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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Skizzen ans unserm heutigen Volksleben

Ach was, erwiderte der Herr Regierungsrat, Sie werden schon, wenn man
Ihnen ein ordentliches Gebot macht. Was ist denn der Acker wert, Herr Schulze?

Der Herr Schulze stellte mit Hilfe der andern Anwesenden fest, daß der Acker
xsu Z, xsn fünfzehnhundert Mark wert sei. Na, sagte der Herr Geheimrat, die
Gemeinde bietet Ihnen zweitausend Mark. Was sagen Sie nnn?

Ich habe es gesagt, antwortete Herr Fettback gelassen, ich verkaufe kein Land.

Dann wird man Sie expropriieren.

Expropriieren? Mich? Nee, meine Herrn. Und wer soll denn die Expropriatious-
kosten bezahlen? Die Gemeinde nicht, dafür bin ich Ihnen gut, meine Herrn.

Der Herr Geheimrat wurde ungeduldig, bezwang sich aber und beschloß an das
Ehrgefühl und das Gemeindebemußtsein des Mannes zu appellieren. Die Gemeinde
brauche das Land zu einer Schule für ihre Kinder, und für die Kinder müsse ein jeder
gute Bürger Opfer bringen können. Fettback erwiderte: Er habe keine Kinder. --
Der Herr Gcheimrnt drehte sich ärgerlich um, und Herr Fettback ging nach Haus.

Wer ist denn eigentlich der Mensch? fragte er den Herrn Schulzen.

Nu, sagte dieser, es ist doch immerhin ein Mann von xcm -Z, xcm fünfviertel
Millionen, das lebende Inventar nicht mit gerechnet.

Lassen wir also diesen Bauernmillionär beiseite, sagte der Herr Geheimrat,
gehen wir weiter. -- Man ging weiter bis zu einem andern Plan. -- Wem gehört
dieses Land?

Herrn Spitzmaus, Herr Rat. Herr Spitzmaus ist hier. Fritze, komme doch
mal her. -- Spitzmaus kam an.

Verkaufen Sie das Land?

Jawohl, Herr Rat. Die beiden Herren von der Kommission sahen sich mit
Genugtuung an. -- Einhundertfünfzig Mark die Quadratrute.

Das ist ja aber ein unerhörter Preis.

Kauns nicht billiger machen. Aber ich habe im Dorfe einen Garten, den kann
ich Ihnen billiger geben.

Man ging weiter. Es folgten feuchte Wiesen, dann fiskalisches Land und dann
die Eisenbahn. Es war tatsächlich so. wie der Herr Pastor gesagt hatte, Bauplätze
außerhalb des Dorfes wnreu nicht zu haben. Darauf besichtigte man den Garten
des Spitzmaus, der völlig unbrauchbar war, und war nach zwei Stunden Ver¬
handeln im Schneetreiben genau so weit wie vorher. Und der Hexenschuß machte
sich empfindlicher fühlbar als je. Sollte man abreisen, ohne etwas fertig gebracht
zu haben? Sollte mau diesem Pastor Recht geben, oder wohl gar das verworfne
Projekt doch noch genehmigen? Der Herr Geheimrat hatte durchaus keine Lust
dazu. Er begab sich in der Hoffnung, daß sich bei nochmaliger Betrachtung der
Sache ein Ausweg finden lasse, zum Schulgärten zurück, besah nochmals den Garten,
die Grenze und den Apfelbaum; es war alles noch so, wie es vorher gewesen war.
Da pirschte sich der Herr Kantor an den Herrn Geheimrat heran und machte
unmaßgeblich darauf aufmerksam, daß wenn man die Schule auf deu Fleck links
Vom Apfelbaum baute, und die Grenze drei Meter verschiebe, alle Schwierigkeiten
in glücklicher Weise überwunden seien.

Der Herr Rat sah sich die Sache an, und sie leuchtete ihm ein. Na ja,
freilich, sagte er. Sehen Sie mal, lieber Brausewitz, links vom Apfelbaum, nicht
rechts davon muß die Schule stehn. Das ist ja eine ganz andre Sache. Herr
von Brausewitz beeilte sich seine lebhafte Zustimmung zu erkennen zu geben und
seine Genugtuung auszusprechen, daß es der hohen Behörde doch noch gelungen
sei, zu einem Ergebnisse zu gelangen. Der Herr Baurat wollte Einwendungen
erheben, aber leider hat die hohe Baubehörde kein eignes Votum, soudern hängt
von der hohern Einsicht des juristischen Chefs ub und muß sich als technischer Beirat
eines hohen Kvllegii vor Augen halten, daß manchmal Reden Silber, und Schweigen
Gold ist. So tat auch Herr Baurat Kroch, obwohl er innerlich nicht einsehen konnte,
daß der Platz links vom Apfelbaum besser sei als der rechts vom Apfelbaum.


