Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.Die Komödie auf Rronborg Jver Krcunme ging auch voller Interesse umher und sah sich um. Seht Ihr, wessen Konterfei wir hier haben? fragte er und zeigte auf eine Ist das möglich? rief Will. Glaubt Ihr, daß es ähnlich ist? Das kann ich uicht mit Bestimmtheit sagen, entgegnete Jver Krcunme. Will war in eine der Fensternischen nach Osten getreten und ließ sein Auge Wohl verstehe ich es jetzt, daß Kronborg als Wache hierher gebaut werden Ach was, Unsinn! wandte Jver Kramme ein; er lebte ja in Jütland -- das Jütland kenne ich nicht, fuhr Will fort, aber Kronborg kenne ich jetzt, und Jetzt endlich kam Bull. Kemp machte seinem Ärger Luft, weil man auf ihn hatte warten müssen, und Die Pantomime verlief recht gut. Mitten auf der Tribüne stand in einem Gerade als das Vorspiel zu Ende geführt worden war, fiel Wilts Blick auf Kemp bemerkte es in demselben Augenblick und rief: Was ist das? Da ist jemand hinter der Tapete. Und dann lief er hin und Da stand Herr Johann dunkelrot vor Wärme und Wut. Jver, Jver. keuchte er, deswegen also durfte ich nicht heraufkommen und deine Jver Kramme sah genau so unschuldig aus, wie er es je i" Wirklichkeit gewesen Will trat nun hinzu, und es gelang ihm denn anch, Herrn Johann einiger Da setzte sich Herr Johann auf eine Stufe der Tribüne, und die eigentliche Will war unermüdlich in Beschäftigung, er ließ die Schauspieler wiederhol Die Komödie auf Rronborg Jver Krcunme ging auch voller Interesse umher und sah sich um. Seht Ihr, wessen Konterfei wir hier haben? fragte er und zeigte auf eine Ist das möglich? rief Will. Glaubt Ihr, daß es ähnlich ist? Das kann ich uicht mit Bestimmtheit sagen, entgegnete Jver Krcunme. Will war in eine der Fensternischen nach Osten getreten und ließ sein Auge Wohl verstehe ich es jetzt, daß Kronborg als Wache hierher gebaut werden Ach was, Unsinn! wandte Jver Kramme ein; er lebte ja in Jütland — das Jütland kenne ich nicht, fuhr Will fort, aber Kronborg kenne ich jetzt, und Jetzt endlich kam Bull. Kemp machte seinem Ärger Luft, weil man auf ihn hatte warten müssen, und Die Pantomime verlief recht gut. Mitten auf der Tribüne stand in einem Gerade als das Vorspiel zu Ende geführt worden war, fiel Wilts Blick auf Kemp bemerkte es in demselben Augenblick und rief: Was ist das? Da ist jemand hinter der Tapete. Und dann lief er hin und Da stand Herr Johann dunkelrot vor Wärme und Wut. Jver, Jver. keuchte er, deswegen also durfte ich nicht heraufkommen und deine Jver Kramme sah genau so unschuldig aus, wie er es je i» Wirklichkeit gewesen Will trat nun hinzu, und es gelang ihm denn anch, Herrn Johann einiger Da setzte sich Herr Johann auf eine Stufe der Tribüne, und die eigentliche Will war unermüdlich in Beschäftigung, er ließ die Schauspieler wiederhol <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0762" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241982"/> <fw type="header" place="top"> Die Komödie auf Rronborg</fw><lb/> <p xml:id="ID_3249"> Jver Krcunme ging auch voller Interesse umher und sah sich um.</p><lb/> <p xml:id="ID_3250"> Seht Ihr, wessen Konterfei wir hier haben? fragte er und zeigte auf eine<lb/> Tapete. Lese nur die Inschrift, das ist Euer Amiet!</p><lb/> <p xml:id="ID_3251"> Ist das möglich? rief Will. Glaubt Ihr, daß es ähnlich ist?</p><lb/> <p xml:id="ID_3252"> Das kann ich uicht mit Bestimmtheit sagen, entgegnete Jver Krcunme.</p><lb/> <p xml:id="ID_3253"> Will war in eine der Fensternischen nach Osten getreten und ließ sein Auge<lb/> hinausschweifen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3254"> Wohl verstehe ich es jetzt, daß Kronborg als Wache hierher gebaut werden<lb/> mußte, denn der schöne Sund ist wie eine leichtsinnige Frau, die jedem ihren<lb/> frischen Mund reicht und die Arme Freund wie Feind öffnet. — Ja, hier auf<lb/> Kronborg, hier am Sunde hat Prinz Hamlet gelebt!</p><lb/> <p xml:id="ID_3255"> Ach was, Unsinn! wandte Jver Kramme ein; er lebte ja in Jütland — das<lb/> könnt Ihr selber in der Chronik lesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3256"> Jütland kenne ich nicht, fuhr Will fort, aber Kronborg kenne ich jetzt, und<lb/> hier stelle ich mir den Schauplatz für den dänischen Prinzen vor: hier verstellt er<lb/> sich, hier liebt er, und hier rächt er den Tod seines Vaters.</p><lb/> <p xml:id="ID_3257"> Jetzt endlich kam Bull.</p><lb/> <p xml:id="ID_3258"> Kemp machte seinem Ärger Luft, weil man auf ihn hatte warten müssen, und<lb/> Brhan sagte von ihm, er sehe leibhaftig aus wie Agathon, wo er schon ermordet<lb/> worden sei. Will aber klatschte in die Hände und veranlaßte die Musikanten,<lb/> mit dem Vorspiel zu beginnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3259"> Die Pantomime verlief recht gut. Mitten auf der Tribüne stand in einem<lb/> Kübel ein Orangenbaum, der aus dem Schloßhofe heraufgeholt wordeu war — das<lb/> war der Baum mit der verbotnen Frucht —, und Bryan zog als Kalophron des<lb/> Vaters — Kemps — große Schuhe an und agierte ganz verständlich, indem er<lb/> damit deutliche Spuren in dem weichen Boden um den Baum abdrückte. Dann<lb/> kam Kemp, maß die Spuren und fand, daß sie nur auf ihn selber paßten, und er<lb/> verlieh mit so großer komischer Kraft dem stupiden Staunen Ausdruck, daß sogar<lb/> Jver Kramme, der ein ernster Mann war, laut lachte — er hatte nicht geglaubt,<lb/> daß seine Komödie so amüsant sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_3260"> Gerade als das Vorspiel zu Ende geführt worden war, fiel Wilts Blick auf<lb/> eine der Tapeten, die sonderbare Falten schlug und sich bewegte, als wenn jemand<lb/> dahinter verborgen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_3261"> Kemp bemerkte es in demselben Augenblick und rief:</p><lb/> <p xml:id="ID_3262"> Was ist das? Da ist jemand hinter der Tapete. Und dann lief er hin und<lb/> hob sie in die Höhe.</p><lb/> <p xml:id="ID_3263"> Da stand Herr Johann dunkelrot vor Wärme und Wut.</p><lb/> <p xml:id="ID_3264"> Jver, Jver. keuchte er, deswegen also durfte ich nicht heraufkommen und deine<lb/> elende Komödie sehen! Aber ich habe dich doch angeführt, denn Dorthe hat mir<lb/> den Weg gezeigt, der von der Speisekammer die Treppe herausführt, und ich bin<lb/> gerade zur rechten Zeit gekommen! Schäme dich, daß du deinen eignen armen<lb/> Oheim so verhöhnst! Aber jetzt ist mirs wie Schuppen von den Augen gefallen,<lb/> und jetzt weiß ich, daß kein andrer als Jens Turbo meine Kirschen gestohlen hat,<lb/> und daß der arge Schelm mir auch noch den Tort angetan hat, sie in meinen<lb/> eignen alten Schuhen zu stehlen!</p><lb/> <p xml:id="ID_3265"> Jver Kramme sah genau so unschuldig aus, wie er es je i» Wirklichkeit gewesen<lb/> war, und er erklärte ganz ruhig, das Vorspiel habe nicht er. sondern Will gemacht.¬</p><lb/> <p xml:id="ID_3266"> Will trat nun hinzu, und es gelang ihm denn anch, Herrn Johann einiger<lb/> maßen zu beruhigen, teils indem er auf sein Gerede einging, teils indem er sagte,<lb/> daß er, da er uun ja doch einmal herauf gekommen sei, in Gottes Namen hier bleiben<lb/> könne, bis das Stück zu Ende sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_3267"> Da setzte sich Herr Johann auf eine Stufe der Tribüne, und die eigentliche<lb/> Komödie nahm ihren Anfang.en</p><lb/> <p xml:id="ID_3268"> Will war unermüdlich in Beschäftigung, er ließ die Schauspieler wiederhol<lb/> und verbesserte fortgesetzt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0762]
Die Komödie auf Rronborg
Jver Krcunme ging auch voller Interesse umher und sah sich um.
Seht Ihr, wessen Konterfei wir hier haben? fragte er und zeigte auf eine
Tapete. Lese nur die Inschrift, das ist Euer Amiet!
Ist das möglich? rief Will. Glaubt Ihr, daß es ähnlich ist?
Das kann ich uicht mit Bestimmtheit sagen, entgegnete Jver Krcunme.
Will war in eine der Fensternischen nach Osten getreten und ließ sein Auge
hinausschweifen.
Wohl verstehe ich es jetzt, daß Kronborg als Wache hierher gebaut werden
mußte, denn der schöne Sund ist wie eine leichtsinnige Frau, die jedem ihren
frischen Mund reicht und die Arme Freund wie Feind öffnet. — Ja, hier auf
Kronborg, hier am Sunde hat Prinz Hamlet gelebt!
Ach was, Unsinn! wandte Jver Kramme ein; er lebte ja in Jütland — das
könnt Ihr selber in der Chronik lesen.
Jütland kenne ich nicht, fuhr Will fort, aber Kronborg kenne ich jetzt, und
hier stelle ich mir den Schauplatz für den dänischen Prinzen vor: hier verstellt er
sich, hier liebt er, und hier rächt er den Tod seines Vaters.
Jetzt endlich kam Bull.
Kemp machte seinem Ärger Luft, weil man auf ihn hatte warten müssen, und
Brhan sagte von ihm, er sehe leibhaftig aus wie Agathon, wo er schon ermordet
worden sei. Will aber klatschte in die Hände und veranlaßte die Musikanten,
mit dem Vorspiel zu beginnen.
Die Pantomime verlief recht gut. Mitten auf der Tribüne stand in einem
Kübel ein Orangenbaum, der aus dem Schloßhofe heraufgeholt wordeu war — das
war der Baum mit der verbotnen Frucht —, und Bryan zog als Kalophron des
Vaters — Kemps — große Schuhe an und agierte ganz verständlich, indem er
damit deutliche Spuren in dem weichen Boden um den Baum abdrückte. Dann
kam Kemp, maß die Spuren und fand, daß sie nur auf ihn selber paßten, und er
verlieh mit so großer komischer Kraft dem stupiden Staunen Ausdruck, daß sogar
Jver Kramme, der ein ernster Mann war, laut lachte — er hatte nicht geglaubt,
daß seine Komödie so amüsant sei.
Gerade als das Vorspiel zu Ende geführt worden war, fiel Wilts Blick auf
eine der Tapeten, die sonderbare Falten schlug und sich bewegte, als wenn jemand
dahinter verborgen wäre.
Kemp bemerkte es in demselben Augenblick und rief:
Was ist das? Da ist jemand hinter der Tapete. Und dann lief er hin und
hob sie in die Höhe.
Da stand Herr Johann dunkelrot vor Wärme und Wut.
Jver, Jver. keuchte er, deswegen also durfte ich nicht heraufkommen und deine
elende Komödie sehen! Aber ich habe dich doch angeführt, denn Dorthe hat mir
den Weg gezeigt, der von der Speisekammer die Treppe herausführt, und ich bin
gerade zur rechten Zeit gekommen! Schäme dich, daß du deinen eignen armen
Oheim so verhöhnst! Aber jetzt ist mirs wie Schuppen von den Augen gefallen,
und jetzt weiß ich, daß kein andrer als Jens Turbo meine Kirschen gestohlen hat,
und daß der arge Schelm mir auch noch den Tort angetan hat, sie in meinen
eignen alten Schuhen zu stehlen!
Jver Kramme sah genau so unschuldig aus, wie er es je i» Wirklichkeit gewesen
war, und er erklärte ganz ruhig, das Vorspiel habe nicht er. sondern Will gemacht.¬
Will trat nun hinzu, und es gelang ihm denn anch, Herrn Johann einiger
maßen zu beruhigen, teils indem er auf sein Gerede einging, teils indem er sagte,
daß er, da er uun ja doch einmal herauf gekommen sei, in Gottes Namen hier bleiben
könne, bis das Stück zu Ende sei.
Da setzte sich Herr Johann auf eine Stufe der Tribüne, und die eigentliche
Komödie nahm ihren Anfang.en
Will war unermüdlich in Beschäftigung, er ließ die Schauspieler wiederhol
und verbesserte fortgesetzt.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |