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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Der Marquis von Marigny

Die Wittib, die gerade unter dem Mansardengemach in ihrer Wohnstube beim
Nachmittagskaffee saß und sich der Lektüre des Jntelligenzblattes hingab, wurde
auf das ruhelose Hin- und Herwandern "ihres Franzosen" aufmerksam. Sie wäre
am liebsten sogleich unter irgend einem Vorwande hinaufgestiegen, um sich über
die Ursache dieses seltsame" Gebarens Auskunft zu verschaffen, aber sie wußte, daß
der Marquis solche Besuche uicht liebte, und dann mochte sie sich nicht vor der
Zeit um die angenehm-gruselige Stimmung bringen, in die eine höchst ausführliche
Beschreibung der ingenieuser Erfindung des wackern Doktors Guillot sie versetzt
hatte. Als sie jedoch über ihrem Haupte das Rücken von Möbelstücken oder
schweren Koffern vernahm, hielt sie es doch für ihre Pflicht als Hausbesitzerin und
Wirtin, hinauszugehn und nach dem Rechten zu sehen.

Sie fand Marigny in Hemdärmeln und mit schweißbedeckter Stirn zwischen
den beiden Bergen mehr oder minder nützlicher Gegenstände stehn. Er war damit
beschäftigt, ein Kleidungsstück, von dem nur ein kleiner Zipfel sichtbar war, mit
ungeheurer Anstrengung aus der untersten Lage des einen Hansens herauszuzerren,
um es, nachdem ihm dies schließlich gelungen, auf den andern zu werfen. Dafür
nahm er von diesem wieder eine Kräuselschere, wog sie nachdenklich in der Hand
und legte sie langsam auf den ersten Berg-

Kann ich Ihnen helfen, Herr Marquis? fragte Madame Haßlacher, als sie
merkte, daß der alte Herr in seiner Beschäftigung innehielt und sie mit argwöhnischen
Blicken betrachtete.

Helfen? gab er zurück. Wobei?

Nun -- beim Aufräumen. Sie wollen sich wohl anders einrichten?

Nein, Madame. Ich will ausziehn. Ich muß Sie verlassen. Verstehn Sie
mich? Von morgen oder übermorgen an stehn diese Räume wieder zu Ihrer Ver¬
fügung.

Die Wittib stand einige Sekunden lang wie versteinert da, dann stammelte sie
unter Tränen:

Aber ich habe Ihnen das warme Wasser zum Rasieren doch jeden Morgen
Schlag sieben vor die Tür gestellt, und von der -- nnn, Sie wissen schon, von
dem Frauenzimmer, das gar nicht Ihre Tochter ist, habe ich doch auch kein
Sterbenswörtchen mehr gesagt. Und dn wollen Sie ausziehn! Ach, liebster Herr
Marquis, von dem ganzen ausländischen Volk -- nehmen Sie das einer alten
Frau nicht übel! -- sind Sie ja der einzige Anständige. So wie der Erste im
Kalender stand, hatte ich mein Geld, da hat kein Kreuzer dran gefehlt. Ein bißchen
kurz angebunden waren Sie ja -- der Wahrheit die Ehre! --, aber dafür sind
Sie ja auch ein vornehmer Herr, und was mein Seliger war, der auch genug
mit Herrschaften zu tun hatte -- Sie wissen ja, er hat im neuen Residenzschloß
die schöne Decke gemalt, wo ihm der Zick dabei geholfen hat --, mein Seliger,
der sich immer ein bißchen deutlich ausdrückte -- nun ja, dafür war er auch
Künstler, und manchmal trank er auch neu Schoppen mehr als nötig war, nun
ja, dafür ist er auch in der Mosel ersoffen --, der sagte oft genug: Je feiner,
desto gemeiner.

Marigny ließ den Redestrom der guten Alten geduldig über sich ergehn, nicht
belustigt, nicht gelangweilt und nicht gereizt, sondern mit dem imponierender Gleich¬
mut eines Mannes, den nichts mehr aus seiner Fassung zu bringen vermag.

Sind Sie fertig, Madame? fragte er gelassen, während sie sich mit dem
Zipfel ihrer Schürze heftig die Angen wischte.

