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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel
Zum Kriege.

Der erste lähmende und alarmierende Eindruck, den der jähe
Kriegsausbruch in Ostasien hervorgerufen hat, ist vorüber. Das Publikum beginnt
sich daran zu gewöhnen, daß es einer ziemlich langwierigen Entwicklung gegenüber¬
steht, und daß entscheidende Schläge, wie in den großen europäischen Kriegen, auf
lange Zeit hinaus nicht zu erwarten sind. Vielleicht ist heute schon die Frage nicht
unberechtigt, ob das schließliche Kriegsergebnis für beide Teile die Opfer an Menschen
und an Mitteln wert sein dürfte, die es jedenfalls den Russen wie den Japanern
kosten wird. Rußland kann, und wenn mich erst nach Monaten, eine erdrückende
Übermacht auf den Kriegsschauplatz werfen, deren Achillesferse freilich die lange und
schwierige Verbindung mit den eigentlichen Hilfsquelle" der russischen Macht bleibt.
Sein Heer sieht sich mit allen seinen Nachschüben, mit der Verproviantierung, dem
Muuitionsersatz, mit dem Rücktransport von Verwundete" und Kranken auf den
einzigen ebenso langen als dünnen Faden der eingleisigen Bahn angewiesen, während
den Japanern die ihnen offenstehende See tausend Hilfsmittel bietet. Jeder Pvst-
dampfer, der von Europa unes Asien geht, hat Sendungen für Japan an Bord, die
aus und über England bezogen werden. Die deutsche chemische Industrie zum Beispiel
ist mit großen Lieferungen für beide Teile betraut, die für Japan gehn über Eng¬
land durch unzählige Gelegenheiten, während die gesamten Sendungen für Rußland
durch die eine einzige Bahnlinie bewältigt werden müssen. Außerdem hat Japan
die Hilfsquellen seines eignen Landes in der Nähe, hat die ungehinderte Verbin¬
dung mit Amerika, die für Rußland doch nnr in sehr beschränktem Umfange offen
steht. Trotzdem wird Rußland eines Tags zu Laude der Stärkere sein. Bis
dahin freilich macht es die Erfahrungen, die England im Burenkriege gemacht hat.
Ohne gehörig gerüstet und vorbereitet zu sein, Hot es -- ebenso wie damals Eng¬
land -- durch seine drohende Haltung den Kriegsausbruch herbeigeführt und ebenso,
wie der Krieg für England in Südafrika ungünstig verlief, bis es seine gesamte
Feldarmee hinüber geführt und eingesetzt hatte, so wird auch Rußland zum mindesten
mit entscheidenden Erfolgen nicht eher zu rechne" haben, bis es seine Feldarmee
in der Mandschurei versammelt haben und ihre dann den Japanern überlegnen
Kräfte einzusetzen in der Lage sein wird. Darüber kann leicht noch eine Reihe
von Monaten hingehn. Ob Japan seinerseits einen Krieg ohne entscheidende Er¬
folge finanziell so lange aushält? Die japanische Nation ist durch den schnellen
und glücklichen Verlauf des Krieges mit China verwöhnt und wird nun erst lernen
müssen, daß ein Krieg mit einer europäischen Großmacht doch eine andre und
ernstere Sache ist.

Hätte Rußland nur einen Teil der Vorbereitungen, die es für einen euro¬
päischen Krieg getroffen hat, auf Ostasien verwandt, wo nach der ganzen Tendenz
der russischen Politik und bei den vorhandnen Rivalitäten ein Konflikt seit Jahren
doch viel wahrscheinlicher war, so würde es heute nicht von dem so sehr unter¬
schätzten Gegner das Gebot des Krieges annehmen müssen. Die japanische Diplo¬
matie wird sich nach Möglichkeit bemühen, weitere Verwicklungen zu schaffen; sie
wird formell die Aufrechterhaltung der Neutralität Chinas betreiben, daneben aber
eine Bewegung schüren, die den Pekinger Hof zur Teilnahme am Kriege bestimmen
soll. Die Spuren dieser Tätigkeit sind schon in der Erklärung Chinas wegen
der Kaisergräber in Mulden enthalten. Ob Japan bei diesen Bestrebungen Helfer
hat, ist noch nicht klar zu übersehen. Die Großmächte werden doch sämtlich damit
rechnen müssen, daß eine Beteiligung Chinas am Kriege unvermeidlich zu einem
neuen Ausbruch des Fremdenhasses führen würde. Schon jetzt ist ein Wiederauf¬
leben der Boxerbewegung erkennbar und unsre ostasiatische Brigade, über die
die Budgetkommission des Reichstags soeben recht im Stil vo" "Gevatter Schneider
und Handschuhmacher" zu Rate gesessen hat, kaun in recht kurzer Frist wieder vor


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel
Zum Kriege.

Der erste lähmende und alarmierende Eindruck, den der jähe
Kriegsausbruch in Ostasien hervorgerufen hat, ist vorüber. Das Publikum beginnt
sich daran zu gewöhnen, daß es einer ziemlich langwierigen Entwicklung gegenüber¬
steht, und daß entscheidende Schläge, wie in den großen europäischen Kriegen, auf
lange Zeit hinaus nicht zu erwarten sind. Vielleicht ist heute schon die Frage nicht
unberechtigt, ob das schließliche Kriegsergebnis für beide Teile die Opfer an Menschen
und an Mitteln wert sein dürfte, die es jedenfalls den Russen wie den Japanern
kosten wird. Rußland kann, und wenn mich erst nach Monaten, eine erdrückende
Übermacht auf den Kriegsschauplatz werfen, deren Achillesferse freilich die lange und
schwierige Verbindung mit den eigentlichen Hilfsquelle» der russischen Macht bleibt.
Sein Heer sieht sich mit allen seinen Nachschüben, mit der Verproviantierung, dem
Muuitionsersatz, mit dem Rücktransport von Verwundete» und Kranken auf den
einzigen ebenso langen als dünnen Faden der eingleisigen Bahn angewiesen, während
den Japanern die ihnen offenstehende See tausend Hilfsmittel bietet. Jeder Pvst-
dampfer, der von Europa unes Asien geht, hat Sendungen für Japan an Bord, die
aus und über England bezogen werden. Die deutsche chemische Industrie zum Beispiel
ist mit großen Lieferungen für beide Teile betraut, die für Japan gehn über Eng¬
land durch unzählige Gelegenheiten, während die gesamten Sendungen für Rußland
durch die eine einzige Bahnlinie bewältigt werden müssen. Außerdem hat Japan
die Hilfsquellen seines eignen Landes in der Nähe, hat die ungehinderte Verbin¬
dung mit Amerika, die für Rußland doch nnr in sehr beschränktem Umfange offen
steht. Trotzdem wird Rußland eines Tags zu Laude der Stärkere sein. Bis
dahin freilich macht es die Erfahrungen, die England im Burenkriege gemacht hat.
Ohne gehörig gerüstet und vorbereitet zu sein, Hot es — ebenso wie damals Eng¬
land — durch seine drohende Haltung den Kriegsausbruch herbeigeführt und ebenso,
wie der Krieg für England in Südafrika ungünstig verlief, bis es seine gesamte
Feldarmee hinüber geführt und eingesetzt hatte, so wird auch Rußland zum mindesten
mit entscheidenden Erfolgen nicht eher zu rechne» haben, bis es seine Feldarmee
in der Mandschurei versammelt haben und ihre dann den Japanern überlegnen
Kräfte einzusetzen in der Lage sein wird. Darüber kann leicht noch eine Reihe
von Monaten hingehn. Ob Japan seinerseits einen Krieg ohne entscheidende Er¬
folge finanziell so lange aushält? Die japanische Nation ist durch den schnellen
und glücklichen Verlauf des Krieges mit China verwöhnt und wird nun erst lernen
müssen, daß ein Krieg mit einer europäischen Großmacht doch eine andre und
ernstere Sache ist.

Hätte Rußland nur einen Teil der Vorbereitungen, die es für einen euro¬
päischen Krieg getroffen hat, auf Ostasien verwandt, wo nach der ganzen Tendenz
der russischen Politik und bei den vorhandnen Rivalitäten ein Konflikt seit Jahren
doch viel wahrscheinlicher war, so würde es heute nicht von dem so sehr unter¬
schätzten Gegner das Gebot des Krieges annehmen müssen. Die japanische Diplo¬
matie wird sich nach Möglichkeit bemühen, weitere Verwicklungen zu schaffen; sie
wird formell die Aufrechterhaltung der Neutralität Chinas betreiben, daneben aber
eine Bewegung schüren, die den Pekinger Hof zur Teilnahme am Kriege bestimmen
soll. Die Spuren dieser Tätigkeit sind schon in der Erklärung Chinas wegen
der Kaisergräber in Mulden enthalten. Ob Japan bei diesen Bestrebungen Helfer
hat, ist noch nicht klar zu übersehen. Die Großmächte werden doch sämtlich damit
rechnen müssen, daß eine Beteiligung Chinas am Kriege unvermeidlich zu einem
neuen Ausbruch des Fremdenhasses führen würde. Schon jetzt ist ein Wiederauf¬
leben der Boxerbewegung erkennbar und unsre ostasiatische Brigade, über die
die Budgetkommission des Reichstags soeben recht im Stil vo« „Gevatter Schneider
und Handschuhmacher" zu Rate gesessen hat, kaun in recht kurzer Frist wieder vor


