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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Abschluß verspricht (schon im siebenten Semester!), als jedes andre heutzutage, und
doch durch äußerlich glänzende Ziele, die höchsten, die eine amtliche Laufbahn bietet,
anlockt. Als ein besondrer Vorzug des humanistischen Gymnasiums wurde von den
Juristen die bessere logische Schulung gepriesen, und das alte Paradepferd, die
logische Bildungskrnft der klassischen Sprachen, wacker getummelt. Nun, genau ge¬
nommen steht hier das Lateinische im Vordergründe, das Griechische wird heut¬
zutage nicht um der grammatischen Schulung, sondern um der Lektüre willen ge¬
lehrt, und das Lateinische ist doch auch auf dem Realgymnasium ein Hauptfach,
das Französische wird dort sogar stärker betrieben als auf der andern Seite, und
niemand wird bestreiten, daß gerade dieser Sprache besonders in den: seinen Auf¬
bau ihrer Syntax eine das logische Denken schulende Kraft innewvhne. Allerdings,
und das wurde von deu juristischen Redner" besonders betont, das realgymnasiale
Latein bricht früher ab, es führt in der Lektüre nur bis zu Livius und bis zu
den Oden des Horaz, es macht Halt vor den höchsten Gipfeln der lateinischen
Literatur, vor Taeitus wie vor deu horazischen Satiren und Episteln, ihren be¬
deutendsten und selbständigsten Leistungen. Aber erstens sind in Sachsen wahlfreie
lateinische Ergänzungskurse in den beiden Pruner angeordnet, zweitens würden sich
gewiß nur besonders tüchtige Realgymnasiasten dem juristischen Studium zuwenden,
weil sie gewisse Schwierigkeiten zu überwinden haben, und drittens ist das Juristeu-
lntein mit seiner eigentümlichen Terminologie auch dem Gymnasialabiturienten
schwerlich ohne weiteres verständlich; er muß sich erst einlesen, wie man sich in
jeden neuen Schriststeller erst einlesen muß, und das wird unter geeigneter An¬
leitung wohl auch ein tüchtiger Nealgymnasiast fertig bringen.

Endlich ist eine Seite der Frage, eine sehr wichtige, völlig außer acht ge¬
blieben. Die Aufgabe des Juristen ist doch heutzutage nicht bloß die, das geltende
Recht auf einen vorliegenden Fall logisch richtig anzuwenden. Gerade diese oft
rein äußerliche, sozusagen scholastische Behandlung der Sache, bei der mitunter der
sogenannte gesunde Menschenverstand ganz ausgeschaltet zu sein scheint, veranlaßt
zuweilen Meile, die weithin Befremden, ja Entrüstung erregen. Der Jurist soll
auch das Leben kennen, denn er hat oft genug höchst verwickelte Fälle zu ent¬
scheiden, und wenn er dazu eine tiefere und ausgebreiteter" Kenntnis lebender
Kultursprachen und die Fähigkeit, sich in technische oder kaufmännische Fragen
hineinzufinden (man denke an deu Leipziger Bankprozcß, vor dessen Spezialitäten sich
die Juristen völlig als Laien fühlten!), mitbringt, so wird das der Sache mehr
frommen als die scharfsinnigste Anwendung des geltenden Rechts; jedenfalls sind
solche Kenntnisse kein bloßes "Aceessorinm". Außerdem hat die Universität doch nicht
nur künftige Richter und Staatsanwälte vorzubilden, sondern mich Verwaltungs¬
beamte, für die diese Kenntnisse noch viel wichtiger sind als für die eigentliche"
Juristen, wohl ebenso wichtig wie die des vorpus juris, das für sie nnr den
Wert einer logischen Schulung haben kann; und daß gerade für künftige Verwal-
tungsbeamte die heutige Vorbildung lückenhaft, daß sie zu einseitig juristisch ist, das
lehren nach einer weitverbreiteten Ansicht die fortwährenden Klagen über büreau¬
kratische Entscheidungen vom grünen Tische und über den "Assessorismus" in unsern
Kolonien, die durch nichts mehr geschädigt worden sind als durch den juristischen
Formalismus. Der Vorschlag Freges. ehemalige Realgymnasiasten als Beamte
dorthin zu schicken, weil sie dort ja weniger zu wissen brauchte", wäre vielleicht
gar nicht so übel. Bisher meinte man freilich, dort seien die besten Leute gerade
gut genug.

Mit Recht verlangte der juristische Vertreter der Universität Leipzig mich eine
ordentliche Historische Vorbildung der Juristen, und er vermißte eine solche nicht
nur im Realgymnasium, sondern er wagte auch die Behauptung, "es sei ein Jammer,
wie es jetzt mit der geschichtlichen Ausbildung auf den humanistischen Gymnasien
stehe, und er halte es für unerläßlich, daß der historische Unterricht auf ihnen wieder
gestärkt werde, daß wieder mehr Nachdruck auf das Zahlenwerk, das einem das


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Abschluß verspricht (schon im siebenten Semester!), als jedes andre heutzutage, und
doch durch äußerlich glänzende Ziele, die höchsten, die eine amtliche Laufbahn bietet,
anlockt. Als ein besondrer Vorzug des humanistischen Gymnasiums wurde von den
Juristen die bessere logische Schulung gepriesen, und das alte Paradepferd, die
logische Bildungskrnft der klassischen Sprachen, wacker getummelt. Nun, genau ge¬
nommen steht hier das Lateinische im Vordergründe, das Griechische wird heut¬
zutage nicht um der grammatischen Schulung, sondern um der Lektüre willen ge¬
lehrt, und das Lateinische ist doch auch auf dem Realgymnasium ein Hauptfach,
das Französische wird dort sogar stärker betrieben als auf der andern Seite, und
niemand wird bestreiten, daß gerade dieser Sprache besonders in den: seinen Auf¬
bau ihrer Syntax eine das logische Denken schulende Kraft innewvhne. Allerdings,
und das wurde von deu juristischen Redner» besonders betont, das realgymnasiale
Latein bricht früher ab, es führt in der Lektüre nur bis zu Livius und bis zu
den Oden des Horaz, es macht Halt vor den höchsten Gipfeln der lateinischen
Literatur, vor Taeitus wie vor deu horazischen Satiren und Episteln, ihren be¬
deutendsten und selbständigsten Leistungen. Aber erstens sind in Sachsen wahlfreie
lateinische Ergänzungskurse in den beiden Pruner angeordnet, zweitens würden sich
gewiß nur besonders tüchtige Realgymnasiasten dem juristischen Studium zuwenden,
weil sie gewisse Schwierigkeiten zu überwinden haben, und drittens ist das Juristeu-
lntein mit seiner eigentümlichen Terminologie auch dem Gymnasialabiturienten
schwerlich ohne weiteres verständlich; er muß sich erst einlesen, wie man sich in
jeden neuen Schriststeller erst einlesen muß, und das wird unter geeigneter An¬
leitung wohl auch ein tüchtiger Nealgymnasiast fertig bringen.

Endlich ist eine Seite der Frage, eine sehr wichtige, völlig außer acht ge¬
blieben. Die Aufgabe des Juristen ist doch heutzutage nicht bloß die, das geltende
Recht auf einen vorliegenden Fall logisch richtig anzuwenden. Gerade diese oft
rein äußerliche, sozusagen scholastische Behandlung der Sache, bei der mitunter der
sogenannte gesunde Menschenverstand ganz ausgeschaltet zu sein scheint, veranlaßt
zuweilen Meile, die weithin Befremden, ja Entrüstung erregen. Der Jurist soll
auch das Leben kennen, denn er hat oft genug höchst verwickelte Fälle zu ent¬
scheiden, und wenn er dazu eine tiefere und ausgebreiteter« Kenntnis lebender
Kultursprachen und die Fähigkeit, sich in technische oder kaufmännische Fragen
hineinzufinden (man denke an deu Leipziger Bankprozcß, vor dessen Spezialitäten sich
die Juristen völlig als Laien fühlten!), mitbringt, so wird das der Sache mehr
frommen als die scharfsinnigste Anwendung des geltenden Rechts; jedenfalls sind
solche Kenntnisse kein bloßes „Aceessorinm". Außerdem hat die Universität doch nicht
nur künftige Richter und Staatsanwälte vorzubilden, sondern mich Verwaltungs¬
beamte, für die diese Kenntnisse noch viel wichtiger sind als für die eigentliche»
Juristen, wohl ebenso wichtig wie die des vorpus juris, das für sie nnr den
Wert einer logischen Schulung haben kann; und daß gerade für künftige Verwal-
tungsbeamte die heutige Vorbildung lückenhaft, daß sie zu einseitig juristisch ist, das
lehren nach einer weitverbreiteten Ansicht die fortwährenden Klagen über büreau¬
kratische Entscheidungen vom grünen Tische und über den „Assessorismus" in unsern
Kolonien, die durch nichts mehr geschädigt worden sind als durch den juristischen
Formalismus. Der Vorschlag Freges. ehemalige Realgymnasiasten als Beamte
dorthin zu schicken, weil sie dort ja weniger zu wissen brauchte», wäre vielleicht
gar nicht so übel. Bisher meinte man freilich, dort seien die besten Leute gerade
gut genug.

Mit Recht verlangte der juristische Vertreter der Universität Leipzig mich eine
ordentliche Historische Vorbildung der Juristen, und er vermißte eine solche nicht
nur im Realgymnasium, sondern er wagte auch die Behauptung, „es sei ein Jammer,
wie es jetzt mit der geschichtlichen Ausbildung auf den humanistischen Gymnasien
stehe, und er halte es für unerläßlich, daß der historische Unterricht auf ihnen wieder
gestärkt werde, daß wieder mehr Nachdruck auf das Zahlenwerk, das einem das


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[0246] Maßgebliches und Unmaßgebliches Abschluß verspricht (schon im siebenten Semester!), als jedes andre heutzutage, und doch durch äußerlich glänzende Ziele, die höchsten, die eine amtliche Laufbahn bietet, anlockt. Als ein besondrer Vorzug des humanistischen Gymnasiums wurde von den Juristen die bessere logische Schulung gepriesen, und das alte Paradepferd, die logische Bildungskrnft der klassischen Sprachen, wacker getummelt. Nun, genau ge¬ nommen steht hier das Lateinische im Vordergründe, das Griechische wird heut¬ zutage nicht um der grammatischen Schulung, sondern um der Lektüre willen ge¬ lehrt, und das Lateinische ist doch auch auf dem Realgymnasium ein Hauptfach, das Französische wird dort sogar stärker betrieben als auf der andern Seite, und niemand wird bestreiten, daß gerade dieser Sprache besonders in den: seinen Auf¬ bau ihrer Syntax eine das logische Denken schulende Kraft innewvhne. Allerdings, und das wurde von deu juristischen Redner» besonders betont, das realgymnasiale Latein bricht früher ab, es führt in der Lektüre nur bis zu Livius und bis zu den Oden des Horaz, es macht Halt vor den höchsten Gipfeln der lateinischen Literatur, vor Taeitus wie vor deu horazischen Satiren und Episteln, ihren be¬ deutendsten und selbständigsten Leistungen. Aber erstens sind in Sachsen wahlfreie lateinische Ergänzungskurse in den beiden Pruner angeordnet, zweitens würden sich gewiß nur besonders tüchtige Realgymnasiasten dem juristischen Studium zuwenden, weil sie gewisse Schwierigkeiten zu überwinden haben, und drittens ist das Juristeu- lntein mit seiner eigentümlichen Terminologie auch dem Gymnasialabiturienten schwerlich ohne weiteres verständlich; er muß sich erst einlesen, wie man sich in jeden neuen Schriststeller erst einlesen muß, und das wird unter geeigneter An¬ leitung wohl auch ein tüchtiger Nealgymnasiast fertig bringen. Endlich ist eine Seite der Frage, eine sehr wichtige, völlig außer acht ge¬ blieben. Die Aufgabe des Juristen ist doch heutzutage nicht bloß die, das geltende Recht auf einen vorliegenden Fall logisch richtig anzuwenden. Gerade diese oft rein äußerliche, sozusagen scholastische Behandlung der Sache, bei der mitunter der sogenannte gesunde Menschenverstand ganz ausgeschaltet zu sein scheint, veranlaßt zuweilen Meile, die weithin Befremden, ja Entrüstung erregen. Der Jurist soll auch das Leben kennen, denn er hat oft genug höchst verwickelte Fälle zu ent¬ scheiden, und wenn er dazu eine tiefere und ausgebreiteter« Kenntnis lebender Kultursprachen und die Fähigkeit, sich in technische oder kaufmännische Fragen hineinzufinden (man denke an deu Leipziger Bankprozcß, vor dessen Spezialitäten sich die Juristen völlig als Laien fühlten!), mitbringt, so wird das der Sache mehr frommen als die scharfsinnigste Anwendung des geltenden Rechts; jedenfalls sind solche Kenntnisse kein bloßes „Aceessorinm". Außerdem hat die Universität doch nicht nur künftige Richter und Staatsanwälte vorzubilden, sondern mich Verwaltungs¬ beamte, für die diese Kenntnisse noch viel wichtiger sind als für die eigentliche» Juristen, wohl ebenso wichtig wie die des vorpus juris, das für sie nnr den Wert einer logischen Schulung haben kann; und daß gerade für künftige Verwal- tungsbeamte die heutige Vorbildung lückenhaft, daß sie zu einseitig juristisch ist, das lehren nach einer weitverbreiteten Ansicht die fortwährenden Klagen über büreau¬ kratische Entscheidungen vom grünen Tische und über den „Assessorismus" in unsern Kolonien, die durch nichts mehr geschädigt worden sind als durch den juristischen Formalismus. Der Vorschlag Freges. ehemalige Realgymnasiasten als Beamte dorthin zu schicken, weil sie dort ja weniger zu wissen brauchte», wäre vielleicht gar nicht so übel. Bisher meinte man freilich, dort seien die besten Leute gerade gut genug. Mit Recht verlangte der juristische Vertreter der Universität Leipzig mich eine ordentliche Historische Vorbildung der Juristen, und er vermißte eine solche nicht nur im Realgymnasium, sondern er wagte auch die Behauptung, „es sei ein Jammer, wie es jetzt mit der geschichtlichen Ausbildung auf den humanistischen Gymnasien stehe, und er halte es für unerläßlich, daß der historische Unterricht auf ihnen wieder gestärkt werde, daß wieder mehr Nachdruck auf das Zahlenwerk, das einem das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/246>, abgerufen am 25.07.2024.