Skizzen ans unserm heutigen Volksleben

Ach was, erwiderte der Herr Regierungsrat, Sie werden schon, wenn man
Ihnen ein ordentliches Gebot macht. Was ist denn der Acker wert, Herr Schulze?

Der Herr Schulze stellte mit Hilfe der andern Anwesenden fest, daß der Acker
xsu Z, xsn fünfzehnhundert Mark wert sei. Na, sagte der Herr Geheimrat, die
Gemeinde bietet Ihnen zweitausend Mark. Was sagen Sie nnn?

Ich habe es gesagt, antwortete Herr Fettback gelassen, ich verkaufe kein Land.

Dann wird man Sie expropriieren.

Expropriieren? Mich? Nee, meine Herrn. Und wer soll denn die Expropriatious-
kosten bezahlen? Die Gemeinde nicht, dafür bin ich Ihnen gut, meine Herrn.

Der Herr Geheimrat wurde ungeduldig, bezwang sich aber und beschloß an das
Ehrgefühl und das Gemeindebemußtsein des Mannes zu appellieren. Die Gemeinde
brauche das Land zu einer Schule für ihre Kinder, und für die Kinder müsse ein jeder
gute Bürger Opfer bringen können. Fettback erwiderte: Er habe keine Kinder. —
Der Herr Gcheimrnt drehte sich ärgerlich um, und Herr Fettback ging nach Haus.

Wer ist denn eigentlich der Mensch? fragte er den Herrn Schulzen.

Nu, sagte dieser, es ist doch immerhin ein Mann von xcm -Z, xcm fünfviertel
Millionen, das lebende Inventar nicht mit gerechnet.

Lassen wir also diesen Bauernmillionär beiseite, sagte der Herr Geheimrat,
gehen wir weiter. — Man ging weiter bis zu einem andern Plan. — Wem gehört
dieses Land?

Herrn Spitzmaus, Herr Rat. Herr Spitzmaus ist hier. Fritze, komme doch
mal her. — Spitzmaus kam an.

Verkaufen Sie das Land?

Jawohl, Herr Rat. Die beiden Herren von der Kommission sahen sich mit
Genugtuung an. — Einhundertfünfzig Mark die Quadratrute.

Das ist ja aber ein unerhörter Preis.

Kauns nicht billiger machen. Aber ich habe im Dorfe einen Garten, den kann
ich Ihnen billiger geben.

Man ging weiter. Es folgten feuchte Wiesen, dann fiskalisches Land und dann
die Eisenbahn. Es war tatsächlich so. wie der Herr Pastor gesagt hatte, Bauplätze
außerhalb des Dorfes wnreu nicht zu haben. Darauf besichtigte man den Garten
des Spitzmaus, der völlig unbrauchbar war, und war nach zwei Stunden Ver¬
handeln im Schneetreiben genau so weit wie vorher. Und der Hexenschuß machte
sich empfindlicher fühlbar als je. Sollte man abreisen, ohne etwas fertig gebracht
zu haben? Sollte mau diesem Pastor Recht geben, oder wohl gar das verworfne
Projekt doch noch genehmigen? Der Herr Geheimrat hatte durchaus keine Lust
dazu. Er begab sich in der Hoffnung, daß sich bei nochmaliger Betrachtung der
Sache ein Ausweg finden lasse, zum Schulgärten zurück, besah nochmals den Garten,
die Grenze und den Apfelbaum; es war alles noch so, wie es vorher gewesen war.
Da pirschte sich der Herr Kantor an den Herrn Geheimrat heran und machte
unmaßgeblich darauf aufmerksam, daß wenn man die Schule auf deu Fleck links
Vom Apfelbaum baute, und die Grenze drei Meter verschiebe, alle Schwierigkeiten
in glücklicher Weise überwunden seien.

Der Herr Rat sah sich die Sache an, und sie leuchtete ihm ein. Na ja,
freilich, sagte er. Sehen Sie mal, lieber Brausewitz, links vom Apfelbaum, nicht
rechts davon muß die Schule stehn. Das ist ja eine ganz andre Sache. Herr
von Brausewitz beeilte sich seine lebhafte Zustimmung zu erkennen zu geben und
seine Genugtuung auszusprechen, daß es der hohen Behörde doch noch gelungen
sei, zu einem Ergebnisse zu gelangen. Der Herr Baurat wollte Einwendungen
erheben, aber leider hat die hohe Baubehörde kein eignes Votum, soudern hängt
von der hohern Einsicht des juristischen Chefs ub und muß sich als technischer Beirat
eines hohen Kvllegii vor Augen halten, daß manchmal Reden Silber, und Schweigen
Gold ist. So tat auch Herr Baurat Kroch, obwohl er innerlich nicht einsehen konnte,
daß der Platz links vom Apfelbaum besser sei als der rechts vom Apfelbaum.