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[0560] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel Zum Kriege. Der erste lähmende und alarmierende Eindruck, den der jähe Kriegsausbruch in Ostasien hervorgerufen hat, ist vorüber. Das Publikum beginnt sich daran zu gewöhnen, daß es einer ziemlich langwierigen Entwicklung gegenüber¬ steht, und daß entscheidende Schläge, wie in den großen europäischen Kriegen, auf lange Zeit hinaus nicht zu erwarten sind. Vielleicht ist heute schon die Frage nicht unberechtigt, ob das schließliche Kriegsergebnis für beide Teile die Opfer an Menschen und an Mitteln wert sein dürfte, die es jedenfalls den Russen wie den Japanern kosten wird. Rußland kann, und wenn mich erst nach Monaten, eine erdrückende Übermacht auf den Kriegsschauplatz werfen, deren Achillesferse freilich die lange und schwierige Verbindung mit den eigentlichen Hilfsquelle» der russischen Macht bleibt. Sein Heer sieht sich mit allen seinen Nachschüben, mit der Verproviantierung, dem Muuitionsersatz, mit dem Rücktransport von Verwundete» und Kranken auf den einzigen ebenso langen als dünnen Faden der eingleisigen Bahn angewiesen, während den Japanern die ihnen offenstehende See tausend Hilfsmittel bietet. Jeder Pvst- dampfer, der von Europa unes Asien geht, hat Sendungen für Japan an Bord, die aus und über England bezogen werden. Die deutsche chemische Industrie zum Beispiel ist mit großen Lieferungen für beide Teile betraut, die für Japan gehn über Eng¬ land durch unzählige Gelegenheiten, während die gesamten Sendungen für Rußland durch die eine einzige Bahnlinie bewältigt werden müssen. Außerdem hat Japan die Hilfsquellen seines eignen Landes in der Nähe, hat die ungehinderte Verbin¬ dung mit Amerika, die für Rußland doch nnr in sehr beschränktem Umfange offen steht. Trotzdem wird Rußland eines Tags zu Laude der Stärkere sein. Bis dahin freilich macht es die Erfahrungen, die England im Burenkriege gemacht hat. Ohne gehörig gerüstet und vorbereitet zu sein, Hot es — ebenso wie damals Eng¬ land — durch seine drohende Haltung den Kriegsausbruch herbeigeführt und ebenso, wie der Krieg für England in Südafrika ungünstig verlief, bis es seine gesamte Feldarmee hinüber geführt und eingesetzt hatte, so wird auch Rußland zum mindesten mit entscheidenden Erfolgen nicht eher zu rechne» haben, bis es seine Feldarmee in der Mandschurei versammelt haben und ihre dann den Japanern überlegnen Kräfte einzusetzen in der Lage sein wird. Darüber kann leicht noch eine Reihe von Monaten hingehn. Ob Japan seinerseits einen Krieg ohne entscheidende Er¬ folge finanziell so lange aushält? Die japanische Nation ist durch den schnellen und glücklichen Verlauf des Krieges mit China verwöhnt und wird nun erst lernen müssen, daß ein Krieg mit einer europäischen Großmacht doch eine andre und ernstere Sache ist. Hätte Rußland nur einen Teil der Vorbereitungen, die es für einen euro¬ päischen Krieg getroffen hat, auf Ostasien verwandt, wo nach der ganzen Tendenz der russischen Politik und bei den vorhandnen Rivalitäten ein Konflikt seit Jahren doch viel wahrscheinlicher war, so würde es heute nicht von dem so sehr unter¬ schätzten Gegner das Gebot des Krieges annehmen müssen. Die japanische Diplo¬ matie wird sich nach Möglichkeit bemühen, weitere Verwicklungen zu schaffen; sie wird formell die Aufrechterhaltung der Neutralität Chinas betreiben, daneben aber eine Bewegung schüren, die den Pekinger Hof zur Teilnahme am Kriege bestimmen soll. Die Spuren dieser Tätigkeit sind schon in der Erklärung Chinas wegen der Kaisergräber in Mulden enthalten. Ob Japan bei diesen Bestrebungen Helfer hat, ist noch nicht klar zu übersehen. Die Großmächte werden doch sämtlich damit rechnen müssen, daß eine Beteiligung Chinas am Kriege unvermeidlich zu einem neuen Ausbruch des Fremdenhasses führen würde. Schon jetzt ist ein Wiederauf¬ leben der Boxerbewegung erkennbar und unsre ostasiatische Brigade, über die die Budgetkommission des Reichstags soeben recht im Stil vo« „Gevatter Schneider und Handschuhmacher" zu Rate gesessen hat, kaun in recht kurzer Frist wieder vor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/560>, abgerufen am 26.06.2024.