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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Klabunkerstraße

nichts versteht, und ich viel lieber in eine große Stadt gegangen wäre. Ich möchte
gern nach Berlin, und ich sagte es auch dem Direktor. Aber so ein Mann ahnt
natürlich nichts von höhern Dingen. Er sagte, ich sollte nur erst einmal nach
Wittekind gehn und mich aufs Examen vorbereiten. Dummkopf! Herr Klaus
Fuchsius schlug mit der Faust auf sein Knie, als ob es sein Direktor wäre.

Ach, Sie haben Ihr Examen noch nicht gemacht?

Nein! Klaus preßte die Lippen zusammen und sah aus dem Fenster. Wenn
das hübsche junge Mädchen ihn so fragend ansah, war er in Versuchung, ihr zu
sagen, daß er schon zweimal im Examen durchgefallen wäre, und daß der dumme
Direktor schuld daran sei; aber alles brauchte man nicht zu erzählen.

Ich habe mein Examen schon gemacht und habe schon drei Jahre unter¬
richtet. Aber gelegentlich muß man seine Stellung wechseln; denn die Vorsteherinnen
sind oft schrecklich! berichtete Melitta. Sie erzählte natürlich auch nicht, daß sie
schon zweimal ihren Platz wegen unpassender Koketterie mit verheirateten Lehrern
hatte wechseln müssen.

Wittekind ist ein schauderhaftes altes Dameunest! erzählte Klaus. Wohin man
sieht, sind Damen, und wenn mau ihnen begegnet, wird man angeredet und nach
allem möglichen gefragt. Die Damenklöster sollten aufgehoben und ihr Geld sollte
den Armen gegeben werden. Ich habe schon zwei Aufsätze darüber in der Zeitung
geschrieben.

Ach, Sie schreiben für die Zeitung? Melitta sah den Sprecher ehrfurchtsvoll
an, und er warf sich in die Brust.

Natürlich schreibe ich; und ich mache auch Gedichte. Kürzlich hat die Iduna
zwei davon gebracht.

Handelten sie von Liebe? fragte das junge Mädchen, und ihre Augen öffneten
sich weit.

Nein, von Stimmungen. Liebe ist altmodisch, Fräulein. Über diese Empfindung
kann jeder Esel dichten. Aber Stimmungen --

Klaus hielt inne und lächelte selbstbewußt und träumerisch. Aber Melitta
steckte sich verstohlen ein Schokoladenplätzchen in den Mund. Aus Stimmungen
machte sie sich viel. Sie nahm ihren großen Hut vom Kopfe und glättete
sich das dunkle Honr. Wenn man zu Taute Betty kam, mußte man glatt ge¬
kämmt sein; sonst gab es eine scharfe Bemerkung. Die gab es freilich immer;
so oder so, und es war nicht angenehm, Tante Betty zu besuchen. Aber Melitta
hatte niemand anders, zu dem sie, wenn sie stellenlos war, hätte gehn können, und
außerdem klang es andern Leuten gegenüber recht angenehm, sagen zu können:
Ich gehe zu meiner Tante, der Gräfin Eberstein im Kloster Wittekind. Und das
Kloster selbst hatte etwas Behagliches, und die andern Damen waren immer freund¬
lich. Sie fragten nicht viel, woher und wohin; sie freuten sich über ein junges,
hübsches Gesicht und luden zum Kaffee ein oder zum Tee. Denn wurde von vor¬
nehmen Beziehungen, manchmal sogar vom königlichen Hause gesprochen, und
Melitta, die in der Eingeschlossenheit eines Seminars groß geworden und später
von einer Stellung in die andre gestoßen worden war, empfand es als eine Erholung,
mit vornehmen Damen an einem Tische zu sitzen und von vornehmen Leuten zu
sprechen. Sie war doch auch von altem Adel. Obgleich sie dritter Klasse fahren
mußte und kaum so viel Geld hatte, sich anständig zu kleiden. Aber ihr Vater
hatte genau so viel Ahnen gehabt wie die alten Klosterdamen, und wenn er nicht
eine so törichte Heirat getan hätte, brauchte seine Tochter vielleicht nicht dritter
Klasse zu fahren und das Brot der Dienstbarkeit zu essen.

Sie machen jn ein furchtbar ernstes Gesicht, Fräulein! sagte Klaus Fuchsius.
Er starrte schon eine Weile in das hübsche, lebhafte Mädchengesicht vor ihm und
wunderte sich, daß er plötzlich unbeachtet war. Nach seiner Ansicht mußte jedes
Mädchen glücklich sein, mit ihm zu sprechen.

Melitta fuhr zusammen. Ich dachte an mancherlei Dinge.


Grenzboten l 1904 W
Die Klabunkerstraße

nichts versteht, und ich viel lieber in eine große Stadt gegangen wäre. Ich möchte
gern nach Berlin, und ich sagte es auch dem Direktor. Aber so ein Mann ahnt
natürlich nichts von höhern Dingen. Er sagte, ich sollte nur erst einmal nach
Wittekind gehn und mich aufs Examen vorbereiten. Dummkopf! Herr Klaus
Fuchsius schlug mit der Faust auf sein Knie, als ob es sein Direktor wäre.

Ach, Sie haben Ihr Examen noch nicht gemacht?

Nein! Klaus preßte die Lippen zusammen und sah aus dem Fenster. Wenn
das hübsche junge Mädchen ihn so fragend ansah, war er in Versuchung, ihr zu
sagen, daß er schon zweimal im Examen durchgefallen wäre, und daß der dumme
Direktor schuld daran sei; aber alles brauchte man nicht zu erzählen.

Ich habe mein Examen schon gemacht und habe schon drei Jahre unter¬
richtet. Aber gelegentlich muß man seine Stellung wechseln; denn die Vorsteherinnen
sind oft schrecklich! berichtete Melitta. Sie erzählte natürlich auch nicht, daß sie
schon zweimal ihren Platz wegen unpassender Koketterie mit verheirateten Lehrern
hatte wechseln müssen.

Wittekind ist ein schauderhaftes altes Dameunest! erzählte Klaus. Wohin man
sieht, sind Damen, und wenn mau ihnen begegnet, wird man angeredet und nach
allem möglichen gefragt. Die Damenklöster sollten aufgehoben und ihr Geld sollte
den Armen gegeben werden. Ich habe schon zwei Aufsätze darüber in der Zeitung
geschrieben.

Ach, Sie schreiben für die Zeitung? Melitta sah den Sprecher ehrfurchtsvoll
an, und er warf sich in die Brust.

Natürlich schreibe ich; und ich mache auch Gedichte. Kürzlich hat die Iduna
zwei davon gebracht.

Handelten sie von Liebe? fragte das junge Mädchen, und ihre Augen öffneten
sich weit.

Nein, von Stimmungen. Liebe ist altmodisch, Fräulein. Über diese Empfindung
kann jeder Esel dichten. Aber Stimmungen —

Klaus hielt inne und lächelte selbstbewußt und träumerisch. Aber Melitta
steckte sich verstohlen ein Schokoladenplätzchen in den Mund. Aus Stimmungen
machte sie sich viel. Sie nahm ihren großen Hut vom Kopfe und glättete
sich das dunkle Honr. Wenn man zu Taute Betty kam, mußte man glatt ge¬
kämmt sein; sonst gab es eine scharfe Bemerkung. Die gab es freilich immer;
so oder so, und es war nicht angenehm, Tante Betty zu besuchen. Aber Melitta
hatte niemand anders, zu dem sie, wenn sie stellenlos war, hätte gehn können, und
außerdem klang es andern Leuten gegenüber recht angenehm, sagen zu können:
Ich gehe zu meiner Tante, der Gräfin Eberstein im Kloster Wittekind. Und das
Kloster selbst hatte etwas Behagliches, und die andern Damen waren immer freund¬
lich. Sie fragten nicht viel, woher und wohin; sie freuten sich über ein junges,
hübsches Gesicht und luden zum Kaffee ein oder zum Tee. Denn wurde von vor¬
nehmen Beziehungen, manchmal sogar vom königlichen Hause gesprochen, und
Melitta, die in der Eingeschlossenheit eines Seminars groß geworden und später
von einer Stellung in die andre gestoßen worden war, empfand es als eine Erholung,
mit vornehmen Damen an einem Tische zu sitzen und von vornehmen Leuten zu
sprechen. Sie war doch auch von altem Adel. Obgleich sie dritter Klasse fahren
mußte und kaum so viel Geld hatte, sich anständig zu kleiden. Aber ihr Vater
hatte genau so viel Ahnen gehabt wie die alten Klosterdamen, und wenn er nicht
eine so törichte Heirat getan hätte, brauchte seine Tochter vielleicht nicht dritter
Klasse zu fahren und das Brot der Dienstbarkeit zu essen.

Sie machen jn ein furchtbar ernstes Gesicht, Fräulein! sagte Klaus Fuchsius.
Er starrte schon eine Weile in das hübsche, lebhafte Mädchengesicht vor ihm und
wunderte sich, daß er plötzlich unbeachtet war. Nach seiner Ansicht mußte jedes
Mädchen glücklich sein, mit ihm zu sprechen.

Melitta fuhr zusammen. Ich dachte an mancherlei Dinge.