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[0506] Skizzen ans unserm heutigen Volksleben Ach was, erwiderte der Herr Regierungsrat, Sie werden schon, wenn man Ihnen ein ordentliches Gebot macht. Was ist denn der Acker wert, Herr Schulze? Der Herr Schulze stellte mit Hilfe der andern Anwesenden fest, daß der Acker xsu Z, xsn fünfzehnhundert Mark wert sei. Na, sagte der Herr Geheimrat, die Gemeinde bietet Ihnen zweitausend Mark. Was sagen Sie nnn? Ich habe es gesagt, antwortete Herr Fettback gelassen, ich verkaufe kein Land. Dann wird man Sie expropriieren. Expropriieren? Mich? Nee, meine Herrn. Und wer soll denn die Expropriatious- kosten bezahlen? Die Gemeinde nicht, dafür bin ich Ihnen gut, meine Herrn. Der Herr Geheimrat wurde ungeduldig, bezwang sich aber und beschloß an das Ehrgefühl und das Gemeindebemußtsein des Mannes zu appellieren. Die Gemeinde brauche das Land zu einer Schule für ihre Kinder, und für die Kinder müsse ein jeder gute Bürger Opfer bringen können. Fettback erwiderte: Er habe keine Kinder. — Der Herr Gcheimrnt drehte sich ärgerlich um, und Herr Fettback ging nach Haus. Wer ist denn eigentlich der Mensch? fragte er den Herrn Schulzen. Nu, sagte dieser, es ist doch immerhin ein Mann von xcm -Z, xcm fünfviertel Millionen, das lebende Inventar nicht mit gerechnet. Lassen wir also diesen Bauernmillionär beiseite, sagte der Herr Geheimrat, gehen wir weiter. — Man ging weiter bis zu einem andern Plan. — Wem gehört dieses Land? Herrn Spitzmaus, Herr Rat. Herr Spitzmaus ist hier. Fritze, komme doch mal her. — Spitzmaus kam an. Verkaufen Sie das Land? Jawohl, Herr Rat. Die beiden Herren von der Kommission sahen sich mit Genugtuung an. — Einhundertfünfzig Mark die Quadratrute. Das ist ja aber ein unerhörter Preis. Kauns nicht billiger machen. Aber ich habe im Dorfe einen Garten, den kann ich Ihnen billiger geben. Man ging weiter. Es folgten feuchte Wiesen, dann fiskalisches Land und dann die Eisenbahn. Es war tatsächlich so. wie der Herr Pastor gesagt hatte, Bauplätze außerhalb des Dorfes wnreu nicht zu haben. Darauf besichtigte man den Garten des Spitzmaus, der völlig unbrauchbar war, und war nach zwei Stunden Ver¬ handeln im Schneetreiben genau so weit wie vorher. Und der Hexenschuß machte sich empfindlicher fühlbar als je. Sollte man abreisen, ohne etwas fertig gebracht zu haben? Sollte mau diesem Pastor Recht geben, oder wohl gar das verworfne Projekt doch noch genehmigen? Der Herr Geheimrat hatte durchaus keine Lust dazu. Er begab sich in der Hoffnung, daß sich bei nochmaliger Betrachtung der Sache ein Ausweg finden lasse, zum Schulgärten zurück, besah nochmals den Garten, die Grenze und den Apfelbaum; es war alles noch so, wie es vorher gewesen war. Da pirschte sich der Herr Kantor an den Herrn Geheimrat heran und machte unmaßgeblich darauf aufmerksam, daß wenn man die Schule auf deu Fleck links Vom Apfelbaum baute, und die Grenze drei Meter verschiebe, alle Schwierigkeiten in glücklicher Weise überwunden seien. Der Herr Rat sah sich die Sache an, und sie leuchtete ihm ein. Na ja, freilich, sagte er. Sehen Sie mal, lieber Brausewitz, links vom Apfelbaum, nicht rechts davon muß die Schule stehn. Das ist ja eine ganz andre Sache. Herr von Brausewitz beeilte sich seine lebhafte Zustimmung zu erkennen zu geben und seine Genugtuung auszusprechen, daß es der hohen Behörde doch noch gelungen sei, zu einem Ergebnisse zu gelangen. Der Herr Baurat wollte Einwendungen erheben, aber leider hat die hohe Baubehörde kein eignes Votum, soudern hängt von der hohern Einsicht des juristischen Chefs ub und muß sich als technischer Beirat eines hohen Kvllegii vor Augen halten, daß manchmal Reden Silber, und Schweigen Gold ist. So tat auch Herr Baurat Kroch, obwohl er innerlich nicht einsehen konnte, daß der Platz links vom Apfelbaum besser sei als der rechts vom Apfelbaum.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/506>, abgerufen am 06.10.2024.