Kaiser in der Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum weltlichen Vertreter des Präsi¬ denten und des Konsistorinlrats Dr. Richter zum Mitgliede des Oberkirchenrath

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/411
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/411>, abgerufen am 02.07.2024.