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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Der Marquis von Marigny

Der Fährmann riß den glücklichen Passagier nur zu bald aus seinem schönen
Wahne.

Mainz hat kapituliert, sagte er, eben ist die Stafette durchgekommen. Nun
werden sie Wohl Frieden machen.

Und so betrat man unter Glockengeläut den Boden der neuen Heimat. Denn
daß der Gasthof gekauft werden würde, stand für die drei Beteiligten längst fest.
Der Kaufpreis war mäßig, das Wein- und Ackerland gut, die Gebäude schienen
im beste" Zustande, und die Küche, die in diesem Falle ja den Ausschlag gab,
übertraf sogar Marignys kühnste Hoffnungen. Und ehe die Sonne hinter dem
Krcmenberge zur Rüste ging, hatte Villeroi den Kaufakt unterzeichnet. Er blieb,
während die andern noch an demselben Abend nach Koblenz zurückführen, gleich in
seinem neuen Besitztum, um die mannigfachen Förmlichkeiten zu erfüllen, zu denen
er der Ortsbehörde gegenüber verpflichtet war. Am 1. September erfolgte dann
die Übersiedlung.




Die Friedenshoffnungen gingen nicht so bald in Erfüllung, der Kanonendonner
schien auf den Höhen des Hunsrückens und der Eifel nicht mehr verstummen zu
wollen, und auch die Stadt, die den königstreuen Franzosen solange Schutz und
Gastfreundschaft gewährt hatte, fiel in die Gewalt ihrer republikanischen Landsleute.
Aber die Kriegswirren, die Tausende und aber Tausende um Hab und Gut brachten,
sollten dem Hause mit dem steilen Dache und den Zwiebeltürmchen Segen bringen.
Seit der Verkehrsstrom von der linken Rheinseite und vom Flusse selbst auf das
rechte Ufer gedrängt worden war, wurden die achtzehn Lvgicrzimmer nicht mehr
leer. Heute kehrten preußische, morgen österreichische, hessische oder nassauische
Offiziere ein, bald kamen niederrheinische Kaufleute, die zur Frankfurter Messe
reisten, bald wohlhabende Flüchtlinge vom linken Ufer, die bei der ersten Nachricht
von der Annäherung des Feindes Hans und Hof im Stich gelassen hatten. Die
lauge Tafel im Speisesaal war stets besetzt, und bei den vortrefflichen Gaben des
Kellers und der Küche vergaß mancher für ein paar Stunden die Aufregung des
Tages und den Ernst der Zeit. Was aber das Seltsamste war: im Gasthofe des
Herrn von Villeroi herrschte ein Ton, der jeden vergessen machte, daß er in einer
Herberge sei, ein Ton, der die vornehmen Gäste wie ein Hauch aus dem eignen
Heim anmutete und die gewöhnlichern mit der gehobnen, beinahe weihevollen
Stimmung erfüllte, die den dentschen Bürger sonst nur auf dem Parkett eines
fürstlichen Hofes befällt. Und dieser aristokratische Hauch ging -- darüber waren
sich alle Gäste, so verschiednen Gesellschaftsklassen sie auch angehören mochten,
einig -- von dem alten Herrn aus, der das südliche Eckzimmer mit der schonen
Aussicht rheinaufwärts bewohnte und bei jeder Mahlzeit, sobald die Suppe serviert
worden war, sorgfältig frisiert und gepudert, gemessenen Schrittes in den Saal
trat und seinen angestammten Platz am Kopfende des Tisches mit einer leichten
Verbeugung gegen die Nachbarn zur Rechten und Linken einucihm. Er sprach
wenig und nur mit Auserlesenen, aber sein Appetit wirkte gewöhnlich ansteckend
auf die Tischgenossen, und sein Geschmack in Hinsicht auf die Weinkarte war für
alle andern maßgebend. Obgleich er wohlbeleibt war, schien er die Vorliebe starker
Leute für Ruhe und Bequemlichkeit nicht zu teilen: nach jedem Gange der Speisen¬
folge Pflegte er nufzustehn, um sich, wie er sagte, durch eine kleine Promenade
Appetit für die nächste Schüssel zu machen. Daß das Ziel dieser Promenade die
Küche war, wo es immer noch etwas anzuordnen gab, ahnte freilich niemand.
Die Gäste betrachteten ihn mit ehrerbietigen und teilnehmenden Blicken und munkelten
sich zu, der alte Herr habe am Hofe des verstorbnen Königs von Frankreich eine
hervorragende Rolle gespielt und durch die Revolution sein ganzes Vermögen bis
auf die Kleinigkeit von zwei oder drei Millionen Livres verloren. Und oft geschah
es, daß gegen das Ende der Tafel einzelne der Tischgenossen, vom Mitleid über-


Der Marquis von Marigny

Der Fährmann riß den glücklichen Passagier nur zu bald aus seinem schönen
Wahne.

