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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Aus der Jugendzeit

ob die Menschen von einem epidemischen, gelinden Rausch ergriffen seien. Gleich¬
wohl dauerte es nicht allzu lange, bis der Eifer für den Patrouillendienst nachzu¬
lassen begann. Da wurde dann mit allerlei kleinen Mitteln nachgeholfen. Eines
Abends verbreitete sich das Gerücht, die Bauern des benachbarten Dorfes Westerhauseu
würden in der Dunkelheit anrücken, um sich der Stadt zu bemächtigen. Das war
natürlich der helle Blödsinn; denn die Westerhänser hatten nicht den mindesten Grund
dazu, die Stadt, in der sie ihre Zwiebeln, Kartoffeln, Erbsen und Bohnen für
teures Geld verkauften, mit Krieg zu überziehe". Nichtsdestoweniger stellten sich
die Bürgerwehrleute an jenem Abend wieder reichlicher zum Patrouillendienst ein,
und der Brühl wurde in der Dunkelheit von einer starken Patrouille uach Wester-
Häuser" abgesucht. Natürlich vergeblich. Das einzige Ergebnis dieser Aktion waren
um paar lustige Geschichten von den Erlebnissen einiger Hasenfüße, die sich, wie
Espenlaub zitternd, gefürchtet und sich geweigert hatten, im Finstern durch das Ge-
hölz zu geh,,. Ein ähnliches Bürgerwehrstückchen war gleich in den ersten Tagen
passiert. Die königlichen Prunkzimmer des Schlosses lagen zum Teil nach Westen
Zu. Wenn die Sonne bei mäßig bewölktem Himmel und Abendrot unterging und
die Spiegelfeusterscheiben des Schlosses traf, so sah dies ans, als ob in den
Zimmern hinter den rot beleuchteten Fensterscheiben Licht brenne. Ans Grund dieser
uns Jungen übrigens wohlbekannten Erscheinung verbreitete sich plötzlich das Ge¬
rücht, auf dem Schlosse sei am Abend vorher Licht in den reservierten Räumen ge¬
sehen worden, der von Berlin geflohene, als Reaktionär besonders verschriene
Minister von Eichhorn wohne heimlich auf dem Schlosse. Die Bürgerwchr, die
dies, wenn es wahr gewesen wäre, nicht das mindeste angegangen hätte, fiel richtig
"uf dieses Gerücht hinein. Abends wurde eine große Patrouille nach dem Schlosse
>me dem Auftrag entsandt, es nach dem Minister von Eichhorn abzusuchen. Der
Kastellan lachte, als wir ankamen, und versicherte hoch und teuer, daß niemand in
^en königlichen Zimmern anwesend sei. Er mußte aufschließen, und als sich Eich¬
horn in den Zimmern nicht vorfand, wurden die auf den steilen Sandsteinfelsen
des Schloßbergs mühsam angelegten kleinen Gärten, ja die Klippen selbst und jeder
euizelne dort gewachsene Busch abgesucht. Eichhorn wurde natürlich nicht entdeckt,
und mis wir nach dieser Heldentat wieder ans der Hauptwache um den Biertisch
Mßen, wurde der ganze Blödsinn dieser Eichhornsuche ziemlich rcspektwidrig verhöhnt.
> s dann im Mai aus Anlaß des Berliner Zeughaussturms merkwürdigerweise anch
'n Quedlinburg wieder Straßenaufläufe vorkamen, wurde die Bürgerwehr beauf-
^ge, den Markt vor dem Rathause und die benachbarten Straßen zu sciuberu.
