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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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westfälische Geschichten

ihn: Die Rieka hat mich lieb. Noch weniger als sonst achtete er ans das Spiel.
Was kath, wenn auch die paar hundert Taler, die er auf der Sparkasse hatte, zum
Teil ein Erbteil seiner Patengrosznmtter, zum Teil erspart aus deu Preisen, die er
sich bei den Wettrennen errungen hatte, was kath, wenn sie drauf gingen? Daß der
Vater seit seinem Verspruch mit der Fina die Hand auf dem Beutel hielt und den
Sohn nicht besser behandelte als einen Knecht? -- Wenn nur die Rieka ja sagte,
dann schüttelte er den Staub von den Füßen, dann gings zurück in die Residenz,
in das lustige Reiterleben hinein: dann wollte er kapitulieren. Er zweifelte keinen
Augenblick, daß sie ihn mich jetzt noch nehmen würden. Er baute Luftschlösser,
während das Geld aus seiner Tasche flog, und schaute die Rieka an. Die saß auf
dem Sofa, ein Buch in der Hand. Auf ihren Wangen kam und ging das Rot.
Unruhig flogen ihre Augen zur Tür. Eine rote Rose trug sie an der Brust. Heut
hatte sie eine rasche Antwort auf der Lippe für jede an sie gerichtete Frage, ein
Lächeln für jeden. Die jungen Burschen an dem Tisch des Clemens Lie, die jungen
Herren aus der Stadt, die mit dem Hera spielten, alle waren berauscht von ihr.
Die Taschen wurden leer, die Kassen der Spielhalter füllten sich.

Da öffnete sich die Tür. Vermonts Franz stand auf der Schwelle. Dunkles
Rot überflammte das Gesicht der Rieka. Sie sprang auf, sie bot dem Eintretenden
die Hand. Die Freud, Franz, daß du kommst, zu uns kommst! Ihre Stimme
zitterte wie vor innerer Bewegung. Dem Franz gings wie ein Schlag durch die
Glieder. War das Wahrheit? Sie sah, wie blaß er wurde. Er zwang sich zur
Ruhe. Dem Hinrich hab ichs versprochen, daß ich heut kommen wollt, sagte er.
Dank für den freundlichen Empfang.

Auch der Hera hatte sich erhoben: Die Ehr, daß du zu uns kommst, Clermonts
Franz, die muß gefeiert werden. Rieka, ne Flasche vom besten aus dem Keller.

Ist dankenswert, Kronenwirt, sagte der Franz. Laßt Euern Wein im Keller,
ich trink ihn nicht. Wenn der Kellner mir ein Glas Bier bringen könnt,
wärs recht.

Wies Euch beliebt, sagte der Hera nun auch in anderm Ton. Da Ihr in
die Spielstub gekommen seid, dürfen wir ja auch wohl fragen, was Ihr spielen
wollt, Schafsbock oder Solo?

Da saß der Franz am Spieltisch des Clemens Lie im Hause seines Todfeindes
neben dem Hinrich. Auf dem Sofa an der Wand saß die Rieka. Sie hielt ihr
Buch in der Hand. Sie schaute mit keinem Blick hinein. Ihre Wimpern waren
nicht wie sonst gesenkt. Weit offnen Blickes leuchteten ihre Augen dort hinüber,
ivo der Franz neben dem Hinrich am Spieltisch saß. Ihre Wangen glühten.
Sie sprach nicht viel, aber was sie sagte, war alles darauf berechnet, daß es den
Franz treffen, daß es ihm sagen mußte, wie sie sich freue, daß er da sei. Das
ihm bestimmte Glas Bier nahm sie dem Kellner aus der Hand und bot es dem
Franz. nachdem sie zuvor daran genippt hatte: Zum Wohl. Sie schaute ihn an, daß
es ihm ins Blut ging. Mit Blicke" unverhohlnen Neides schauten die übrigen
Gäste auf den Franz. Der Hinrich flüsterte ihm ins Ohr: Das tut sie mir zuliebe,
daß sie so gut ist zu dir!

Ihre glühenden Blicke, ihr völlig verändertes Wesen, alles, was dem Franz
galt, der neben ihm saß, der Hinrich glaubte es an sich gerichtet. Er konnte die
Stunde nicht erwarten, wo das Spiel zu Ende ging, die Gäste sich entfernen mußten,
und wo sie ihm sagen würde, ob sie ihn nehmen wolle. Jetzt wußte er: Sie
sagt ja.

