Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.vom Hohenstaufen zum Hohenzollern verschiedner Länge. Der nördliche größere Flügel beginnt mit der evangelischen An die Bibliothek stößt der Markgrafenturin mit den einfach gehaltnen vom Hohenstaufen zum Hohenzollern verschiedner Länge. Der nördliche größere Flügel beginnt mit der evangelischen An die Bibliothek stößt der Markgrafenturin mit den einfach gehaltnen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0098" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240480"/> <fw type="header" place="top"> vom Hohenstaufen zum Hohenzollern</fw><lb/> <p xml:id="ID_509" prev="#ID_508"> verschiedner Länge. Der nördliche größere Flügel beginnt mit der evangelischen<lb/> Kapelle, daran schließt sich das Wehrhaus mit den Wohnräumen für die Be¬<lb/> satzung. Dann folgt der eigentliche Schloßbau, zu dem aus dem Hofe eine<lb/> besondre breite Freitreppe führt. Man betritt zunächst einen Vorraum, die<lb/> Stammbaumhalle, deren Bemalung die Verzweigung des Hauses mit den ver-<lb/> schiednen Verwandtschaften und das Wachstum seines Besitzes darstellt: „Jahr<lb/> und Namen, da Land und Leut' an Zollern kamen," wie die Inschrift be¬<lb/> sagt. Es folgt dann der Festramn, der sogenannte Grafensaal, der mit seinen<lb/> Säulen von rotem Marmor, dein schönen Spitzbogengewölbe und der reichen<lb/> Goldverzierung einen überaus prunkvollen Eindruck macht. Mit ihm Hunger<lb/> zusammen zwei Hallen, Teile der gleichnamigen Türme, die sich über ihnen<lb/> erheben: die Kaiserhalle mit den Bildnissen der deutschen Kaiser, die dem<lb/> Hause der Zollern nahe standen, und die Bischofshalle mit zwei Statuen und<lb/> 27 Wandbildern berühmter Kirchenfürsten, die aus dem Geschlecht der Hohen-<lb/> zollern hervorgegangen sind. Von dem Grafcnscial gelangt man in die Biblio¬<lb/> thek, die mit reizenden Fresken aus der hohenzvllerischcn Geschichte geziert ist.<lb/> So ist die Sage dargestellt, wie Engel das Kirchlein Mariazell an seine so<lb/> schön liegende Stelle tragen. Zwei Bilder erzählen von der Belagerung und der<lb/> Zerstörung der Burg im Jahre 1423, als Graf Friedrich, genannt der Öttinger,<lb/> sie beherrschte. Es war ein gewalttätiger, streitsüchtiger Herr, der mit allen<lb/> seinen Nachbarn, sogar mit dem eignen Bruder, in steter Fehde lag, bis sich<lb/> seine Gegner, hauptsächlich die schwäbischen Städte, unter Führung seiner er¬<lb/> bittertsten Feindin, der Gräfin Henriette von Württemberg, zusammenladen<lb/> Und sich durch die Zerstörung der Burg Frieden verschafften. Nur einer war<lb/> der wilde Graf zugetan, einem Mädchen aus dem Steinlachtal, und die<lb/> sehen wir auf dem ersten Bilde, wie sie als Weiße Frau verkleidet in der<lb/> hohen, schlanken Gestalt, die noch jetzt den wohlgebildeten Bewohnern des<lb/> Steinlachtals eigen ist, furchtlos und unbehelligt dnrch die erschrocknen<lb/> Wachen der Belagerer geht und dem Grafen Wundsalben und Pulver zuträgt.<lb/> Das zweite Bild zeigt uns den kraftvollen Ottinger selbst, wie er sich auf<lb/> seinem Streitroß durch die Reihen des Feindes durchschlägt, um für die be¬<lb/> drängte Burg Hilfe herbeizuholen. Die fand er aber nirgends, sodaß die<lb/> Verteidiger, es waren nur noch 32 übrig geblieben, von Hunger völlig ent¬<lb/> kräftet, endlich die Burg übergeben mußten, die dann gründlich zerstört wurde.<lb/> Obwohl nun Kaiser Sigismund wiederholt das Verbot erlassen hatte, die<lb/> Burg je wieder aufzubauen, gelang doch schon nach 31 Jahren, 1454, dem<lb/> Grafen Jos Niklas die Wiederaufrichtung, mit der Hilfe der fränkischen und<lb/> der brandenburgischen Verwandten, die, wie ein weiteres Bild zeigt, mit starker<lb/> Macht herbeigeeilt waren, um den Bau zu schützen. Das letzte Bild zeigt<lb/> dann den Besuch des Kaisers Friedrich des Dritten, der mit seiner schönen<lb/> .portugiesischen Gemahlin der Einweihung des Neubaus beiwohnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_510" next="#ID_511"> An die Bibliothek stößt der Markgrafenturin mit den einfach gehaltnen<lb/> Wohnräumen des Kaisers, an die sich dann im südlichen Flügel die reich und<lb/> geschmackvoll eingerichteten Gemächer der Kaiserin anschließen. In dem Stock¬<lb/> werk darüber liegen die fürstlichen Wohnräume. Dieser Flügel heißt der<lb/> Michaelsbau und trägt auch äußerlich das Erzstcmdbild des Erzengels Michael.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0098]