Ja, du lieber Himmel, was sollte ich denn auch noch sagen? fuhr sie fort.
Ich darf mich ja gar nicht einmal beklagen! Was hat zum Exempel die Heben-
streitiu bei ihrem Franzosen eingebüßt! Neunhundertundzweiundsiebzig Gulden
rheinisch ist er ihr schuldig geblieben. Nichts war ihm fein genng. Die Talg-
uchte hat er einfach auf die Gasse geworfen. Er wäre Wachskerzen gewöhnt, hat
^ gesagt, und mit den Rebhühnern hat er seine Hunde gefüttert. Und die Zoll-


Der Marquis von Marigny

Die Wittib, die gerade unter dem Mansardengemach in ihrer Wohnstube beim
Nachmittagskaffee saß und sich der Lektüre des Jntelligenzblattes hingab, wurde
auf das ruhelose Hin- und Herwandern „ihres Franzosen" aufmerksam. Sie wäre
am liebsten sogleich unter irgend einem Vorwande hinaufgestiegen, um sich über
die Ursache dieses seltsame» Gebarens Auskunft zu verschaffen, aber sie wußte, daß
der Marquis solche Besuche uicht liebte, und dann mochte sie sich nicht vor der
Zeit um die angenehm-gruselige Stimmung bringen, in die eine höchst ausführliche
Beschreibung der ingenieuser Erfindung des wackern Doktors Guillot sie versetzt
hatte. Als sie jedoch über ihrem Haupte das Rücken von Möbelstücken oder
schweren Koffern vernahm, hielt sie es doch für ihre Pflicht als Hausbesitzerin und
Wirtin, hinauszugehn und nach dem Rechten zu sehen.

Sie fand Marigny in Hemdärmeln und mit schweißbedeckter Stirn zwischen
den beiden Bergen mehr oder minder nützlicher Gegenstände stehn. Er war damit
beschäftigt, ein Kleidungsstück, von dem nur ein kleiner Zipfel sichtbar war, mit
ungeheurer Anstrengung aus der untersten Lage des einen Hansens herauszuzerren,
um es, nachdem ihm dies schließlich gelungen, auf den andern zu werfen. Dafür
nahm er von diesem wieder eine Kräuselschere, wog sie nachdenklich in der Hand
und legte sie langsam auf den ersten Berg-

Kann ich Ihnen helfen, Herr Marquis? fragte Madame Haßlacher, als sie
merkte, daß der alte Herr in seiner Beschäftigung innehielt und sie mit argwöhnischen
Blicken betrachtete.

Helfen? gab er zurück. Wobei?

Nun — beim Aufräumen. Sie wollen sich wohl anders einrichten?

Nein, Madame. Ich will ausziehn. Ich muß Sie verlassen. Verstehn Sie
mich? Von morgen oder übermorgen an stehn diese Räume wieder zu Ihrer Ver¬
fügung.

Die Wittib stand einige Sekunden lang wie versteinert da, dann stammelte sie
unter Tränen:

Aber ich habe Ihnen das warme Wasser zum Rasieren doch jeden Morgen
Schlag sieben vor die Tür gestellt, und von der — nnn, Sie wissen schon, von
dem Frauenzimmer, das gar nicht Ihre Tochter ist, habe ich doch auch kein
Sterbenswörtchen mehr gesagt. Und dn wollen Sie ausziehn! Ach, liebster Herr
Marquis, von dem ganzen ausländischen Volk — nehmen Sie das einer alten
Frau nicht übel! — sind Sie ja der einzige Anständige. So wie der Erste im
Kalender stand, hatte ich mein Geld, da hat kein Kreuzer dran gefehlt. Ein bißchen
kurz angebunden waren Sie ja — der Wahrheit die Ehre! —, aber dafür sind
Sie ja auch ein vornehmer Herr, und was mein Seliger war, der auch genug
mit Herrschaften zu tun hatte — Sie wissen ja, er hat im neuen Residenzschloß
die schöne Decke gemalt, wo ihm der Zick dabei geholfen hat —, mein Seliger,
der sich immer ein bißchen deutlich ausdrückte — nun ja, dafür war er auch
Künstler, und manchmal trank er auch neu Schoppen mehr als nötig war, nun
ja, dafür ist er auch in der Mosel ersoffen —, der sagte oft genug: Je feiner,
desto gemeiner.

Marigny ließ den Redestrom der guten Alten geduldig über sich ergehn, nicht
belustigt, nicht gelangweilt und nicht gereizt, sondern mit dem imponierender Gleich¬
mut eines Mannes, den nichts mehr aus seiner Fassung zu bringen vermag.

Sind Sie fertig, Madame? fragte er gelassen, während sie sich mit dem
Zipfel ihrer Schürze heftig die Angen wischte.

