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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Der Vertrag über den Panamakanal

auf der Höhe von Pernambuco aufgelauert haben. Der Kanal würde dagegen
die Möglichkeit schaffen, daß sich die beiden nordamerikanischen Flotten¬
abteilungen in Westindien vereinigten und den schwächern Feind schlugen. Der
Besitz des Kanals würde den Vereinigten Staaten einen großen Vorteil bieten,
ähnlich wie es der Nordostseekanal für Deutschland tut, nur viel größer, weil
es sich in Deutschlands Fall nur um eine Wegabkürzung von einem bis zwei
Tagen handelt, im amerikanischen dagegen um einen Monat. Die pazifischen
Interessen der Vereinigten Staaten sind dnrch die Eroberung der Philippinen,
durch die Aufrollung der chinesischen Frage sehr gestiegen. Vielleicht rechnen
also die Columbier doch richtig, wenn sie glauben, daß die reichen Jankees
das Projekt um zehn Millionen nicht scheitern lassen werden.

Das Weitere muß die Zukunft lehren. Wir haben nur noch wenig hinzu¬
zufügen.

Wenn die neue Wasserstraße in Betrieb sein wird, ist es deutsches Inter¬
esse, daß unsre Handelsschiffe nicht ungünstiger behandelt werden als ameri¬
kanische und englische. Im Suezknnal ist das international verbürgt, im
Panamafall hängt es von den Entschlüssen der Vereinigten Staaten ab. Ge¬
boten wird dieselbe Behandlung durch das Juteresse der Kaualverwaltung,
wie auch das der Westküste Amerikas, die mit Deutschland einen blühenden
Handel unterhält. Der deutsche Handel dominiert durchaus an der Westküste
von Mexiko bis Kap Horn, der der Nordamerikaner stellt dort wenig vor.
Im Mai dieses Jahres wurde die Nachricht verbreitet, es stünden Vorzugs¬
tarife für amerikanische und sogar für englische Schiffe in Aussicht. Das
wurde wohl widerrufen, aber so recht entscheidendes erfolgte nicht.

Wenn der Kaualbetricb nicht gar zu ungünstig ausfallen soll, so muß der
Verkehr lebhaft sein. Denn die Zinsenlast wird etwa dreißig Millionen Mark
betragen, und die Unterhaltungskosten werden sehr bedeutend sein; der Kongre߬
bericht schützt sie auf 8,4 Millionen Mark jährlich. Dagegen hat der Verkehr
keine Aussicht, jemals die Zahlen des Snezkcmals zu erreichen. Dieser ver¬
mittelt den Verkehr zwischen Europa (zurzeit auch noch Nordamerika) und
den weiten vielgestaltigen, Produktenreichen Ländern Süd- und Ostasiens und
Australiens, während sich jenseits Panamas die große insclarme Wasserwüste
des Stillen Ozeans ausdehnt, dessen östliche Küsten buchtenarm und wegen
der Kordillerenkette schmal sind. Die Abgaben im Panamakanal dürfen nicht
hoch sein, wenn nicht Dampfer von Valparaiso und sogar von Jquiqnc und
Guyaquil vorziehn sollen, nach Hamburg durch die Magelhaeustraße zu fahren.
San Francisco, Portland, Seattle usw. haben nicht genügend Ausfuhrartikel,
daß sie allein dem Kanal eine ausreichende Alimeutierung zuführen könnten. Um
nach Ostasien und Australien zu fahren, wird Europa den Panamakanal nicht
benutzen, weil ihm der Suezkanal den nähern Weg bieten wird. Allerdings
werden Newyorker Schiffe nach China, Japan und Australien den Panama¬
kanal benutzen, weil für sie dieser der nähere Weg sein wird.

Es mögen hier einige Anhaltpunkte für Wegabkürzungen gegeben sein:
alles in Seemeilen:


Der Vertrag über den Panamakanal

auf der Höhe von Pernambuco aufgelauert haben. Der Kanal würde dagegen
die Möglichkeit schaffen, daß sich die beiden nordamerikanischen Flotten¬
abteilungen in Westindien vereinigten und den schwächern Feind schlugen. Der
Besitz des Kanals würde den Vereinigten Staaten einen großen Vorteil bieten,
ähnlich wie es der Nordostseekanal für Deutschland tut, nur viel größer, weil
es sich in Deutschlands Fall nur um eine Wegabkürzung von einem bis zwei
Tagen handelt, im amerikanischen dagegen um einen Monat. Die pazifischen
Interessen der Vereinigten Staaten sind dnrch die Eroberung der Philippinen,
durch die Aufrollung der chinesischen Frage sehr gestiegen. Vielleicht rechnen
also die Columbier doch richtig, wenn sie glauben, daß die reichen Jankees
das Projekt um zehn Millionen nicht scheitern lassen werden.

Das Weitere muß die Zukunft lehren. Wir haben nur noch wenig hinzu¬
zufügen.

Wenn die neue Wasserstraße in Betrieb sein wird, ist es deutsches Inter¬
esse, daß unsre Handelsschiffe nicht ungünstiger behandelt werden als ameri¬
kanische und englische. Im Suezknnal ist das international verbürgt, im
Panamafall hängt es von den Entschlüssen der Vereinigten Staaten ab. Ge¬
boten wird dieselbe Behandlung durch das Juteresse der Kaualverwaltung,
wie auch das der Westküste Amerikas, die mit Deutschland einen blühenden
Handel unterhält. Der deutsche Handel dominiert durchaus an der Westküste
von Mexiko bis Kap Horn, der der Nordamerikaner stellt dort wenig vor.
Im Mai dieses Jahres wurde die Nachricht verbreitet, es stünden Vorzugs¬
tarife für amerikanische und sogar für englische Schiffe in Aussicht. Das
wurde wohl widerrufen, aber so recht entscheidendes erfolgte nicht.

Wenn der Kaualbetricb nicht gar zu ungünstig ausfallen soll, so muß der
Verkehr lebhaft sein. Denn die Zinsenlast wird etwa dreißig Millionen Mark
betragen, und die Unterhaltungskosten werden sehr bedeutend sein; der Kongre߬
bericht schützt sie auf 8,4 Millionen Mark jährlich. Dagegen hat der Verkehr
keine Aussicht, jemals die Zahlen des Snezkcmals zu erreichen. Dieser ver¬
mittelt den Verkehr zwischen Europa (zurzeit auch noch Nordamerika) und
den weiten vielgestaltigen, Produktenreichen Ländern Süd- und Ostasiens und
Australiens, während sich jenseits Panamas die große insclarme Wasserwüste
des Stillen Ozeans ausdehnt, dessen östliche Küsten buchtenarm und wegen
der Kordillerenkette schmal sind. Die Abgaben im Panamakanal dürfen nicht
hoch sein, wenn nicht Dampfer von Valparaiso und sogar von Jquiqnc und
Guyaquil vorziehn sollen, nach Hamburg durch die Magelhaeustraße zu fahren.
San Francisco, Portland, Seattle usw. haben nicht genügend Ausfuhrartikel,
daß sie allein dem Kanal eine ausreichende Alimeutierung zuführen könnten. Um
nach Ostasien und Australien zu fahren, wird Europa den Panamakanal nicht
benutzen, weil ihm der Suezkanal den nähern Weg bieten wird. Allerdings
werden Newyorker Schiffe nach China, Japan und Australien den Panama¬
kanal benutzen, weil für sie dieser der nähere Weg sein wird.

Es mögen hier einige Anhaltpunkte für Wegabkürzungen gegeben sein:
alles in Seemeilen:


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[0171] Der Vertrag über den Panamakanal auf der Höhe von Pernambuco aufgelauert haben. Der Kanal würde dagegen die Möglichkeit schaffen, daß sich die beiden nordamerikanischen Flotten¬ abteilungen in Westindien vereinigten und den schwächern Feind schlugen. Der Besitz des Kanals würde den Vereinigten Staaten einen großen Vorteil bieten, ähnlich wie es der Nordostseekanal für Deutschland tut, nur viel größer, weil es sich in Deutschlands Fall nur um eine Wegabkürzung von einem bis zwei Tagen handelt, im amerikanischen dagegen um einen Monat. Die pazifischen Interessen der Vereinigten Staaten sind dnrch die Eroberung der Philippinen, durch die Aufrollung der chinesischen Frage sehr gestiegen. Vielleicht rechnen also die Columbier doch richtig, wenn sie glauben, daß die reichen Jankees das Projekt um zehn Millionen nicht scheitern lassen werden. Das Weitere muß die Zukunft lehren. Wir haben nur noch wenig hinzu¬ zufügen. Wenn die neue Wasserstraße in Betrieb sein wird, ist es deutsches Inter¬ esse, daß unsre Handelsschiffe nicht ungünstiger behandelt werden als ameri¬ kanische und englische. Im Suezknnal ist das international verbürgt, im Panamafall hängt es von den Entschlüssen der Vereinigten Staaten ab. Ge¬ boten wird dieselbe Behandlung durch das Juteresse der Kaualverwaltung, wie auch das der Westküste Amerikas, die mit Deutschland einen blühenden Handel unterhält. Der deutsche Handel dominiert durchaus an der Westküste von Mexiko bis Kap Horn, der der Nordamerikaner stellt dort wenig vor. Im Mai dieses Jahres wurde die Nachricht verbreitet, es stünden Vorzugs¬ tarife für amerikanische und sogar für englische Schiffe in Aussicht. Das wurde wohl widerrufen, aber so recht entscheidendes erfolgte nicht. Wenn der Kaualbetricb nicht gar zu ungünstig ausfallen soll, so muß der Verkehr lebhaft sein. Denn die Zinsenlast wird etwa dreißig Millionen Mark betragen, und die Unterhaltungskosten werden sehr bedeutend sein; der Kongre߬ bericht schützt sie auf 8,4 Millionen Mark jährlich. Dagegen hat der Verkehr keine Aussicht, jemals die Zahlen des Snezkcmals zu erreichen. Dieser ver¬ mittelt den Verkehr zwischen Europa (zurzeit auch noch Nordamerika) und den weiten vielgestaltigen, Produktenreichen Ländern Süd- und Ostasiens und Australiens, während sich jenseits Panamas die große insclarme Wasserwüste des Stillen Ozeans ausdehnt, dessen östliche Küsten buchtenarm und wegen der Kordillerenkette schmal sind. Die Abgaben im Panamakanal dürfen nicht hoch sein, wenn nicht Dampfer von Valparaiso und sogar von Jquiqnc und Guyaquil vorziehn sollen, nach Hamburg durch die Magelhaeustraße zu fahren. San Francisco, Portland, Seattle usw. haben nicht genügend Ausfuhrartikel, daß sie allein dem Kanal eine ausreichende Alimeutierung zuführen könnten. Um nach Ostasien und Australien zu fahren, wird Europa den Panamakanal nicht benutzen, weil ihm der Suezkanal den nähern Weg bieten wird. Allerdings werden Newyorker Schiffe nach China, Japan und Australien den Panama¬ kanal benutzen, weil für sie dieser der nähere Weg sein wird. Es mögen hier einige Anhaltpunkte für Wegabkürzungen gegeben sein: alles in Seemeilen:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/171>, abgerufen am 24.08.2024.