Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Lnrstentag zu Erfurt im Jahre ^303

der ^.näroiuaauö, die ihm besonders gefiel, wandte er sich zum Kaiser von
Rußland und sprach einige Worte mit ihm. Man hatte die Stücke sehr
sorgfältig ausgewählt, alle waren nach Napoleons Absicht darauf berechnet,
dem deutschen Publikum große Helden vorzuführen, die gewaltige Taten ver¬
richtet und sich durch Tapferkeit und hohe Geistesgaben über die gewöhnlichen
Menschen erhoben hatten und von den staunenden Zeitgenossen wie Wesen
höherer Art verehrt und gepriesen wurden. Dabei fanden sich Anspielungen
in Menge auf den Imperator selbst, besonders in der IxuiZ6mis klingt es
immer wieder und immer aufs neue von Unsterblichkeit, von ewigem Ruhm,
von Heldengröße und von dem gewaltigen Fatum, und der Kaiser hatte Talma
vorher genau instruiert, gewisse Worte recht deutlich und ergreifend zu dekla¬
mieren. Napoleons Lieblingsstück war Uf-Koinst von Voltaire, denn dort fand
sich das beste Spiegelbild für seine Macht. Da heißt es:

Man kann sich die Wirkung dieser Worte denken, die Blicke des ganzen
Theatersaales richteten sich auf Napoleon. Alle Welt hörte die Schauspieler,
aber alle Welt schaute auf ihn. Dann trat der Schauspieler Lafond (oder
Lafond) auf und sprach in die lautlose Versammlung hinein:

Man wagte kaum zu applaudieren, aber gleich darauf brach der Beifall
los im Dialog zwischen Omar und Sopir:

Und dieser Beifall erreichte seinen Höhepunkt und wurde zum Jubel, der
gar kein Ende nehmen wollte, als Talma in der Rolle des Omar dicht an
die Rampe trat und, mit einer deutlich zu bemerkenden Wendung nach Napoleon
hin, ansnef:


Der Lnrstentag zu Erfurt im Jahre ^303

der ^.näroiuaauö, die ihm besonders gefiel, wandte er sich zum Kaiser von
Rußland und sprach einige Worte mit ihm. Man hatte die Stücke sehr
sorgfältig ausgewählt, alle waren nach Napoleons Absicht darauf berechnet,
dem deutschen Publikum große Helden vorzuführen, die gewaltige Taten ver¬
richtet und sich durch Tapferkeit und hohe Geistesgaben über die gewöhnlichen
Menschen erhoben hatten und von den staunenden Zeitgenossen wie Wesen
höherer Art verehrt und gepriesen wurden. Dabei fanden sich Anspielungen
in Menge auf den Imperator selbst, besonders in der IxuiZ6mis klingt es
immer wieder und immer aufs neue von Unsterblichkeit, von ewigem Ruhm,
von Heldengröße und von dem gewaltigen Fatum, und der Kaiser hatte Talma
vorher genau instruiert, gewisse Worte recht deutlich und ergreifend zu dekla¬
mieren. Napoleons Lieblingsstück war Uf-Koinst von Voltaire, denn dort fand
sich das beste Spiegelbild für seine Macht. Da heißt es:

Man kann sich die Wirkung dieser Worte denken, die Blicke des ganzen
Theatersaales richteten sich auf Napoleon. Alle Welt hörte die Schauspieler,
aber alle Welt schaute auf ihn. Dann trat der Schauspieler Lafond (oder
Lafond) auf und sprach in die lautlose Versammlung hinein:

Man wagte kaum zu applaudieren, aber gleich darauf brach der Beifall
los im Dialog zwischen Omar und Sopir:

Und dieser Beifall erreichte seinen Höhepunkt und wurde zum Jubel, der
gar kein Ende nehmen wollte, als Talma in der Rolle des Omar dicht an
die Rampe trat und, mit einer deutlich zu bemerkenden Wendung nach Napoleon
hin, ansnef:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0084" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/292881"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Lnrstentag zu Erfurt im Jahre ^303</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_353" prev="#ID_352"> der ^.näroiuaauö, die ihm besonders gefiel, wandte er sich zum Kaiser von<lb/>
Rußland und sprach einige Worte mit ihm. Man hatte die Stücke sehr<lb/>
sorgfältig ausgewählt, alle waren nach Napoleons Absicht darauf berechnet,<lb/>
dem deutschen Publikum große Helden vorzuführen, die gewaltige Taten ver¬<lb/>
richtet und sich durch Tapferkeit und hohe Geistesgaben über die gewöhnlichen<lb/>
Menschen erhoben hatten und von den staunenden Zeitgenossen wie Wesen<lb/>
höherer Art verehrt und gepriesen wurden. Dabei fanden sich Anspielungen<lb/>
in Menge auf den Imperator selbst, besonders in der IxuiZ6mis klingt es<lb/>
immer wieder und immer aufs neue von Unsterblichkeit, von ewigem Ruhm,<lb/>
von Heldengröße und von dem gewaltigen Fatum, und der Kaiser hatte Talma<lb/>
vorher genau instruiert, gewisse Worte recht deutlich und ergreifend zu dekla¬<lb/>
mieren. Napoleons Lieblingsstück war Uf-Koinst von Voltaire, denn dort fand<lb/>
sich das beste Spiegelbild für seine Macht.  Da heißt es:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_5" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_354"> Man kann sich die Wirkung dieser Worte denken, die Blicke des ganzen<lb/>
Theatersaales richteten sich auf Napoleon. Alle Welt hörte die Schauspieler,<lb/>
aber alle Welt schaute auf ihn. Dann trat der Schauspieler Lafond (oder<lb/>
Lafond) auf und sprach in die lautlose Versammlung hinein:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_6" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_355"> Man wagte kaum zu applaudieren, aber gleich darauf brach der Beifall<lb/>
los im Dialog zwischen Omar und Sopir:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_7" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_356"> Und dieser Beifall erreichte seinen Höhepunkt und wurde zum Jubel, der<lb/>
gar kein Ende nehmen wollte, als Talma in der Rolle des Omar dicht an<lb/>
die Rampe trat und, mit einer deutlich zu bemerkenden Wendung nach Napoleon<lb/>
hin, ansnef: </p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_8" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0084] Der Lnrstentag zu Erfurt im Jahre ^303 der ^.näroiuaauö, die ihm besonders gefiel, wandte er sich zum Kaiser von Rußland und sprach einige Worte mit ihm. Man hatte die Stücke sehr sorgfältig ausgewählt, alle waren nach Napoleons Absicht darauf berechnet, dem deutschen Publikum große Helden vorzuführen, die gewaltige Taten ver¬ richtet und sich durch Tapferkeit und hohe Geistesgaben über die gewöhnlichen Menschen erhoben hatten und von den staunenden Zeitgenossen wie Wesen höherer Art verehrt und gepriesen wurden. Dabei fanden sich Anspielungen in Menge auf den Imperator selbst, besonders in der IxuiZ6mis klingt es immer wieder und immer aufs neue von Unsterblichkeit, von ewigem Ruhm, von Heldengröße und von dem gewaltigen Fatum, und der Kaiser hatte Talma vorher genau instruiert, gewisse Worte recht deutlich und ergreifend zu dekla¬ mieren. Napoleons Lieblingsstück war Uf-Koinst von Voltaire, denn dort fand sich das beste Spiegelbild für seine Macht. Da heißt es: Man kann sich die Wirkung dieser Worte denken, die Blicke des ganzen Theatersaales richteten sich auf Napoleon. Alle Welt hörte die Schauspieler, aber alle Welt schaute auf ihn. Dann trat der Schauspieler Lafond (oder Lafond) auf und sprach in die lautlose Versammlung hinein: Man wagte kaum zu applaudieren, aber gleich darauf brach der Beifall los im Dialog zwischen Omar und Sopir: Und dieser Beifall erreichte seinen Höhepunkt und wurde zum Jubel, der gar kein Ende nehmen wollte, als Talma in der Rolle des Omar dicht an die Rampe trat und, mit einer deutlich zu bemerkenden Wendung nach Napoleon hin, ansnef:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/84
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/84>, abgerufen am 25.08.2024.