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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Der Vertrag über den panainakanal

Nation, und da sie dabei in eigner Sache kämpft, versäumt sie nichts, ihre
Leser für ihre Sprache zu fcmatisieren. Der Viertelgebildete hält jedes ge¬
druckte Wort für wahr, der Halbgebildete schwört auf seine Zeitung, der
Vollgebildete ist zwar gefeit gegen Fanatismus, kann aber ans seiner natio¬
nalen Haut erst recht nicht heraus. Darum weg mit allen nationalen Vc-
kehrungsversuchen von Staats wegen! Das ist kein Gebot eines vagen
Föderalismus, sondern eine Forderung der gesunden, durch die Sprachen¬
frage nicht verbitterten Anschauung, die den Anschluß an anderssprachige
Volksstämme als eine Notwendigkeit für die Sicherung der eignen Art be¬
trachtet. Gelangt diese Auffassung zum Siege, so ist die Freudigkeit der
einzelnen Völker, für den Gesamtstaat fest einzutreten, und damit die unzer¬
störbare Kraft dem alten Donaurciche verbürgt, das eine wertvolle Stütze für
die Ruhe und Wohlfahrt Europas bietet, und dem alle deutschen Herzen eine
verwandtschaftliche unvertilgbare Zuneigung bewahren. Wenn auch das Deutsche
Reich schwerlich jemals berufen sein kann, sich in die innern Verhältnisse des
Doncinreiches einzumischen, so ist es doch gewiß, daß sich viele Tausende
streitbarer und kriegskundiger deutscher Männer dem Kaiser von Osterreich zur
Verfügung stellen würden, wenn er es für wünschenswert hielte, Freiwilligen¬
korps an seinen deutschen Neichsgrenzen zu bilden, und sie würden ihm treu¬
lich helfen, daß allen größern Nationalitäten unter dem Schutze des Deutsch¬
tums das Recht auf die Erhaltung ihrer Sprache gewahrt werde.


Richard Geest, Generalleutnant z.V.


Der Vertrag über den Panamakanal
L. F. Seemann Von

in 22. September war der Termin abgelaufen, der für die Rati¬
fikation des Hay-Herran-Vertrages gesteckt war. Der Senat der
Republik Columbia hatte schon um 17. August den Vertrag ein¬
stimmig abgelehnt, und anch in den noch übrig bleibenden fünf
Wochen hat er keine Anstalt getroffen, mit der mächtigen Re¬
publik des Nordens zu einer Verständigung zu gelangen. Die Arbeit, mit
der sich der nordamerikanische Staatssekretär Hay und der eolnmbianische Ge¬
sandte in Washington, Hcrran, so lange und zuletzt scheinbar erfolgreich ab¬
gemüht hatten, ist also doch vergeblich gewesen. Die ganze Angelegenheit ist
auf einen toten Strang geraten -- vorerst, denn beide Länder haben doch
ein zu dringendes Interesse an der Vollendung des großen Verkehrswerkes,
als daß sie nicht schließlich doch zusammenkommen müßten.

Mit vergeblichen Verträgen ist freilich der Weg zu der großen amerikanisch¬
interozeanischen Wasserstraße gepflastert. Schon bald nachdem die Spanier
von Mittelamerika Besitz ergriffen hatten, tauchte auch der Gedanke auf, den
Weg nach der amerikanischen Westküste, die damals wegen der peruanischen


Der Vertrag über den panainakanal

Nation, und da sie dabei in eigner Sache kämpft, versäumt sie nichts, ihre
Leser für ihre Sprache zu fcmatisieren. Der Viertelgebildete hält jedes ge¬
druckte Wort für wahr, der Halbgebildete schwört auf seine Zeitung, der
Vollgebildete ist zwar gefeit gegen Fanatismus, kann aber ans seiner natio¬
nalen Haut erst recht nicht heraus. Darum weg mit allen nationalen Vc-
kehrungsversuchen von Staats wegen! Das ist kein Gebot eines vagen
Föderalismus, sondern eine Forderung der gesunden, durch die Sprachen¬
frage nicht verbitterten Anschauung, die den Anschluß an anderssprachige
Volksstämme als eine Notwendigkeit für die Sicherung der eignen Art be¬
trachtet. Gelangt diese Auffassung zum Siege, so ist die Freudigkeit der
einzelnen Völker, für den Gesamtstaat fest einzutreten, und damit die unzer¬
störbare Kraft dem alten Donaurciche verbürgt, das eine wertvolle Stütze für
die Ruhe und Wohlfahrt Europas bietet, und dem alle deutschen Herzen eine
verwandtschaftliche unvertilgbare Zuneigung bewahren. Wenn auch das Deutsche
Reich schwerlich jemals berufen sein kann, sich in die innern Verhältnisse des
Doncinreiches einzumischen, so ist es doch gewiß, daß sich viele Tausende
streitbarer und kriegskundiger deutscher Männer dem Kaiser von Osterreich zur
Verfügung stellen würden, wenn er es für wünschenswert hielte, Freiwilligen¬
korps an seinen deutschen Neichsgrenzen zu bilden, und sie würden ihm treu¬
lich helfen, daß allen größern Nationalitäten unter dem Schutze des Deutsch¬
tums das Recht auf die Erhaltung ihrer Sprache gewahrt werde.


Richard Geest, Generalleutnant z.V.


Der Vertrag über den Panamakanal
L. F. Seemann Von

in 22. September war der Termin abgelaufen, der für die Rati¬
fikation des Hay-Herran-Vertrages gesteckt war. Der Senat der
Republik Columbia hatte schon um 17. August den Vertrag ein¬
stimmig abgelehnt, und anch in den noch übrig bleibenden fünf
Wochen hat er keine Anstalt getroffen, mit der mächtigen Re¬
publik des Nordens zu einer Verständigung zu gelangen. Die Arbeit, mit
der sich der nordamerikanische Staatssekretär Hay und der eolnmbianische Ge¬
sandte in Washington, Hcrran, so lange und zuletzt scheinbar erfolgreich ab¬
gemüht hatten, ist also doch vergeblich gewesen. Die ganze Angelegenheit ist
auf einen toten Strang geraten — vorerst, denn beide Länder haben doch
ein zu dringendes Interesse an der Vollendung des großen Verkehrswerkes,
als daß sie nicht schließlich doch zusammenkommen müßten.

Mit vergeblichen Verträgen ist freilich der Weg zu der großen amerikanisch¬
interozeanischen Wasserstraße gepflastert. Schon bald nachdem die Spanier
von Mittelamerika Besitz ergriffen hatten, tauchte auch der Gedanke auf, den
Weg nach der amerikanischen Westküste, die damals wegen der peruanischen


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[0164] Der Vertrag über den panainakanal Nation, und da sie dabei in eigner Sache kämpft, versäumt sie nichts, ihre Leser für ihre Sprache zu fcmatisieren. Der Viertelgebildete hält jedes ge¬ druckte Wort für wahr, der Halbgebildete schwört auf seine Zeitung, der Vollgebildete ist zwar gefeit gegen Fanatismus, kann aber ans seiner natio¬ nalen Haut erst recht nicht heraus. Darum weg mit allen nationalen Vc- kehrungsversuchen von Staats wegen! Das ist kein Gebot eines vagen Föderalismus, sondern eine Forderung der gesunden, durch die Sprachen¬ frage nicht verbitterten Anschauung, die den Anschluß an anderssprachige Volksstämme als eine Notwendigkeit für die Sicherung der eignen Art be¬ trachtet. Gelangt diese Auffassung zum Siege, so ist die Freudigkeit der einzelnen Völker, für den Gesamtstaat fest einzutreten, und damit die unzer¬ störbare Kraft dem alten Donaurciche verbürgt, das eine wertvolle Stütze für die Ruhe und Wohlfahrt Europas bietet, und dem alle deutschen Herzen eine verwandtschaftliche unvertilgbare Zuneigung bewahren. Wenn auch das Deutsche Reich schwerlich jemals berufen sein kann, sich in die innern Verhältnisse des Doncinreiches einzumischen, so ist es doch gewiß, daß sich viele Tausende streitbarer und kriegskundiger deutscher Männer dem Kaiser von Osterreich zur Verfügung stellen würden, wenn er es für wünschenswert hielte, Freiwilligen¬ korps an seinen deutschen Neichsgrenzen zu bilden, und sie würden ihm treu¬ lich helfen, daß allen größern Nationalitäten unter dem Schutze des Deutsch¬ tums das Recht auf die Erhaltung ihrer Sprache gewahrt werde. Richard Geest, Generalleutnant z.V. Der Vertrag über den Panamakanal L. F. Seemann Von in 22. September war der Termin abgelaufen, der für die Rati¬ fikation des Hay-Herran-Vertrages gesteckt war. Der Senat der Republik Columbia hatte schon um 17. August den Vertrag ein¬ stimmig abgelehnt, und anch in den noch übrig bleibenden fünf Wochen hat er keine Anstalt getroffen, mit der mächtigen Re¬ publik des Nordens zu einer Verständigung zu gelangen. Die Arbeit, mit der sich der nordamerikanische Staatssekretär Hay und der eolnmbianische Ge¬ sandte in Washington, Hcrran, so lange und zuletzt scheinbar erfolgreich ab¬ gemüht hatten, ist also doch vergeblich gewesen. Die ganze Angelegenheit ist auf einen toten Strang geraten — vorerst, denn beide Länder haben doch ein zu dringendes Interesse an der Vollendung des großen Verkehrswerkes, als daß sie nicht schließlich doch zusammenkommen müßten. Mit vergeblichen Verträgen ist freilich der Weg zu der großen amerikanisch¬ interozeanischen Wasserstraße gepflastert. Schon bald nachdem die Spanier von Mittelamerika Besitz ergriffen hatten, tauchte auch der Gedanke auf, den Weg nach der amerikanischen Westküste, die damals wegen der peruanischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/164>, abgerufen am 22.07.2024.