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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

den Besuchern der vatikanischen Bibliothek wohl bekannt ist Dreistockige hohe Ge¬
bäude mit Loggten von Bramante umgeben den Hof an dre Ser en, der ruckwa s
durch eine Kolonnade abgeschlossen ist. Die Treppe links uhrt. wie die late^
Inschrift sagt, nach der vatikanischen Bibliothek und den Räumen der ^
im Hintergrund unter der Säulenhalle find nebeneinander die berühmte päpstliche
Mosaikfabrik (deren Farbenskala über 20000 Nuancen auswerfe), das ^erlags-
magaziu der Tipografia Vallee.na und die päpstliche Apotheke für die vielen Be¬
wohner und Angestellten im Vatikan. Nachdem wir glücklich die Gendarmen passiert
haben, wenden wir uns rechts dem uuter Sixtus dein Fünften erbnuten eigentlichen
vatikanischen Palaste zu. der im Erdgeschoß das uküoio des allgewaltigen in-is^ro
ni oW (vonn. xueeinolli ^ Haushofmeister) enthält, der die xsrwessi zum Ge¬
suche der vatikanischen Gärten ausstellt und die kleine Kasse des Vatikans verwaltet
(Rechnungen und Löhne bezahlt usw.). Die Wachen am Eingang, ebenso auch die
Schweizer, die auf jedem Treppenabsatz zu finden find, lassen uns endlich ohne
weitere Schwierigkeiten passieren, sodasz wir Muße finden, uns in dem prächtigen
Treppenhause umzusehen. Auf dem ersten Flur bemerken wir zwei bunte Fenster, die
Apostelfürsten Petrus und Paulus darstellend, das Geschenk einer deutschen Prinzessin.
Oben betreten wir in Begleitung des freundlichen Führers, der uns schon erwartet
hat, die Laka Svgli Lvi^sri (Wachtstube der Schweizer), deren Raum bei Empfängen
kleiner Pilgerzüge manchmal als Audienzsaal benutzt wird. Die Decke ist als Himmels¬
gewölbe gedacht und stellt in schöner Freskomalerei eine nach oben hin offne Säulen¬
halle dar mit dem Blick in den freien Himmel. Über der Eingangstür des sonst
kahlen Raumes ist ein Gemälde mit einem Schiff im Sturm auf hoher See. Der
Fußboden ist mit bunten Marmorplatten mosaikartig gedeckt, und an den Wänden
laufen ringsherum die schmalen Bänke für die wachthabenden Schweizer, die aller
zwei Stunden einander ablösen. Durch die Tür rechts gelangen wir in die 8ala,
äei LsÄW-i, den Aufenthaltsort der päpstlichen Sesselträger, über deren Amt wir
zum bessern Verständnis folgendes mitteilen. Außer dem treuen Leibdiener des
Papstes Leos des Dreizehnter, dem in der letzten Zeit vielgenannten Cav. P. Centra,
einer im Leoninischen Stadtviertel wohlbekannten Persönlichkeit, bestehn am Vatikan
noch als Diener im weitern Sinne des Worts die sogenannten Oamsrisii ssZrsii
und die Lsäi-ni, die alle jedoch mit der Person des Papstes wenig in Berührung
kommen. Aufgabe der 8oäiari ist es neben innerm Dienst in den Vorzimmern, den
ehrwürdigen Papst selbst in der ?ortÄnting. (Sänfte) innerhalb des Palastes oder
in der Löäia, Köstatoriii (Thronsessel) zu kirchlichen Feierlichkeiten auf den Schultern
in den Se. Peter oder die Cappella Sistina zu tragen. Es sind fast alles hohe,
kräftige Gestalten, augenblicklich nur vierzehn an der Zahl, die in ihrer kostbaren
Livrxe aus rotem Frackrock, ebensolchen Kniehosen, langen Strümpfen und schwarzen
Schnallenschuhen einen sehr ehrwürdigen Eindruck machen. Einer davon ist Deutsch¬
ungar aus Preßburg und spricht noch heute trotz italienischer Familie und Um¬
gebung geläufig feine Muttersprache.

