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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

im Jahre 1845. Für die Hauptpersonen seines Romans nun hat der Verfasser
offenbar als Modelle wirkliche Personen benutzt, und es war in der Ordnung, daß
er diesen falsche Namen beilegte. Aber ein Pseudonym finde ich unberechtigt. Es
wird das Grabdenkmal eines Arztes, des Doktor Kriege!, erwähnt, und an die
Erwähnung knüpft sich ein Lebensabriß des hochverdienten und verehrungswürdigen
Mannes. Dieser Lebensabriß ist streng historisch, und die meisten der Anekdoten,
die Hollaender von ihm erzählt, habe ich in jünger" Jahren vernommen und noch
einige mehr. Flügel, so hieß er in Wirklichkeit, gehörte zu den von Gott be¬
gnadeten Ärzten, die beim ersten Blick den ganzen Menschen und die Natur seines
Leidens durchschauen, die helfen, wenn noch Hilfe möglich ist, und die ihren Beruf
als ein heiliges Amt im Dienste Gottes und der leidenden Menschheit ausüben.
Natürlich zeichnete er sich auch wie alle täglich überlaufnen und nicht selten mit
unverschämten Zumutungen geplagten Ärzte durch göttliche Grobheit aus, und
vielleicht hat ihn in dieser Eigenschaft keiner seiner berühmten Kollegen erreicht.
Er hat auch im Verkehr mit den allerhöchsten Herrschaften, die damals allersommerlich
in Erdmannsdorf und Fischbach weilten, kein Blatt vor den Mund genommen.
Ich finde es nun töricht, daß Hollaender den wackern Dr. Flügel Dr. Kriegel
nennt. Eine Biographie bekommt dieser nicht; ob ihm bei seinem Tod auch nur
ein Nachruf in den Zeitungen gewidmet worden ist, weiß ich nicht; da Hütte Hol¬
laender auf das Denkmal, das er ihm in seinem Roman setzt -- was sehr hübsch
von ihm ist --, auch seinen richtigen Namen schreiben sollen, den zu verschweigen
d I. och gar kein Grund vorliegt; der Doktor spielt ja im Roman uicht mit.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig


Alle für die Grenzboten bestimmten Aufsätze und Zuschriften wolle man an den Verleger
persönlich richten (I. Grunow, Firma: Fr. Wilh. Grunow, Jnselstraße 20).

Die Manuskripte werden deutlich und sauber und nur auf die eine Seite des Papiers
geschrieben mit breitem Rande erbeten.




Im Dienst der Runst, der Wissenschaft, des Lebens,
Brauchst Du den Mund zu Deiner Mitwelt Wohl;
Drum acht' es als ein Hauptziel Deines Strebens
Ihn rein zu halten -- mit "Odol"!




Maßgebliches und Unmaßgebliches

im Jahre 1845. Für die Hauptpersonen seines Romans nun hat der Verfasser
offenbar als Modelle wirkliche Personen benutzt, und es war in der Ordnung, daß
er diesen falsche Namen beilegte. Aber ein Pseudonym finde ich unberechtigt. Es
wird das Grabdenkmal eines Arztes, des Doktor Kriege!, erwähnt, und an die
Erwähnung knüpft sich ein Lebensabriß des hochverdienten und verehrungswürdigen
Mannes. Dieser Lebensabriß ist streng historisch, und die meisten der Anekdoten,
die Hollaender von ihm erzählt, habe ich in jünger« Jahren vernommen und noch
einige mehr. Flügel, so hieß er in Wirklichkeit, gehörte zu den von Gott be¬
gnadeten Ärzten, die beim ersten Blick den ganzen Menschen und die Natur seines
Leidens durchschauen, die helfen, wenn noch Hilfe möglich ist, und die ihren Beruf
als ein heiliges Amt im Dienste Gottes und der leidenden Menschheit ausüben.
Natürlich zeichnete er sich auch wie alle täglich überlaufnen und nicht selten mit
unverschämten Zumutungen geplagten Ärzte durch göttliche Grobheit aus, und
vielleicht hat ihn in dieser Eigenschaft keiner seiner berühmten Kollegen erreicht.
Er hat auch im Verkehr mit den allerhöchsten Herrschaften, die damals allersommerlich
in Erdmannsdorf und Fischbach weilten, kein Blatt vor den Mund genommen.
Ich finde es nun töricht, daß Hollaender den wackern Dr. Flügel Dr. Kriegel
nennt. Eine Biographie bekommt dieser nicht; ob ihm bei seinem Tod auch nur
ein Nachruf in den Zeitungen gewidmet worden ist, weiß ich nicht; da Hütte Hol¬
laender auf das Denkmal, das er ihm in seinem Roman setzt — was sehr hübsch
von ihm ist —, auch seinen richtigen Namen schreiben sollen, den zu verschweigen
d I. och gar kein Grund vorliegt; der Doktor spielt ja im Roman uicht mit.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig


Alle für die Grenzboten bestimmten Aufsätze und Zuschriften wolle man an den Verleger
persönlich richten (I. Grunow, Firma: Fr. Wilh. Grunow, Jnselstraße 20).

Die Manuskripte werden deutlich und sauber und nur auf die eine Seite des Papiers
geschrieben mit breitem Rande erbeten.




Im Dienst der Runst, der Wissenschaft, des Lebens,
Brauchst Du den Mund zu Deiner Mitwelt Wohl;
Drum acht' es als ein Hauptziel Deines Strebens
Ihn rein zu halten — mit „Odol"!




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[0504] Maßgebliches und Unmaßgebliches im Jahre 1845. Für die Hauptpersonen seines Romans nun hat der Verfasser offenbar als Modelle wirkliche Personen benutzt, und es war in der Ordnung, daß er diesen falsche Namen beilegte. Aber ein Pseudonym finde ich unberechtigt. Es wird das Grabdenkmal eines Arztes, des Doktor Kriege!, erwähnt, und an die Erwähnung knüpft sich ein Lebensabriß des hochverdienten und verehrungswürdigen Mannes. Dieser Lebensabriß ist streng historisch, und die meisten der Anekdoten, die Hollaender von ihm erzählt, habe ich in jünger« Jahren vernommen und noch einige mehr. Flügel, so hieß er in Wirklichkeit, gehörte zu den von Gott be¬ gnadeten Ärzten, die beim ersten Blick den ganzen Menschen und die Natur seines Leidens durchschauen, die helfen, wenn noch Hilfe möglich ist, und die ihren Beruf als ein heiliges Amt im Dienste Gottes und der leidenden Menschheit ausüben. Natürlich zeichnete er sich auch wie alle täglich überlaufnen und nicht selten mit unverschämten Zumutungen geplagten Ärzte durch göttliche Grobheit aus, und vielleicht hat ihn in dieser Eigenschaft keiner seiner berühmten Kollegen erreicht. Er hat auch im Verkehr mit den allerhöchsten Herrschaften, die damals allersommerlich in Erdmannsdorf und Fischbach weilten, kein Blatt vor den Mund genommen. Ich finde es nun töricht, daß Hollaender den wackern Dr. Flügel Dr. Kriegel nennt. Eine Biographie bekommt dieser nicht; ob ihm bei seinem Tod auch nur ein Nachruf in den Zeitungen gewidmet worden ist, weiß ich nicht; da Hütte Hol¬ laender auf das Denkmal, das er ihm in seinem Roman setzt — was sehr hübsch von ihm ist —, auch seinen richtigen Namen schreiben sollen, den zu verschweigen d I. och gar kein Grund vorliegt; der Doktor spielt ja im Roman uicht mit. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig Alle für die Grenzboten bestimmten Aufsätze und Zuschriften wolle man an den Verleger persönlich richten (I. Grunow, Firma: Fr. Wilh. Grunow, Jnselstraße 20). Die Manuskripte werden deutlich und sauber und nur auf die eine Seite des Papiers geschrieben mit breitem Rande erbeten. Im Dienst der Runst, der Wissenschaft, des Lebens, Brauchst Du den Mund zu Deiner Mitwelt Wohl; Drum acht' es als ein Hauptziel Deines Strebens Ihn rein zu halten — mit „Odol"!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/504>, abgerufen am 01.07.2024.