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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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vom Gelderwerb, von dessen Wesen und dessen Unwesen

der Verkehr aufzunehmen geneigt ist. Mehr nusgegebues Papiergeld würde
immer wieder -- bei Zahlungen an den Staat -- in dessen Kassen zurück¬
kehre". Oder das Papiergeld würde dein Metallgeld gegenüber im Verkehr
als von geringerm Wert erachtet werden, sodaß, wenn jemand anstatt mit
barer Münze mit Papiergeld zahlt, er darauf einen Verlust erleiden müßte.
Wenn aber ein solcher Nachteil mit dem Papiergeld verbunden ist, wird es
dein Staat nicht abgenommen werden; ein erzwungner Umlauf von Papiergeld
kann nur in finanziell notleidenden Staaten vorkommen.

Durch Zahlung der Steuern oder der sonstigen Abgaben wird die Kapital-
bildung nur dann beeinträchtigt, wenn solche Unkosten vom erübrigten Ein¬
kommen der Erwerbtätigen bezahlt und nicht auf die Preise aufgeschlagen
werden, die die Gesamtheit für ihren Lebensunterhalt zu zahlen genötigt wird.
Falls die Produzenten, sobald sie höhere Unkosten haben, demgemäß auch die
Verkaufspreise zu erhöhen vermögen, bleibt der Gewinn, den sie haben, un¬
verändert. Die Kapitalbildung nimmt zu, je höhere, gewinnbringendere Preise
den Produzenten von der konsumierenden Gesamtheit bewilligt werden. Da¬
gegen wird die Kapitalbilduug nicht gesteigert, wenn'man sich allgemein zu
vermehrten Arbeitsleistungen zu dem Zweck, dadurch mehr zu erwerben, und
zugleich zu eingeschränkten Verbrauch, zu dem Zweck, mehr zu ersparen, ent¬
schließen wollte. Die Arbeit hat nur dann wirtschaftlichen Wert und findet
nur dann ihren Lohn, wenn sich Abnehmer für das Geleistete und Hervorge¬
brachte finden, während ein ungenügender Verbrauch das Mehrerarbeitete
unverwendbar macht. Im Zeitalter der Maschinenarbeit ist es nicht mehr
dauernd durchführbar, daß der größere Teil der Meuschen Sklavenarbeit ver¬
richtet und darbt, damit eine kleine Minderzahl desto größere Reichtümer er¬
werben und desto üppiger leben könne. Das war möglich, als der Reichtum,
den jemand besaß, in angehäuften barem Gelde, Kostbarkeiten, verwertbaren
Gütermengen und in der Arbeitskraft von Sklaven bestand. Jetzt besteht der
Reichtum zumeist im Besitz von Schuldverschreibungen, die nur Wert haben,
solange dafür Produktionsmittel vorhanden sind, für die es lohnende Ver¬
wendung gibt, und die dadurch auch die den Inhabern der Schnldpapiere zu
zahlende Rente aufbringen. Die mit der Maschinenkraft, die sich fast unbe¬
grenzt vervielfältigen läßt, fortwährend beträchtlich anwachsende Gütererzeugung
verlangt auch einen entsprechenden Massenverbrauch, ohne deu der Kapitalreich¬
tum keinen Zweck hätte und nicht von Bestand sein würde. Wenn die erzeugten
Gütermengen nicht aufgezehrt werden können, und die sie herstellenden Produk¬
tionsmittel keinen Ertrag bringen, verliert der Kapitalreichtum -- das sind
die Anrechte auf diese Güter und diese Herstellnngsmittel -- seine Grundlagen.
Nur ein im richtigen Verhältnis zu der Produktionskraft und zum Konsnm-
vermögen stehender Kapitalbesitz ist imstande, die Güterwerte, auf die er
Auspruch hat, auch wirklich zu erlangen. Ein maßlos anwachsender Kapital¬
reichtum kann seinen Besitzern nichts nützen und hemmt und erschwert zndeiu
die befriedigende Gestaltung des gesamten wirtschaftlichen Lebens. Das Kapital
kann nur dadurch gewonnen werden, daß die Gesamtheit ihren Lebensunterhalt
zu hoch bezahlt, oder -- mit andern Worten -- daß sie zu wenig Konsum


vom Gelderwerb, von dessen Wesen und dessen Unwesen

der Verkehr aufzunehmen geneigt ist. Mehr nusgegebues Papiergeld würde
immer wieder — bei Zahlungen an den Staat — in dessen Kassen zurück¬
kehre». Oder das Papiergeld würde dein Metallgeld gegenüber im Verkehr
als von geringerm Wert erachtet werden, sodaß, wenn jemand anstatt mit
barer Münze mit Papiergeld zahlt, er darauf einen Verlust erleiden müßte.
Wenn aber ein solcher Nachteil mit dem Papiergeld verbunden ist, wird es
dein Staat nicht abgenommen werden; ein erzwungner Umlauf von Papiergeld
kann nur in finanziell notleidenden Staaten vorkommen.

Durch Zahlung der Steuern oder der sonstigen Abgaben wird die Kapital-
bildung nur dann beeinträchtigt, wenn solche Unkosten vom erübrigten Ein¬
kommen der Erwerbtätigen bezahlt und nicht auf die Preise aufgeschlagen
werden, die die Gesamtheit für ihren Lebensunterhalt zu zahlen genötigt wird.
Falls die Produzenten, sobald sie höhere Unkosten haben, demgemäß auch die
Verkaufspreise zu erhöhen vermögen, bleibt der Gewinn, den sie haben, un¬
verändert. Die Kapitalbildung nimmt zu, je höhere, gewinnbringendere Preise
den Produzenten von der konsumierenden Gesamtheit bewilligt werden. Da¬
gegen wird die Kapitalbilduug nicht gesteigert, wenn'man sich allgemein zu
vermehrten Arbeitsleistungen zu dem Zweck, dadurch mehr zu erwerben, und
zugleich zu eingeschränkten Verbrauch, zu dem Zweck, mehr zu ersparen, ent¬
schließen wollte. Die Arbeit hat nur dann wirtschaftlichen Wert und findet
nur dann ihren Lohn, wenn sich Abnehmer für das Geleistete und Hervorge¬
brachte finden, während ein ungenügender Verbrauch das Mehrerarbeitete
unverwendbar macht. Im Zeitalter der Maschinenarbeit ist es nicht mehr
dauernd durchführbar, daß der größere Teil der Meuschen Sklavenarbeit ver¬
richtet und darbt, damit eine kleine Minderzahl desto größere Reichtümer er¬
werben und desto üppiger leben könne. Das war möglich, als der Reichtum,
den jemand besaß, in angehäuften barem Gelde, Kostbarkeiten, verwertbaren
Gütermengen und in der Arbeitskraft von Sklaven bestand. Jetzt besteht der
Reichtum zumeist im Besitz von Schuldverschreibungen, die nur Wert haben,
solange dafür Produktionsmittel vorhanden sind, für die es lohnende Ver¬
wendung gibt, und die dadurch auch die den Inhabern der Schnldpapiere zu
zahlende Rente aufbringen. Die mit der Maschinenkraft, die sich fast unbe¬
grenzt vervielfältigen läßt, fortwährend beträchtlich anwachsende Gütererzeugung
verlangt auch einen entsprechenden Massenverbrauch, ohne deu der Kapitalreich¬
tum keinen Zweck hätte und nicht von Bestand sein würde. Wenn die erzeugten
Gütermengen nicht aufgezehrt werden können, und die sie herstellenden Produk¬
tionsmittel keinen Ertrag bringen, verliert der Kapitalreichtum — das sind
die Anrechte auf diese Güter und diese Herstellnngsmittel — seine Grundlagen.
Nur ein im richtigen Verhältnis zu der Produktionskraft und zum Konsnm-
vermögen stehender Kapitalbesitz ist imstande, die Güterwerte, auf die er
Auspruch hat, auch wirklich zu erlangen. Ein maßlos anwachsender Kapital¬
reichtum kann seinen Besitzern nichts nützen und hemmt und erschwert zndeiu
die befriedigende Gestaltung des gesamten wirtschaftlichen Lebens. Das Kapital
kann nur dadurch gewonnen werden, daß die Gesamtheit ihren Lebensunterhalt
zu hoch bezahlt, oder — mit andern Worten — daß sie zu wenig Konsum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/479>, abgerufen am 26.11.2024.