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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

150 Kilometern auf der Strecke Berlin-Hamburg einzuführen, so schießt man auch
damit über das Ziel hinaus, denn auch einer so verminderten Schnelligkeit würden
sich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Es liegt auch gar kein
Bedürfnis dafür vor und das Bedürfnis ist doch die Hauptsache. Ganz falsch
wäre es nun aber wieder, wenn man daraus folgern wollte, daß es sich bloß um
eine technische Spielerei gehandelt habe, die keine praktischen Folgen nach sich zieh"
werde. Worauf es ankam, war zu ermitteln, ob die Anwendung so großer Ge¬
schwindigkeiten in der Praxis möglich sei. Diese Frage ist wegen der Abnutzung
des Bahnkörpers, obgleich sich der neue von der Staatseisenbahn benutzte schwere
(normal-) Oberbau dabei vorzüglich bewährte, wie sich jetzt praktisch erwiesen hat,
im verneinenden Sinne entschieden worden. Es ist gewiß, daß dieser Oberbau für
Fahrten von mehr als 150 Kilometern Fahrgeschwindigkeit nicht entfernt ausreicht,
und daß auch der Unterbau viel zu wünschen übrig läßt. Wenn somit die Er¬
gebnisse der Versuchsfahrteu kaum zur Einführung von Schnellbahnen ermutigen,
so haben sie doch theoretisch und wissenschaftlich viel Interessantes und Wertvolles
geboten. Von besondern! Werte sind die Beobachtungen, die über die Wirkung des
Luftdrucks angestellt werden konnten, auch hat es sonst nicht an wissenschaftlichen
Feststellungen gefehlt, die nach mancherlei Richtungen hin von Bedeutung sind.
Der Nutzen der Versuchsfahrten liegt demnach nicht einmal so sehr auf praktischem
Gebiete als in der Förderung der theoretischen Erkenntnis, die mittelbar der Praxis
wieder zugute kommen wird.

Was auf der Zossener Militärbahn erreicht worden ist, ist unter Ausnahme¬
bedingungen geschehen, die wohl theoretisch aber nicht auch praktisch auf allen
andern Strecken geschaffen werden können. Solche Geschwindigkeiten fordern nicht
nur ungeheure Betriebskosten, sondern sie sind auch nur auf besondern Bahnen mit
sehr günstigen Steigungsverhältnissen und äußerst geringen Krümmungen möglich,
außerdem können bei solchem Schnellverkehr langsam fahrende Züge nicht zwischen¬
durch befördert werden. Ans der Militärbahn ließ sich das für kurze Zeit machen,
auf jeder audern Bahn ist das schlechthin undurchführbar. Wollte man aber auch
annehmen, daß das alles noch möglich wäre, so bleiben noch die ungeheuern
Schwierigkeiten des eigentlichen Betriebs. Die vollkommenste Maschine kann doch
nur insofern von Nutzen sein, als ihre Leitung in der Hand des Menschen bleibt.
Das war bei den günstigen Witterungsverhältnissen an den Versuchstagen ans der
Militärbahn der Fall, bei einigermaßen trüber Witterung würde aber die Beobachtung
der Signale, Haltezeichen usw. unmöglich werden, die Vorbedingung des Eisenbahn¬
betriebs: unbedingte Sicherheit und Regelmäßigkeit, nicht erfüllbar sein, und darum
der Betrieb eingestellt werden müssen. Für den Großverkehr ist ferner der elektrische
Einzelwagen, der etwa einen Zehnminutenverkehr ermöglichen könnte, nicht geeignet,
und man müßte darum zur elektrischen Lokomotive mit angehängten Wagen greifen.
Einen solchen Zug aber in Bewegung zu setzen und auch zu erhalten, würde so
große Kräfte und Kraftschwankungen fordern, daß die hohen Kosten des Betriebs
eine solche Erhöhung der Fahrpreise verursachen würden, daß sich kaum die ge¬
nügende Anzahl von Reisenden finden dürfte. Die Erfahrungen, die mit den
schnellfahrenden Luxuszügen gemacht worden sind, reden dafür eine deutliche Sprache-
Nach Lage der Sache wird demnach für absehbare Zeit auf den heute vorhandnen
Bahnen der Dampfbetrieb jedenfalls im Vorteil bleiben, weil der ganze Rahmen
darauf zugeschnitten, und dieser Betrieb auch wesentlich billiger ist. Trotzdem wird
die einmal erreichte Geschwindigkeit von 210 Kilometern auch hier als Anregung
wirken. Ist auch diese Schnelligkeit in der Praxis noch unerreichbar, so würden
100 bis 120 Kilometer in der Stunde schon einen so gewaltigen Fortschritt be¬
deuten, daß die Versuche nicht vergeblich gewesen sein würden. Der Dampfbetrieb
verträgt auch diese Geschwindigkeitsvermehrung, wie die Verhältnisse gewisser englischer
Bahnen und neuere deutsche Leistungen im Lokomotivenbau ergeben haben. Auch


