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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Kasse für die Eisenbahnfahrt in Betracht zu kommen Pflegt, nicht in die dritte,
sondern in die vierte Klasse gehört. Mir liegt nichts ferner, als mit diesem Urteil
eine Herabsetzung des Soldatenstandes zu verbinden; denn ich pflege selbst dritter
Klasse zu fahren und würde keine eaxitis äimmutio in einer Fahrt vierter Klasse
sehen. Diese wird heutzutage ja auch von durchaus guten Volkskreisen, Studenten,
Volksschullehrern, unbemittelten Kaufleuten und Künstlern benutzt, während die dritte
Klasse im allgemeinen von dem mittlern Bürgerstande, zugleich aber auch von Ärzten,
Juristen, oft von Offizieren in Zivil, von Landwirten usw. gewählt wird. Namentlich
auch Frauen, die ja häufig anspruchsloser sind als ihre Herren Ehemänner, fahren
vielfach aus den "allerbesten" Gesellschaftskreisen dritter Klasse.

Für viele dieser Kunden der dritten Klasse ist der Vaterlandsverteidiger nicht
immer eine angenehme Zugabe. Verhält er sich auch in der großen Mehrzahl
bescheiden und zurückhaltend, so tritt doch auch gelegentlich, zumal wenn mehrere
Soldaten zusammen fahren, der entgegengesetzte Fall ein, oder es findet mindestens
eine so lebhafte und so laute kameradschaftliche Unterhaltung statt, das; es keine Ver¬
gnügen ist, in einem solchen Abteil zu fahren.

Ich schlage deshalb vor: für die Unteroffiziere die dritte, für die Gemeinen
die vierte Klasse; auch den Gefreiten bin ich bereit, die dritte Klasse zu bewilligen.
Allenfalls könnte man ja bei den beabsichtigten Freikarten die Lösung einer Zuschlag¬
karte erlauben, sodaß der Soldat, der nicht ans Staatskosten umsonst vierter Klasse
fahren will, für einen geringen Zuschlag dritter Klasse fahren könnte.

2. Bei dem vielbesprochnen Militärpensionsgesetz ist bisher ein Punkt völlig
unerörtert geblieben, der von großer Tragweite ist und die Voraussetzungen der
Pensionierung betrifft. Ich würde jedem Anwärter eine möglichst große Erhöhung der
Pension von ganzem Herzen gönnen, wenn bei der Pensionierung von Offizieren der
für Zivilbeamte maßgebende Grundsatz eingeführt würde, daß bei ganz freiwilligem
Abgehn die Pension überhaupt wegfällt. Ein Zivilbeamter kann dreißig Jahre
gedient haben und erhält doch bei freiwilligem Abgange keinen Pfennig Pension,
wenn er nicht invalid ist. Dagegen bekommt ein Leutnant, der in der ausge-
sprochnen Absicht, nur kurze Zeit Soldat zu sein, nach zehn Jahren abgeht, auch
ohne hierzu aus Gründen des Dienstes oder der Gesundheit gezwungen zu sein,
eine Pension. Zahlreiche Herren haben die angenehme Anwartschaft auf ein
Familiengut und wollen nur solange Soldat bleiben, bis der Erdfall eintritt; andre
sind schon beim Dienstantritt entschlossen, es höchstens bis zum Hauptmann oder
Rittmeister zu bringen und dann aufs Land zu ziehn, oder sonst etwas zu über¬
nehmen. Alle diese Herren würden nach den für Zivilbeamte geltenden Grundsätzen
keine Pension bekommen und sollte" sie auch als Offiziere aus den dort maßgebenden
Gründen nicht erhalten, und zwar um so weniger, als kein Bedürfnis dazu vor¬
liegt. Es soll also an der Befugnis, jeden Offizier aus dienstlichen Gründen jederzeit
zu pensionieren, nicht gerüttelt werden, und selbstverständlich muß der Offizier, bei
dem das geschieht, eine auskömmliche Pension erhalten; wer aber weder aus dienst-
lichen Gründen noch aus Gesundheitsrücksichten, sondern ganz freiwillig den Dienst
verläßt, sollte überhaupt keine Pension erhalten, weil eine Verpflichtung des Staates
hierzu durch nichts begründet werden kann.

