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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Patriotismus, wo man die Erhaltung des europäischen Friedens studiert, lasse ich
meine Erinnerung" -- hatte der Fürst erwidert: "Eure Exzellenz haben meine
Ansichten richtig erfaßt. Ich arbeite an der Erhaltung des Friedens und lebe
nur dafür. Wir haben genug für den Krieg getan. Handeln wir jetzt und handeln
wir in Übereinstimmung durch den Frieden und für den Frieden."

Fürst Bismarck hat dann in einem Rundschreiben an die deutschen Botschafter
diesen von dem wesentlichen Inhalt der Unterredung zur Mitteilung an die be¬
treffenden Höfe Kenntnis gegeben. Seine Zusagen an Crispi wurden genau und
ohne Verzug erfüllt. Schon am 6. Oktober meldet Prinz Reuß aus Wien, daß
Graf Kalnoky mit Befriedigung vou den monarchischen und friedlichen Gesinnungen
des leitenden italienischen Staatsmannes Kenntnis genommen habe, und daß er den
Ideen Crispis hinsichtlich der orientalischen Frage beitrete. Auch in Wien erachte
man es als den Interessen Italiens und Österreichs am meisten entsprechend, daß
im Falle eines Sturzes der Türkei kleine Staaten mit starker autonomer Gewalt
errichtet würden; der österreichische Geschäftsträger in Berlin werde beauftragt
werden, die vollständigste Übereinstimmung der Anschauungen des österreichischen und
des italienischen Kabinetts zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen erachte Graf
Kalnoky den Inhalt der Depesche für so wichtig, daß er thu zur Kenntnis des
Kaisers bringen werde, der am 12. nach Wien zurückkehre.

Vier Tage später machte Fürst Bismarck dem deutschen Botschafter in Rom,
Grafen Solms, von diesem Telegramm Mitteilung, worin er hervorhob, wie sehr
er sich beeilt habe, die von Crispi zum Ausdruck gebrachten Ansichten im Sinne
einer Konsolidierung der österreichisch-italienischen Beziehungen nutzbar zu machen,
und wie er sich bemüht habe, der Meinung Crispis über die Bildung kleiner
Staaten im Falle einer Auflösung der Türkei in Wien Eingang zu verschaffen.
Er behalte sich vor, über die zu erwartenden Äußerungen des österreichischen Ge¬
schäftsträgers weitere Mitteilung zu machen, der Botschafter möge aber schon jetzt
die Äußerungen des Grafen Kalnoky zur Kenntnis Crispis bringen und ihm sagen,
daß seine Ideen deutscherseits in Wien mit Erfolg unterstützt worden seien.

Auch über die erbetene Vermittlung Englands in Abessinien liegen zwei
Mitteilungen des italienischen Botschafters in Berlin an Crispi vor. Am 18. Oktober
berichtet ferner der italienische Botschafter in London an Crispi, der deutsche Ge¬
schäftsträger Graf Plessen habe ihm gesagt, daß Fürst Bismarck on Wi nntili-me
iss MllÄximx xomts av SÄ ttouvsntioii (!) avoo Vntrs VxosUoiuz" -- "die lebhafte
Befriedigung zum Ausdruck gebracht habe über die volle Gemeinschaft der Ideen
und die vollständige Übereinstimmung bezüglich der in den jetzigen Ereignissen der
internationalen Politik zu befolgenden Verhaltungslinie."

Mit den Worten "Wir haben Europa einen Dienst geleistet" hat dann Crispi
auf seiner großen Turiner Bankettrede vom 26. Oktober seine Reise nach Friedrichs-
ruh vor Italien und vor Europa öffentlich erläutert. Pnlamcnghi hat Recht, wenn
er behauptet, daß Crispi zu der Reise nach Friedrichsruh nur von dem Interesse
Italiens und durch keinen feindlichen Gedanken gegen Frankreich beeinflußt worden
sei. Wenn Palamenghi glaubt, diese absurde und gehässige Legende jetzt, "wo die
schonen Tage der Freundschaft mit Frankreich wieder anbrechen," zerstören zu sollen,
so ist gegen diese Absicht gewiß nichts einzuwenden -- möge er sich in dem Anlaß
d ^ azu nicht getäuscht haben.


Neue Sprachdummheiteu. 3. Die Übersee.

Vor kurzem ist ein Buch
erschienen, auf dessen Titelblatt steht: "Ans Europa und Übersee." Man griff
sich unwillkürlich an den Kopf und fragte: Übersee? Na, was ist denn das nnn
wieder? Was hat denn dieses Wort für ein Geschlecht? Soll es heißen: der Übersee,
die Übersee oder das Übersee? Und wie ist denn das Wort zu betonen? Man
reist doch über Land, und mau fährt über See; soll man nun Übersee auf der
letzten oder auf der erste" Silbe betonen?

Die Antwort hat nicht lange auf sich wurden lassen. Vor ein paar Tagen
war in einem Zeitungsaufsatz gegen die Welfenfreunde zu lesen: "Ohne Bismarck


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Patriotismus, wo man die Erhaltung des europäischen Friedens studiert, lasse ich
meine Erinnerung" — hatte der Fürst erwidert: „Eure Exzellenz haben meine
Ansichten richtig erfaßt. Ich arbeite an der Erhaltung des Friedens und lebe
nur dafür. Wir haben genug für den Krieg getan. Handeln wir jetzt und handeln
wir in Übereinstimmung durch den Frieden und für den Frieden."

Fürst Bismarck hat dann in einem Rundschreiben an die deutschen Botschafter
diesen von dem wesentlichen Inhalt der Unterredung zur Mitteilung an die be¬
treffenden Höfe Kenntnis gegeben. Seine Zusagen an Crispi wurden genau und
ohne Verzug erfüllt. Schon am 6. Oktober meldet Prinz Reuß aus Wien, daß
Graf Kalnoky mit Befriedigung vou den monarchischen und friedlichen Gesinnungen
des leitenden italienischen Staatsmannes Kenntnis genommen habe, und daß er den
Ideen Crispis hinsichtlich der orientalischen Frage beitrete. Auch in Wien erachte
man es als den Interessen Italiens und Österreichs am meisten entsprechend, daß
im Falle eines Sturzes der Türkei kleine Staaten mit starker autonomer Gewalt
errichtet würden; der österreichische Geschäftsträger in Berlin werde beauftragt
werden, die vollständigste Übereinstimmung der Anschauungen des österreichischen und
des italienischen Kabinetts zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen erachte Graf
Kalnoky den Inhalt der Depesche für so wichtig, daß er thu zur Kenntnis des
Kaisers bringen werde, der am 12. nach Wien zurückkehre.

Vier Tage später machte Fürst Bismarck dem deutschen Botschafter in Rom,
Grafen Solms, von diesem Telegramm Mitteilung, worin er hervorhob, wie sehr
er sich beeilt habe, die von Crispi zum Ausdruck gebrachten Ansichten im Sinne
einer Konsolidierung der österreichisch-italienischen Beziehungen nutzbar zu machen,
und wie er sich bemüht habe, der Meinung Crispis über die Bildung kleiner
Staaten im Falle einer Auflösung der Türkei in Wien Eingang zu verschaffen.
Er behalte sich vor, über die zu erwartenden Äußerungen des österreichischen Ge¬
schäftsträgers weitere Mitteilung zu machen, der Botschafter möge aber schon jetzt
die Äußerungen des Grafen Kalnoky zur Kenntnis Crispis bringen und ihm sagen,
daß seine Ideen deutscherseits in Wien mit Erfolg unterstützt worden seien.

Auch über die erbetene Vermittlung Englands in Abessinien liegen zwei
Mitteilungen des italienischen Botschafters in Berlin an Crispi vor. Am 18. Oktober
berichtet ferner der italienische Botschafter in London an Crispi, der deutsche Ge¬
schäftsträger Graf Plessen habe ihm gesagt, daß Fürst Bismarck on Wi nntili-me
iss MllÄximx xomts av SÄ ttouvsntioii (!) avoo Vntrs VxosUoiuz« — „die lebhafte
Befriedigung zum Ausdruck gebracht habe über die volle Gemeinschaft der Ideen
und die vollständige Übereinstimmung bezüglich der in den jetzigen Ereignissen der
internationalen Politik zu befolgenden Verhaltungslinie."

Mit den Worten „Wir haben Europa einen Dienst geleistet" hat dann Crispi
auf seiner großen Turiner Bankettrede vom 26. Oktober seine Reise nach Friedrichs-
ruh vor Italien und vor Europa öffentlich erläutert. Pnlamcnghi hat Recht, wenn
er behauptet, daß Crispi zu der Reise nach Friedrichsruh nur von dem Interesse
Italiens und durch keinen feindlichen Gedanken gegen Frankreich beeinflußt worden
sei. Wenn Palamenghi glaubt, diese absurde und gehässige Legende jetzt, „wo die
schonen Tage der Freundschaft mit Frankreich wieder anbrechen," zerstören zu sollen,
so ist gegen diese Absicht gewiß nichts einzuwenden — möge er sich in dem Anlaß
d ^ azu nicht getäuscht haben.


Neue Sprachdummheiteu. 3. Die Übersee.

Vor kurzem ist ein Buch
erschienen, auf dessen Titelblatt steht: „Ans Europa und Übersee." Man griff
sich unwillkürlich an den Kopf und fragte: Übersee? Na, was ist denn das nnn
wieder? Was hat denn dieses Wort für ein Geschlecht? Soll es heißen: der Übersee,
die Übersee oder das Übersee? Und wie ist denn das Wort zu betonen? Man
reist doch über Land, und mau fährt über See; soll man nun Übersee auf der
letzten oder auf der erste» Silbe betonen?

Die Antwort hat nicht lange auf sich wurden lassen. Vor ein paar Tagen
war in einem Zeitungsaufsatz gegen die Welfenfreunde zu lesen: „Ohne Bismarck


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[0272] Maßgebliches und Unmaßgebliches Patriotismus, wo man die Erhaltung des europäischen Friedens studiert, lasse ich meine Erinnerung" — hatte der Fürst erwidert: „Eure Exzellenz haben meine Ansichten richtig erfaßt. Ich arbeite an der Erhaltung des Friedens und lebe nur dafür. Wir haben genug für den Krieg getan. Handeln wir jetzt und handeln wir in Übereinstimmung durch den Frieden und für den Frieden." Fürst Bismarck hat dann in einem Rundschreiben an die deutschen Botschafter diesen von dem wesentlichen Inhalt der Unterredung zur Mitteilung an die be¬ treffenden Höfe Kenntnis gegeben. Seine Zusagen an Crispi wurden genau und ohne Verzug erfüllt. Schon am 6. Oktober meldet Prinz Reuß aus Wien, daß Graf Kalnoky mit Befriedigung vou den monarchischen und friedlichen Gesinnungen des leitenden italienischen Staatsmannes Kenntnis genommen habe, und daß er den Ideen Crispis hinsichtlich der orientalischen Frage beitrete. Auch in Wien erachte man es als den Interessen Italiens und Österreichs am meisten entsprechend, daß im Falle eines Sturzes der Türkei kleine Staaten mit starker autonomer Gewalt errichtet würden; der österreichische Geschäftsträger in Berlin werde beauftragt werden, die vollständigste Übereinstimmung der Anschauungen des österreichischen und des italienischen Kabinetts zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen erachte Graf Kalnoky den Inhalt der Depesche für so wichtig, daß er thu zur Kenntnis des Kaisers bringen werde, der am 12. nach Wien zurückkehre. Vier Tage später machte Fürst Bismarck dem deutschen Botschafter in Rom, Grafen Solms, von diesem Telegramm Mitteilung, worin er hervorhob, wie sehr er sich beeilt habe, die von Crispi zum Ausdruck gebrachten Ansichten im Sinne einer Konsolidierung der österreichisch-italienischen Beziehungen nutzbar zu machen, und wie er sich bemüht habe, der Meinung Crispis über die Bildung kleiner Staaten im Falle einer Auflösung der Türkei in Wien Eingang zu verschaffen. Er behalte sich vor, über die zu erwartenden Äußerungen des österreichischen Ge¬ schäftsträgers weitere Mitteilung zu machen, der Botschafter möge aber schon jetzt die Äußerungen des Grafen Kalnoky zur Kenntnis Crispis bringen und ihm sagen, daß seine Ideen deutscherseits in Wien mit Erfolg unterstützt worden seien. Auch über die erbetene Vermittlung Englands in Abessinien liegen zwei Mitteilungen des italienischen Botschafters in Berlin an Crispi vor. Am 18. Oktober berichtet ferner der italienische Botschafter in London an Crispi, der deutsche Ge¬ schäftsträger Graf Plessen habe ihm gesagt, daß Fürst Bismarck on Wi nntili-me iss MllÄximx xomts av SÄ ttouvsntioii (!) avoo Vntrs VxosUoiuz« — „die lebhafte Befriedigung zum Ausdruck gebracht habe über die volle Gemeinschaft der Ideen und die vollständige Übereinstimmung bezüglich der in den jetzigen Ereignissen der internationalen Politik zu befolgenden Verhaltungslinie." Mit den Worten „Wir haben Europa einen Dienst geleistet" hat dann Crispi auf seiner großen Turiner Bankettrede vom 26. Oktober seine Reise nach Friedrichs- ruh vor Italien und vor Europa öffentlich erläutert. Pnlamcnghi hat Recht, wenn er behauptet, daß Crispi zu der Reise nach Friedrichsruh nur von dem Interesse Italiens und durch keinen feindlichen Gedanken gegen Frankreich beeinflußt worden sei. Wenn Palamenghi glaubt, diese absurde und gehässige Legende jetzt, „wo die schonen Tage der Freundschaft mit Frankreich wieder anbrechen," zerstören zu sollen, so ist gegen diese Absicht gewiß nichts einzuwenden — möge er sich in dem Anlaß d ^ azu nicht getäuscht haben. Neue Sprachdummheiteu. 3. Die Übersee. Vor kurzem ist ein Buch erschienen, auf dessen Titelblatt steht: „Ans Europa und Übersee." Man griff sich unwillkürlich an den Kopf und fragte: Übersee? Na, was ist denn das nnn wieder? Was hat denn dieses Wort für ein Geschlecht? Soll es heißen: der Übersee, die Übersee oder das Übersee? Und wie ist denn das Wort zu betonen? Man reist doch über Land, und mau fährt über See; soll man nun Übersee auf der letzten oder auf der erste» Silbe betonen? Die Antwort hat nicht lange auf sich wurden lassen. Vor ein paar Tagen war in einem Zeitungsaufsatz gegen die Welfenfreunde zu lesen: „Ohne Bismarck

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/272>, abgerufen am 03.07.2024.