Mainz hat kapituliert, sagte er, eben ist die Stafette durchgekommen. Nun
werden sie Wohl Frieden machen.

Und so betrat man unter Glockengeläut den Boden der neuen Heimat. Denn
daß der Gasthof gekauft werden würde, stand für die drei Beteiligten längst fest.
Der Kaufpreis war mäßig, das Wein- und Ackerland gut, die Gebäude schienen
im beste» Zustande, und die Küche, die in diesem Falle ja den Ausschlag gab,
übertraf sogar Marignys kühnste Hoffnungen. Und ehe die Sonne hinter dem
Krcmenberge zur Rüste ging, hatte Villeroi den Kaufakt unterzeichnet. Er blieb,
während die andern noch an demselben Abend nach Koblenz zurückführen, gleich in
seinem neuen Besitztum, um die mannigfachen Förmlichkeiten zu erfüllen, zu denen
er der Ortsbehörde gegenüber verpflichtet war. Am 1. September erfolgte dann
die Übersiedlung.




Die Friedenshoffnungen gingen nicht so bald in Erfüllung, der Kanonendonner
schien auf den Höhen des Hunsrückens und der Eifel nicht mehr verstummen zu
wollen, und auch die Stadt, die den königstreuen Franzosen solange Schutz und
Gastfreundschaft gewährt hatte, fiel in die Gewalt ihrer republikanischen Landsleute.
Aber die Kriegswirren, die Tausende und aber Tausende um Hab und Gut brachten,
sollten dem Hause mit dem steilen Dache und den Zwiebeltürmchen Segen bringen.
Seit der Verkehrsstrom von der linken Rheinseite und vom Flusse selbst auf das
rechte Ufer gedrängt worden war, wurden die achtzehn Lvgicrzimmer nicht mehr
leer. Heute kehrten preußische, morgen österreichische, hessische oder nassauische
Offiziere ein, bald kamen niederrheinische Kaufleute, die zur Frankfurter Messe
reisten, bald wohlhabende Flüchtlinge vom linken Ufer, die bei der ersten Nachricht
von der Annäherung des Feindes Hans und Hof im Stich gelassen hatten. Die
lauge Tafel im Speisesaal war stets besetzt, und bei den vortrefflichen Gaben des
Kellers und der Küche vergaß mancher für ein paar Stunden die Aufregung des
Tages und den Ernst der Zeit. Was aber das Seltsamste war: im Gasthofe des
Herrn von Villeroi herrschte ein Ton, der jeden vergessen machte, daß er in einer
Herberge sei, ein Ton, der die vornehmen Gäste wie ein Hauch aus dem eignen
Heim anmutete und die gewöhnlichern mit der gehobnen, beinahe weihevollen
Stimmung erfüllte, die den dentschen Bürger sonst nur auf dem Parkett eines
fürstlichen Hofes befällt. Und dieser aristokratische Hauch ging — darüber waren
sich alle Gäste, so verschiednen Gesellschaftsklassen sie auch angehören mochten,
einig — von dem alten Herrn aus, der das südliche Eckzimmer mit der schonen
Aussicht rheinaufwärts bewohnte und bei jeder Mahlzeit, sobald die Suppe serviert
worden war, sorgfältig frisiert und gepudert, gemessenen Schrittes in den Saal
trat und seinen angestammten Platz am Kopfende des Tisches mit einer leichten
Verbeugung gegen die Nachbarn zur Rechten und Linken einucihm. Er sprach
wenig und nur mit Auserlesenen, aber sein Appetit wirkte gewöhnlich ansteckend
auf die Tischgenossen, und sein Geschmack in Hinsicht auf die Weinkarte war für
alle andern maßgebend. Obgleich er wohlbeleibt war, schien er die Vorliebe starker
Leute für Ruhe und Bequemlichkeit nicht zu teilen: nach jedem Gange der Speisen¬
folge Pflegte er nufzustehn, um sich, wie er sagte, durch eine kleine Promenade
Appetit für die nächste Schüssel zu machen. Daß das Ziel dieser Promenade die
Küche war, wo es immer noch etwas anzuordnen gab, ahnte freilich niemand.
Die Gäste betrachteten ihn mit ehrerbietigen und teilnehmenden Blicken und munkelten
sich zu, der alte Herr habe am Hofe des verstorbnen Königs von Frankreich eine
hervorragende Rolle gespielt und durch die Revolution sein ganzes Vermögen bis
auf die Kleinigkeit von zwei oder drei Millionen Livres verloren. Und oft geschah
es, daß gegen das Ende der Tafel einzelne der Tischgenossen, vom Mitleid über-


