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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Was die sonstigen Behauptungen Richters über die Anstachlung der Be¬
gehrlichkeiten der Interessentenkreise durch den Fürsten Bismarck anlangt, so über¬
sieht er vollständig den Anteil, der Kaiser Wilhelm dem Ersten an i,euer
großen Wendung unsrer Wirtschaftspolitik persönlich zufällt. Dem Fürsten Bismarck
lag die Tatsache der immer mehr vorschreitender Auspoverung Deutschlands unter
der Herrschaft des Freihandels längst vor Augen. Die von Richter so sehr gerühmte
"Selbsthilfe" fehlte vollständig, aber in seinem Vertrauen zu den Ministern Delbrück
und Camphausen, namentlich zu Delbrück, sagte sich Fürst Bismarck von bereu
System nur langsam los. Das deutsche Getreide blieb unverkäuflich, während
russischer Roggen in Danzig, Königsberg und Stettin in gewaltigen Mengen zu
Mischungen benutzt wurde, die deu Preis tief herabdrückten; ungarisches Holz wurde
auf deutschen Bahnen zu Ausnahmetarisen durch die deutschen Wälder gefahren,
deren Holz unverkäuflich und unverwertbar blieb. Hier waren es nicht die "von
Bismarck aufgestachelter Begehrlichkeiten." sondern es waren die Staatsforstver¬
waltungen, die in ihren Berichten erklärten, so könne die Sache nicht weiter gehn.
Am Rhein und in Schlesien erlosch ein Hochofen nach dem andern; englisches Eisen
kam zu einem Zoll von 50 Pfennigen von Hull nach Königsberg, ebenso hoch belief
sich die Fracht, während die Eisenbahnfracht von Oberschlesien nach Ostpreußen 1.50
bis 2 Mark betrug, und dazu sollte noch der letzte Eisenzoll aufgehoben werden.
Das war der Tropfen, der das freihäudlerische Maß zum Überlaufen brachte. Der
persönliche Anteil Kaiser Wilhelms an dieser Wendung geht aus seinem Gasteiner
Briefe vom 22. Juli 1876 an Bismarck hervor, worin es nach einem Hinweis aufdie offenbare Kalamität in der Eisenindustrie und nach einer pointierter Wendung
gegen Delbrück und Camphausen heißt:
N

"un soll aber vom 1. Januar 1877 an der Eisenimport nach Deutschland
ganz zollfrei stattfinden, während Frankreich eine Prämie auf seine Eisen¬
ausfuhr nach Deutschland einführt! Das sind doch so schlagende Sätze, die nur
die Folge haben können, daß unsre Eisenindustrie auch in ihren letzten Resten
ruiniert werden muß! Ich verlange keineswegs ein Aufgebe" des gepriesenen Frei-
haudelssystems. aber vor Zusammentritt des Reichstags muß ich verlangen, die
Frage nochmals zu ventilieren, "ob das Gesetz wegen der zollfreien Einfuhr des
Eisens vom Auslande nach Deutschland nicht vorläufig aus ein Jahr verschoben
werden muß?" Wenn Sie mit mir übereinstimmen, sehe ich Ihren, Bericht ent¬
gegen, was Sie anordnen werden."

Nicht ohne Einfluß auf die Anschauung des hohen Herr" war eine drastische Zeich-
nung gewesen, die ihm und dem Kronprinzen bei der Anwesenheit in Schlesien durch
den dortigen Oberpräsidenten überreicht worden war. Die Zeichnung veranschaulichte,
wie die oberschlesische Eisenindustrie infolge des hermetischen Abschlusses der russischen
und der österreichischen Grenze verkümmere und auf dem Wege nach Königsberg durch
die Fracht erdrückt werde, während die englischen Dampfer vollbeladen heranschwimmen.
Diese Zeichnung hatte damals auf deu Kaiser einen tiefen Eindruck gemacht, es war
eine lehrreiche Auschauuugstafel "des gepriesenen Freihandelssystems-"

Am 20. Juli 1879 schrieb der Kaiser von der Mairan aus:

.......Vor allem aber muß ich Ihnen nun noch nachträglich Glück wünschen
SU dem Sieg, den Sie im Reichstag erfochten haben! Zu deu vielen Siegen im
Äußern tritt nun zu denen im Innern überhaupt noch dieser ""f dem Fmcmz-
Gebieth. Sie unternahmen es, in ein Wespen-Nest zu stechen, wobei ich Ihnen
aus Überzeugung beitrat, wenn auch mit Bangigkeit, ob der erste Wurf gelingen
würde. Ein ähnlicher Umschwung in der öffentlichen Meinung ist wohl selten in
s° kurzer Zeit errungen wordeu. und man siehet Sie trafen den Nagel an den
Kopf, und wenn derselbe auch Etwas beim Einschlagen brokelte, so ist doch die
Majorität von 160 Stimmen ein Triumph, der Ihnen manche schwere Stunde
der Vorarbeit und des Kampfes versüßen wird. Das Vaterland wird Sie dafür
segnen -- wenn anch nicht die Opposition!"