Ja, du lieber Himmel, was sollte ich denn auch noch sagen? fuhr sie fort.
Ich darf mich ja gar nicht einmal beklagen! Was hat zum Exempel die Heben-
streitiu bei ihrem Franzosen eingebüßt! Neunhundertundzweiundsiebzig Gulden
rheinisch ist er ihr schuldig geblieben. Nichts war ihm fein genng. Die Talg-
uchte hat er einfach auf die Gasse geworfen. Er wäre Wachskerzen gewöhnt, hat
^ gesagt, und mit den Rebhühnern hat er seine Hunde gefüttert. Und die Zoll-


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[0247] Der Marquis von Marigny Die Wittib, die gerade unter dem Mansardengemach in ihrer Wohnstube beim Nachmittagskaffee saß und sich der Lektüre des Jntelligenzblattes hingab, wurde auf das ruhelose Hin- und Herwandern „ihres Franzosen" aufmerksam. Sie wäre am liebsten sogleich unter irgend einem Vorwande hinaufgestiegen, um sich über die Ursache dieses seltsame» Gebarens Auskunft zu verschaffen, aber sie wußte, daß der Marquis solche Besuche uicht liebte, und dann mochte sie sich nicht vor der Zeit um die angenehm-gruselige Stimmung bringen, in die eine höchst ausführliche Beschreibung der ingenieuser Erfindung des wackern Doktors Guillot sie versetzt hatte. Als sie jedoch über ihrem Haupte das Rücken von Möbelstücken oder schweren Koffern vernahm, hielt sie es doch für ihre Pflicht als Hausbesitzerin und Wirtin, hinauszugehn und nach dem Rechten zu sehen. Sie fand Marigny in Hemdärmeln und mit schweißbedeckter Stirn zwischen den beiden Bergen mehr oder minder nützlicher Gegenstände stehn. Er war damit beschäftigt, ein Kleidungsstück, von dem nur ein kleiner Zipfel sichtbar war, mit ungeheurer Anstrengung aus der untersten Lage des einen Hansens herauszuzerren, um es, nachdem ihm dies schließlich gelungen, auf den andern zu werfen. Dafür nahm er von diesem wieder eine Kräuselschere, wog sie nachdenklich in der Hand und legte sie langsam auf den ersten Berg- Kann ich Ihnen helfen, Herr Marquis? fragte Madame Haßlacher, als sie merkte, daß der alte Herr in seiner Beschäftigung innehielt und sie mit argwöhnischen Blicken betrachtete. Helfen? gab er zurück. Wobei? Nun — beim Aufräumen. Sie wollen sich wohl anders einrichten? Nein, Madame. Ich will ausziehn. Ich muß Sie verlassen. Verstehn Sie mich? Von morgen oder übermorgen an stehn diese Räume wieder zu Ihrer Ver¬ fügung. Die Wittib stand einige Sekunden lang wie versteinert da, dann stammelte sie unter Tränen: Aber ich habe Ihnen das warme Wasser zum Rasieren doch jeden Morgen Schlag sieben vor die Tür gestellt, und von der — nnn, Sie wissen schon, von dem Frauenzimmer, das gar nicht Ihre Tochter ist, habe ich doch auch kein Sterbenswörtchen mehr gesagt. Und dn wollen Sie ausziehn! Ach, liebster Herr Marquis, von dem ganzen ausländischen Volk — nehmen Sie das einer alten Frau nicht übel! — sind Sie ja der einzige Anständige. So wie der Erste im Kalender stand, hatte ich mein Geld, da hat kein Kreuzer dran gefehlt. Ein bißchen kurz angebunden waren Sie ja — der Wahrheit die Ehre! —, aber dafür sind Sie ja auch ein vornehmer Herr, und was mein Seliger war, der auch genug mit Herrschaften zu tun hatte — Sie wissen ja, er hat im neuen Residenzschloß die schöne Decke gemalt, wo ihm der Zick dabei geholfen hat —, mein Seliger, der sich immer ein bißchen deutlich ausdrückte — nun ja, dafür war er auch Künstler, und manchmal trank er auch neu Schoppen mehr als nötig war, nun ja, dafür ist er auch in der Mosel ersoffen —, der sagte oft genug: Je feiner, desto gemeiner. Marigny ließ den Redestrom der guten Alten geduldig über sich ergehn, nicht belustigt, nicht gelangweilt und nicht gereizt, sondern mit dem imponierender Gleich¬ mut eines Mannes, den nichts mehr aus seiner Fassung zu bringen vermag. Sind Sie fertig, Madame? fragte er gelassen, während sie sich mit dem Zipfel ihrer Schürze heftig die Angen wischte. Ja, du lieber Himmel, was sollte ich denn auch noch sagen? fuhr sie fort. Ich darf mich ja gar nicht einmal beklagen! Was hat zum Exempel die Heben- streitiu bei ihrem Franzosen eingebüßt! Neunhundertundzweiundsiebzig Gulden rheinisch ist er ihr schuldig geblieben. Nichts war ihm fein genng. Die Talg- uchte hat er einfach auf die Gasse geworfen. Er wäre Wachskerzen gewöhnt, hat ^ gesagt, und mit den Rebhühnern hat er seine Hunde gefüttert. Und die Zoll-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/247>, abgerufen am 01.09.2024.