Doch nun wieder zurück zu unsrer Wanderung. Wir waren inzwischen durch
den ersten Vorsaal getreten, während unser Führer beim ersten vamsriorö ssZrsw
die Erlaubnis einholte, uns die Säle zeigen zu dürfen. Der erste Raum ist wieder
von einem Schweizer bewacht, der mit der Hellebarde in der Hand auf einem
Stuhle sitzend, sich in feinen Träumereien nicht stören läßt. Die Einrichtung des
kleinen Zimmers bot nichts besondres, die wenigen sehr dunkeln Gemälde waren
wie viele andre in den folgenden Gemächern nicht zu erkennen, dafür entschädigte
uns die wundervolle Aussicht vom Fenster über die innern Höfe und vielen Ge¬
bäude des Vatikans, den neuen Stadtteil "Prati" bis zum Monte Mario und
dem fernen Gebirge mit der scharfen Spitze des Soracte. Das nächste Zimmer
gehört schon zu den Räumen, deren Fenster nach der Engelsburg und dem "Borgo"
zu liegen, mit schönem Blick über den nördlichen Teil der Stadt; es hat schon
eine bedeutend wohnlichere Einrichtung. Den Fußboden deckt ein riesiger bunter


Grenzboten I 19V4 64
Maßgebliches und Unmaßgebliches

den Besuchern der vatikanischen Bibliothek wohl bekannt ist Dreistockige hohe Ge¬
bäude mit Loggten von Bramante umgeben den Hof an dre Ser en, der ruckwa s
durch eine Kolonnade abgeschlossen ist. Die Treppe links uhrt. wie die late^
Inschrift sagt, nach der vatikanischen Bibliothek und den Räumen der ^
im Hintergrund unter der Säulenhalle find nebeneinander die berühmte päpstliche
Mosaikfabrik (deren Farbenskala über 20000 Nuancen auswerfe), das ^erlags-
magaziu der Tipografia Vallee.na und die päpstliche Apotheke für die vielen Be¬
wohner und Angestellten im Vatikan. Nachdem wir glücklich die Gendarmen passiert
haben, wenden wir uns rechts dem uuter Sixtus dein Fünften erbnuten eigentlichen
vatikanischen Palaste zu. der im Erdgeschoß das uküoio des allgewaltigen in-is^ro
ni oW (vonn. xueeinolli ^ Haushofmeister) enthält, der die xsrwessi zum Ge¬
suche der vatikanischen Gärten ausstellt und die kleine Kasse des Vatikans verwaltet
(Rechnungen und Löhne bezahlt usw.). Die Wachen am Eingang, ebenso auch die
Schweizer, die auf jedem Treppenabsatz zu finden find, lassen uns endlich ohne
weitere Schwierigkeiten passieren, sodasz wir Muße finden, uns in dem prächtigen
Treppenhause umzusehen. Auf dem ersten Flur bemerken wir zwei bunte Fenster, die
Apostelfürsten Petrus und Paulus darstellend, das Geschenk einer deutschen Prinzessin.
Oben betreten wir in Begleitung des freundlichen Führers, der uns schon erwartet
hat, die Laka Svgli Lvi^sri (Wachtstube der Schweizer), deren Raum bei Empfängen
kleiner Pilgerzüge manchmal als Audienzsaal benutzt wird. Die Decke ist als Himmels¬
gewölbe gedacht und stellt in schöner Freskomalerei eine nach oben hin offne Säulen¬
halle dar mit dem Blick in den freien Himmel. Über der Eingangstür des sonst
kahlen Raumes ist ein Gemälde mit einem Schiff im Sturm auf hoher See. Der
Fußboden ist mit bunten Marmorplatten mosaikartig gedeckt, und an den Wänden
laufen ringsherum die schmalen Bänke für die wachthabenden Schweizer, die aller
zwei Stunden einander ablösen. Durch die Tür rechts gelangen wir in die 8ala,
äei LsÄW-i, den Aufenthaltsort der päpstlichen Sesselträger, über deren Amt wir
zum bessern Verständnis folgendes mitteilen. Außer dem treuen Leibdiener des
Papstes Leos des Dreizehnter, dem in der letzten Zeit vielgenannten Cav. P. Centra,
einer im Leoninischen Stadtviertel wohlbekannten Persönlichkeit, bestehn am Vatikan
noch als Diener im weitern Sinne des Worts die sogenannten Oamsrisii ssZrsii
und die Lsäi-ni, die alle jedoch mit der Person des Papstes wenig in Berührung
kommen. Aufgabe der 8oäiari ist es neben innerm Dienst in den Vorzimmern, den
ehrwürdigen Papst selbst in der ?ortÄnting. (Sänfte) innerhalb des Palastes oder
in der Löäia, Köstatoriii (Thronsessel) zu kirchlichen Feierlichkeiten auf den Schultern
in den Se. Peter oder die Cappella Sistina zu tragen. Es sind fast alles hohe,
kräftige Gestalten, augenblicklich nur vierzehn an der Zahl, die in ihrer kostbaren
Livrxe aus rotem Frackrock, ebensolchen Kniehosen, langen Strümpfen und schwarzen
Schnallenschuhen einen sehr ehrwürdigen Eindruck machen. Einer davon ist Deutsch¬
ungar aus Preßburg und spricht noch heute trotz italienischer Familie und Um¬
gebung geläufig feine Muttersprache.

Doch nun wieder zurück zu unsrer Wanderung. Wir waren inzwischen durch
den ersten Vorsaal getreten, während unser Führer beim ersten vamsriorö ssZrsw
die Erlaubnis einholte, uns die Säle zeigen zu dürfen. Der erste Raum ist wieder
von einem Schweizer bewacht, der mit der Hellebarde in der Hand auf einem
Stuhle sitzend, sich in feinen Träumereien nicht stören läßt. Die Einrichtung des
kleinen Zimmers bot nichts besondres, die wenigen sehr dunkeln Gemälde waren
wie viele andre in den folgenden Gemächern nicht zu erkennen, dafür entschädigte
uns die wundervolle Aussicht vom Fenster über die innern Höfe und vielen Ge¬
bäude des Vatikans, den neuen Stadtteil „Prati" bis zum Monte Mario und
dem fernen Gebirge mit der scharfen Spitze des Soracte. Das nächste Zimmer
gehört schon zu den Räumen, deren Fenster nach der Engelsburg und dem „Borgo"
zu liegen, mit schönem Blick über den nördlichen Teil der Stadt; es hat schon
eine bedeutend wohnlichere Einrichtung. Den Fußboden deckt ein riesiger bunter


Grenzboten I 19V4 64
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[0501] Maßgebliches und Unmaßgebliches den Besuchern der vatikanischen Bibliothek wohl bekannt ist Dreistockige hohe Ge¬ bäude mit Loggten von Bramante umgeben den Hof an dre Ser en, der ruckwa s durch eine Kolonnade abgeschlossen ist. Die Treppe links uhrt. wie die late^ Inschrift sagt, nach der vatikanischen Bibliothek und den Räumen der ^ im Hintergrund unter der Säulenhalle find nebeneinander die berühmte päpstliche Mosaikfabrik (deren Farbenskala über 20000 Nuancen auswerfe), das ^erlags- magaziu der Tipografia Vallee.na und die päpstliche Apotheke für die vielen Be¬ wohner und Angestellten im Vatikan. Nachdem wir glücklich die Gendarmen passiert haben, wenden wir uns rechts dem uuter Sixtus dein Fünften erbnuten eigentlichen vatikanischen Palaste zu. der im Erdgeschoß das uküoio des allgewaltigen in-is^ro ni oW (vonn. xueeinolli ^ Haushofmeister) enthält, der die xsrwessi zum Ge¬ suche der vatikanischen Gärten ausstellt und die kleine Kasse des Vatikans verwaltet (Rechnungen und Löhne bezahlt usw.). Die Wachen am Eingang, ebenso auch die Schweizer, die auf jedem Treppenabsatz zu finden find, lassen uns endlich ohne weitere Schwierigkeiten passieren, sodasz wir Muße finden, uns in dem prächtigen Treppenhause umzusehen. Auf dem ersten Flur bemerken wir zwei bunte Fenster, die Apostelfürsten Petrus und Paulus darstellend, das Geschenk einer deutschen Prinzessin. Oben betreten wir in Begleitung des freundlichen Führers, der uns schon erwartet hat, die Laka Svgli Lvi^sri (Wachtstube der Schweizer), deren Raum bei Empfängen kleiner Pilgerzüge manchmal als Audienzsaal benutzt wird. Die Decke ist als Himmels¬ gewölbe gedacht und stellt in schöner Freskomalerei eine nach oben hin offne Säulen¬ halle dar mit dem Blick in den freien Himmel. Über der Eingangstür des sonst kahlen Raumes ist ein Gemälde mit einem Schiff im Sturm auf hoher See. Der Fußboden ist mit bunten Marmorplatten mosaikartig gedeckt, und an den Wänden laufen ringsherum die schmalen Bänke für die wachthabenden Schweizer, die aller zwei Stunden einander ablösen. Durch die Tür rechts gelangen wir in die 8ala, äei LsÄW-i, den Aufenthaltsort der päpstlichen Sesselträger, über deren Amt wir zum bessern Verständnis folgendes mitteilen. Außer dem treuen Leibdiener des Papstes Leos des Dreizehnter, dem in der letzten Zeit vielgenannten Cav. P. Centra, einer im Leoninischen Stadtviertel wohlbekannten Persönlichkeit, bestehn am Vatikan noch als Diener im weitern Sinne des Worts die sogenannten Oamsrisii ssZrsii und die Lsäi-ni, die alle jedoch mit der Person des Papstes wenig in Berührung kommen. Aufgabe der 8oäiari ist es neben innerm Dienst in den Vorzimmern, den ehrwürdigen Papst selbst in der ?ortÄnting. (Sänfte) innerhalb des Palastes oder in der Löäia, Köstatoriii (Thronsessel) zu kirchlichen Feierlichkeiten auf den Schultern in den Se. Peter oder die Cappella Sistina zu tragen. Es sind fast alles hohe, kräftige Gestalten, augenblicklich nur vierzehn an der Zahl, die in ihrer kostbaren Livrxe aus rotem Frackrock, ebensolchen Kniehosen, langen Strümpfen und schwarzen Schnallenschuhen einen sehr ehrwürdigen Eindruck machen. Einer davon ist Deutsch¬ ungar aus Preßburg und spricht noch heute trotz italienischer Familie und Um¬ gebung geläufig feine Muttersprache. Doch nun wieder zurück zu unsrer Wanderung. Wir waren inzwischen durch den ersten Vorsaal getreten, während unser Führer beim ersten vamsriorö ssZrsw die Erlaubnis einholte, uns die Säle zeigen zu dürfen. Der erste Raum ist wieder von einem Schweizer bewacht, der mit der Hellebarde in der Hand auf einem Stuhle sitzend, sich in feinen Träumereien nicht stören läßt. Die Einrichtung des kleinen Zimmers bot nichts besondres, die wenigen sehr dunkeln Gemälde waren wie viele andre in den folgenden Gemächern nicht zu erkennen, dafür entschädigte uns die wundervolle Aussicht vom Fenster über die innern Höfe und vielen Ge¬ bäude des Vatikans, den neuen Stadtteil „Prati" bis zum Monte Mario und dem fernen Gebirge mit der scharfen Spitze des Soracte. Das nächste Zimmer gehört schon zu den Räumen, deren Fenster nach der Engelsburg und dem „Borgo" zu liegen, mit schönem Blick über den nördlichen Teil der Stadt; es hat schon eine bedeutend wohnlichere Einrichtung. Den Fußboden deckt ein riesiger bunter Grenzboten I 19V4 64

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/501>, abgerufen am 24.08.2024.