Grenzboten I 1904 Ul
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Was die sonstigen Behauptungen Richters über die Anstachlung der Be¬
gehrlichkeiten der Interessentenkreise durch den Fürsten Bismarck anlangt, so über¬
sieht er vollständig den Anteil, der Kaiser Wilhelm dem Ersten an i,euer
großen Wendung unsrer Wirtschaftspolitik persönlich zufällt. Dem Fürsten Bismarck
lag die Tatsache der immer mehr vorschreitender Auspoverung Deutschlands unter
der Herrschaft des Freihandels längst vor Augen. Die von Richter so sehr gerühmte
„Selbsthilfe" fehlte vollständig, aber in seinem Vertrauen zu den Ministern Delbrück
und Camphausen, namentlich zu Delbrück, sagte sich Fürst Bismarck von bereu
System nur langsam los. Das deutsche Getreide blieb unverkäuflich, während
russischer Roggen in Danzig, Königsberg und Stettin in gewaltigen Mengen zu
Mischungen benutzt wurde, die deu Preis tief herabdrückten; ungarisches Holz wurde
auf deutschen Bahnen zu Ausnahmetarisen durch die deutschen Wälder gefahren,
deren Holz unverkäuflich und unverwertbar blieb. Hier waren es nicht die „von
Bismarck aufgestachelter Begehrlichkeiten." sondern es waren die Staatsforstver¬
waltungen, die in ihren Berichten erklärten, so könne die Sache nicht weiter gehn.
Am Rhein und in Schlesien erlosch ein Hochofen nach dem andern; englisches Eisen
kam zu einem Zoll von 50 Pfennigen von Hull nach Königsberg, ebenso hoch belief
sich die Fracht, während die Eisenbahnfracht von Oberschlesien nach Ostpreußen 1.50
bis 2 Mark betrug, und dazu sollte noch der letzte Eisenzoll aufgehoben werden.
Das war der Tropfen, der das freihäudlerische Maß zum Überlaufen brachte. Der
persönliche Anteil Kaiser Wilhelms an dieser Wendung geht aus seinem Gasteiner
Briefe vom 22. Juli 1876 an Bismarck hervor, worin es nach einem Hinweis aufdie offenbare Kalamität in der Eisenindustrie und nach einer pointierter Wendung
gegen Delbrück und Camphausen heißt:
N

„un soll aber vom 1. Januar 1877 an der Eisenimport nach Deutschland
ganz zollfrei stattfinden, während Frankreich eine Prämie auf seine Eisen¬
ausfuhr nach Deutschland einführt! Das sind doch so schlagende Sätze, die nur
die Folge haben können, daß unsre Eisenindustrie auch in ihren letzten Resten
ruiniert werden muß! Ich verlange keineswegs ein Aufgebe« des gepriesenen Frei-
haudelssystems. aber vor Zusammentritt des Reichstags muß ich verlangen, die
Frage nochmals zu ventilieren, »ob das Gesetz wegen der zollfreien Einfuhr des
Eisens vom Auslande nach Deutschland nicht vorläufig aus ein Jahr verschoben
werden muß?« Wenn Sie mit mir übereinstimmen, sehe ich Ihren, Bericht ent¬
gegen, was Sie anordnen werden."

Nicht ohne Einfluß auf die Anschauung des hohen Herr» war eine drastische Zeich-
nung gewesen, die ihm und dem Kronprinzen bei der Anwesenheit in Schlesien durch
den dortigen Oberpräsidenten überreicht worden war. Die Zeichnung veranschaulichte,
wie die oberschlesische Eisenindustrie infolge des hermetischen Abschlusses der russischen
und der österreichischen Grenze verkümmere und auf dem Wege nach Königsberg durch
die Fracht erdrückt werde, während die englischen Dampfer vollbeladen heranschwimmen.
Diese Zeichnung hatte damals auf deu Kaiser einen tiefen Eindruck gemacht, es war
eine lehrreiche Auschauuugstafel „des gepriesenen Freihandelssystems-"

Am 20. Juli 1879 schrieb der Kaiser von der Mairan aus:

.......Vor allem aber muß ich Ihnen nun noch nachträglich Glück wünschen
SU dem Sieg, den Sie im Reichstag erfochten haben! Zu deu vielen Siegen im
Äußern tritt nun zu denen im Innern überhaupt noch dieser ""f dem Fmcmz-
Gebieth. Sie unternahmen es, in ein Wespen-Nest zu stechen, wobei ich Ihnen
aus Überzeugung beitrat, wenn auch mit Bangigkeit, ob der erste Wurf gelingen
würde. Ein ähnlicher Umschwung in der öffentlichen Meinung ist wohl selten in
s° kurzer Zeit errungen wordeu. und man siehet Sie trafen den Nagel an den
Kopf, und wenn derselbe auch Etwas beim Einschlagen brokelte, so ist doch die
Majorität von 160 Stimmen ein Triumph, der Ihnen manche schwere Stunde
der Vorarbeit und des Kampfes versüßen wird. Das Vaterland wird Sie dafür
segnen — wenn anch nicht die Opposition!"


