Anerkennung zu verzögern. Wir erlvühueli nnr die Arbeiten des Herrn von Gobineau, der dieselben Inschriften nach vier verschiednen Methoden entzifferte und jedesmal denselben Sinn herausbekam, und der denselben Text auf sieben verschiedne Weisen las: von der Rechten zur Linken, von der Linken zur Rechten, von oben nach unten, von unten nach oben, in beiden Diagonalen und end¬ lich -- symbolisch." Mit seinen Sprachstudien hängt eine Abhandlung ">>r <likkül'tut,8 xliöncmröinzL <Is 1s> vis sxoi'ÄcliquL zusammen, die er in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik veröffentlichte. (1868. Ge¬ schrieben hatte er sie 1867 in Athen.) Mit dein sporadischen Leben meint er daS von der Materie abgetrennte, lind zwar denkt er dabei nicht bloß an die Menschenseelen, soudern wie Fechner die alten Gestirngeister wieder zum Leben erweckt hatte, so verleiht er nach dem Vorgange der Platoniker und der scho¬ lastischen Realisten den Begriffen ein selbständiges Leben, und nicht bloß diesen, sondern, um die alte Logoslehre anknüpfend, auch deu Sprachen. Er zeigt, was diese Wesen bei Rassenmischung erleiden, und wie im Himmel der Rasseulogvs vollständig zu sich selbst kommen und in deu Seelen der Auserwählten herrschen wird. Als letzte Frucht seiner persischen Studien schrieb er in Stockholm die Asiatischen Novellen, die 1876 erschienen und bis auf zwei, als das erste von seinen Werken, ins Deutsche übersetzt worden sind. Er urteilt darin nicht mehr so günstig über die Perser wie in den oben besprochnen Schriften und ent¬ nimmt deshalb die Helden seiner Erzählungen Nachbarn Persiens vou unzweifel¬ hafter arischen Charakter: kaukasischen und afghanischen Stämmen. Er war das zweitemal von Teheran durch Rußland zurückgereist, hatte die Bewohner des Kaukasus kennen gelernt, und es war natürlich, daß er sich für die Schön¬ heit der Tscherkessen begeisterte, die nach dem Zeugnisse eines andern franzö¬ sischen Reisenden sehr streng auf Nassenreinheit halten. Weniger glaublich als die kaukasischen erscheinen seine afghanischen Helden. Er schildert sie als heroische Opfer eines beinahe asketischen Pflicht- und Ehrgefühls, wie es in spanischen Dramen vorkommt. Die Schilderung, die Elphinstonc von den Afghanen entworfen hatte, berechtigte ihn einigermaßen dazu. Dieser Engländer meinte, abgesehen von dem Lobe der Tapferkeit und des Unabhängigkeitssinns, das man den Afghanen spenden müsse, habe es auch politisch sein gutes, daß die Macht des Emirs über die entferntern Stämme gering sei, daß der Staat sozusagen in kleine Republiken zerfalle, und das Volk frei bleibe von den Übeln des asiatischen Despotismus. Ein alter Mann habe ihm gesagt: Es ist wahr, wir leiden an Unruhen und Blutvergießen, aber einen.Herrn werden wir uns niemals gefallen lassen. Ein weit weniger schmeichelhaftes Bild entwirft der englische Militärarzt Bellew vou deu "wilden, mitleidlosen und geizigen" Afghanen; eine Wanderung durch ihr Land, meint Seilliere, würde Rousseau sehr gesund gewesen sein; er hätte dort ganz geuau erfahren, wie der Natur¬ zustand aussieht.(Schlus; folgt)
Gobineau in französischer Beleuchtung
Anerkennung zu verzögern. Wir erlvühueli nnr die Arbeiten des Herrn von Gobineau, der dieselben Inschriften nach vier verschiednen Methoden entzifferte und jedesmal denselben Sinn herausbekam, und der denselben Text auf sieben verschiedne Weisen las: von der Rechten zur Linken, von der Linken zur Rechten, von oben nach unten, von unten nach oben, in beiden Diagonalen und end¬ lich — symbolisch." Mit seinen Sprachstudien hängt eine Abhandlung «>>r <likkül'tut,8 xliöncmröinzL <Is 1s> vis sxoi'ÄcliquL zusammen, die er in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik veröffentlichte. (1868. Ge¬ schrieben hatte er sie 1867 in Athen.) Mit dein sporadischen Leben meint er daS von der Materie abgetrennte, lind zwar denkt er dabei nicht bloß an die Menschenseelen, soudern wie Fechner die alten Gestirngeister wieder zum Leben erweckt hatte, so verleiht er nach dem Vorgange der Platoniker und der scho¬ lastischen Realisten den Begriffen ein selbständiges Leben, und nicht bloß diesen, sondern, um die alte Logoslehre anknüpfend, auch deu Sprachen. Er zeigt, was diese Wesen bei Rassenmischung erleiden, und wie im Himmel der Rasseulogvs vollständig zu sich selbst kommen und in deu Seelen der Auserwählten herrschen wird. Als letzte Frucht seiner persischen Studien schrieb er in Stockholm die Asiatischen Novellen, die 1876 erschienen und bis auf zwei, als das erste von seinen Werken, ins Deutsche übersetzt worden sind. Er urteilt darin nicht mehr so günstig über die Perser wie in den oben besprochnen Schriften und ent¬ nimmt deshalb die Helden seiner Erzählungen Nachbarn Persiens vou unzweifel¬ hafter arischen Charakter: kaukasischen und afghanischen Stämmen. Er war das zweitemal von Teheran durch Rußland zurückgereist, hatte die Bewohner des Kaukasus kennen gelernt, und es war natürlich, daß er sich für die Schön¬ heit der Tscherkessen begeisterte, die nach dem Zeugnisse eines andern franzö¬ sischen Reisenden sehr streng auf Nassenreinheit halten. Weniger glaublich als die kaukasischen erscheinen seine afghanischen Helden. Er schildert sie als heroische Opfer eines beinahe asketischen Pflicht- und Ehrgefühls, wie es in spanischen Dramen vorkommt. Die Schilderung, die Elphinstonc von den Afghanen entworfen hatte, berechtigte ihn einigermaßen dazu. Dieser Engländer meinte, abgesehen von dem Lobe der Tapferkeit und des Unabhängigkeitssinns, das man den Afghanen spenden müsse, habe es auch politisch sein gutes, daß die Macht des Emirs über die entferntern Stämme gering sei, daß der Staat sozusagen in kleine Republiken zerfalle, und das Volk frei bleibe von den Übeln des asiatischen Despotismus. Ein alter Mann habe ihm gesagt: Es ist wahr, wir leiden an Unruhen und Blutvergießen, aber einen.Herrn werden wir uns niemals gefallen lassen. Ein weit weniger schmeichelhaftes Bild entwirft der englische Militärarzt Bellew vou deu „wilden, mitleidlosen und geizigen" Afghanen; eine Wanderung durch ihr Land, meint Seilliere, würde Rousseau sehr gesund gewesen sein; er hätte dort ganz geuau erfahren, wie der Natur¬ zustand aussieht.(Schlus; folgt)
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Gobineau in französischer Beleuchtung
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Gobineau, der dieselben Inschriften nach vier verschiednen Methoden entzifferte
und jedesmal denselben Sinn herausbekam, und der denselben Text auf sieben
verschiedne Weisen las: von der Rechten zur Linken, von der Linken zur Rechten,
von oben nach unten, von unten nach oben, in beiden Diagonalen und end¬
lich — symbolisch." Mit seinen Sprachstudien hängt eine Abhandlung «>>r
<likkül'tut,8 xliöncmröinzL <Is 1s> vis sxoi'ÄcliquL zusammen, die er in der Deutschen
Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik veröffentlichte. (1868. Ge¬
schrieben hatte er sie 1867 in Athen.) Mit dein sporadischen Leben meint er
daS von der Materie abgetrennte, lind zwar denkt er dabei nicht bloß an die
Menschenseelen, soudern wie Fechner die alten Gestirngeister wieder zum Leben
erweckt hatte, so verleiht er nach dem Vorgange der Platoniker und der scho¬
lastischen Realisten den Begriffen ein selbständiges Leben, und nicht bloß diesen,
sondern, um die alte Logoslehre anknüpfend, auch deu Sprachen. Er zeigt, was
diese Wesen bei Rassenmischung erleiden, und wie im Himmel der Rasseulogvs
vollständig zu sich selbst kommen und in deu Seelen der Auserwählten herrschen
wird. Als letzte Frucht seiner persischen Studien schrieb er in Stockholm die
Asiatischen Novellen, die 1876 erschienen und bis auf zwei, als das erste von
seinen Werken, ins Deutsche übersetzt worden sind. Er urteilt darin nicht mehr
so günstig über die Perser wie in den oben besprochnen Schriften und ent¬
nimmt deshalb die Helden seiner Erzählungen Nachbarn Persiens vou unzweifel¬
hafter arischen Charakter: kaukasischen und afghanischen Stämmen. Er war
das zweitemal von Teheran durch Rußland zurückgereist, hatte die Bewohner
des Kaukasus kennen gelernt, und es war natürlich, daß er sich für die Schön¬
heit der Tscherkessen begeisterte, die nach dem Zeugnisse eines andern franzö¬
sischen Reisenden sehr streng auf Nassenreinheit halten. Weniger glaublich als
die kaukasischen erscheinen seine afghanischen Helden. Er schildert sie als
heroische Opfer eines beinahe asketischen Pflicht- und Ehrgefühls, wie es in
spanischen Dramen vorkommt. Die Schilderung, die Elphinstonc von den
Afghanen entworfen hatte, berechtigte ihn einigermaßen dazu. Dieser Engländer
meinte, abgesehen von dem Lobe der Tapferkeit und des Unabhängigkeitssinns,
das man den Afghanen spenden müsse, habe es auch politisch sein gutes, daß
die Macht des Emirs über die entferntern Stämme gering sei, daß der Staat
sozusagen in kleine Republiken zerfalle, und das Volk frei bleibe von den
Übeln des asiatischen Despotismus. Ein alter Mann habe ihm gesagt: Es ist
wahr, wir leiden an Unruhen und Blutvergießen, aber einen.Herrn werden wir
uns niemals gefallen lassen. Ein weit weniger schmeichelhaftes Bild entwirft
der englische Militärarzt Bellew vou deu „wilden, mitleidlosen und geizigen"
Afghanen; eine Wanderung durch ihr Land, meint Seilliere, würde Rousseau
sehr gesund gewesen sein; er hätte dort ganz geuau erfahren, wie der Natur¬
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/684>, abgerufen am 25.11.2024.
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