Die finanzielle Tragweite einer solchen Neuerung vermag ich nicht zu beur¬
teilen; aber ohne Zweifel würde sie einen großen Betrag ersparen, der zu der jetzt
beantragten Erhöhung der Pensionen beisteuern könnte.

3. Die Armee leidet, mit Ausnahme der Feldartillerie, an einem fühlbaren
Mangel an Leutnants. Demgegenüber muß immer von neuem an die Tatsache
erinnert werden, daß eine ganze Reihe von Regimentern, nicht nur bei der Reiterei,
sondern auch bet den Fußtruppen, nur adliche Anwärter annehmen und deshalb
jeden bürgerlichen unbedingt zurückweisen, auch wenn er allen sonstigen Ansprüchen
genügt. Sogar Söhne von bürgerlichen Offizieren haben diese Abweisung zu
erwarten, und es ist ein besonders anmutiges Bild, wenn bürgerliche Regiments-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Kasse für die Eisenbahnfahrt in Betracht zu kommen Pflegt, nicht in die dritte,
sondern in die vierte Klasse gehört. Mir liegt nichts ferner, als mit diesem Urteil
eine Herabsetzung des Soldatenstandes zu verbinden; denn ich pflege selbst dritter
Klasse zu fahren und würde keine eaxitis äimmutio in einer Fahrt vierter Klasse
sehen. Diese wird heutzutage ja auch von durchaus guten Volkskreisen, Studenten,
Volksschullehrern, unbemittelten Kaufleuten und Künstlern benutzt, während die dritte
Klasse im allgemeinen von dem mittlern Bürgerstande, zugleich aber auch von Ärzten,
Juristen, oft von Offizieren in Zivil, von Landwirten usw. gewählt wird. Namentlich
auch Frauen, die ja häufig anspruchsloser sind als ihre Herren Ehemänner, fahren
vielfach aus den „allerbesten" Gesellschaftskreisen dritter Klasse.

Für viele dieser Kunden der dritten Klasse ist der Vaterlandsverteidiger nicht
immer eine angenehme Zugabe. Verhält er sich auch in der großen Mehrzahl
bescheiden und zurückhaltend, so tritt doch auch gelegentlich, zumal wenn mehrere
Soldaten zusammen fahren, der entgegengesetzte Fall ein, oder es findet mindestens
eine so lebhafte und so laute kameradschaftliche Unterhaltung statt, das; es keine Ver¬
gnügen ist, in einem solchen Abteil zu fahren.

Ich schlage deshalb vor: für die Unteroffiziere die dritte, für die Gemeinen
die vierte Klasse; auch den Gefreiten bin ich bereit, die dritte Klasse zu bewilligen.
Allenfalls könnte man ja bei den beabsichtigten Freikarten die Lösung einer Zuschlag¬
karte erlauben, sodaß der Soldat, der nicht ans Staatskosten umsonst vierter Klasse
fahren will, für einen geringen Zuschlag dritter Klasse fahren könnte.

2. Bei dem vielbesprochnen Militärpensionsgesetz ist bisher ein Punkt völlig
unerörtert geblieben, der von großer Tragweite ist und die Voraussetzungen der
Pensionierung betrifft. Ich würde jedem Anwärter eine möglichst große Erhöhung der
Pension von ganzem Herzen gönnen, wenn bei der Pensionierung von Offizieren der
für Zivilbeamte maßgebende Grundsatz eingeführt würde, daß bei ganz freiwilligem
Abgehn die Pension überhaupt wegfällt. Ein Zivilbeamter kann dreißig Jahre
gedient haben und erhält doch bei freiwilligem Abgange keinen Pfennig Pension,
wenn er nicht invalid ist. Dagegen bekommt ein Leutnant, der in der ausge-
sprochnen Absicht, nur kurze Zeit Soldat zu sein, nach zehn Jahren abgeht, auch
ohne hierzu aus Gründen des Dienstes oder der Gesundheit gezwungen zu sein,
eine Pension. Zahlreiche Herren haben die angenehme Anwartschaft auf ein
Familiengut und wollen nur solange Soldat bleiben, bis der Erdfall eintritt; andre
sind schon beim Dienstantritt entschlossen, es höchstens bis zum Hauptmann oder
Rittmeister zu bringen und dann aufs Land zu ziehn, oder sonst etwas zu über¬
nehmen. Alle diese Herren würden nach den für Zivilbeamte geltenden Grundsätzen
keine Pension bekommen und sollte» sie auch als Offiziere aus den dort maßgebenden
Gründen nicht erhalten, und zwar um so weniger, als kein Bedürfnis dazu vor¬
liegt. Es soll also an der Befugnis, jeden Offizier aus dienstlichen Gründen jederzeit
zu pensionieren, nicht gerüttelt werden, und selbstverständlich muß der Offizier, bei
dem das geschieht, eine auskömmliche Pension erhalten; wer aber weder aus dienst-
lichen Gründen noch aus Gesundheitsrücksichten, sondern ganz freiwillig den Dienst
verläßt, sollte überhaupt keine Pension erhalten, weil eine Verpflichtung des Staates
hierzu durch nichts begründet werden kann.

Die finanzielle Tragweite einer solchen Neuerung vermag ich nicht zu beur¬
teilen; aber ohne Zweifel würde sie einen großen Betrag ersparen, der zu der jetzt
beantragten Erhöhung der Pensionen beisteuern könnte.

3. Die Armee leidet, mit Ausnahme der Feldartillerie, an einem fühlbaren
Mangel an Leutnants. Demgegenüber muß immer von neuem an die Tatsache
erinnert werden, daß eine ganze Reihe von Regimentern, nicht nur bei der Reiterei,
sondern auch bet den Fußtruppen, nur adliche Anwärter annehmen und deshalb
jeden bürgerlichen unbedingt zurückweisen, auch wenn er allen sonstigen Ansprüchen
genügt. Sogar Söhne von bürgerlichen Offizieren haben diese Abweisung zu
erwarten, und es ist ein besonders anmutiges Bild, wenn bürgerliche Regiments-


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[0318] Maßgebliches und Unmaßgebliches Kasse für die Eisenbahnfahrt in Betracht zu kommen Pflegt, nicht in die dritte, sondern in die vierte Klasse gehört. Mir liegt nichts ferner, als mit diesem Urteil eine Herabsetzung des Soldatenstandes zu verbinden; denn ich pflege selbst dritter Klasse zu fahren und würde keine eaxitis äimmutio in einer Fahrt vierter Klasse sehen. Diese wird heutzutage ja auch von durchaus guten Volkskreisen, Studenten, Volksschullehrern, unbemittelten Kaufleuten und Künstlern benutzt, während die dritte Klasse im allgemeinen von dem mittlern Bürgerstande, zugleich aber auch von Ärzten, Juristen, oft von Offizieren in Zivil, von Landwirten usw. gewählt wird. Namentlich auch Frauen, die ja häufig anspruchsloser sind als ihre Herren Ehemänner, fahren vielfach aus den „allerbesten" Gesellschaftskreisen dritter Klasse. Für viele dieser Kunden der dritten Klasse ist der Vaterlandsverteidiger nicht immer eine angenehme Zugabe. Verhält er sich auch in der großen Mehrzahl bescheiden und zurückhaltend, so tritt doch auch gelegentlich, zumal wenn mehrere Soldaten zusammen fahren, der entgegengesetzte Fall ein, oder es findet mindestens eine so lebhafte und so laute kameradschaftliche Unterhaltung statt, das; es keine Ver¬ gnügen ist, in einem solchen Abteil zu fahren. Ich schlage deshalb vor: für die Unteroffiziere die dritte, für die Gemeinen die vierte Klasse; auch den Gefreiten bin ich bereit, die dritte Klasse zu bewilligen. Allenfalls könnte man ja bei den beabsichtigten Freikarten die Lösung einer Zuschlag¬ karte erlauben, sodaß der Soldat, der nicht ans Staatskosten umsonst vierter Klasse fahren will, für einen geringen Zuschlag dritter Klasse fahren könnte. 2. Bei dem vielbesprochnen Militärpensionsgesetz ist bisher ein Punkt völlig unerörtert geblieben, der von großer Tragweite ist und die Voraussetzungen der Pensionierung betrifft. Ich würde jedem Anwärter eine möglichst große Erhöhung der Pension von ganzem Herzen gönnen, wenn bei der Pensionierung von Offizieren der für Zivilbeamte maßgebende Grundsatz eingeführt würde, daß bei ganz freiwilligem Abgehn die Pension überhaupt wegfällt. Ein Zivilbeamter kann dreißig Jahre gedient haben und erhält doch bei freiwilligem Abgange keinen Pfennig Pension, wenn er nicht invalid ist. Dagegen bekommt ein Leutnant, der in der ausge- sprochnen Absicht, nur kurze Zeit Soldat zu sein, nach zehn Jahren abgeht, auch ohne hierzu aus Gründen des Dienstes oder der Gesundheit gezwungen zu sein, eine Pension. Zahlreiche Herren haben die angenehme Anwartschaft auf ein Familiengut und wollen nur solange Soldat bleiben, bis der Erdfall eintritt; andre sind schon beim Dienstantritt entschlossen, es höchstens bis zum Hauptmann oder Rittmeister zu bringen und dann aufs Land zu ziehn, oder sonst etwas zu über¬ nehmen. Alle diese Herren würden nach den für Zivilbeamte geltenden Grundsätzen keine Pension bekommen und sollte» sie auch als Offiziere aus den dort maßgebenden Gründen nicht erhalten, und zwar um so weniger, als kein Bedürfnis dazu vor¬ liegt. Es soll also an der Befugnis, jeden Offizier aus dienstlichen Gründen jederzeit zu pensionieren, nicht gerüttelt werden, und selbstverständlich muß der Offizier, bei dem das geschieht, eine auskömmliche Pension erhalten; wer aber weder aus dienst- lichen Gründen noch aus Gesundheitsrücksichten, sondern ganz freiwillig den Dienst verläßt, sollte überhaupt keine Pension erhalten, weil eine Verpflichtung des Staates hierzu durch nichts begründet werden kann. Die finanzielle Tragweite einer solchen Neuerung vermag ich nicht zu beur¬ teilen; aber ohne Zweifel würde sie einen großen Betrag ersparen, der zu der jetzt beantragten Erhöhung der Pensionen beisteuern könnte. 3. Die Armee leidet, mit Ausnahme der Feldartillerie, an einem fühlbaren Mangel an Leutnants. Demgegenüber muß immer von neuem an die Tatsache erinnert werden, daß eine ganze Reihe von Regimentern, nicht nur bei der Reiterei, sondern auch bet den Fußtruppen, nur adliche Anwärter annehmen und deshalb jeden bürgerlichen unbedingt zurückweisen, auch wenn er allen sonstigen Ansprüchen genügt. Sogar Söhne von bürgerlichen Offizieren haben diese Abweisung zu erwarten, und es ist ein besonders anmutiges Bild, wenn bürgerliche Regiments-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/318>, abgerufen am 26.06.2024.