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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Vernunft. O welche Labung, dies herrliche, gedankenklare, gesinnungsfrische Buch!"
Ein bei aller Überschwenglichkeit bezeichnendes Zeugnis.

Mit den Zensurscherereieu, die ihr folgendes Buch "Clemens Brentanos
Frühliugskranz" erfuhr, das aus rein formellen Gründen -- es war ein harm¬
loses Werk schwesterlicher Pietät -- beanstandet wurde, bis es auf Befehl des
Königs freigegeben wurde, befassen sich eine Reihe weiterer Briefe. Am ein¬
gehendsten aber wird ihre politische Tätigkeit durch das mitgeteilte neue Material
beleuchtet. Es zeigt den eignen Widerspruch, wie Bettine, obgleich sie selbst wieder¬
holt versichert, daß sie keine Zeitung lese, und obgleich sie sich auch des politischen
Urteils und aller politischen Erbitterung bescheidet, doch unermüdlich politische Fäden
spinnt und sich auch durch Mißerfolge lange nicht beirren läßt, bis sie zuletzt weh¬
mütig resignierend zur Seite tritt. Positiven Einfluß hat sie mit ihren zahlreichen
Reformvorschlägen nicht gehabt, konnte ihn wohl anch nicht haben, weil sie einer
ausgesprochnen Gefühlspolitik huldigte und den realen Verhältnissen nicht den zu¬
kommenden Wert beilegte. So kommt es zu einer Enttäuschung nach der andern.
Der Anerkennung ihres redlichen Strebens, zu helfen und zu fördern und namentlich
eine freimütige Vermittlerin zwischen König und Volk zu sein, tut das aber keinen
Eintrag. Denn wenn sie sich selbst dazu verstand, ihm sogar eigne Vorschläge für
ein zeitgemäßes liberales Ministerium zu übermitteln, so wollte sie damit nur dem
Gesamtinteresse dienen. Sie gesteht ihm selbst (S. 116 f.) "Einfluß haben ist mir
nichts .... Nur wenn mein guter Dämon mich trieb, mich des Höhern und Bessern
anzunehmen, hab ich mich oft in Stellungen versetzt, die andre gewagt nennen, aber
nie, daß ich hätte eine Rolle spielen wollen."

Weil sie aber die Sache des Volkes führen will, sieht sie ihre geschwornen
Feinde in den reaktionären Ministern und macht aus ihrem Haß gegen diese den
König absperrende Phalanx nirgends ein Hehl, sodnß der König selbst seine Be¬
amten in Schutz nehmen muß. Daneben erfahren wir viel von den Plackereien
durch Polizei und Zensur, die ihr manche gereizte, oft bissige Bemerkungen entlocken.
Daß sie es selbst an Herausforderungen nicht fehlen ließ, zeigt die souveräne Art,
wie sie z. B. mit dem Berliner Magistrat umspringt.

Wie sie als Anwalt der politisch Versenden ihre Stimme erhebt, verteidigend,
entschuldigend, fürbittend, läßt sich an zahlreichen Beispielen verfolgen. Ihr gutes
Herz spricht immer vernehmlich, wenn es ihr auch an politischer Einsicht gar oft
fehlte. Der König selbst erkennt ausdrücklich den edeln Drang, Leiden zu mildern,
als echt weiblich an. Dennoch legt ihm sein königliches Pflichtgefühl gebieterisch
Schranken auf. "Begnadigen, wie Sie wollen, um nichts und wieder nichts ist
schön und warm im weiblichen Herzen; bei den Männern, die ein gegebnes Amt
zu verwalten haben, ist es pure Torheit" (S. 172). So muß sie sich bei ihren
Vermittlungen für den denunzierte" schlesischen Fabrikanten F. W. Schlosse!, den
polnischen Aufrührer Mieroslawski, den Dichter Gottfried Kinkel usw. manche Ab¬
weisung und Belehrung eines andern gefallen lassen. Und doch läßt sie den Mut
so leicht nicht sinken. Denn: "Beschützer der Unterdrückten, so wollte ich so
gern sein, und wo ich ging und stand, sann ich ans diesen Juwel, ihn an der
Stirn zu tragen." Das ist ihr eignes Bekenntnis.

L. Geiger hat sich durch dieses wertvolle Buch und die mit kundiger Hand
gegebnen Erläuterungen Dank und lebhafte Anerkennung verdient. Man muß
wünschen, daß er aus den gebrochnen Bausteinen selbst das biographische Gebäude
C>. x. aufführt. stattlich und interessant muß es werden.


Die Komödie auf Krouborg.

Ans einem Gespräch, das Sophus Bauditz
mit dem Schriftsteller C. C. Raufen über sein letztes Werk hatte, und das dieser in eiuer
dänischen Zeitschrift veröffentlicht hat, teilen wir folgende Äußerungen mit: Mein
jüngstes Buch wird vermutlich auch das letzte sein, das ich hinaussende. Nicht
weil ich im Prinzip uicht mehr schreiben wollte oder nichts mehr zu schreiben hätte,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Vernunft. O welche Labung, dies herrliche, gedankenklare, gesinnungsfrische Buch!"
Ein bei aller Überschwenglichkeit bezeichnendes Zeugnis.

Mit den Zensurscherereieu, die ihr folgendes Buch „Clemens Brentanos
Frühliugskranz" erfuhr, das aus rein formellen Gründen — es war ein harm¬
loses Werk schwesterlicher Pietät — beanstandet wurde, bis es auf Befehl des
Königs freigegeben wurde, befassen sich eine Reihe weiterer Briefe. Am ein¬
gehendsten aber wird ihre politische Tätigkeit durch das mitgeteilte neue Material
beleuchtet. Es zeigt den eignen Widerspruch, wie Bettine, obgleich sie selbst wieder¬
holt versichert, daß sie keine Zeitung lese, und obgleich sie sich auch des politischen
Urteils und aller politischen Erbitterung bescheidet, doch unermüdlich politische Fäden
spinnt und sich auch durch Mißerfolge lange nicht beirren läßt, bis sie zuletzt weh¬
mütig resignierend zur Seite tritt. Positiven Einfluß hat sie mit ihren zahlreichen
Reformvorschlägen nicht gehabt, konnte ihn wohl anch nicht haben, weil sie einer
ausgesprochnen Gefühlspolitik huldigte und den realen Verhältnissen nicht den zu¬
kommenden Wert beilegte. So kommt es zu einer Enttäuschung nach der andern.
Der Anerkennung ihres redlichen Strebens, zu helfen und zu fördern und namentlich
eine freimütige Vermittlerin zwischen König und Volk zu sein, tut das aber keinen
Eintrag. Denn wenn sie sich selbst dazu verstand, ihm sogar eigne Vorschläge für
ein zeitgemäßes liberales Ministerium zu übermitteln, so wollte sie damit nur dem
Gesamtinteresse dienen. Sie gesteht ihm selbst (S. 116 f.) „Einfluß haben ist mir
nichts .... Nur wenn mein guter Dämon mich trieb, mich des Höhern und Bessern
anzunehmen, hab ich mich oft in Stellungen versetzt, die andre gewagt nennen, aber
nie, daß ich hätte eine Rolle spielen wollen."

Weil sie aber die Sache des Volkes führen will, sieht sie ihre geschwornen
Feinde in den reaktionären Ministern und macht aus ihrem Haß gegen diese den
König absperrende Phalanx nirgends ein Hehl, sodnß der König selbst seine Be¬
amten in Schutz nehmen muß. Daneben erfahren wir viel von den Plackereien
durch Polizei und Zensur, die ihr manche gereizte, oft bissige Bemerkungen entlocken.
Daß sie es selbst an Herausforderungen nicht fehlen ließ, zeigt die souveräne Art,
wie sie z. B. mit dem Berliner Magistrat umspringt.

Wie sie als Anwalt der politisch Versenden ihre Stimme erhebt, verteidigend,
entschuldigend, fürbittend, läßt sich an zahlreichen Beispielen verfolgen. Ihr gutes
Herz spricht immer vernehmlich, wenn es ihr auch an politischer Einsicht gar oft
fehlte. Der König selbst erkennt ausdrücklich den edeln Drang, Leiden zu mildern,
als echt weiblich an. Dennoch legt ihm sein königliches Pflichtgefühl gebieterisch
Schranken auf. „Begnadigen, wie Sie wollen, um nichts und wieder nichts ist
schön und warm im weiblichen Herzen; bei den Männern, die ein gegebnes Amt
zu verwalten haben, ist es pure Torheit" (S. 172). So muß sie sich bei ihren
Vermittlungen für den denunzierte» schlesischen Fabrikanten F. W. Schlosse!, den
polnischen Aufrührer Mieroslawski, den Dichter Gottfried Kinkel usw. manche Ab¬
weisung und Belehrung eines andern gefallen lassen. Und doch läßt sie den Mut
so leicht nicht sinken. Denn: „Beschützer der Unterdrückten, so wollte ich so
gern sein, und wo ich ging und stand, sann ich ans diesen Juwel, ihn an der
Stirn zu tragen." Das ist ihr eignes Bekenntnis.

L. Geiger hat sich durch dieses wertvolle Buch und die mit kundiger Hand
gegebnen Erläuterungen Dank und lebhafte Anerkennung verdient. Man muß
wünschen, daß er aus den gebrochnen Bausteinen selbst das biographische Gebäude
C>. x. aufführt. stattlich und interessant muß es werden.


Die Komödie auf Krouborg.

Ans einem Gespräch, das Sophus Bauditz
mit dem Schriftsteller C. C. Raufen über sein letztes Werk hatte, und das dieser in eiuer
dänischen Zeitschrift veröffentlicht hat, teilen wir folgende Äußerungen mit: Mein
jüngstes Buch wird vermutlich auch das letzte sein, das ich hinaussende. Nicht
weil ich im Prinzip uicht mehr schreiben wollte oder nichts mehr zu schreiben hätte,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/67>, abgerufen am 22.07.2024.