Immer mußte der Franz sich zurufen: Ist ja alles Lug und Trug, ihr freund¬
liches Wesen, ihr heißer Blick. Sie haßt dich, wie ihr Vater dich haßt. Sei auf
deiner Hut, den Kopf nicht zu verlieren. Die übrigen Spieler alle hatten ihn
Verloren. Die Rieka war alles, was sie sahen und dachten. Wie der Hera und
der Clemens Lie die Karten mischten und anstellten, welche geheimen Zeichen sie
an dieser und jener Karte angebracht hatten, ob hier und da eine falsche uuter-


westfälische Geschichten

ihn: Die Rieka hat mich lieb. Noch weniger als sonst achtete er ans das Spiel.
Was kath, wenn auch die paar hundert Taler, die er auf der Sparkasse hatte, zum
Teil ein Erbteil seiner Patengrosznmtter, zum Teil erspart aus deu Preisen, die er
sich bei den Wettrennen errungen hatte, was kath, wenn sie drauf gingen? Daß der
Vater seit seinem Verspruch mit der Fina die Hand auf dem Beutel hielt und den
Sohn nicht besser behandelte als einen Knecht? — Wenn nur die Rieka ja sagte,
dann schüttelte er den Staub von den Füßen, dann gings zurück in die Residenz,
in das lustige Reiterleben hinein: dann wollte er kapitulieren. Er zweifelte keinen
Augenblick, daß sie ihn mich jetzt noch nehmen würden. Er baute Luftschlösser,
während das Geld aus seiner Tasche flog, und schaute die Rieka an. Die saß auf
dem Sofa, ein Buch in der Hand. Auf ihren Wangen kam und ging das Rot.
Unruhig flogen ihre Augen zur Tür. Eine rote Rose trug sie an der Brust. Heut
hatte sie eine rasche Antwort auf der Lippe für jede an sie gerichtete Frage, ein
Lächeln für jeden. Die jungen Burschen an dem Tisch des Clemens Lie, die jungen
Herren aus der Stadt, die mit dem Hera spielten, alle waren berauscht von ihr.
Die Taschen wurden leer, die Kassen der Spielhalter füllten sich.

Da öffnete sich die Tür. Vermonts Franz stand auf der Schwelle. Dunkles
Rot überflammte das Gesicht der Rieka. Sie sprang auf, sie bot dem Eintretenden
die Hand. Die Freud, Franz, daß du kommst, zu uns kommst! Ihre Stimme
zitterte wie vor innerer Bewegung. Dem Franz gings wie ein Schlag durch die
Glieder. War das Wahrheit? Sie sah, wie blaß er wurde. Er zwang sich zur
Ruhe. Dem Hinrich hab ichs versprochen, daß ich heut kommen wollt, sagte er.
Dank für den freundlichen Empfang.

Auch der Hera hatte sich erhoben: Die Ehr, daß du zu uns kommst, Clermonts
Franz, die muß gefeiert werden. Rieka, ne Flasche vom besten aus dem Keller.

Ist dankenswert, Kronenwirt, sagte der Franz. Laßt Euern Wein im Keller,
ich trink ihn nicht. Wenn der Kellner mir ein Glas Bier bringen könnt,
wärs recht.

Wies Euch beliebt, sagte der Hera nun auch in anderm Ton. Da Ihr in
die Spielstub gekommen seid, dürfen wir ja auch wohl fragen, was Ihr spielen
wollt, Schafsbock oder Solo?

Da saß der Franz am Spieltisch des Clemens Lie im Hause seines Todfeindes
neben dem Hinrich. Auf dem Sofa an der Wand saß die Rieka. Sie hielt ihr
Buch in der Hand. Sie schaute mit keinem Blick hinein. Ihre Wimpern waren
nicht wie sonst gesenkt. Weit offnen Blickes leuchteten ihre Augen dort hinüber,
ivo der Franz neben dem Hinrich am Spieltisch saß. Ihre Wangen glühten.
Sie sprach nicht viel, aber was sie sagte, war alles darauf berechnet, daß es den
Franz treffen, daß es ihm sagen mußte, wie sie sich freue, daß er da sei. Das
ihm bestimmte Glas Bier nahm sie dem Kellner aus der Hand und bot es dem
Franz. nachdem sie zuvor daran genippt hatte: Zum Wohl. Sie schaute ihn an, daß
es ihm ins Blut ging. Mit Blicke» unverhohlnen Neides schauten die übrigen
Gäste auf den Franz. Der Hinrich flüsterte ihm ins Ohr: Das tut sie mir zuliebe,
daß sie so gut ist zu dir!

Ihre glühenden Blicke, ihr völlig verändertes Wesen, alles, was dem Franz
galt, der neben ihm saß, der Hinrich glaubte es an sich gerichtet. Er konnte die
Stunde nicht erwarten, wo das Spiel zu Ende ging, die Gäste sich entfernen mußten,
und wo sie ihm sagen würde, ob sie ihn nehmen wolle. Jetzt wußte er: Sie
sagt ja.

Immer mußte der Franz sich zurufen: Ist ja alles Lug und Trug, ihr freund¬
liches Wesen, ihr heißer Blick. Sie haßt dich, wie ihr Vater dich haßt. Sei auf
deiner Hut, den Kopf nicht zu verlieren. Die übrigen Spieler alle hatten ihn
Verloren. Die Rieka war alles, was sie sahen und dachten. Wie der Hera und
der Clemens Lie die Karten mischten und anstellten, welche geheimen Zeichen sie
an dieser und jener Karte angebracht hatten, ob hier und da eine falsche uuter-


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[0175] westfälische Geschichten ihn: Die Rieka hat mich lieb. Noch weniger als sonst achtete er ans das Spiel. Was kath, wenn auch die paar hundert Taler, die er auf der Sparkasse hatte, zum Teil ein Erbteil seiner Patengrosznmtter, zum Teil erspart aus deu Preisen, die er sich bei den Wettrennen errungen hatte, was kath, wenn sie drauf gingen? Daß der Vater seit seinem Verspruch mit der Fina die Hand auf dem Beutel hielt und den Sohn nicht besser behandelte als einen Knecht? — Wenn nur die Rieka ja sagte, dann schüttelte er den Staub von den Füßen, dann gings zurück in die Residenz, in das lustige Reiterleben hinein: dann wollte er kapitulieren. Er zweifelte keinen Augenblick, daß sie ihn mich jetzt noch nehmen würden. Er baute Luftschlösser, während das Geld aus seiner Tasche flog, und schaute die Rieka an. Die saß auf dem Sofa, ein Buch in der Hand. Auf ihren Wangen kam und ging das Rot. Unruhig flogen ihre Augen zur Tür. Eine rote Rose trug sie an der Brust. Heut hatte sie eine rasche Antwort auf der Lippe für jede an sie gerichtete Frage, ein Lächeln für jeden. Die jungen Burschen an dem Tisch des Clemens Lie, die jungen Herren aus der Stadt, die mit dem Hera spielten, alle waren berauscht von ihr. Die Taschen wurden leer, die Kassen der Spielhalter füllten sich. Da öffnete sich die Tür. Vermonts Franz stand auf der Schwelle. Dunkles Rot überflammte das Gesicht der Rieka. Sie sprang auf, sie bot dem Eintretenden die Hand. Die Freud, Franz, daß du kommst, zu uns kommst! Ihre Stimme zitterte wie vor innerer Bewegung. Dem Franz gings wie ein Schlag durch die Glieder. War das Wahrheit? Sie sah, wie blaß er wurde. Er zwang sich zur Ruhe. Dem Hinrich hab ichs versprochen, daß ich heut kommen wollt, sagte er. Dank für den freundlichen Empfang. Auch der Hera hatte sich erhoben: Die Ehr, daß du zu uns kommst, Clermonts Franz, die muß gefeiert werden. Rieka, ne Flasche vom besten aus dem Keller. Ist dankenswert, Kronenwirt, sagte der Franz. Laßt Euern Wein im Keller, ich trink ihn nicht. Wenn der Kellner mir ein Glas Bier bringen könnt, wärs recht. Wies Euch beliebt, sagte der Hera nun auch in anderm Ton. Da Ihr in die Spielstub gekommen seid, dürfen wir ja auch wohl fragen, was Ihr spielen wollt, Schafsbock oder Solo? Da saß der Franz am Spieltisch des Clemens Lie im Hause seines Todfeindes neben dem Hinrich. Auf dem Sofa an der Wand saß die Rieka. Sie hielt ihr Buch in der Hand. Sie schaute mit keinem Blick hinein. Ihre Wimpern waren nicht wie sonst gesenkt. Weit offnen Blickes leuchteten ihre Augen dort hinüber, ivo der Franz neben dem Hinrich am Spieltisch saß. Ihre Wangen glühten. Sie sprach nicht viel, aber was sie sagte, war alles darauf berechnet, daß es den Franz treffen, daß es ihm sagen mußte, wie sie sich freue, daß er da sei. Das ihm bestimmte Glas Bier nahm sie dem Kellner aus der Hand und bot es dem Franz. nachdem sie zuvor daran genippt hatte: Zum Wohl. Sie schaute ihn an, daß es ihm ins Blut ging. Mit Blicke» unverhohlnen Neides schauten die übrigen Gäste auf den Franz. Der Hinrich flüsterte ihm ins Ohr: Das tut sie mir zuliebe, daß sie so gut ist zu dir! Ihre glühenden Blicke, ihr völlig verändertes Wesen, alles, was dem Franz galt, der neben ihm saß, der Hinrich glaubte es an sich gerichtet. Er konnte die Stunde nicht erwarten, wo das Spiel zu Ende ging, die Gäste sich entfernen mußten, und wo sie ihm sagen würde, ob sie ihn nehmen wolle. Jetzt wußte er: Sie sagt ja. Immer mußte der Franz sich zurufen: Ist ja alles Lug und Trug, ihr freund¬ liches Wesen, ihr heißer Blick. Sie haßt dich, wie ihr Vater dich haßt. Sei auf deiner Hut, den Kopf nicht zu verlieren. Die übrigen Spieler alle hatten ihn Verloren. Die Rieka war alles, was sie sahen und dachten. Wie der Hera und der Clemens Lie die Karten mischten und anstellten, welche geheimen Zeichen sie an dieser und jener Karte angebracht hatten, ob hier und da eine falsche uuter-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/175>, abgerufen am 30.06.2024.