Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.Rußland und China bis zum vertrage von Nertschinsk schwärmte damals für das reiche Amurland, und die Reise Baikows geriet in Im Jahre 1627, nachdem sie schon etwa zehn Jahre früher von Turuchansk Das war die erste Kunde vom Amur, die die Russen erhielten. Aus¬ Diese beiden Vorstöße nach Süden hatten die Russen in unmittelbare Grenzboten I 1904 5g
Rußland und China bis zum vertrage von Nertschinsk schwärmte damals für das reiche Amurland, und die Reise Baikows geriet in Im Jahre 1627, nachdem sie schon etwa zehn Jahre früher von Turuchansk Das war die erste Kunde vom Amur, die die Russen erhielten. Aus¬ Diese beiden Vorstöße nach Süden hatten die Russen in unmittelbare Grenzboten I 1904 5g
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Rußland und China bis zum vertrage von Nertschinsk
schwärmte damals für das reiche Amurland, und die Reise Baikows geriet in
Vergessenheit.'
Im Jahre 1627, nachdem sie schon etwa zehn Jahre früher von Turuchansk
aus entdeckt worden war, hatte von Jenisfeisk aus der Desütnik Bugor die
Lena gefunden; er befuhr sie zuerst von der Kuka- bis zur Tschajamündung.
Der Woiwod von Jenisseisk beschloß, als er die Menge der mitgebrachten
Zobel sah, eine Expedition nach der Lena zu senden; der Anfang zur Stadt
Ilinsk wurde gelegt. An der Lena empfing man Nachrichten über die Ja¬
kuten. Im Jahre 1632 wurde Jakutsk gegründet, und diese Stadt wurde zum
Ausgangspunkt aller weitern Entdeckungen im Osten; 1636 fuhr Busa die
Lena abwärts bis zur Mündung, 1637 Kopylow den Altar aufwärts, er
legte dadurch den Grund zur Herrschaft der Russen über die Länder des Nord-
ostcns. Einer seiner Kosaken, Iwan Moskwitin. drang in östlicher Richtung
vor und kam mit 31 Mann an die Mündung des Uljaflusfes. Er hatte den
Stillen Ozean erreicht. Er baute eine Winterhütte, und im Frühjahr fuhr er
an der Küste des Meeres entlang bis zur Mündung des Ad. Hier horte er
durch Tungusen, daß an den Flüssen Tschi (Seja) und Silkar (Amur) eine
Nation wohne, die Ackerbau treibe, mit der sie (die Tungusen) zu handeln und
ihre Zobel gegen Getreide zu vertauschen pflegten. Diese Tungusen gaben
auch Nachricht von einem Flusse Omne (Augur?), dessen Anwohner ebenfalls
Tungusen seien; diese trieben Handel mit einem Volk Natkcmi (Giljaken), das
zunächst an der See wohne und seine eigne Sprache rede. Die omutischen
Tungusen brächte» ihnen ihre Zobel gegen Silber, kupferne Schüsseln, gläserne
Korallen usw. Die Natkani aber bekämen alle diese Sachen von einem Volk
am Mamur (Amur), das Landbau und Viehzucht treibe. Die Kosaken hatten
wohl die Absicht, nach Süden vorzudringen, aber die Unfreundlichkeit der
Tungusen hinderte sie, und als dann auch die Lebensmittel knapp wurden,
schickten sie sich zur Rückkehr an.
Das war die erste Kunde vom Amur, die die Russen erhielten. Aus¬
führlichere Nachrichten brachte der Ataman Maxim Perfiriew heim. Er war
1638 von Jenisseisk aufgebrochen, den Witim bis zum Zitafluß und 1640
auch diesen ein Stück aufwärts gefahren. Hier erzählten ihm die Tungusen
von einem tungusischen Fürsten^ bei dem man Zobelfelle, allerlei Vieh. Silber
und seidnes Zeug antreffe. Dies bekomme er von dem Fürsten Lawkai, der
drei oder vier Tagereisen von ihm entfernt an der Schilka wohne. Dort
werde Silber gefunden und geschmolzen. Dieses Silber würde gegen Zobel
verhandelt, die Zobel aber nach China. Dafür bekämen sie seidnes Zeug und
andre Waren. Auch Perfiriew mußte wegen Mangels an Lebensmitteln
umkehren.
Diese beiden Vorstöße nach Süden hatten die Russen in unmittelbare
Nähe des Amur gebracht, und die Nachrichten, die sie über die Länder an
dem großen Strom erhielten, waren nicht derart, sie von weiteren Vordringen
abzuschrecken. Die Haupttriebfeder fernerer Unternehmungen war die Nachricht
von dem Vorkommen von Silber, Blei und Kupfer in dem neuen Lande.
Peter Golowin. der erste Woiwode von Jakutsk, suchte sich die Erfahrungen
Grenzboten I 1904 5g
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