Maßgebliches und Unmaßgebliches

150 Kilometern auf der Strecke Berlin-Hamburg einzuführen, so schießt man auch
damit über das Ziel hinaus, denn auch einer so verminderten Schnelligkeit würden
sich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Es liegt auch gar kein
Bedürfnis dafür vor und das Bedürfnis ist doch die Hauptsache. Ganz falsch
wäre es nun aber wieder, wenn man daraus folgern wollte, daß es sich bloß um
eine technische Spielerei gehandelt habe, die keine praktischen Folgen nach sich zieh»
werde. Worauf es ankam, war zu ermitteln, ob die Anwendung so großer Ge¬
schwindigkeiten in der Praxis möglich sei. Diese Frage ist wegen der Abnutzung
des Bahnkörpers, obgleich sich der neue von der Staatseisenbahn benutzte schwere
(normal-) Oberbau dabei vorzüglich bewährte, wie sich jetzt praktisch erwiesen hat,
im verneinenden Sinne entschieden worden. Es ist gewiß, daß dieser Oberbau für
Fahrten von mehr als 150 Kilometern Fahrgeschwindigkeit nicht entfernt ausreicht,
und daß auch der Unterbau viel zu wünschen übrig läßt. Wenn somit die Er¬
gebnisse der Versuchsfahrteu kaum zur Einführung von Schnellbahnen ermutigen,
so haben sie doch theoretisch und wissenschaftlich viel Interessantes und Wertvolles
geboten. Von besondern! Werte sind die Beobachtungen, die über die Wirkung des
Luftdrucks angestellt werden konnten, auch hat es sonst nicht an wissenschaftlichen
Feststellungen gefehlt, die nach mancherlei Richtungen hin von Bedeutung sind.
Der Nutzen der Versuchsfahrten liegt demnach nicht einmal so sehr auf praktischem
Gebiete als in der Förderung der theoretischen Erkenntnis, die mittelbar der Praxis
wieder zugute kommen wird.

Was auf der Zossener Militärbahn erreicht worden ist, ist unter Ausnahme¬
bedingungen geschehen, die wohl theoretisch aber nicht auch praktisch auf allen
andern Strecken geschaffen werden können. Solche Geschwindigkeiten fordern nicht
nur ungeheure Betriebskosten, sondern sie sind auch nur auf besondern Bahnen mit
sehr günstigen Steigungsverhältnissen und äußerst geringen Krümmungen möglich,
außerdem können bei solchem Schnellverkehr langsam fahrende Züge nicht zwischen¬
durch befördert werden. Ans der Militärbahn ließ sich das für kurze Zeit machen,
auf jeder audern Bahn ist das schlechthin undurchführbar. Wollte man aber auch
annehmen, daß das alles noch möglich wäre, so bleiben noch die ungeheuern
Schwierigkeiten des eigentlichen Betriebs. Die vollkommenste Maschine kann doch
nur insofern von Nutzen sein, als ihre Leitung in der Hand des Menschen bleibt.
Das war bei den günstigen Witterungsverhältnissen an den Versuchstagen ans der
Militärbahn der Fall, bei einigermaßen trüber Witterung würde aber die Beobachtung
der Signale, Haltezeichen usw. unmöglich werden, die Vorbedingung des Eisenbahn¬
betriebs: unbedingte Sicherheit und Regelmäßigkeit, nicht erfüllbar sein, und darum
der Betrieb eingestellt werden müssen. Für den Großverkehr ist ferner der elektrische
Einzelwagen, der etwa einen Zehnminutenverkehr ermöglichen könnte, nicht geeignet,
und man müßte darum zur elektrischen Lokomotive mit angehängten Wagen greifen.
Einen solchen Zug aber in Bewegung zu setzen und auch zu erhalten, würde so
große Kräfte und Kraftschwankungen fordern, daß die hohen Kosten des Betriebs
eine solche Erhöhung der Fahrpreise verursachen würden, daß sich kaum die ge¬
nügende Anzahl von Reisenden finden dürfte. Die Erfahrungen, die mit den
schnellfahrenden Luxuszügen gemacht worden sind, reden dafür eine deutliche Sprache-
Nach Lage der Sache wird demnach für absehbare Zeit auf den heute vorhandnen
Bahnen der Dampfbetrieb jedenfalls im Vorteil bleiben, weil der ganze Rahmen
darauf zugeschnitten, und dieser Betrieb auch wesentlich billiger ist. Trotzdem wird
die einmal erreichte Geschwindigkeit von 210 Kilometern auch hier als Anregung
wirken. Ist auch diese Schnelligkeit in der Praxis noch unerreichbar, so würden
100 bis 120 Kilometer in der Stunde schon einen so gewaltigen Fortschritt be¬
deuten, daß die Versuche nicht vergeblich gewesen sein würden. Der Dampfbetrieb
verträgt auch diese Geschwindigkeitsvermehrung, wie die Verhältnisse gewisser englischer
Bahnen und neuere deutsche Leistungen im Lokomotivenbau ergeben haben. Auch


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[0440] Maßgebliches und Unmaßgebliches 150 Kilometern auf der Strecke Berlin-Hamburg einzuführen, so schießt man auch damit über das Ziel hinaus, denn auch einer so verminderten Schnelligkeit würden sich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Es liegt auch gar kein Bedürfnis dafür vor und das Bedürfnis ist doch die Hauptsache. Ganz falsch wäre es nun aber wieder, wenn man daraus folgern wollte, daß es sich bloß um eine technische Spielerei gehandelt habe, die keine praktischen Folgen nach sich zieh» werde. Worauf es ankam, war zu ermitteln, ob die Anwendung so großer Ge¬ schwindigkeiten in der Praxis möglich sei. Diese Frage ist wegen der Abnutzung des Bahnkörpers, obgleich sich der neue von der Staatseisenbahn benutzte schwere (normal-) Oberbau dabei vorzüglich bewährte, wie sich jetzt praktisch erwiesen hat, im verneinenden Sinne entschieden worden. Es ist gewiß, daß dieser Oberbau für Fahrten von mehr als 150 Kilometern Fahrgeschwindigkeit nicht entfernt ausreicht, und daß auch der Unterbau viel zu wünschen übrig läßt. Wenn somit die Er¬ gebnisse der Versuchsfahrteu kaum zur Einführung von Schnellbahnen ermutigen, so haben sie doch theoretisch und wissenschaftlich viel Interessantes und Wertvolles geboten. Von besondern! Werte sind die Beobachtungen, die über die Wirkung des Luftdrucks angestellt werden konnten, auch hat es sonst nicht an wissenschaftlichen Feststellungen gefehlt, die nach mancherlei Richtungen hin von Bedeutung sind. Der Nutzen der Versuchsfahrten liegt demnach nicht einmal so sehr auf praktischem Gebiete als in der Förderung der theoretischen Erkenntnis, die mittelbar der Praxis wieder zugute kommen wird. Was auf der Zossener Militärbahn erreicht worden ist, ist unter Ausnahme¬ bedingungen geschehen, die wohl theoretisch aber nicht auch praktisch auf allen andern Strecken geschaffen werden können. Solche Geschwindigkeiten fordern nicht nur ungeheure Betriebskosten, sondern sie sind auch nur auf besondern Bahnen mit sehr günstigen Steigungsverhältnissen und äußerst geringen Krümmungen möglich, außerdem können bei solchem Schnellverkehr langsam fahrende Züge nicht zwischen¬ durch befördert werden. Ans der Militärbahn ließ sich das für kurze Zeit machen, auf jeder audern Bahn ist das schlechthin undurchführbar. Wollte man aber auch annehmen, daß das alles noch möglich wäre, so bleiben noch die ungeheuern Schwierigkeiten des eigentlichen Betriebs. Die vollkommenste Maschine kann doch nur insofern von Nutzen sein, als ihre Leitung in der Hand des Menschen bleibt. Das war bei den günstigen Witterungsverhältnissen an den Versuchstagen ans der Militärbahn der Fall, bei einigermaßen trüber Witterung würde aber die Beobachtung der Signale, Haltezeichen usw. unmöglich werden, die Vorbedingung des Eisenbahn¬ betriebs: unbedingte Sicherheit und Regelmäßigkeit, nicht erfüllbar sein, und darum der Betrieb eingestellt werden müssen. Für den Großverkehr ist ferner der elektrische Einzelwagen, der etwa einen Zehnminutenverkehr ermöglichen könnte, nicht geeignet, und man müßte darum zur elektrischen Lokomotive mit angehängten Wagen greifen. Einen solchen Zug aber in Bewegung zu setzen und auch zu erhalten, würde so große Kräfte und Kraftschwankungen fordern, daß die hohen Kosten des Betriebs eine solche Erhöhung der Fahrpreise verursachen würden, daß sich kaum die ge¬ nügende Anzahl von Reisenden finden dürfte. Die Erfahrungen, die mit den schnellfahrenden Luxuszügen gemacht worden sind, reden dafür eine deutliche Sprache- Nach Lage der Sache wird demnach für absehbare Zeit auf den heute vorhandnen Bahnen der Dampfbetrieb jedenfalls im Vorteil bleiben, weil der ganze Rahmen darauf zugeschnitten, und dieser Betrieb auch wesentlich billiger ist. Trotzdem wird die einmal erreichte Geschwindigkeit von 210 Kilometern auch hier als Anregung wirken. Ist auch diese Schnelligkeit in der Praxis noch unerreichbar, so würden 100 bis 120 Kilometer in der Stunde schon einen so gewaltigen Fortschritt be¬ deuten, daß die Versuche nicht vergeblich gewesen sein würden. Der Dampfbetrieb verträgt auch diese Geschwindigkeitsvermehrung, wie die Verhältnisse gewisser englischer Bahnen und neuere deutsche Leistungen im Lokomotivenbau ergeben haben. Auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/440>, abgerufen am 22.07.2024.