vom Hohenstaufen zum Hohenzollern
verschiedner Länge. Der nördliche größere Flügel beginnt mit der evangelischen
Kapelle, daran schließt sich das Wehrhaus mit den Wohnräumen für die Be¬
satzung. Dann folgt der eigentliche Schloßbau, zu dem aus dem Hofe eine
besondre breite Freitreppe führt. Man betritt zunächst einen Vorraum, die
Stammbaumhalle, deren Bemalung die Verzweigung des Hauses mit den ver-
schiednen Verwandtschaften und das Wachstum seines Besitzes darstellt: „Jahr
und Namen, da Land und Leut' an Zollern kamen," wie die Inschrift be¬
sagt. Es folgt dann der Festramn, der sogenannte Grafensaal, der mit seinen
Säulen von rotem Marmor, dein schönen Spitzbogengewölbe und der reichen
Goldverzierung einen überaus prunkvollen Eindruck macht. Mit ihm Hunger
zusammen zwei Hallen, Teile der gleichnamigen Türme, die sich über ihnen
erheben: die Kaiserhalle mit den Bildnissen der deutschen Kaiser, die dem
Hause der Zollern nahe standen, und die Bischofshalle mit zwei Statuen und
27 Wandbildern berühmter Kirchenfürsten, die aus dem Geschlecht der Hohen-
zollern hervorgegangen sind. Von dem Grafcnscial gelangt man in die Biblio¬
thek, die mit reizenden Fresken aus der hohenzvllerischcn Geschichte geziert ist.
So ist die Sage dargestellt, wie Engel das Kirchlein Mariazell an seine so
schön liegende Stelle tragen. Zwei Bilder erzählen von der Belagerung und der
Zerstörung der Burg im Jahre 1423, als Graf Friedrich, genannt der Öttinger,
sie beherrschte. Es war ein gewalttätiger, streitsüchtiger Herr, der mit allen
seinen Nachbarn, sogar mit dem eignen Bruder, in steter Fehde lag, bis sich
seine Gegner, hauptsächlich die schwäbischen Städte, unter Führung seiner er¬
bittertsten Feindin, der Gräfin Henriette von Württemberg, zusammenladen
Und sich durch die Zerstörung der Burg Frieden verschafften. Nur einer war
der wilde Graf zugetan, einem Mädchen aus dem Steinlachtal, und die
sehen wir auf dem ersten Bilde, wie sie als Weiße Frau verkleidet in der
hohen, schlanken Gestalt, die noch jetzt den wohlgebildeten Bewohnern des
Steinlachtals eigen ist, furchtlos und unbehelligt dnrch die erschrocknen
Wachen der Belagerer geht und dem Grafen Wundsalben und Pulver zuträgt.
Das zweite Bild zeigt uns den kraftvollen Ottinger selbst, wie er sich auf
seinem Streitroß durch die Reihen des Feindes durchschlägt, um für die be¬
drängte Burg Hilfe herbeizuholen. Die fand er aber nirgends, sodaß die
Verteidiger, es waren nur noch 32 übrig geblieben, von Hunger völlig ent¬
kräftet, endlich die Burg übergeben mußten, die dann gründlich zerstört wurde.
Obwohl nun Kaiser Sigismund wiederholt das Verbot erlassen hatte, die
Burg je wieder aufzubauen, gelang doch schon nach 31 Jahren, 1454, dem
Grafen Jos Niklas die Wiederaufrichtung, mit der Hilfe der fränkischen und
der brandenburgischen Verwandten, die, wie ein weiteres Bild zeigt, mit starker
Macht herbeigeeilt waren, um den Bau zu schützen. Das letzte Bild zeigt
dann den Besuch des Kaisers Friedrich des Dritten, der mit seiner schönen
.portugiesischen Gemahlin der Einweihung des Neubaus beiwohnte.
An die Bibliothek stößt der Markgrafenturin mit den einfach gehaltnen
Wohnräumen des Kaisers, an die sich dann im südlichen Flügel die reich und
geschmackvoll eingerichteten Gemächer der Kaiserin anschließen. In dem Stock¬
werk darüber liegen die fürstlichen Wohnräume. Dieser Flügel heißt der
Michaelsbau und trägt auch äußerlich das Erzstcmdbild des Erzengels Michael.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |