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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Fcimilienfideikommisse

habt, aber daß ausgedehnte Fvrstslächen in den allermeisten Fällen ein Segen
für die Gegenden sind, worin wir sie antreffen, darüber ist man sich ja ans
allerhand andern Gründen ohnehin einig. Darum ist auch der von der Be-
gründungsschrift durch statistische Tabellen erbrachte Nachweis, daß die durch¬
schnittliche Bewaldung der Fideikommisse fast das Doppelte der allgemeinen
Durchschuittsbewaldung erreiche, besonders wichtig, er steht wegen der großen
Wichtigkeit der Waldungen für die Landeskultur unter den volkswirtschaftlichen
Gründen, aus denen sich die Beibehaltung der Familieufideikommisse empfiehlt,
obenan. Erstaunlich ist ja das Überwiegen der Forstkultur in der Fideikommiß-
wirtschaft nicht. "Der Forstbetrieb, sagt die Begründuugsschrift in dieser Be¬
ziehung, erfordert ausgedehnte Flächen, weil eine geregelte Schlagwirtschaft mir
auf solchen möglich ist, und sich die Anstellung von höher gebildeten Forst¬
beamten nur für Waldungen von größerm Umfange lohnt. Da ein Ausreifen¬
lassen des Holzkapitals auf dem Stamm oder auch nur eine genaue Einhaltung
des einmal aufgestellten Wirtschaftsplans Opfer bedingt, die der gegenwärtige
Besitzer häufig für den künftigen bringen muß, so Pflegt die Anlegung und Er¬
haltung planmäßig bewirtschafteter Wälder, namentlich solcher mit langen
Umtriebszeiten nur dort üblich zu sein, wo der Besitzer sicher ist, daß das von
ihm gebrachte Opfer entweder ihm selbst oder seinen Nachkommen zugute kommt.
Der letztere Fall trifft bei dem Fideikommißbesitzer zu. Es erscheint daher die
Waldwirtschaft gleichsam als die den Fideikommissen naturgemäße, zumal da
sie auch mir geringes Betriebskapital erfordert. Die statistischen Nachweise er¬
geben denn auch, daß ein verhältnismäßig großer Teil der Fideikommißfläche
der Waldwirtschaft gewidmet ist. Während nämlich der 34862432,6 lig, um¬
fassenden Gesamtfläche des Staates eine Gesamtwaldfläche von nur 8270133,5 da
oder 23,72 vom Hundert gegenübersteht, beträgt die Gesamtfläche aller Fidei-
kommißwaldungen 999990,2 Iisi oder 45,93 vom Hundert der 2177148,4 ils
umfassenden Gesamtfläche der Fidcil'ommisse."

In Hessen-Nassau und in Hohenzollern sind die Verhältniszahlen der Fidei-
kommißwaldfläche in Hunderttcilen der Fideikommißgesamtfläche mit 62,96 und
77,78 die beiden höchsten, während dieselbe Verhältniszahl für Schleswig-
Holstein mit 18,53 die niedrigste in den dreizehn Provinzen ist.

Daß ein Gesetz, das unter Beibehaltung der Familieufideikommisse die
Nenregelung dieser Materie bezweckt, nie besonders populär sein und auf
mancherlei Widerspruch stoßen wird, liegt im Geiste der Zeit, aber die Grund¬
sätze, von denen der Gesetzgeber ausgeht, sind durchaus gesund und liberal:
man kann ihm deshalb um so aufrichtiger und unbedingter beistimmen, je um¬
sichtiger und billiger er hierbei, was die Einzelheiten anlangt, in jeder Weise
verfahren ist. Das Hauptsächlichste der beabsichtigten Neuerungen und der bei-
bchaltnen bisherigen Bestimmungen dem Leser vor Augen zu führen, wird der
Zweck der zweiten Hälfte dieses Berichts sein.

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Fcimilienfideikommisse

habt, aber daß ausgedehnte Fvrstslächen in den allermeisten Fällen ein Segen
für die Gegenden sind, worin wir sie antreffen, darüber ist man sich ja ans
allerhand andern Gründen ohnehin einig. Darum ist auch der von der Be-
gründungsschrift durch statistische Tabellen erbrachte Nachweis, daß die durch¬
schnittliche Bewaldung der Fideikommisse fast das Doppelte der allgemeinen
Durchschuittsbewaldung erreiche, besonders wichtig, er steht wegen der großen
Wichtigkeit der Waldungen für die Landeskultur unter den volkswirtschaftlichen
Gründen, aus denen sich die Beibehaltung der Familieufideikommisse empfiehlt,
obenan. Erstaunlich ist ja das Überwiegen der Forstkultur in der Fideikommiß-
wirtschaft nicht. „Der Forstbetrieb, sagt die Begründuugsschrift in dieser Be¬
ziehung, erfordert ausgedehnte Flächen, weil eine geregelte Schlagwirtschaft mir
auf solchen möglich ist, und sich die Anstellung von höher gebildeten Forst¬
beamten nur für Waldungen von größerm Umfange lohnt. Da ein Ausreifen¬
lassen des Holzkapitals auf dem Stamm oder auch nur eine genaue Einhaltung
des einmal aufgestellten Wirtschaftsplans Opfer bedingt, die der gegenwärtige
Besitzer häufig für den künftigen bringen muß, so Pflegt die Anlegung und Er¬
haltung planmäßig bewirtschafteter Wälder, namentlich solcher mit langen
Umtriebszeiten nur dort üblich zu sein, wo der Besitzer sicher ist, daß das von
ihm gebrachte Opfer entweder ihm selbst oder seinen Nachkommen zugute kommt.
Der letztere Fall trifft bei dem Fideikommißbesitzer zu. Es erscheint daher die
Waldwirtschaft gleichsam als die den Fideikommissen naturgemäße, zumal da
sie auch mir geringes Betriebskapital erfordert. Die statistischen Nachweise er¬
geben denn auch, daß ein verhältnismäßig großer Teil der Fideikommißfläche
der Waldwirtschaft gewidmet ist. Während nämlich der 34862432,6 lig, um¬
fassenden Gesamtfläche des Staates eine Gesamtwaldfläche von nur 8270133,5 da
oder 23,72 vom Hundert gegenübersteht, beträgt die Gesamtfläche aller Fidei-
kommißwaldungen 999990,2 Iisi oder 45,93 vom Hundert der 2177148,4 ils
umfassenden Gesamtfläche der Fidcil'ommisse."

In Hessen-Nassau und in Hohenzollern sind die Verhältniszahlen der Fidei-
kommißwaldfläche in Hunderttcilen der Fideikommißgesamtfläche mit 62,96 und
77,78 die beiden höchsten, während dieselbe Verhältniszahl für Schleswig-
Holstein mit 18,53 die niedrigste in den dreizehn Provinzen ist.

Daß ein Gesetz, das unter Beibehaltung der Familieufideikommisse die
Nenregelung dieser Materie bezweckt, nie besonders populär sein und auf
mancherlei Widerspruch stoßen wird, liegt im Geiste der Zeit, aber die Grund¬
sätze, von denen der Gesetzgeber ausgeht, sind durchaus gesund und liberal:
man kann ihm deshalb um so aufrichtiger und unbedingter beistimmen, je um¬
sichtiger und billiger er hierbei, was die Einzelheiten anlangt, in jeder Weise
verfahren ist. Das Hauptsächlichste der beabsichtigten Neuerungen und der bei-
bchaltnen bisherigen Bestimmungen dem Leser vor Augen zu führen, wird der
Zweck der zweiten Hälfte dieses Berichts sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/660>, abgerufen am 01.09.2024.