Grenzboten l 1904 W
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[0175] Die Klabunkerstraße nichts versteht, und ich viel lieber in eine große Stadt gegangen wäre. Ich möchte gern nach Berlin, und ich sagte es auch dem Direktor. Aber so ein Mann ahnt natürlich nichts von höhern Dingen. Er sagte, ich sollte nur erst einmal nach Wittekind gehn und mich aufs Examen vorbereiten. Dummkopf! Herr Klaus Fuchsius schlug mit der Faust auf sein Knie, als ob es sein Direktor wäre. Ach, Sie haben Ihr Examen noch nicht gemacht? Nein! Klaus preßte die Lippen zusammen und sah aus dem Fenster. Wenn das hübsche junge Mädchen ihn so fragend ansah, war er in Versuchung, ihr zu sagen, daß er schon zweimal im Examen durchgefallen wäre, und daß der dumme Direktor schuld daran sei; aber alles brauchte man nicht zu erzählen. Ich habe mein Examen schon gemacht und habe schon drei Jahre unter¬ richtet. Aber gelegentlich muß man seine Stellung wechseln; denn die Vorsteherinnen sind oft schrecklich! berichtete Melitta. Sie erzählte natürlich auch nicht, daß sie schon zweimal ihren Platz wegen unpassender Koketterie mit verheirateten Lehrern hatte wechseln müssen. Wittekind ist ein schauderhaftes altes Dameunest! erzählte Klaus. Wohin man sieht, sind Damen, und wenn mau ihnen begegnet, wird man angeredet und nach allem möglichen gefragt. Die Damenklöster sollten aufgehoben und ihr Geld sollte den Armen gegeben werden. Ich habe schon zwei Aufsätze darüber in der Zeitung geschrieben. Ach, Sie schreiben für die Zeitung? Melitta sah den Sprecher ehrfurchtsvoll an, und er warf sich in die Brust. Natürlich schreibe ich; und ich mache auch Gedichte. Kürzlich hat die Iduna zwei davon gebracht. Handelten sie von Liebe? fragte das junge Mädchen, und ihre Augen öffneten sich weit. Nein, von Stimmungen. Liebe ist altmodisch, Fräulein. Über diese Empfindung kann jeder Esel dichten. Aber Stimmungen — Klaus hielt inne und lächelte selbstbewußt und träumerisch. Aber Melitta steckte sich verstohlen ein Schokoladenplätzchen in den Mund. Aus Stimmungen machte sie sich viel. Sie nahm ihren großen Hut vom Kopfe und glättete sich das dunkle Honr. Wenn man zu Taute Betty kam, mußte man glatt ge¬ kämmt sein; sonst gab es eine scharfe Bemerkung. Die gab es freilich immer; so oder so, und es war nicht angenehm, Tante Betty zu besuchen. Aber Melitta hatte niemand anders, zu dem sie, wenn sie stellenlos war, hätte gehn können, und außerdem klang es andern Leuten gegenüber recht angenehm, sagen zu können: Ich gehe zu meiner Tante, der Gräfin Eberstein im Kloster Wittekind. Und das Kloster selbst hatte etwas Behagliches, und die andern Damen waren immer freund¬ lich. Sie fragten nicht viel, woher und wohin; sie freuten sich über ein junges, hübsches Gesicht und luden zum Kaffee ein oder zum Tee. Denn wurde von vor¬ nehmen Beziehungen, manchmal sogar vom königlichen Hause gesprochen, und Melitta, die in der Eingeschlossenheit eines Seminars groß geworden und später von einer Stellung in die andre gestoßen worden war, empfand es als eine Erholung, mit vornehmen Damen an einem Tische zu sitzen und von vornehmen Leuten zu sprechen. Sie war doch auch von altem Adel. Obgleich sie dritter Klasse fahren mußte und kaum so viel Geld hatte, sich anständig zu kleiden. Aber ihr Vater hatte genau so viel Ahnen gehabt wie die alten Klosterdamen, und wenn er nicht eine so törichte Heirat getan hätte, brauchte seine Tochter vielleicht nicht dritter Klasse zu fahren und das Brot der Dienstbarkeit zu essen. Sie machen jn ein furchtbar ernstes Gesicht, Fräulein! sagte Klaus Fuchsius. Er starrte schon eine Weile in das hübsche, lebhafte Mädchengesicht vor ihm und wunderte sich, daß er plötzlich unbeachtet war. Nach seiner Ansicht mußte jedes Mädchen glücklich sein, mit ihm zu sprechen. Melitta fuhr zusammen. Ich dachte an mancherlei Dinge. Grenzboten l 1904 W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/175>, abgerufen am 22.07.2024.