- ^>re Bluseukompagnie war mit einer andern Kompagnie unter das Kommando
es Bürgerwehrhauptmanus Spath gestellt. Dieser war der Kontorchef der Kunst-
"w Hnndelsgärtnerei von Heinrich Mette, ein in der ganzen Stadt bekanntes und
^e uchtxZ Kneipgenie, Tenorsänger in verschiednen Männergesangvereinen, Leutnant
s ^ < I Schützengesellschaft, kurz ein ziemlich populärer, aber keineswegs gefürchteter
haust ^bemann. Mit einem Zuge unsrer Blusenkompagnie besetzte er die Rät-
sel,s-^^' Erfolg, denn unsre großen Primaner standen auf den untern
vor Mann und hielten ihre mit Bajonetten versehenen alten Flinten
M">- Bajonette hineinzurennen, hatte der Pöbel weder Lust noch Anlaß.
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Richtij
Vierten Straße zu. Dadurch bekam SSppaatthh mit seiner Bürgerwchr Luft' und
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Richtig
Breiter
führte
Me^° -""^ ^ machen, ließ dreimal trommeln und forderte dienun wi nischt. Lust se man hier Stahr. Wi gahn nach de Breiten Strale!"
Br?i! ^ein^ Masse schob sich seitwärts in die Marktstraße hinein nach der
°n Straße zu. Dadurch bekam mit seiner Bürgerwchr Luft und
uns hinter der Volksmasse her, bis diese kurz vor der Breiten Straße halt
nack^ ""semcmder ^1),,^ widrigenfalls er von der Waffe werde Gebrauch
mit ^ s"'"^"' ^" l?auz verkehrter Coup! Denn die Leute vor uns wußten recht
" r, ociß wir keine scharfen Patronen hatten, und daß die Bnrgerwehr, auch wenn


Aus der Jugendzeit

ob die Menschen von einem epidemischen, gelinden Rausch ergriffen seien. Gleich¬
wohl dauerte es nicht allzu lange, bis der Eifer für den Patrouillendienst nachzu¬
lassen begann. Da wurde dann mit allerlei kleinen Mitteln nachgeholfen. Eines
Abends verbreitete sich das Gerücht, die Bauern des benachbarten Dorfes Westerhauseu
würden in der Dunkelheit anrücken, um sich der Stadt zu bemächtigen. Das war
natürlich der helle Blödsinn; denn die Westerhänser hatten nicht den mindesten Grund
dazu, die Stadt, in der sie ihre Zwiebeln, Kartoffeln, Erbsen und Bohnen für
teures Geld verkauften, mit Krieg zu überziehe». Nichtsdestoweniger stellten sich
die Bürgerwehrleute an jenem Abend wieder reichlicher zum Patrouillendienst ein,
und der Brühl wurde in der Dunkelheit von einer starken Patrouille uach Wester-
Häuser» abgesucht. Natürlich vergeblich. Das einzige Ergebnis dieser Aktion waren
um paar lustige Geschichten von den Erlebnissen einiger Hasenfüße, die sich, wie
Espenlaub zitternd, gefürchtet und sich geweigert hatten, im Finstern durch das Ge-
hölz zu geh,,. Ein ähnliches Bürgerwehrstückchen war gleich in den ersten Tagen
passiert. Die königlichen Prunkzimmer des Schlosses lagen zum Teil nach Westen
Zu. Wenn die Sonne bei mäßig bewölktem Himmel und Abendrot unterging und
die Spiegelfeusterscheiben des Schlosses traf, so sah dies ans, als ob in den
Zimmern hinter den rot beleuchteten Fensterscheiben Licht brenne. Ans Grund dieser
uns Jungen übrigens wohlbekannten Erscheinung verbreitete sich plötzlich das Ge¬
rücht, auf dem Schlosse sei am Abend vorher Licht in den reservierten Räumen ge¬
sehen worden, der von Berlin geflohene, als Reaktionär besonders verschriene
Minister von Eichhorn wohne heimlich auf dem Schlosse. Die Bürgerwchr, die
dies, wenn es wahr gewesen wäre, nicht das mindeste angegangen hätte, fiel richtig
"uf dieses Gerücht hinein. Abends wurde eine große Patrouille nach dem Schlosse
>me dem Auftrag entsandt, es nach dem Minister von Eichhorn abzusuchen. Der
Kastellan lachte, als wir ankamen, und versicherte hoch und teuer, daß niemand in
^en königlichen Zimmern anwesend sei. Er mußte aufschließen, und als sich Eich¬
horn in den Zimmern nicht vorfand, wurden die auf den steilen Sandsteinfelsen
des Schloßbergs mühsam angelegten kleinen Gärten, ja die Klippen selbst und jeder
euizelne dort gewachsene Busch abgesucht. Eichhorn wurde natürlich nicht entdeckt,
und mis wir nach dieser Heldentat wieder ans der Hauptwache um den Biertisch
Mßen, wurde der ganze Blödsinn dieser Eichhornsuche ziemlich rcspektwidrig verhöhnt.