Grenzboten I 1904 Ul
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[0127] Maßgebliches und Unmaßgebliches Was die sonstigen Behauptungen Richters über die Anstachlung der Be¬ gehrlichkeiten der Interessentenkreise durch den Fürsten Bismarck anlangt, so über¬ sieht er vollständig den Anteil, der Kaiser Wilhelm dem Ersten an i,euer großen Wendung unsrer Wirtschaftspolitik persönlich zufällt. Dem Fürsten Bismarck lag die Tatsache der immer mehr vorschreitender Auspoverung Deutschlands unter der Herrschaft des Freihandels längst vor Augen. Die von Richter so sehr gerühmte „Selbsthilfe" fehlte vollständig, aber in seinem Vertrauen zu den Ministern Delbrück und Camphausen, namentlich zu Delbrück, sagte sich Fürst Bismarck von bereu System nur langsam los. Das deutsche Getreide blieb unverkäuflich, während russischer Roggen in Danzig, Königsberg und Stettin in gewaltigen Mengen zu Mischungen benutzt wurde, die deu Preis tief herabdrückten; ungarisches Holz wurde auf deutschen Bahnen zu Ausnahmetarisen durch die deutschen Wälder gefahren, deren Holz unverkäuflich und unverwertbar blieb. Hier waren es nicht die „von Bismarck aufgestachelter Begehrlichkeiten." sondern es waren die Staatsforstver¬ waltungen, die in ihren Berichten erklärten, so könne die Sache nicht weiter gehn. Am Rhein und in Schlesien erlosch ein Hochofen nach dem andern; englisches Eisen kam zu einem Zoll von 50 Pfennigen von Hull nach Königsberg, ebenso hoch belief sich die Fracht, während die Eisenbahnfracht von Oberschlesien nach Ostpreußen 1.50 bis 2 Mark betrug, und dazu sollte noch der letzte Eisenzoll aufgehoben werden. Das war der Tropfen, der das freihäudlerische Maß zum Überlaufen brachte. Der persönliche Anteil Kaiser Wilhelms an dieser Wendung geht aus seinem Gasteiner Briefe vom 22. Juli 1876 an Bismarck hervor, worin es nach einem Hinweis aufdie offenbare Kalamität in der Eisenindustrie und nach einer pointierter Wendung gegen Delbrück und Camphausen heißt: N „un soll aber vom 1. Januar 1877 an der Eisenimport nach Deutschland ganz zollfrei stattfinden, während Frankreich eine Prämie auf seine Eisen¬ ausfuhr nach Deutschland einführt! Das sind doch so schlagende Sätze, die nur die Folge haben können, daß unsre Eisenindustrie auch in ihren letzten Resten ruiniert werden muß! Ich verlange keineswegs ein Aufgebe« des gepriesenen Frei- haudelssystems. aber vor Zusammentritt des Reichstags muß ich verlangen, die Frage nochmals zu ventilieren, »ob das Gesetz wegen der zollfreien Einfuhr des Eisens vom Auslande nach Deutschland nicht vorläufig aus ein Jahr verschoben werden muß?« Wenn Sie mit mir übereinstimmen, sehe ich Ihren, Bericht ent¬ gegen, was Sie anordnen werden." Nicht ohne Einfluß auf die Anschauung des hohen Herr» war eine drastische Zeich- nung gewesen, die ihm und dem Kronprinzen bei der Anwesenheit in Schlesien durch den dortigen Oberpräsidenten überreicht worden war. Die Zeichnung veranschaulichte, wie die oberschlesische Eisenindustrie infolge des hermetischen Abschlusses der russischen und der österreichischen Grenze verkümmere und auf dem Wege nach Königsberg durch die Fracht erdrückt werde, während die englischen Dampfer vollbeladen heranschwimmen. Diese Zeichnung hatte damals auf deu Kaiser einen tiefen Eindruck gemacht, es war eine lehrreiche Auschauuugstafel „des gepriesenen Freihandelssystems-" Am 20. Juli 1879 schrieb der Kaiser von der Mairan aus: .......Vor allem aber muß ich Ihnen nun noch nachträglich Glück wünschen SU dem Sieg, den Sie im Reichstag erfochten haben! Zu deu vielen Siegen im Äußern tritt nun zu denen im Innern überhaupt noch dieser ""f dem Fmcmz- Gebieth. Sie unternahmen es, in ein Wespen-Nest zu stechen, wobei ich Ihnen aus Überzeugung beitrat, wenn auch mit Bangigkeit, ob der erste Wurf gelingen würde. Ein ähnlicher Umschwung in der öffentlichen Meinung ist wohl selten in s° kurzer Zeit errungen wordeu. und man siehet Sie trafen den Nagel an den Kopf, und wenn derselbe auch Etwas beim Einschlagen brokelte, so ist doch die Majorität von 160 Stimmen ein Triumph, der Ihnen manche schwere Stunde der Vorarbeit und des Kampfes versüßen wird. Das Vaterland wird Sie dafür segnen — wenn anch nicht die Opposition!" Grenzboten I 1904 Ul

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/127>, abgerufen am 29.06.2024.