Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.von der Technik Arbeit nicht denkbar ist. Die Vorstellung, die menschliche Arbeit könne je ein¬ Die andern Energien entnimmt er unsern Energiespeichern, "die groß, aber von der Technik Arbeit nicht denkbar ist. Die Vorstellung, die menschliche Arbeit könne je ein¬ Die andern Energien entnimmt er unsern Energiespeichern, „die groß, aber <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0160" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/292957"/> <fw type="header" place="top"> von der Technik</fw><lb/> <p xml:id="ID_697" prev="#ID_696"> Arbeit nicht denkbar ist. Die Vorstellung, die menschliche Arbeit könne je ein¬<lb/> mal überflüssig gemacht und durch die automatische Arbeit von lauter Maschinen<lb/> ersetzt werden, weist er als eine phantastische Utopie zurück, indem er an die<lb/> Erfahrungstatsache erinnert, daß aus bekannten Ursachen das Maschinenwesen<lb/> bis jetzt die Summe menschlicher Arbeit nicht vermindert, sondern vermehrt hat.<lb/> Der Mensch bleibt also das unentbehrliche Subjekt der technischen Arbeit, und<lb/> zwar spaltet sich dieses bei der heutigen Arbeitsweise meist in das mittelbare<lb/> Subjekt: den planentwerfenden Ingenieur oder gebietenden Meister, und das<lb/> unmittelbare Subjekt: die ausführende Hand. Bei der Maschinenarbeit kommt<lb/> es vor, daß sich die Arbeit des unmittelbaren Subjekts auf die Einleitung des<lb/> Arbeitsprozesses (durch Heizung des Dampfkessels, Einstellung von Maschinen¬<lb/> teilen usw.) beschränkt, und der übrige Prozeß automatisch verläuft. Aber die<lb/> Einleitung durch den Menschen kann eben niemals entbehrt werden, und dieser<lb/> muß auch den Prozeß überwachen, öfter regelnd in ihn eingreifen und ihn, z. B.<lb/> durch Nachschieben von Brennmaterial, unterstützen. Man kann darum die natür¬<lb/> liche Energie, die den Prozeß im Gang erhält, die Spannung der Dämpfe im<lb/> Zylinder einer Dampfmaschine, den Chemismus einer galvanischen Batterie, das<lb/> Räder treibende Wasser höchstens stellvertretende Subjekte nennen. Zwischen<lb/> den Menschen und die Maschine schiebt sich oft noch das Tier ein, dessen Arbeit<lb/> „insofern nicht als automatisch bezeichnet werden kann, als das Tier selbst mit<lb/> einem Willen behaftet und nicht ganz frei von unvorhergesehenen, vom Menschen<lb/> nicht beherrschbaren physiologischen Zufällen und Zustandsünderungen ist, darum<lb/> dem Willen des Menschen nicht so unbedingt gehorcht, wie ein zur Energic-<lb/> umwandlnng hergestellter Apparat." Der Techniker liebt deshalb — als Tech¬<lb/> niker — das Tier nicht, wünscht es aus allen Arbeitsprozessen auszuschalten<lb/> und hält dieses Ziel für erreichbar. Der Mensch als Mensch und Nichttechniker,<lb/> der noch andre Interessen hat als die rasche, wohlfeile und sichere Erreichung<lb/> technischer Erfolge, ist meist andrer Meinung; er fährt z. B. lieber in einem<lb/> mit lebendigen schönen Pferden bespannten Wagen als in einem Automobil.<lb/> Der Mensch (ebenso das Tier) kann unmittelbar nur mechanische Arbeit leisten;<lb/> die Umwandlung dieser in andre Energieformen kann er nur einleiten durch Her¬<lb/> stellung der Bedingungen, z. B. durch Feuermachen oder Einstellen einer gal¬<lb/> vanischen Batterie; bei dem, was dann vorgeht, ist nicht mehr er, sondern die<lb/> Naturenergie das tätige Subjekt (oder vielmehr die tätige Kraft, denn Subjekte<lb/> können nur beseelte Wesen sein). „Das Handeln des Menschen kann niemals<lb/> die Form einer chemischen Reaktion, eines galvanischen Stroms, eines Licht- oder<lb/> Wärmestrahls, sondern nur die der mechanischen Bewegung annehmen, und dies<lb/> ist wohl auch die Ursache, weshalb man die mechanische Arbeit seit jeher als<lb/> den eigentlichen Repräsentanten aller Arbeit hingestellt hat und sie noch immer<lb/> so auffaßt. ... Die Mannigfaltigkeit der Wirknngsfolgen des technischen Handelns<lb/> fußt darum zum geringsten Teil auf der Körperkonstitution des Menschen, sondern<lb/> hauptsächlich auf seiner geistigen Energie, die ihn befähigt hat, Mittel zu finden,<lb/> mit deren Hilfe er die von seinem Körper ausgehende mechanische Energie in<lb/> die andern Energieformen umzusetzen vermag."</p><lb/> <p xml:id="ID_698" next="#ID_699"> Die andern Energien entnimmt er unsern Energiespeichern, „die groß, aber</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0160]
von der Technik
Arbeit nicht denkbar ist. Die Vorstellung, die menschliche Arbeit könne je ein¬
mal überflüssig gemacht und durch die automatische Arbeit von lauter Maschinen
ersetzt werden, weist er als eine phantastische Utopie zurück, indem er an die
Erfahrungstatsache erinnert, daß aus bekannten Ursachen das Maschinenwesen
bis jetzt die Summe menschlicher Arbeit nicht vermindert, sondern vermehrt hat.
Der Mensch bleibt also das unentbehrliche Subjekt der technischen Arbeit, und
zwar spaltet sich dieses bei der heutigen Arbeitsweise meist in das mittelbare
Subjekt: den planentwerfenden Ingenieur oder gebietenden Meister, und das
unmittelbare Subjekt: die ausführende Hand. Bei der Maschinenarbeit kommt
es vor, daß sich die Arbeit des unmittelbaren Subjekts auf die Einleitung des
Arbeitsprozesses (durch Heizung des Dampfkessels, Einstellung von Maschinen¬
teilen usw.) beschränkt, und der übrige Prozeß automatisch verläuft. Aber die
Einleitung durch den Menschen kann eben niemals entbehrt werden, und dieser
muß auch den Prozeß überwachen, öfter regelnd in ihn eingreifen und ihn, z. B.
durch Nachschieben von Brennmaterial, unterstützen. Man kann darum die natür¬
liche Energie, die den Prozeß im Gang erhält, die Spannung der Dämpfe im
Zylinder einer Dampfmaschine, den Chemismus einer galvanischen Batterie, das
Räder treibende Wasser höchstens stellvertretende Subjekte nennen. Zwischen
den Menschen und die Maschine schiebt sich oft noch das Tier ein, dessen Arbeit
„insofern nicht als automatisch bezeichnet werden kann, als das Tier selbst mit
einem Willen behaftet und nicht ganz frei von unvorhergesehenen, vom Menschen
nicht beherrschbaren physiologischen Zufällen und Zustandsünderungen ist, darum
dem Willen des Menschen nicht so unbedingt gehorcht, wie ein zur Energic-
umwandlnng hergestellter Apparat." Der Techniker liebt deshalb — als Tech¬
niker — das Tier nicht, wünscht es aus allen Arbeitsprozessen auszuschalten
und hält dieses Ziel für erreichbar. Der Mensch als Mensch und Nichttechniker,
der noch andre Interessen hat als die rasche, wohlfeile und sichere Erreichung
technischer Erfolge, ist meist andrer Meinung; er fährt z. B. lieber in einem
mit lebendigen schönen Pferden bespannten Wagen als in einem Automobil.
Der Mensch (ebenso das Tier) kann unmittelbar nur mechanische Arbeit leisten;
die Umwandlung dieser in andre Energieformen kann er nur einleiten durch Her¬
stellung der Bedingungen, z. B. durch Feuermachen oder Einstellen einer gal¬
vanischen Batterie; bei dem, was dann vorgeht, ist nicht mehr er, sondern die
Naturenergie das tätige Subjekt (oder vielmehr die tätige Kraft, denn Subjekte
können nur beseelte Wesen sein). „Das Handeln des Menschen kann niemals
die Form einer chemischen Reaktion, eines galvanischen Stroms, eines Licht- oder
Wärmestrahls, sondern nur die der mechanischen Bewegung annehmen, und dies
ist wohl auch die Ursache, weshalb man die mechanische Arbeit seit jeher als
den eigentlichen Repräsentanten aller Arbeit hingestellt hat und sie noch immer
so auffaßt. ... Die Mannigfaltigkeit der Wirknngsfolgen des technischen Handelns
fußt darum zum geringsten Teil auf der Körperkonstitution des Menschen, sondern
hauptsächlich auf seiner geistigen Energie, die ihn befähigt hat, Mittel zu finden,
mit deren Hilfe er die von seinem Körper ausgehende mechanische Energie in
die andern Energieformen umzusetzen vermag."
Die andern Energien entnimmt er unsern Energiespeichern, „die groß, aber
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