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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Ulabunkerstraße

lichen Heirat. Er mußte ja damals cibgehn und wurde Kontrolleur an der Grenze;
die Frau, die Schauspielerin, starb nach einigen Jahren. Da hat er sich mir wieder
zugewandt.

Asta war aufmerksam geworden, und die Erinnerung stieg in ihr auf an jene
Stunde, wo Betty ohnmächtig in ihr Zimmer getragen worden war nach dem
Empfang der Nachricht von der Untreue ihres Verlobten. Nun saß die einst ver¬
lassene Braut in behaglicher Gesundheit vor ihr.

Hat er dich um Verzeihung gebeten? fragte Asta.

Gräfin Betty lachte geringschätzig. Gewiß und natürlich. Wenn es nach ihm
gegangen wäre, hätte ich Frau Kontrolleur von Hagenau werden können. Er schrieb
rührende Briefe.

Du wolltest nicht?

Das scharf geschrieen" Gesicht der Gräfin nahm einen kalten Ausdruck an.

Mich wundert, daß du fragst, liebe Asta. Die durch den Tod der Komödiantin
erledigte Stelle in Georg Hagenaus Herzen einzunehmen, dazu kam ich mir denn
doch zu gut vor. Und dann, Frau Grenzkontrolleur!

Hagenau hätte ja etwas andres werden können.

Du meinst Postbote, wie dein Bruder?

Die Gräfin sprach scharf. Nein, Asta; was gewesen ist, kehrt nicht wieder,
das ist eine alte Geschichte. Ich war überhaupt froh, meine Freiheit behalten zu
haben. Der gute Hagenau schien meine veränderte Gesinnung nicht begreifen zu
können; Männer sind ja immer so arrogant. Er schrieb ganz betrübt, daß ich ihn nicht
wollte, und hat mich wiederholt gebeten, ich möchte seine Tochter nicht vergessen.

Lebt Herr von Hagenau noch?

Nein, er ist seit sechs Jahren tot, und Melitta, seine Tochter, belästigt mich
gelegentlich mit ihren Besuchen. Sie hat ihr Examen gemacht und ist Lehrerin
geworden, eigentlich ist sie also wohlversorgt. Sie weiß aber mit ihren Ferien
nichts anzufangen, und es gibt auch Zeiten, wo sie keine Stellung hat. Diese
Zeit ist einmal wieder eingetreten, und da ich mich seit zwei Jahren um ihren
Besuch herumgedrückt habe, so muß ich sie wohl jetzt wieder einmal aufnehmen.

Das junge Mädchen steht ganz allein in der Welt?

Ganz allein, nur ich war, wie du dich vielleicht entsinnst, etwas mit Georg
Hagenau verwandt, und infolgedessen auch natürlich mit seiner Tochter. Jeder¬
mann scheint sich heutzutage mit armen Verwandten herumschlagen zu müssen.

Sie seufzte, stand auf und trat ans Fenster. Da geht unsre Äbtissin. In der
letzten Zeit ist sie sehr krumm geworden.

Will sie wirtlich abgehn? fragte Asta, die sich gleichfalls erhoben hatte und
vorsichtig in den Klostergarten blickte. Dort wanderten Arm in Arm zwei alte,
gebückte Damen. Sie trugen beide schwarze Strohhüte, schwarze Umschlagtücher
und sahen sich ungemein ähnlich. Aber die eine war die Äbtissin des Klosters
Wittekind, Frau von Borkenhagen, und die andre die älteste Stiftsdame, Fräulein
von Werkenttn. Sie waren nicht miteinander verwandt, und die Äbtissin war
zehn Jahre jünger als Fräulein von Werkentin. Wenn sie dennoch den Ein¬
druck von zwei Schwestern machten, so kam es daher, daß das Alter seine gleich¬
machende Hand auf beide gelegt hatte, und daß sie seit Jahren zusammen im
Kloster lebten.

Die Äbtissin wird sehr bald abgehn! erwiderte die Gräfin auf Astas Frage.

Sie sah noch immer deu beiden Damen nach. Dann wandte sie sich plötzlich
ab und setzte sich wieder in den Lehnstuhl.

Wenn eine neue Äbtissin gewählt wird, gibst hoffentlich auch du mir deine
Stimme, liebe Asta! sagte sie mit angenommener Leichtigkeit.

Asta stellte sich neben die Palme, die dem Tode geweiht sein sollte, und strich
über die mattgrünen, glänzenden Blätter. Diese Bitte hatte sie schon längst erwartet.
Sie kannte Betty Ebersteins glühenden Wunsch, Äbtissin zu werden, und sie wußte,
daß die meisten Stiftsdnmen bereit waren, der Gräfin ihre Stimme zu geben.


Die Ulabunkerstraße

lichen Heirat. Er mußte ja damals cibgehn und wurde Kontrolleur an der Grenze;
die Frau, die Schauspielerin, starb nach einigen Jahren. Da hat er sich mir wieder
zugewandt.

Asta war aufmerksam geworden, und die Erinnerung stieg in ihr auf an jene
Stunde, wo Betty ohnmächtig in ihr Zimmer getragen worden war nach dem
Empfang der Nachricht von der Untreue ihres Verlobten. Nun saß die einst ver¬
lassene Braut in behaglicher Gesundheit vor ihr.

Hat er dich um Verzeihung gebeten? fragte Asta.

Gräfin Betty lachte geringschätzig. Gewiß und natürlich. Wenn es nach ihm
gegangen wäre, hätte ich Frau Kontrolleur von Hagenau werden können. Er schrieb
rührende Briefe.

Du wolltest nicht?

Das scharf geschrieen« Gesicht der Gräfin nahm einen kalten Ausdruck an.

Mich wundert, daß du fragst, liebe Asta. Die durch den Tod der Komödiantin
erledigte Stelle in Georg Hagenaus Herzen einzunehmen, dazu kam ich mir denn
doch zu gut vor. Und dann, Frau Grenzkontrolleur!

Hagenau hätte ja etwas andres werden können.

Du meinst Postbote, wie dein Bruder?

Die Gräfin sprach scharf. Nein, Asta; was gewesen ist, kehrt nicht wieder,
das ist eine alte Geschichte. Ich war überhaupt froh, meine Freiheit behalten zu
haben. Der gute Hagenau schien meine veränderte Gesinnung nicht begreifen zu
können; Männer sind ja immer so arrogant. Er schrieb ganz betrübt, daß ich ihn nicht
wollte, und hat mich wiederholt gebeten, ich möchte seine Tochter nicht vergessen.

Lebt Herr von Hagenau noch?

Nein, er ist seit sechs Jahren tot, und Melitta, seine Tochter, belästigt mich
gelegentlich mit ihren Besuchen. Sie hat ihr Examen gemacht und ist Lehrerin
geworden, eigentlich ist sie also wohlversorgt. Sie weiß aber mit ihren Ferien
nichts anzufangen, und es gibt auch Zeiten, wo sie keine Stellung hat. Diese
Zeit ist einmal wieder eingetreten, und da ich mich seit zwei Jahren um ihren
Besuch herumgedrückt habe, so muß ich sie wohl jetzt wieder einmal aufnehmen.

Das junge Mädchen steht ganz allein in der Welt?

Ganz allein, nur ich war, wie du dich vielleicht entsinnst, etwas mit Georg
Hagenau verwandt, und infolgedessen auch natürlich mit seiner Tochter. Jeder¬
mann scheint sich heutzutage mit armen Verwandten herumschlagen zu müssen.

Sie seufzte, stand auf und trat ans Fenster. Da geht unsre Äbtissin. In der
letzten Zeit ist sie sehr krumm geworden.

Will sie wirtlich abgehn? fragte Asta, die sich gleichfalls erhoben hatte und
vorsichtig in den Klostergarten blickte. Dort wanderten Arm in Arm zwei alte,
gebückte Damen. Sie trugen beide schwarze Strohhüte, schwarze Umschlagtücher
und sahen sich ungemein ähnlich. Aber die eine war die Äbtissin des Klosters
Wittekind, Frau von Borkenhagen, und die andre die älteste Stiftsdame, Fräulein
von Werkenttn. Sie waren nicht miteinander verwandt, und die Äbtissin war
zehn Jahre jünger als Fräulein von Werkentin. Wenn sie dennoch den Ein¬
druck von zwei Schwestern machten, so kam es daher, daß das Alter seine gleich¬
machende Hand auf beide gelegt hatte, und daß sie seit Jahren zusammen im
Kloster lebten.

Die Äbtissin wird sehr bald abgehn! erwiderte die Gräfin auf Astas Frage.

Sie sah noch immer deu beiden Damen nach. Dann wandte sie sich plötzlich
ab und setzte sich wieder in den Lehnstuhl.

Wenn eine neue Äbtissin gewählt wird, gibst hoffentlich auch du mir deine
Stimme, liebe Asta! sagte sie mit angenommener Leichtigkeit.

Asta stellte sich neben die Palme, die dem Tode geweiht sein sollte, und strich
über die mattgrünen, glänzenden Blätter. Diese Bitte hatte sie schon längst erwartet.
Sie kannte Betty Ebersteins glühenden Wunsch, Äbtissin zu werden, und sie wußte,
daß die meisten Stiftsdnmen bereit waren, der Gräfin ihre Stimme zu geben.


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[0124] Die Ulabunkerstraße lichen Heirat. Er mußte ja damals cibgehn und wurde Kontrolleur an der Grenze; die Frau, die Schauspielerin, starb nach einigen Jahren. Da hat er sich mir wieder zugewandt. Asta war aufmerksam geworden, und die Erinnerung stieg in ihr auf an jene Stunde, wo Betty ohnmächtig in ihr Zimmer getragen worden war nach dem Empfang der Nachricht von der Untreue ihres Verlobten. Nun saß die einst ver¬ lassene Braut in behaglicher Gesundheit vor ihr. Hat er dich um Verzeihung gebeten? fragte Asta. Gräfin Betty lachte geringschätzig. Gewiß und natürlich. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich Frau Kontrolleur von Hagenau werden können. Er schrieb rührende Briefe. Du wolltest nicht? Das scharf geschrieen« Gesicht der Gräfin nahm einen kalten Ausdruck an. Mich wundert, daß du fragst, liebe Asta. Die durch den Tod der Komödiantin erledigte Stelle in Georg Hagenaus Herzen einzunehmen, dazu kam ich mir denn doch zu gut vor. Und dann, Frau Grenzkontrolleur! Hagenau hätte ja etwas andres werden können. Du meinst Postbote, wie dein Bruder? Die Gräfin sprach scharf. Nein, Asta; was gewesen ist, kehrt nicht wieder, das ist eine alte Geschichte. Ich war überhaupt froh, meine Freiheit behalten zu haben. Der gute Hagenau schien meine veränderte Gesinnung nicht begreifen zu können; Männer sind ja immer so arrogant. Er schrieb ganz betrübt, daß ich ihn nicht wollte, und hat mich wiederholt gebeten, ich möchte seine Tochter nicht vergessen. Lebt Herr von Hagenau noch? Nein, er ist seit sechs Jahren tot, und Melitta, seine Tochter, belästigt mich gelegentlich mit ihren Besuchen. Sie hat ihr Examen gemacht und ist Lehrerin geworden, eigentlich ist sie also wohlversorgt. Sie weiß aber mit ihren Ferien nichts anzufangen, und es gibt auch Zeiten, wo sie keine Stellung hat. Diese Zeit ist einmal wieder eingetreten, und da ich mich seit zwei Jahren um ihren Besuch herumgedrückt habe, so muß ich sie wohl jetzt wieder einmal aufnehmen. Das junge Mädchen steht ganz allein in der Welt? Ganz allein, nur ich war, wie du dich vielleicht entsinnst, etwas mit Georg Hagenau verwandt, und infolgedessen auch natürlich mit seiner Tochter. Jeder¬ mann scheint sich heutzutage mit armen Verwandten herumschlagen zu müssen. Sie seufzte, stand auf und trat ans Fenster. Da geht unsre Äbtissin. In der letzten Zeit ist sie sehr krumm geworden. Will sie wirtlich abgehn? fragte Asta, die sich gleichfalls erhoben hatte und vorsichtig in den Klostergarten blickte. Dort wanderten Arm in Arm zwei alte, gebückte Damen. Sie trugen beide schwarze Strohhüte, schwarze Umschlagtücher und sahen sich ungemein ähnlich. Aber die eine war die Äbtissin des Klosters Wittekind, Frau von Borkenhagen, und die andre die älteste Stiftsdame, Fräulein von Werkenttn. Sie waren nicht miteinander verwandt, und die Äbtissin war zehn Jahre jünger als Fräulein von Werkentin. Wenn sie dennoch den Ein¬ druck von zwei Schwestern machten, so kam es daher, daß das Alter seine gleich¬ machende Hand auf beide gelegt hatte, und daß sie seit Jahren zusammen im Kloster lebten. Die Äbtissin wird sehr bald abgehn! erwiderte die Gräfin auf Astas Frage. Sie sah noch immer deu beiden Damen nach. Dann wandte sie sich plötzlich ab und setzte sich wieder in den Lehnstuhl. Wenn eine neue Äbtissin gewählt wird, gibst hoffentlich auch du mir deine Stimme, liebe Asta! sagte sie mit angenommener Leichtigkeit. Asta stellte sich neben die Palme, die dem Tode geweiht sein sollte, und strich über die mattgrünen, glänzenden Blätter. Diese Bitte hatte sie schon längst erwartet. Sie kannte Betty Ebersteins glühenden Wunsch, Äbtissin zu werden, und sie wußte, daß die meisten Stiftsdnmen bereit waren, der Gräfin ihre Stimme zu geben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/124>, abgerufen am 25.08.2024.