Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.vom Geldonverb, von dosseil Wesen und dessen Unwesen unzulässige Unterbilanz von ernstlicher Bedeutung und Nachteiligkeit zeigt sich Nur soweit ein. Überschuß der Geldguthabcn über die wirklichen Güter¬ Neu produziertes Gold vermehrt nicht den Kapitalbesitz; u"r was der vom Geldonverb, von dosseil Wesen und dessen Unwesen unzulässige Unterbilanz von ernstlicher Bedeutung und Nachteiligkeit zeigt sich Nur soweit ein. Überschuß der Geldguthabcn über die wirklichen Güter¬ Neu produziertes Gold vermehrt nicht den Kapitalbesitz; u»r was der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0476" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241690"/> <fw type="header" place="top"> vom Geldonverb, von dosseil Wesen und dessen Unwesen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1915" prev="#ID_1914"> unzulässige Unterbilanz von ernstlicher Bedeutung und Nachteiligkeit zeigt sich<lb/> aber, wenn man das Recht auf Benutzung des Erdbodens und die sonstigen<lb/> Monopolrechte als vermeintliche Vermögcnsobsekte angesehen und darauf eben¬<lb/> falls Gelder geliehen hat. Die Möglichkeit, durch Benutzung solcher erlangter<lb/> Vorrechte Güter erzeugen und Geld verdienen zu können, ist kein Gilterbesitz.<lb/> Für alle Schuldpapiere, die auf den Grund und Boden ausgestellt sind, oder<lb/> wofür nur dieser als Unterpfand in Betracht kommen kann, sowie für die sich<lb/> auf Monopolrechte stützende Kurshöhe der Aktien, Knxe und ähnlicher Anteil¬<lb/> scheine sind keine wirklichen Güter vorhanden. Dadurch, daß Schuldpapiere<lb/> auch auf solche in verliehenen Rechten bestehenden Werte ausgegeben wurden,<lb/> ist eine Überschuldung entstanden. Was die Menschheit als Reichtum zu be¬<lb/> sitzen glaubt, sind vorzugsweise solche Vorrechte, die einem kleinen Teil der<lb/> Gesamtbevölkerung eingeräumt worden sind. Diese Vorrechte haben nur für<lb/> ihre Inhaber Wert; sie geben die Handhabe, außergewöhnlich hohe Geld¬<lb/> gewinne zu erlangen, die von den übrigen Menschen bezahlt werden oder<lb/> durch menschliche Arbeitleistungen aufgebracht werden müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1916"> Nur soweit ein. Überschuß der Geldguthabcn über die wirklichen Güter¬<lb/> werte vorliegt, kann dieses Geld — vermindert um die in den bestehenden Ge¬<lb/> schäftsbetrieben und in den Haushaltungen nötigen laufenden Ausgaben — zu<lb/> neuen Gewerbennternehmen verwandt oder hergeliehen werden. Auch hierbei<lb/> ist es nicht ausschlaggebend, wie groß die Summe der Umlaufsmittel ist, die<lb/> ein Land hat. Nur soweit das umlaufende Geld in den einzelnen Händen<lb/> mit zu den erübrigten Kapitalien gehört, ist es für neue Anlagen benutzbar.<lb/> Nur das Geld kann kaufen, das nicht zur Berichtigung von Schulden bestimmt<lb/> ist. Wie jeder Privatmann nicht nach Belieben über sein Geld verfügen kann,<lb/> sondern berücksichtigen muß, welche fällig werdenden Allsgaben er damit zu<lb/> bestreiten hat, so richtet sich auch im Grvßverkehr die Kaufkraft danach, wie<lb/> weit der Geldvorrat und die Ausstünde, die flüssig gemacht werden können,<lb/> die eingegangnen Verbindlichkeiten übersteigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1917" next="#ID_1918"> Neu produziertes Gold vermehrt nicht den Kapitalbesitz; u»r was der<lb/> Goldproduzent davon mehr gewonnen hat, als die Produktionskosten betragen<lb/> haben, und als er zur Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse ausgibt, macht<lb/> eine Vermehrung des Kapitals aus. Die Leiter und die Aktionäre der Gold¬<lb/> minen pflegen ihre Einkommen nur zum Teil zum Lebensunterhalt zu ver¬<lb/> brauchen. Sie sind gewöhnlich in der Lage, den größern Teil entweder<lb/> in ihren eignen Gewerbebetrieben oder zum Anlnnf von Anlagcwerteu<lb/> zu benutze», sodaß diese Summen direkt oder indirekt für neue oder für er¬<lb/> weiterte Unternehmen Verwendung finden. Wenn kein neues Gold aus dem<lb/> Erdboden gewonnen wird, ist somit der Kapitalznwachs nur dadurch geringer,<lb/> daß kein Erwerbseinkommen der Goldproduzenten entstanden ist. Ebensowenig<lb/> wie durch eine Vermehrung des Metallgeldes kann durch die Ausgabe von<lb/> Papiergeld oder von Banknoten einer Geldknappheit — also dem Mangel an<lb/> genügenden disponibel» Geldgilthaben — abgeholfen werden. Der Staat oder<lb/> die Banken erhalten, wenn sie ihre Noten in den Verkehr bringen, den Gegen¬<lb/> wert dafür in Snchgütern oder in Schuldverpflichtungen, und die Noten werden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0476]
vom Geldonverb, von dosseil Wesen und dessen Unwesen
unzulässige Unterbilanz von ernstlicher Bedeutung und Nachteiligkeit zeigt sich
aber, wenn man das Recht auf Benutzung des Erdbodens und die sonstigen
Monopolrechte als vermeintliche Vermögcnsobsekte angesehen und darauf eben¬
falls Gelder geliehen hat. Die Möglichkeit, durch Benutzung solcher erlangter
Vorrechte Güter erzeugen und Geld verdienen zu können, ist kein Gilterbesitz.
Für alle Schuldpapiere, die auf den Grund und Boden ausgestellt sind, oder
wofür nur dieser als Unterpfand in Betracht kommen kann, sowie für die sich
auf Monopolrechte stützende Kurshöhe der Aktien, Knxe und ähnlicher Anteil¬
scheine sind keine wirklichen Güter vorhanden. Dadurch, daß Schuldpapiere
auch auf solche in verliehenen Rechten bestehenden Werte ausgegeben wurden,
ist eine Überschuldung entstanden. Was die Menschheit als Reichtum zu be¬
sitzen glaubt, sind vorzugsweise solche Vorrechte, die einem kleinen Teil der
Gesamtbevölkerung eingeräumt worden sind. Diese Vorrechte haben nur für
ihre Inhaber Wert; sie geben die Handhabe, außergewöhnlich hohe Geld¬
gewinne zu erlangen, die von den übrigen Menschen bezahlt werden oder
durch menschliche Arbeitleistungen aufgebracht werden müssen.
Nur soweit ein. Überschuß der Geldguthabcn über die wirklichen Güter¬
werte vorliegt, kann dieses Geld — vermindert um die in den bestehenden Ge¬
schäftsbetrieben und in den Haushaltungen nötigen laufenden Ausgaben — zu
neuen Gewerbennternehmen verwandt oder hergeliehen werden. Auch hierbei
ist es nicht ausschlaggebend, wie groß die Summe der Umlaufsmittel ist, die
ein Land hat. Nur soweit das umlaufende Geld in den einzelnen Händen
mit zu den erübrigten Kapitalien gehört, ist es für neue Anlagen benutzbar.
Nur das Geld kann kaufen, das nicht zur Berichtigung von Schulden bestimmt
ist. Wie jeder Privatmann nicht nach Belieben über sein Geld verfügen kann,
sondern berücksichtigen muß, welche fällig werdenden Allsgaben er damit zu
bestreiten hat, so richtet sich auch im Grvßverkehr die Kaufkraft danach, wie
weit der Geldvorrat und die Ausstünde, die flüssig gemacht werden können,
die eingegangnen Verbindlichkeiten übersteigen.
Neu produziertes Gold vermehrt nicht den Kapitalbesitz; u»r was der
Goldproduzent davon mehr gewonnen hat, als die Produktionskosten betragen
haben, und als er zur Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse ausgibt, macht
eine Vermehrung des Kapitals aus. Die Leiter und die Aktionäre der Gold¬
minen pflegen ihre Einkommen nur zum Teil zum Lebensunterhalt zu ver¬
brauchen. Sie sind gewöhnlich in der Lage, den größern Teil entweder
in ihren eignen Gewerbebetrieben oder zum Anlnnf von Anlagcwerteu
zu benutze», sodaß diese Summen direkt oder indirekt für neue oder für er¬
weiterte Unternehmen Verwendung finden. Wenn kein neues Gold aus dem
Erdboden gewonnen wird, ist somit der Kapitalznwachs nur dadurch geringer,
daß kein Erwerbseinkommen der Goldproduzenten entstanden ist. Ebensowenig
wie durch eine Vermehrung des Metallgeldes kann durch die Ausgabe von
Papiergeld oder von Banknoten einer Geldknappheit — also dem Mangel an
genügenden disponibel» Geldgilthaben — abgeholfen werden. Der Staat oder
die Banken erhalten, wenn sie ihre Noten in den Verkehr bringen, den Gegen¬
wert dafür in Snchgütern oder in Schuldverpflichtungen, und die Noten werden
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