> s dann im Mai aus Anlaß des Berliner Zeughaussturms merkwürdigerweise anch
'n Quedlinburg wieder Straßenaufläufe vorkamen, wurde die Bürgerwehr beauf-
^ge, den Markt vor dem Rathause und die benachbarten Straßen zu sciuberu.
- ^>re Bluseukompagnie war mit einer andern Kompagnie unter das Kommando
es Bürgerwehrhauptmanus Spath gestellt. Dieser war der Kontorchef der Kunst-
"w Hnndelsgärtnerei von Heinrich Mette, ein in der ganzen Stadt bekanntes und
^e uchtxZ Kneipgenie, Tenorsänger in verschiednen Männergesangvereinen, Leutnant
s ^ < I Schützengesellschaft, kurz ein ziemlich populärer, aber keineswegs gefürchteter
haust ^bemann. Mit einem Zuge unsrer Blusenkompagnie besetzte er die Rät-
sel,s-^^' Erfolg, denn unsre großen Primaner standen auf den untern
vor Mann und hielten ihre mit Bajonetten versehenen alten Flinten
M">- Bajonette hineinzurennen, hatte der Pöbel weder Lust noch Anlaß.
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Br?i! ^ein^ Masse schob sich seitwärts in die Marktstraße hinein nach der
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uns hinter der Volksmasse her, bis diese kurz vor der Breiten Straße halt
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[0725] Aus der Jugendzeit ob die Menschen von einem epidemischen, gelinden Rausch ergriffen seien. Gleich¬ wohl dauerte es nicht allzu lange, bis der Eifer für den Patrouillendienst nachzu¬ lassen begann. Da wurde dann mit allerlei kleinen Mitteln nachgeholfen. Eines Abends verbreitete sich das Gerücht, die Bauern des benachbarten Dorfes Westerhauseu würden in der Dunkelheit anrücken, um sich der Stadt zu bemächtigen. Das war natürlich der helle Blödsinn; denn die Westerhänser hatten nicht den mindesten Grund dazu, die Stadt, in der sie ihre Zwiebeln, Kartoffeln, Erbsen und Bohnen für teures Geld verkauften, mit Krieg zu überziehe». Nichtsdestoweniger stellten sich die Bürgerwehrleute an jenem Abend wieder reichlicher zum Patrouillendienst ein, und der Brühl wurde in der Dunkelheit von einer starken Patrouille uach Wester- Häuser» abgesucht. Natürlich vergeblich. Das einzige Ergebnis dieser Aktion waren um paar lustige Geschichten von den Erlebnissen einiger Hasenfüße, die sich, wie Espenlaub zitternd, gefürchtet und sich geweigert hatten, im Finstern durch das Ge- hölz zu geh,,. Ein ähnliches Bürgerwehrstückchen war gleich in den ersten Tagen passiert. Die königlichen Prunkzimmer des Schlosses lagen zum Teil nach Westen Zu. Wenn die Sonne bei mäßig bewölktem Himmel und Abendrot unterging und die Spiegelfeusterscheiben des Schlosses traf, so sah dies ans, als ob in den Zimmern hinter den rot beleuchteten Fensterscheiben Licht brenne. Ans Grund dieser uns Jungen übrigens wohlbekannten Erscheinung verbreitete sich plötzlich das Ge¬ rücht, auf dem Schlosse sei am Abend vorher Licht in den reservierten Räumen ge¬ sehen worden, der von Berlin geflohene, als Reaktionär besonders verschriene Minister von Eichhorn wohne heimlich auf dem Schlosse. Die Bürgerwchr, die dies, wenn es wahr gewesen wäre, nicht das mindeste angegangen hätte, fiel richtig "uf dieses Gerücht hinein. Abends wurde eine große Patrouille nach dem Schlosse >me dem Auftrag entsandt, es nach dem Minister von Eichhorn abzusuchen. Der Kastellan lachte, als wir ankamen, und versicherte hoch und teuer, daß niemand in ^en königlichen Zimmern anwesend sei. Er mußte aufschließen, und als sich Eich¬ horn in den Zimmern nicht vorfand, wurden die auf den steilen Sandsteinfelsen des Schloßbergs mühsam angelegten kleinen Gärten, ja die Klippen selbst und jeder euizelne dort gewachsene Busch abgesucht. Eichhorn wurde natürlich nicht entdeckt, und mis wir nach dieser Heldentat wieder ans der Hauptwache um den Biertisch Mßen, wurde der ganze Blödsinn dieser Eichhornsuche ziemlich rcspektwidrig verhöhnt. > s dann im Mai aus Anlaß des Berliner Zeughaussturms merkwürdigerweise anch 'n Quedlinburg wieder Straßenaufläufe vorkamen, wurde die Bürgerwehr beauf- ^ge, den Markt vor dem Rathause und die benachbarten Straßen zu sciuberu. - ^>re Bluseukompagnie war mit einer andern Kompagnie unter das Kommando es Bürgerwehrhauptmanus Spath gestellt. Dieser war der Kontorchef der Kunst- "w Hnndelsgärtnerei von Heinrich Mette, ein in der ganzen Stadt bekanntes und ^e uchtxZ Kneipgenie, Tenorsänger in verschiednen Männergesangvereinen, Leutnant s ^ < I Schützengesellschaft, kurz ein ziemlich populärer, aber keineswegs gefürchteter haust ^bemann. Mit einem Zuge unsrer Blusenkompagnie besetzte er die Rät- sel,s-^^' Erfolg, denn unsre großen Primaner standen auf den untern vor Mann und hielten ihre mit Bajonetten versehenen alten Flinten M">- Bajonette hineinzurennen, hatte der Pöbel weder Lust noch Anlaß. se->s"" S^s; um, und aus der Kopf an Kopf vor uns dichtgedrängt ^^^°en Volksmasse ertönte plötzlich der Ruf: „Wete jn wat? Den Schülern Richtij Vierten Straße zu. Dadurch bekam SSppaatthh mit seiner Bürgerwchr Luft' und >uurie uns immun- 5,^ Nnifs,.,^.^» ?>»^ r..^. ,—dcinhn Richtig Breiter führte Me^° -""^ ^ machen, ließ dreimal trommeln und forderte dienun wi nischt. Lust se man hier Stahr. Wi gahn nach de Breiten Strale!" Br?i! ^ein^ Masse schob sich seitwärts in die Marktstraße hinein nach der °n Straße zu. Dadurch bekam mit seiner Bürgerwchr Luft und uns hinter der Volksmasse her, bis diese kurz vor der Breiten Straße halt nack^ ""semcmder ^1),,^ widrigenfalls er von der Waffe werde Gebrauch mit ^ s"'"^"' ^" l?auz verkehrter Coup! Denn die Leute vor uns wußten recht » r, ociß wir keine scharfen Patronen hatten, und daß die Bnrgerwehr, auch wenn

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/725>, abgerufen am 22.07.2024.