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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Das japanische Heer

35 Werst, verzögert. Es ist mithin wahrscheinlich, daß die Einschiffung in mehreren
Häfen zugleich vor sich geht, wenngleich es in diesem Falle schwieriger ist, sich
vor den Angriffen feindlicher Kreuzer und Torpedoboote zu schützen.

An den einzelnen Küstenpunkten der Insel Chondo können, unter Voraus¬
setzung einer besondern Aufmarschlinic für jede Division, konzentriert werden in:

1, Aomori...... 2 Divisionen (8,, 2,)
2, Sendaio...... 4 " (2,, 8,, 1., Garde)
3, Tokio....... 4 " (Garde, 1,, 2,, 3,)
4, navem...... 1^ " (1, u, Ins,-Brig, 2,)
5, Nagoia oder Jokkaitschi , 4 " <3., 4., Garde, 9,)
6, Zuruga...... 3 " (9., 3., 4.)
7, Osaka oder Kobe , , , 3'/2-4 " (4,, 3,, 9,, 10,)

Die zur Konzentrierung dieser Truppen mit aller Bagage an den aufge¬
führten Punkten nötige Zeit beträgt nicht mehr als sieben bis zehn Tage, mit
Ausnahme vou navem, wo doppelt so viel Zeit nötig ist, da die Eisenbahn hier
das Gebirge durchschneidet und der Zug neu zusammengestellt werden muß.
Auf der Insel Kiu-sin erscheinen Modshi und Sasebo als geeignete Ein¬
schiffungspunkte für die beiden Divisionen der Insel, besonders Misumi in der
Bucht von Simabara für Teile der 6. Division. Endlich wird die 11. Division
auf Sikoku wahrscheinlich nicht auf dieser Insel bleiben, sondern entweder mit
andern Truppen an einer Offensive teilnehmen oder zur Verstärkung der Truppen
auf Chondo dienen.

Das sind die Ergebnisse, zu denen man unter Berücksichtigung der Truppen¬
verteilung und des vorhandnen Eisenbahnnetzes bei einer Truppenzusammen-
ziehung in Japan gelangt. Zwischen diesen Ergebnissen und der Wirklichkeit
ist ohne Frage noch ein Abstand, wahrscheinlich nicht zugunsten der theoretischen
Erwägungen. Zu berücksichtigen bleibt, daß bei einer Truppenzusammenziehuug
an den genannten Küstenpunkten zur Abwehr einer feindlichen Landung eine
bedeutende Zeitersparnis durch Abfertigung der Truppen ohne Divisionsbagage,
durch engere Placierung in den Eisenbahnwaggons und dnrch Entsendung der
Kavallerie auf dem Marschwege erreicht werden kann. Ferner kann eine Truppen¬
zusammenziehuug zu Augriffszwecken wenn auch bis zur Durchführung der Eisen¬
bahnerweiterung nicht beschleunigt, so doch ihr Beginn dank der Entfernung und
insularen Lage Japans jedenfalls eher geheim gehalten werden, als das z. B.
in irgend einem Lande Europas möglich wäre.

Alles in allem hat Japan dank der von europäischen Jnstruktoreu gelegten
Grundlage gegenwärtig eine bis in die kleinsten Einzelheiten nach europäischem
Muster organisierte Landmacht, die nach dem Bericht von Augenzeugen gut ge¬
drillt ist. Ihre Zahlenstärke erscheint für den fernen Osten beträchtlich, wenn
auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Landes nicht übermäßig. Eine
weitere Heeresvermehrung ist übrigens ohne Überlastung der vornehmlich acker¬
bautreibenden und das Feld mit eigner Hand bestellenden Bevölkerung und
ohne äußerste Anspannung der Finanzkräfte des Landes kaum möglich.




Das japanische Heer

35 Werst, verzögert. Es ist mithin wahrscheinlich, daß die Einschiffung in mehreren
Häfen zugleich vor sich geht, wenngleich es in diesem Falle schwieriger ist, sich
vor den Angriffen feindlicher Kreuzer und Torpedoboote zu schützen.

An den einzelnen Küstenpunkten der Insel Chondo können, unter Voraus¬
setzung einer besondern Aufmarschlinic für jede Division, konzentriert werden in:

1, Aomori...... 2 Divisionen (8,, 2,)
2, Sendaio...... 4 „ (2,, 8,, 1., Garde)
3, Tokio....... 4 „ (Garde, 1,, 2,, 3,)
4, navem...... 1^ „ (1, u, Ins,-Brig, 2,)
5, Nagoia oder Jokkaitschi , 4 „ <3., 4., Garde, 9,)
6, Zuruga...... 3 „ (9., 3., 4.)
7, Osaka oder Kobe , , , 3'/2-4 „ (4,, 3,, 9,, 10,)

Die zur Konzentrierung dieser Truppen mit aller Bagage an den aufge¬
führten Punkten nötige Zeit beträgt nicht mehr als sieben bis zehn Tage, mit
Ausnahme vou navem, wo doppelt so viel Zeit nötig ist, da die Eisenbahn hier
das Gebirge durchschneidet und der Zug neu zusammengestellt werden muß.
Auf der Insel Kiu-sin erscheinen Modshi und Sasebo als geeignete Ein¬
schiffungspunkte für die beiden Divisionen der Insel, besonders Misumi in der
Bucht von Simabara für Teile der 6. Division. Endlich wird die 11. Division
auf Sikoku wahrscheinlich nicht auf dieser Insel bleiben, sondern entweder mit
andern Truppen an einer Offensive teilnehmen oder zur Verstärkung der Truppen
auf Chondo dienen.

Das sind die Ergebnisse, zu denen man unter Berücksichtigung der Truppen¬
verteilung und des vorhandnen Eisenbahnnetzes bei einer Truppenzusammen-
ziehung in Japan gelangt. Zwischen diesen Ergebnissen und der Wirklichkeit
ist ohne Frage noch ein Abstand, wahrscheinlich nicht zugunsten der theoretischen
Erwägungen. Zu berücksichtigen bleibt, daß bei einer Truppenzusammenziehuug
an den genannten Küstenpunkten zur Abwehr einer feindlichen Landung eine
bedeutende Zeitersparnis durch Abfertigung der Truppen ohne Divisionsbagage,
durch engere Placierung in den Eisenbahnwaggons und dnrch Entsendung der
Kavallerie auf dem Marschwege erreicht werden kann. Ferner kann eine Truppen¬
zusammenziehuug zu Augriffszwecken wenn auch bis zur Durchführung der Eisen¬
bahnerweiterung nicht beschleunigt, so doch ihr Beginn dank der Entfernung und
insularen Lage Japans jedenfalls eher geheim gehalten werden, als das z. B.
in irgend einem Lande Europas möglich wäre.

Alles in allem hat Japan dank der von europäischen Jnstruktoreu gelegten
Grundlage gegenwärtig eine bis in die kleinsten Einzelheiten nach europäischem
Muster organisierte Landmacht, die nach dem Bericht von Augenzeugen gut ge¬
drillt ist. Ihre Zahlenstärke erscheint für den fernen Osten beträchtlich, wenn
auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Landes nicht übermäßig. Eine
weitere Heeresvermehrung ist übrigens ohne Überlastung der vornehmlich acker¬
bautreibenden und das Feld mit eigner Hand bestellenden Bevölkerung und
ohne äußerste Anspannung der Finanzkräfte des Landes kaum möglich.




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[0215] Das japanische Heer 35 Werst, verzögert. Es ist mithin wahrscheinlich, daß die Einschiffung in mehreren Häfen zugleich vor sich geht, wenngleich es in diesem Falle schwieriger ist, sich vor den Angriffen feindlicher Kreuzer und Torpedoboote zu schützen. An den einzelnen Küstenpunkten der Insel Chondo können, unter Voraus¬ setzung einer besondern Aufmarschlinic für jede Division, konzentriert werden in: 1, Aomori...... 2 Divisionen (8,, 2,) 2, Sendaio...... 4 „ (2,, 8,, 1., Garde) 3, Tokio....... 4 „ (Garde, 1,, 2,, 3,) 4, navem...... 1^ „ (1, u, Ins,-Brig, 2,) 5, Nagoia oder Jokkaitschi , 4 „ <3., 4., Garde, 9,) 6, Zuruga...... 3 „ (9., 3., 4.) 7, Osaka oder Kobe , , , 3'/2-4 „ (4,, 3,, 9,, 10,) Die zur Konzentrierung dieser Truppen mit aller Bagage an den aufge¬ führten Punkten nötige Zeit beträgt nicht mehr als sieben bis zehn Tage, mit Ausnahme vou navem, wo doppelt so viel Zeit nötig ist, da die Eisenbahn hier das Gebirge durchschneidet und der Zug neu zusammengestellt werden muß. Auf der Insel Kiu-sin erscheinen Modshi und Sasebo als geeignete Ein¬ schiffungspunkte für die beiden Divisionen der Insel, besonders Misumi in der Bucht von Simabara für Teile der 6. Division. Endlich wird die 11. Division auf Sikoku wahrscheinlich nicht auf dieser Insel bleiben, sondern entweder mit andern Truppen an einer Offensive teilnehmen oder zur Verstärkung der Truppen auf Chondo dienen. Das sind die Ergebnisse, zu denen man unter Berücksichtigung der Truppen¬ verteilung und des vorhandnen Eisenbahnnetzes bei einer Truppenzusammen- ziehung in Japan gelangt. Zwischen diesen Ergebnissen und der Wirklichkeit ist ohne Frage noch ein Abstand, wahrscheinlich nicht zugunsten der theoretischen Erwägungen. Zu berücksichtigen bleibt, daß bei einer Truppenzusammenziehuug an den genannten Küstenpunkten zur Abwehr einer feindlichen Landung eine bedeutende Zeitersparnis durch Abfertigung der Truppen ohne Divisionsbagage, durch engere Placierung in den Eisenbahnwaggons und dnrch Entsendung der Kavallerie auf dem Marschwege erreicht werden kann. Ferner kann eine Truppen¬ zusammenziehuug zu Augriffszwecken wenn auch bis zur Durchführung der Eisen¬ bahnerweiterung nicht beschleunigt, so doch ihr Beginn dank der Entfernung und insularen Lage Japans jedenfalls eher geheim gehalten werden, als das z. B. in irgend einem Lande Europas möglich wäre. Alles in allem hat Japan dank der von europäischen Jnstruktoreu gelegten Grundlage gegenwärtig eine bis in die kleinsten Einzelheiten nach europäischem Muster organisierte Landmacht, die nach dem Bericht von Augenzeugen gut ge¬ drillt ist. Ihre Zahlenstärke erscheint für den fernen Osten beträchtlich, wenn auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Landes nicht übermäßig. Eine weitere Heeresvermehrung ist übrigens ohne Überlastung der vornehmlich acker¬ bautreibenden und das Feld mit eigner Hand bestellenden Bevölkerung und ohne äußerste Anspannung der Finanzkräfte des Landes kaum möglich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/215>, abgerufen am 30.06.2024.