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[0442] Der Marquis von Marigny Der Fährmann riß den glücklichen Passagier nur zu bald aus seinem schönen Wahne. Mainz hat kapituliert, sagte er, eben ist die Stafette durchgekommen. Nun werden sie Wohl Frieden machen. Und so betrat man unter Glockengeläut den Boden der neuen Heimat. Denn daß der Gasthof gekauft werden würde, stand für die drei Beteiligten längst fest. Der Kaufpreis war mäßig, das Wein- und Ackerland gut, die Gebäude schienen im beste» Zustande, und die Küche, die in diesem Falle ja den Ausschlag gab, übertraf sogar Marignys kühnste Hoffnungen. Und ehe die Sonne hinter dem Krcmenberge zur Rüste ging, hatte Villeroi den Kaufakt unterzeichnet. Er blieb, während die andern noch an demselben Abend nach Koblenz zurückführen, gleich in seinem neuen Besitztum, um die mannigfachen Förmlichkeiten zu erfüllen, zu denen er der Ortsbehörde gegenüber verpflichtet war. Am 1. September erfolgte dann die Übersiedlung. Die Friedenshoffnungen gingen nicht so bald in Erfüllung, der Kanonendonner schien auf den Höhen des Hunsrückens und der Eifel nicht mehr verstummen zu wollen, und auch die Stadt, die den königstreuen Franzosen solange Schutz und Gastfreundschaft gewährt hatte, fiel in die Gewalt ihrer republikanischen Landsleute. Aber die Kriegswirren, die Tausende und aber Tausende um Hab und Gut brachten, sollten dem Hause mit dem steilen Dache und den Zwiebeltürmchen Segen bringen. Seit der Verkehrsstrom von der linken Rheinseite und vom Flusse selbst auf das rechte Ufer gedrängt worden war, wurden die achtzehn Lvgicrzimmer nicht mehr leer. Heute kehrten preußische, morgen österreichische, hessische oder nassauische Offiziere ein, bald kamen niederrheinische Kaufleute, die zur Frankfurter Messe reisten, bald wohlhabende Flüchtlinge vom linken Ufer, die bei der ersten Nachricht von der Annäherung des Feindes Hans und Hof im Stich gelassen hatten. Die lauge Tafel im Speisesaal war stets besetzt, und bei den vortrefflichen Gaben des Kellers und der Küche vergaß mancher für ein paar Stunden die Aufregung des Tages und den Ernst der Zeit. Was aber das Seltsamste war: im Gasthofe des Herrn von Villeroi herrschte ein Ton, der jeden vergessen machte, daß er in einer Herberge sei, ein Ton, der die vornehmen Gäste wie ein Hauch aus dem eignen Heim anmutete und die gewöhnlichern mit der gehobnen, beinahe weihevollen Stimmung erfüllte, die den dentschen Bürger sonst nur auf dem Parkett eines fürstlichen Hofes befällt. Und dieser aristokratische Hauch ging — darüber waren sich alle Gäste, so verschiednen Gesellschaftsklassen sie auch angehören mochten, einig — von dem alten Herrn aus, der das südliche Eckzimmer mit der schonen Aussicht rheinaufwärts bewohnte und bei jeder Mahlzeit, sobald die Suppe serviert worden war, sorgfältig frisiert und gepudert, gemessenen Schrittes in den Saal trat und seinen angestammten Platz am Kopfende des Tisches mit einer leichten Verbeugung gegen die Nachbarn zur Rechten und Linken einucihm. Er sprach wenig und nur mit Auserlesenen, aber sein Appetit wirkte gewöhnlich ansteckend auf die Tischgenossen, und sein Geschmack in Hinsicht auf die Weinkarte war für alle andern maßgebend. Obgleich er wohlbeleibt war, schien er die Vorliebe starker Leute für Ruhe und Bequemlichkeit nicht zu teilen: nach jedem Gange der Speisen¬ folge Pflegte er nufzustehn, um sich, wie er sagte, durch eine kleine Promenade Appetit für die nächste Schüssel zu machen. Daß das Ziel dieser Promenade die Küche war, wo es immer noch etwas anzuordnen gab, ahnte freilich niemand. Die Gäste betrachteten ihn mit ehrerbietigen und teilnehmenden Blicken und munkelten sich zu, der alte Herr habe am Hofe des verstorbnen Königs von Frankreich eine hervorragende Rolle gespielt und durch die Revolution sein ganzes Vermögen bis auf die Kleinigkeit von zwei oder drei Millionen Livres verloren. Und oft geschah es, daß gegen das Ende der Tafel einzelne der Tischgenossen, vom Mitleid über-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/442>, abgerufen am 27.07.2024.