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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Klabunkerstraße

Hast Tellers zum Malen geholt, Louis?

Heute hatte Herr Hirsch nichts für mich zu tun. erwiderte er lächelnd. Be¬
malte Porzellane werden nicht immer verlangt.

Und da lachst noch über? Frau Heiuemcmu seufzte schwer. Jung, Jung,
was "vollst auch Kunstmaler werden? Da is kein Verdienst bei.

Ich verdiene schon noch etwas, versicherte er tröstend; aber seine Mutter
schüttelte den Kopf.

Das sagst du; aber da kommt doch nix nach. Geld hast du nie, und dein
Mutter kann auch nich mehr als arbeiten und hinter den Ladentisch stehn. Und
was Tietzes und all die großen Geschäftens sind, die nehmen einem die Kundschaft.

Nächste Woche soll ich zwölf Teller malen, erwiderte Alois. Er hatte kaum
auf seine Mutter gehört, sondern den Apfelbaum betrachtet und die Kinder darunter,
den hellen warmen Himmel und die Lichter auf der schmutzigen Holzplanke.

Sie sah ihn halb ernst halb getröstet an.

Nu komm man ein in die Küche und iß Mittagbrot. Frau Wolffeuradt, darf
ich Ihnen auch einladen?

Aber Elisabeth dankte freundlich, und bald klomm sie mit ihren Kindern die
steilen Treppen der Panlinenterrasse hinauf.

Madame Heinemann lud sie immer zu ihre" Mahlzeiten ein, aber Elisabeth
nahm die Einladungen selten um. Madame Heinemann brachte sich und ihren
Malerjungeu, wie sie Alois nannte, nur mühsam durch, und Elisabeth würde sich
geschämt haben, mit an dem mager gedeckten Tisch zu sitzen. Aber schon die
Freundschaft der guten Frau und ihrer Schwester war ihr von Wert. Natürlich
hatte Jetta die Bekanntschaft vermittelt. Kurz nach der Abreise des Vaters war
sie mit einer Badepnppe nach Hause gekommen, die Madame Heinemann ihr ge¬
schenkt hatte, und dann hatte Alois Heinemann sie eines Tags verirrt und
jammernd außerhalb der Klabunkerstraße gefunden und zu ihrer Mutter gebracht.
Jetzt war es, als kennte Elisabeth das kleine spitzgieblige Haus und seine Ein¬
wohner seit Jahren; ebenso, wie sie sich nicht denken konnte, ohne die Bekanntschaft
des alten Herrn Schlüter gelebt zu haben, der ihr schon seit Wochen die Milch
gestundet hatte und ihr sogar einmal verschämt drei Mark hatte leihen wollen,
weil er dem zornigen Vizewirt auf der Treppe begegnet war und wußte, daß dieser
Elisabeth um die fällige Miete gemahnt hatte.

Frau von Wolffenradt hatte sein Anerbieten mit Dank zurückgewiesen; lieber
hatte sie ein gutes schwarzseidues Kleid versetzt. Aber sie hatte die Güte des alten
Mannes nicht vergessen, und auch nicht, daß alle diese schlichten Leute mit ihrer
Hilfsbereitschaft erst hervorgetreten waren, als ihr Mann abgereist war, als ob sie
wußten, daß Elisabeth Freundschaft und Hilfe nötig hätte. Dabei waren sie takt¬
voll und fragten nicht nach Wolf, und ob er von sich hören ließe. Sie kannten
es, daß die Männer davongingen, um Arbeit zu suchen, und vielleicht lauge nichts
von sich hören ließen -- bis das Glück kam, und sie Gutes zu melden hatten.
Aber das konnte lange dauern.

Elisabeth stand vor ihrem kleinen Petroleumkocher und bereitete eine Milch¬
suppe für sich und die Kinder. Ihre Gedanken aber wanderten zu Wolf, und
Plötzlich stieg eine Erinnerung in ihr auf: daß er ihr einmal von einem Gut er¬
zählt hatte, das ihm zufallen würde, wenn er feinem Bruder eine Summe aus¬
zahlen könnte. Eine bestimmte Summe. Elisabeth sah sich in ihrem ärmlichen,
heißen Zimmerchen um und mußte schmerzlich lächeln. Dann horchte sie auf die
Stimmen der kleinen Mädchen und ans das leise Brodeln der Suppe.

Sie nahm von ihrem Nähtisch Wolfs Bild und stellte es so, daß sie es sehen
konnte, während Jetta den Blick von ihrem Spielzeug hob und ihre Bewegung
verfolgte.

Papa ist hübsch, sagte sie stolz und stellte sich neben die Mutter.

Es war auch ein hübsches Bild, das von einem vornehmen Rahmen eingefaßt


Grenzboten 1 1904 7
Die Klabunkerstraße

Hast Tellers zum Malen geholt, Louis?

Heute hatte Herr Hirsch nichts für mich zu tun. erwiderte er lächelnd. Be¬
malte Porzellane werden nicht immer verlangt.

Und da lachst noch über? Frau Heiuemcmu seufzte schwer. Jung, Jung,
was »vollst auch Kunstmaler werden? Da is kein Verdienst bei.

Ich verdiene schon noch etwas, versicherte er tröstend; aber seine Mutter
schüttelte den Kopf.

Das sagst du; aber da kommt doch nix nach. Geld hast du nie, und dein
Mutter kann auch nich mehr als arbeiten und hinter den Ladentisch stehn. Und
was Tietzes und all die großen Geschäftens sind, die nehmen einem die Kundschaft.

Nächste Woche soll ich zwölf Teller malen, erwiderte Alois. Er hatte kaum
auf seine Mutter gehört, sondern den Apfelbaum betrachtet und die Kinder darunter,
den hellen warmen Himmel und die Lichter auf der schmutzigen Holzplanke.

Sie sah ihn halb ernst halb getröstet an.

Nu komm man ein in die Küche und iß Mittagbrot. Frau Wolffeuradt, darf
ich Ihnen auch einladen?

Aber Elisabeth dankte freundlich, und bald klomm sie mit ihren Kindern die
steilen Treppen der Panlinenterrasse hinauf.

Madame Heinemann lud sie immer zu ihre» Mahlzeiten ein, aber Elisabeth
nahm die Einladungen selten um. Madame Heinemann brachte sich und ihren
Malerjungeu, wie sie Alois nannte, nur mühsam durch, und Elisabeth würde sich
geschämt haben, mit an dem mager gedeckten Tisch zu sitzen. Aber schon die
Freundschaft der guten Frau und ihrer Schwester war ihr von Wert. Natürlich
hatte Jetta die Bekanntschaft vermittelt. Kurz nach der Abreise des Vaters war
sie mit einer Badepnppe nach Hause gekommen, die Madame Heinemann ihr ge¬
schenkt hatte, und dann hatte Alois Heinemann sie eines Tags verirrt und
jammernd außerhalb der Klabunkerstraße gefunden und zu ihrer Mutter gebracht.
Jetzt war es, als kennte Elisabeth das kleine spitzgieblige Haus und seine Ein¬
wohner seit Jahren; ebenso, wie sie sich nicht denken konnte, ohne die Bekanntschaft
des alten Herrn Schlüter gelebt zu haben, der ihr schon seit Wochen die Milch
gestundet hatte und ihr sogar einmal verschämt drei Mark hatte leihen wollen,
weil er dem zornigen Vizewirt auf der Treppe begegnet war und wußte, daß dieser
Elisabeth um die fällige Miete gemahnt hatte.

Frau von Wolffenradt hatte sein Anerbieten mit Dank zurückgewiesen; lieber
hatte sie ein gutes schwarzseidues Kleid versetzt. Aber sie hatte die Güte des alten
Mannes nicht vergessen, und auch nicht, daß alle diese schlichten Leute mit ihrer
Hilfsbereitschaft erst hervorgetreten waren, als ihr Mann abgereist war, als ob sie
wußten, daß Elisabeth Freundschaft und Hilfe nötig hätte. Dabei waren sie takt¬
voll und fragten nicht nach Wolf, und ob er von sich hören ließe. Sie kannten
es, daß die Männer davongingen, um Arbeit zu suchen, und vielleicht lauge nichts
von sich hören ließen — bis das Glück kam, und sie Gutes zu melden hatten.
Aber das konnte lange dauern.

Elisabeth stand vor ihrem kleinen Petroleumkocher und bereitete eine Milch¬
suppe für sich und die Kinder. Ihre Gedanken aber wanderten zu Wolf, und
Plötzlich stieg eine Erinnerung in ihr auf: daß er ihr einmal von einem Gut er¬
zählt hatte, das ihm zufallen würde, wenn er feinem Bruder eine Summe aus¬
zahlen könnte. Eine bestimmte Summe. Elisabeth sah sich in ihrem ärmlichen,
heißen Zimmerchen um und mußte schmerzlich lächeln. Dann horchte sie auf die
Stimmen der kleinen Mädchen und ans das leise Brodeln der Suppe.

Sie nahm von ihrem Nähtisch Wolfs Bild und stellte es so, daß sie es sehen
konnte, während Jetta den Blick von ihrem Spielzeug hob und ihre Bewegung
verfolgte.

Papa ist hübsch, sagte sie stolz und stellte sich neben die Mutter.

Es war auch ein hübsches Bild, das von einem vornehmen Rahmen eingefaßt


Grenzboten 1 1904 7
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[0057] Die Klabunkerstraße Hast Tellers zum Malen geholt, Louis? Heute hatte Herr Hirsch nichts für mich zu tun. erwiderte er lächelnd. Be¬ malte Porzellane werden nicht immer verlangt. Und da lachst noch über? Frau Heiuemcmu seufzte schwer. Jung, Jung, was »vollst auch Kunstmaler werden? Da is kein Verdienst bei. Ich verdiene schon noch etwas, versicherte er tröstend; aber seine Mutter schüttelte den Kopf. Das sagst du; aber da kommt doch nix nach. Geld hast du nie, und dein Mutter kann auch nich mehr als arbeiten und hinter den Ladentisch stehn. Und was Tietzes und all die großen Geschäftens sind, die nehmen einem die Kundschaft. Nächste Woche soll ich zwölf Teller malen, erwiderte Alois. Er hatte kaum auf seine Mutter gehört, sondern den Apfelbaum betrachtet und die Kinder darunter, den hellen warmen Himmel und die Lichter auf der schmutzigen Holzplanke. Sie sah ihn halb ernst halb getröstet an. Nu komm man ein in die Küche und iß Mittagbrot. Frau Wolffeuradt, darf ich Ihnen auch einladen? Aber Elisabeth dankte freundlich, und bald klomm sie mit ihren Kindern die steilen Treppen der Panlinenterrasse hinauf. Madame Heinemann lud sie immer zu ihre» Mahlzeiten ein, aber Elisabeth nahm die Einladungen selten um. Madame Heinemann brachte sich und ihren Malerjungeu, wie sie Alois nannte, nur mühsam durch, und Elisabeth würde sich geschämt haben, mit an dem mager gedeckten Tisch zu sitzen. Aber schon die Freundschaft der guten Frau und ihrer Schwester war ihr von Wert. Natürlich hatte Jetta die Bekanntschaft vermittelt. Kurz nach der Abreise des Vaters war sie mit einer Badepnppe nach Hause gekommen, die Madame Heinemann ihr ge¬ schenkt hatte, und dann hatte Alois Heinemann sie eines Tags verirrt und jammernd außerhalb der Klabunkerstraße gefunden und zu ihrer Mutter gebracht. Jetzt war es, als kennte Elisabeth das kleine spitzgieblige Haus und seine Ein¬ wohner seit Jahren; ebenso, wie sie sich nicht denken konnte, ohne die Bekanntschaft des alten Herrn Schlüter gelebt zu haben, der ihr schon seit Wochen die Milch gestundet hatte und ihr sogar einmal verschämt drei Mark hatte leihen wollen, weil er dem zornigen Vizewirt auf der Treppe begegnet war und wußte, daß dieser Elisabeth um die fällige Miete gemahnt hatte. Frau von Wolffenradt hatte sein Anerbieten mit Dank zurückgewiesen; lieber hatte sie ein gutes schwarzseidues Kleid versetzt. Aber sie hatte die Güte des alten Mannes nicht vergessen, und auch nicht, daß alle diese schlichten Leute mit ihrer Hilfsbereitschaft erst hervorgetreten waren, als ihr Mann abgereist war, als ob sie wußten, daß Elisabeth Freundschaft und Hilfe nötig hätte. Dabei waren sie takt¬ voll und fragten nicht nach Wolf, und ob er von sich hören ließe. Sie kannten es, daß die Männer davongingen, um Arbeit zu suchen, und vielleicht lauge nichts von sich hören ließen — bis das Glück kam, und sie Gutes zu melden hatten. Aber das konnte lange dauern. Elisabeth stand vor ihrem kleinen Petroleumkocher und bereitete eine Milch¬ suppe für sich und die Kinder. Ihre Gedanken aber wanderten zu Wolf, und Plötzlich stieg eine Erinnerung in ihr auf: daß er ihr einmal von einem Gut er¬ zählt hatte, das ihm zufallen würde, wenn er feinem Bruder eine Summe aus¬ zahlen könnte. Eine bestimmte Summe. Elisabeth sah sich in ihrem ärmlichen, heißen Zimmerchen um und mußte schmerzlich lächeln. Dann horchte sie auf die Stimmen der kleinen Mädchen und ans das leise Brodeln der Suppe. Sie nahm von ihrem Nähtisch Wolfs Bild und stellte es so, daß sie es sehen konnte, während Jetta den Blick von ihrem Spielzeug hob und ihre Bewegung verfolgte. Papa ist hübsch, sagte sie stolz und stellte sich neben die Mutter. Es war auch ein hübsches Bild, das von einem vornehmen Rahmen eingefaßt Grenzboten 1 1904 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/57>, abgerufen am 26.06.2024.